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52. Jahrgang Nr. 118 „Wei-erltz. Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. Preis vierteljährlich 1 M. Sb Pfg., zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummer» 10 Pfg. — Alle Postan- fialten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Verantwortlicher Redacteur: Lari Ichnc in Dippoldiswalde^ Zum dkulschku Auswandtruugswkstll. Die Frage, ob und wie die Auswanderung aus Deutschland unterdrückt werden kann und darf, ist bei uns allmählich der anderen Frage gewichen, wohin der Strom der Auswanderer zu lenken und wie er am besten nutzbar für das Mutterland zu machen sei. Selbst aus Seiten der Anhänger des an und für sich ja sehr lobenswerthen Satzes: „Bleibe im Lande und nähre dich redlich", kommt man mehr oder weniger zu der Erkenntniß, daß die gesammten Erwerbsver hältnisse, wie sie sich heutzutage gestaltet haben, und das fortschreitende Anwachsen der Bevölkerung in Deutschland schon den bloßen Versuch, den Strom der Auswanderer zu hemmen, nicht mehr gestatten und es bleiben nur noch die Erörterungen darüber übrig, in welche Bahnen derselbe am besten zu lenken sei. Es ist wohl kein Zweifel, daß die Reichsregierung, als sie die Initiative zu einer energischen und zielbewußten Kolonialpolitik ergriff, hierbei auch von dem Bestreben mitgeleitet wurde, den deutschen Auswanderern in Zu kunft ein ausgedehntes Gebiet zu eröffnen, wo sie nicht, wie dies bisher so oft der Fall war, dem Mutter lande verloren sein würden. Aber freilich, für jetzt ist der Stand der deutschen Kolonialunternehmungen noch nicht geeignet, die sich nach dieser Richtung hin bewegenden Hoffnungen so bald zu verwirklichen; denn wenn auch nicht geläugnet werden kann, daß sich na mentlich in den Besitzungen der deutsch-ostafrikanischen Gesellschaft für die Gründung deutscher Ackerbaukolonien ein großes Feld eröffnet, so stehen daselbst zur Zeit wenigstens einer ausgedehnten Kolonisirung noch viel fache Hindernisse entgegen. Nach welchen Ländern soll nun aber der Strom der deutschen Auswanderer gelenkt werden, wenn man will, daß sich dieselben auch fern von der Heimath nicht nur deren Sprache, nicht nur das ganze deutsche Denken, Wesen und Fühlen möglichst erhalten, sondern daß sie »auch in engen Wechselbeziehungen mit der heimathlichen Industrie und dem heimathlichen Handel bleiben? Nun, diese Frage ist nicht so schwer zu beantworten, als man meinen sollte. Daß die Vereinigten Staaten von Nord amerika nicht das Land sind, wo der deutsche Aus wanderer, trotz aller günstigen Verhältnisse, die er hier sonst vorfinden mag, im Stande wäre, in engster Fühlung mit der Heimath zu bleiben, ist genugsam bekannt; tausende von Beispielen lehren, daß daselbst das deutsche Element von dem Aankeethum mehr oder weniger aufgesogen wird. Dafür giebt es aber in der Neuen Well andere Himmelsstriche, welche geeignet erscheinen, den Ueberfluß der Bevölkerung Deutschlands sowohl den Auswanderern selbst wie dem Mutterlands zum Heile auszunehmen — das sind die gemäßigteren Gegenden Süd-Amerikas, speziell das südliche Brasilien. Den besten Beweis, wie gerade hier ein fruchtbarer Boden für das Gedeihen des deutschen Elementes be steht, liegt wohl in dem Emporblühen der in den süd brasilianischen Provinzen Rio Grande do Sui und Santa Katharina bestehenden deutschen Ackerbaukolo nien, von denen manche schon dreißig und mehr Jahre existiren. Hier vereinigen sich ein mildes, gemäßigtes Klima, ein äußerst fruchtbarer Boden, ein weitver zweigtes Flußnetz und schließlich auch die liberale Für sorge der brasilianischen Regierung, welche namentlich die Anlegung zahlreicher guter Straßen ermöglichte, um gerade dem deutschen Kolonisten alle Bedingungen zu seinem Fortkommen zu bieten. Heute leben in diesen Provinzen etwa 100000 Deutsche der verschie densten Stämme in bester Eintracht nebesi einander; es ist in der That ganz augenscheinlich, wie die von ihnen besiedelten Ansiedelungen gedeihen. Die mannich- faltigsten Bodenprodukte werden daselbst gebaut. Das Zuckerrohr, wie die Tabakpflanze, der Kaffee, wie die mehlreiche Maniokpflanze, Arrowroot, Bataten, Bana nen, Ananas, Mais — Alles kommt vorzüglich fort und der Reichthum wie die Mannichfaltigkeit dieser für die Königliche Umtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe ihrer Bodenerzeugnifse haben den deutschen Kolonien in Südbrasilien in weitem Umkreise eine hohe Be deutung verschafft. Handel und Gewerbe blühen in denselben kräftig empor, das geistige Leben steht auf einer hohen Stufe der Entwickelung und was tue Hauptsache mit ist. Alles trägt den Charakter unver fälschten Deutschthums in jeder Beziehung. Noch grebt es in den Kolonien Blumenau, Donna Franziska rc. tausende von Ackern des herrlichsten, jungfräulichen Bodens, die nur der Urbarmachung durch die kräftigen und fleißigen Hände deutscher Kolonisten harren. Hier ist noch Platz für Hunderttausende, denen die Heimath kein Fortkommen mehr gewährt und hier finden die deutschen Auswanderer sofort den engsten Anschluß an das daselbst schon ansässige deutsche Element, so daß nicht zu befürchten steht, daß jene heimische Weise und Denkart verloren gehen könnten, wie dies von den Deutschen im Auslande sonst leider zu oft gesagt werden muß. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 9. Oktober. Nach längerer, durch die schöne, aber für Vereinsversammlungen un günstige Jahreszeit verursachte Pause, fand gestern eine Versammlung des Gewerbevereins statt, die frei lich nur recht schwach besucht war, woran der nun einmal wieder verkehrende Extrazug jedenfalls mit Schuld war. Es gelangte zunächst die von der königl. Generaldirektion der Sächs. Staatsbahnen auf die Pe tition des Vereins, den Winterfahrplan betreffend, er- theilte Antwort vom 10. September zum Vortrage. Da dieselbe, wie überhaupt die ganze Gestaltung des Winterfahrplans den geäußerten Wünschen des Ver eins durchaus nicht entspricht, so beschloß man, weitere Schritte zu thun und wurden außer dem Vorstande die bisher mit Verfolgung dieser Angelegenheit beauf tragten Herren Postmeister Franke und Kaufmann Reichel ersucht, sich der Sache anzunehmen. Weiter nahm man mit Dank Kenntniß von der durch Herrn Bürgermeister Schönherr-Altenberg verfaßten und der Vereinsbibliothek geschenkten Broschüre: Der 2. Sep tember rc., ferner von dem von Herrn Bügerschullehrer Knebel-Freiberg geschenkten, von ihm im Alterthums- verein gehaltenen Vortrage über Handwerksgebräuche, zunächst das Lehrlingswesen in früherer Zeit betreffend. Auf Wunsch der Versammlung brachte der Vorsitzende einen besonders interessanten Abschnitt, die Bestim mungen über die ehrliche Geburt der Handwerksgenoffen zum Vortrage. Auf den Antrag des Vorsitzenden be willigte die Versammlung zur Erweiterung der Volks bibliothek für Dippoldiswalde und Umgegend abermals einen Beitrag von 30 Mark, auch wurden der Biblio thek außer den bereits genannten noch mehrere andere dankenswerthe Zusendungen einverleibt. — Wenn man nach der Menge der von Freitag und Sonnabend an über die Straße getragenen Kuchen auf die Feier des Kirchweihfestes, das heute, Mon tag, bei uns stattfindet, schließen darf, so wird dieselbe jedenfalls recht fröhlich ausfallen; und das könnte ja auch schon deshalb der Fall sein, weil unsere Ernte jedenfalls als eine recht befriedigende bezeichnet werden muß; das Kirchweihfest ist ja aber in der Hauptsache nur eine 2. verbesserte und vermehrte Auslage des AuAestes. — In dem gestern, am Sonntage, wie üblich, vom Männergesangverein dargebotenen Kirmes- concert, war das Haus ausverkauft, so daß dem Zwecke — Bekleidung der Currendaner — jedenfalls eine hübsche Einnahme zugeführt worden ist. — Bei Ge legenheit des Kirchweihfestes möchten wir unserer Kirche von Herzen wünschen, daß ihr vielleicht bei Gelegen heit des nächsten, einmal ein großgünstiger Mäcen das Geschenk einer neuen Uhr machte. Dem Glücklichen schlägt zwar, nach dem Sprüchworte, keine Stunde — und das mag ja zur Kirmes zutreffen — da aber das Glück gewöhnlich mehr oder minder karg zugemessen zu sein pflegt und wir fast alle Sklaven der Zeit sind so wäre es gewiß ein billiger Wunsch, stets genau zu wissen, wie viel es geschlagen hat. Wenn in der Kirchenuhr gestreikt wird, so giebt das ein übles Bei spiel und macht Ungelegenheiten. — Bezüglich der in letzter Nummer berührten Bier frage bemerken wir, daß die Kommandite bei Restau rateur Kästner nicht von Reinsch, sondem von Heim- Plauen ist. — Gestern ereignete sich hier ein Fall, der Allen, die sich in gleicher Lage befinden, zur Warnung dienen möge. Ein Brautpaar, das unterlassen hatte, ein vom Standesamte noch verlangtes Papier beizubringen, er schien in bekränztem Wagen zur Trauung. Da aber selbstverständlich weder die Civil-, noch die kirchliche Trauung unter bewandten Umständen stattfinden konnte, mußten die Brautleute sammt Begleitung unverrichteter Sache wieder abziehen. — Gestern Nachmittag in der 6. Stunde entstand auf der Dresdener Straße in dem Hause der verw. Thömel in dem Verkaufslokal der verw. Pietzsch durch das Herabfallen einer Petroleum-Hängelampe ein Feuerlärm; durch die sofortige Löschung der ergriffenen Gegenstände wurde »jedoch ein weiterer Schaden ver hütet. — Wenn der Wind über die Stoppeln geht, dann öffnen sich für unsere milchspendenden Wiederkäuer, die meist den ganzen Sommer nur auf Stallfütterung angewiesen sind, die Pforten ihres Gefängnisses, und eine freilich recht kurze Herbstfrische auf Wiese oder Stoppelacker sucht sie für ihr geduldiges Ausharren an Krippe und Tränktrog zu entschädigen. Eine wei dende Kuhheerde giebt der herbstlichen Landschaft gewiß einen besonderen Reiz. Wer erinnert sich wohl nicht mit Freude der Jugendzeit, wo ihm einmal Gelegen heit gegeben war, mit auszutreiben. Reizender aber wird eine solche Staffage der herbstlichen Landschaft, wenn von den weidenden Thieren wohltönende Glocken durch die herbstliche Stille erklingen. Wer diese Natur poesie liebt, kann sich jetzt täglich des harmonischen Glockengeläuts erfreuen, das die blanke Rinderheerde des Vorwerks St. Nicolai, geleitet von den neuerdings zu ihrer Pflege berufenen Schweizern, weithin ertönen läßt. Es wäre recht zu wünschen, daß das Anlegen von Glocken allgemein würde; es giebt eine nicht bloß die Spaziergänger, nein, auch die Thiere selbster freuende, aufmunternde Musik. — Ueber den Umgang mit Petroleum und die Behandlung der Petroleumlampen hat eine technische Kommission in Dresden Verhaltungsmaßregeln aufge stellt, die der Veröffentlichung werth sind. Wir wollen daher auf einige dieser Regeln aufmerksam machen. Das Petroleum ist an kühlen Orten und thunlichst in Blechgefäßen aufzubewahren. Das Einfüllen des Pe troleums ist bei Tageslicht vorzunehmen. Der Docht muß beim Einziehen in die Lampe völlig rein und trocken sein und gut passen, er darf nicht zu dünn sein. Docht und Brenner müssen täglich von allen kohligen Resten befreit werden. Der Docht muß ganz gleichmäßig abgeschnitten werden. Die Luftzüge des Brenners sind täglich zu reinigen. Schadhafte Brenner lind sofort durch neue zu ersetzen. Das Oel im Be hälter darf nie vollständig ausbrennen. Der Behälter muß vor jeder Erwärmung bewahrt werden. Die Lampe darf nicht in zurückgedrehtem Zustande gebrannt werden. Das Auslöschen der Lampe ist durch leichtes Ueberblasen des Cylinders nach vorherigem geringen Niederdrehen des Dochtes zu bewirken. In Kinder stuben sind Hängelampen zu empfehlen. 181 Fraurnstein, 10. Oktober. Gestern Abend fand die Generalversammlung der hiesigen freiwilligen Feuerwehr statt. Nachdem die Monatssteuern ent richtet worden waren, verschritt man zur Ablegung der Jahresrechnung auf die Zeit vom 1. September 1885 brs 31. August 1886. Dieselbe weist eine Einnahme Inserat», welch« Seida» bedeutenden Auflage del Blatt«« «ine schr wirk sam« Verbreitung finden, «erden mtt 10 Pfg. di« Spaltemeile oder v«« Raum berechnet. — Ta bellarische und complicin» Inserate mtt entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, nn redaktionell« Th eile, di« Spaltenzetl« «0 Pfg-