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Wchmh-AitiiW Nr. 143. Inserate, welch« bei der bebrütenden Auflage del Blatte« «in« scht müh sam« Verbrritun«! finden, «erden mit 10 Pfg. di« Spaltenjeile oder d«r«n Raum berechnet. — Ta bellarische und complieirte Inserate mit entsprechen den» Aufschlag. — Einge sandt, »m redaktionell«» Theile, die Spaltenzeil« MPfg. »e S'ÄSL. Mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Breis vierteljährlich 1 M. 25 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. - Alle Posten- stalten, Postboten, sowie vie Agenten nehmen Be- 52. Jahrgang. Amtsblatt lür di- Könialich- Umlshauptmamschast Dippoldiswalde, sowie für die Miglich-a Umtsgmchte und die StadtrM ' zu Dippoldiswalde und Irauenstem Verantwortlicher Redacteur: Carl Irhnc in Dippoldiswalde. Donnerstag, den 9. Dezember 1886. Die Demission des Kabmets Freycinet. Die jenseits der Vogesen längst drohende politische Krisis ist, nachdem sie die merkwürdigsten Phasen durchlaufen, endlich zum Ausbruch gelangt, indem das Kabinet Freycinet beim Präsidenten der Republik seine Demission eingereicht hat. Den unmittelbaren Anlaß zu diesem Schritte gaben die Vorgänge in der Frei- lagssitzung der französischen Deputirtenkammer. Col- savru von den Radikalen und Duval von den Monar chisten hatten die Aufhebung der Unterpräfektenstellen beantragt, während der Minister des Inneren und der Kabinetschef Freycinet den Antrag bekämpften, wobei sie auf die entschiedene Nothwendigkeit der Unter präfektenstellen in vielen Arrondissements hinwiesen. Dagegen wurde von ministerieller Seite zugegeben, daß die Zahl dieser Beamtenstellen verringert werden könne und die Vorlegung eines bezüglichen Entwurfes versprochen. Die Kammer ließ sich aber durch die Argumente von der Ministerbank in ihrer Sparwuth nicht beeinträchtigen und genehmigte mit 262 gegen 249 Stimmen den Antrag Colfavru-Duval. Infolge dieser entschiedenen Niederlage der Negierung wurde zunächst die Sitzung aufgehoben, worauf sich die Minister im Ministerium des Auswärtigen versammel ten, um über die Lage zu konferiren und das End- ergebniß dieser Berathung bildete die Demission des Gesammtministeriums. Das Kabinet Freycinet ist dem nach über eine Budgetfrage von verhältnißmäßig unter geordneter Bedeutung gestrauchelt, nachdem es erst kurz vorher viel bedeutendere Etatstitel, vor Allem die Kredite für Tonkin, Tunis und Madagaskar, bewilligt erhalten hatte. Es könnte dieser Widerspruch in der Haltung der französischen Deputirtenkammer verwun derlich erscheinen, wenn man nicht wüßte, daß dieselbe unter allen europäischen Parlamenten das unberechen barste und launenhafteste ist. Was sie heute beschließt, stößt sie morgen wieder um, eine ministerielle Mehr heit von heute verwandelt sich morgen in eine oppo sitionelle Majorität—von diesem politischen Chamäleons charakter hat die Kammer seit den Neuwahlen vom Oktober des vorigen Jahres schon oft verblüffende Proben abgelegt und er ist auch in der gegenwärtigen Etatsberathung wiederum heroorgetretreten. Die selt same Zusammensetzung der jetzigen französischen Volks vertretung erklärt deren wandelbare Stimmung zur Genüge; die drei Hauptparteien: Monarchisten, Ra dikale und gemäßigte Republikaner, stehen sich in ziem lich gleicher Stärke gegenüber und da die republika nischen Gruppen nicht nur die Monarchisten, sondern sich auch untereinander bekämpfen, so ergiebt sich hieraus die zerfahrene parlamentarische Lage von selbst. Das Ministerium Freycinet hat bis jetzt mit aner- kennenswerther Geschicklichkeit verstanden, zwischen den verschiedenen Parteiströmungen hin- und herzulaviren; jetzt endlich scheint es mit diesem Laviren nicht weiter zu gehen und hat es Herr Freycinet da offenbar vor gezogen, das Feld zu räumen. Das französische Ministerium ist, wie die Abstimmung über den Antrag Eolfavru-Duval ergiebt, einer monarchistisch-radikalen Koalition erlegen, die sich in der Kammer schon öfter gezeigt und mehr als einmal das seitherige Kabinet bedroht halte. Diese unnatürliche Verbindung wird aber auch für jedes andere Ministerium den Stein des Anstoßes darstellen, so lange das französische Parlament in seiner jetzigen Zusammensetzung, die der Regierung keine zuverlässige Mehrheit bietet, verbleibt und es dürfte daher die Frage, wer die politische Erbschaft Freycinet's übernehmen solle, nicht so leicht zu lösen sein. Vorerst ist es allerdings noch nicht bekannt, ob Präsident Grevy die Demission des Kabinets Frey- cmet annehmen wird, ja es ist sogar die Möglichkeit nicht ausgeschloffen, daß die Deputirtenkammer sich selber wieder berichtigt und dem Ministerium ein nach trägliches Vertrauensvotum ertheilt, daß dem ersteren den Verbleib auf dem Posten ermöglicht. Aber auch in diesem Falle würde dies doch nur die Bedeutung einer Gnadenfrist haben, der Vorgang in der Frei tagssitzung der Kammer zeigt eben wieder einmal, wie unsicher und schwankend die parlamentarischen Ver hältnisse jenseits der Vogesen sind und wie die letzteren hierdurch die gesammte innerpolitische Situation fort während beeinflussen. Eine Kammerauflösung dürfte unter diesen Umständen als das einzige Mittel er scheinen, aus dem herrschenden Chaos heraus und zur Bildung einer zuverlässigen Regierungsmehrheit zu ge langen. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 8. Dezember. Abermals ist die Witterung umgeschlagen; die Kälte ist einer laulichen Temperatur mit starkem Westwinde gewichen, und es hat zwischen hinein auch mehrfach geregnet. Unter solchen Umständen dürfte eine Besserung der Gesund heitsverhältnisse vorläufig kaum zu erwarten sein, wie denn auch der Krankenbestand unter den Schulkindern abermals gestiegen ist; während nämlich am 2. De zember 71 wegen Krankheit entschuldigte Schüler ge zählt wurden, gab es am 4. Dezember bereits 79 und gestern, am 7. Dezember, bereits 85, also 13,» Proz. der gesammten Schuljugend. — Wie man uns mittheilt, soll die hier, bei Ge legenheit des 100. Geburtstages C. M. v. Weber's, beabsichtigte Feier nicht am 18. Dezember statlfinden, sondern soll verschoben und erst im Monat Januar abgehalten werden. Man führt als hauptsächlichsten Grund für diese Abweichung vom ursprünglichen Plane an, daß dadurch Gelegenheit geboten werde, die im Dresdener Hoftbeater, der Stätte von Weber's Wirk samkeit, stattfindende Schlußausführung des Cyklus aus Weber's Opern, welcher heute mit „Abu Hassan" begonnen hat und mit „Oberon" schließen soll, zu be suchen. Wenn an diesem Tage, den 18. Dezember, ein nochmaliger Theaterextrazug gewährt würde, so dürfte derselbe aus mehrfachen Gründen besonderen Zuspruch haben. — In verschiedenen Landgemeinden herrscht die Ansicht, daß bei einer d ritt maligen Wahl eines Ge meindevorstandes die Gemeinde sich ohne Weiteres zur späteren Pensionsgewährung an denselben verpflichte. Diese Ansicht ist eine durchaus irrige, indem kein Ge meindevorstand gesetzlichen Anspruch auf Gewährung von Pension hat. In Malter wurde Herr Gemeindevorstand Karl Gotthelf Ehregott Pretzschner und Herr Gemeinde ältester Franz Louis Gruner als Gemeindevorstand und bez. als Gemeindeältester auf die Dauer der folgenden 6 Jahre wiedergewählt und erklärten sich dieselben zur erneuten Uebernahme ihrer Funktionen bereit. In Quohren erfolgte die Wiederwahl der mit Ende dieses Jahres nach Ablauf ihrer Dienstzeit aus dem Gemeinderathe ausscheidenden Herren Gemeinde vorstand Robert Bernhard und der beiden Gemeinde ältesten Friedrich Ehregott Grumbt und Gottlob Schneider, als Gemeindevorstand und bez. als 1. und 2. Gemeindeältester, auf die Dauer der nächsten 6 Jahre. Die Genannten nahmen die Wiederwahl an. Sadisdorf. Die nach Ablauf ihrer Dienstzeit mit Schluß dieses Jahres aus dem Gemeinderathe ausscheidenden Gemeindevertreter Herr Gemeindevor stand Friedrich Hermann Berger, sowie die beiden Gemeindeältesten Herren Karl Gottlob Püschel und Karl Moritz Wirthgen, wurden vom hiesigen Ge meinderath für ihre gedachten Aemter auf die Dauer der nächsten 6 Jahre wisdergewählt und erklärten sich dieselben zur Annahme der Wiederwahl bereit. Glashütte. Der Obstbauverein für Glashütte und Umgegend hielt am Sonntag Nachmittag eine Versammlung im Gasthof „zur Sonne" ab, zu der auch Freunde des Obsthaues eingeladen waren. Erster Punkt der Tagesordnung war die Besichtigung der Obstallee des Prießnitzthales. Diese aus 227 Bäumen bestehende Allee wurde seiner Zeit von feiten der Stadt gepflanzt und dem Obstbauverein zur Aufsicht über geben. Die eigentliche Versammlung wurde Nach mittags 4 Uhr vom Vorsitzenden, Herrn Tischlermeister Pfeiffer, eröffnet und fand als zweiter Punkt der Tages ordnung die Rechnungsablage für das Vereinsjahr 1885/86 statt. An diese schloß sich als dritter Punkt ein Vortrag des Schriftführers Herrn Gerst über die Obstbau-Ausstellung in Meißen an. Diesen Vortrag, welchen Redner noch durch vorgezeigte Zeichnungen interessant machte, brachte viel statistisches Material über den Stand der Obstproduktion und der Obstver- werthung in Deutschland. Vortragender hob dann be sonders das Interesse hervor, welches von Seiten Sr. Maj. König Albert und den höchsten und hohen säch sischen Behörden dem Obstbau entgegengebracht wird und bedauert nur, daß sich vom Bezirksobstbauverein der Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde nur der Verein Lauenstein, welcher auch einen Preis erhielt, betheiligt hatte. Den Anwesenden wurden verschiedene Firmen genannt, deren Apparate, Maschinen, Schriften rc. für Zwecke des Obstbaues warm empfohlen wurden. Im Verlauf des Vortrages macht Redner darauf auf merksam, daß weniger in den zahlreichen Arten, son dern in der Güte der Hauptwerth liegt und daß von den in Deutschland existirenden circa 2700 Apfel-, 2200 Birnen- rc. Sorten sich nur ungefähr 100 Apfel- und 75 Birnenarten zum vortheilhaften Anbau eignen würden, und erwähnte noch einer Kollektivausstellung von 25 Obstarten, die sich für unser Klima im Erz gebirge ganz besonders eignen und von denen bereits vor einigen Jahren der hiesige Obstbauverein 22 Arten empfohlen hatte. Der Geschäftsführer des sächsischen Obstbauvereins, Herr Lämmerhirt in Dresden, hat sich noch anheischig gemacht, die für das Obstdörrverfahren geeigneten Obstarten dem Vereine zugänglich zu machen. Schließlich erwähnte der Redner noch eines Vortrages über den Heidelbeerwein und prophezeite diesem eine große Zunkunft. Herr Gerst erntete für das so in teressant behandelte Thema den wohlverdienten Beifall des Vereins. Zum vierten Punkt: „lieber bessere Verwerthung unsrer Grundstücke," sprach der Vorsitzende Herr Pfeiffer und kam zum Schluffe u. A. zu dem Wunsche, daß an Stelle der vielfach als Einzäunung verwendeten Dornen- und dergleichen Hecken, die weder Nutzen bringen, noch zur Zierde gereichen, doch Stachel-, Johannis- und ähnliche Beerensocten angepflanzt wer den möchten. — Dec Herr Vorsitzende macht zum Schluffe noch die freudige Mittheilung, daß von einem hiesigen Mitgliede dem Vereine ein Geschenk von 45 Mark gemacht wurde. Pretzschendorf. Bei der hiesigen Sparkasse wurden im Monat November 33 Einzahlungen im Be trage von 2924 M. 40 Pf. gemacht; dagegen erfolgten 8 Rückzahlungen im Betrage von 683 M. 69 Pf. Die Gesammteinnahme betrug 3239 Mark 5 Pf. in 46 Kassenposten, die Ausgabe 6700 M. 71 Pf. in 8 Posten. Dresden. Die „Nordd. Allg. Ztg." enthält fol gende Bemerkung: Eine sächsische Statistik hat festge stellt, daß im dortigen Bergmanns stände die Wahr scheinlichkeit der Eheschließung bedeutend größer ist als für den Durchschnitt der Gesammtbevölkerung. Als Ursache dieser Erscheinung, welche die sittlichen Zu stände unter den Bergleuten in ein vortheilhastes Licht stellt, kann nur das wohlgeordnete Knappschaftswese» angesehen werden, welches dem Bergmann den Ent schluß zum Eingehen einer Ehe sehr erleichtert, indem es ihm das gesicherte Fortbestehen seiner Familie auch für den Fall seines Todes oder seiner Erwerbsunfähig keit bis zu einem gewissen Grade verbürgt. Man hat hier einen Anhaltspunkt für die von den Maßregeln der Sozialreform zu erwartenden ethischen Wirkungen, die selbstverständlich erst nach längerer Wirksamkeit der