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Verantwortlicher Redacteur: Carl Irhnc in Dippoldiswalde, „vreWmtz-Ielnm-" «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. SS Pfg., zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. - Alle Postan- stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Amtsblatt für die Königliche AmtshaupLmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein stehenden Unterstützungswohnsitz - Streitigkeit zwischen den Armenverbänden Altenberg und Obercarsdorf wurde dem Klagantrage Altenbergs gemäß entschieden. Das Regulativ der Gemeinde Hänichen über Er hebung von Stättegeld fand Genehmigung; ebenso be schloß der Bezirksausschuß, bez. vorbehältlich einiger, die event. Werthsberechnung einer Grundsteuereinheit betreffeirden Abänderungen, die Regulative der Kirch- und Schulgemeinde Schellerhau und der politischen Gemeinden Schellerhau, Bärenfels und Bärenburg über Erhebung von Besitzveränderungsabgaben höheren Orts zu befürworten. Der Bezirksausschuß bewilligte sodann für die nächsten 3 Jahre einen jährlichen Beitrag von 50 M. für die Arbeiterkolonie Schneckengrün aus Bezirks - Mitteln, genehmigte die Festsetzungen des Direktoriums der Bezirksanstalt mit dem neugewählten Anstalts inspektor Rehschuch und erledigte mehrfache sonstige Bezirksvermögens-Angelegenheiten (darunter Bewillig ung eines Darlehns von 23000 M. gegen hypothe karische Sicherheit rc.). Das Gesuch August Liebscher's in Glashütte um Genehmigung zu Veranstaltung von Singspielen wurde, da man das bezügliche örtliche Bedürsniß durch die bereits früher ertheilten diesfallsigen Genehmigungen für völlig befriedigt erachtete, abgelehut. Stattgegeben wurde dagegen dem gleichen Gesuche Friedrich Lieb scher's in Liebenau, sowie dem Dispensationsgesuch wegen Dismembration bei Fol. 94 von Döbra, wäh rend man es auf ein erneutes ähnliches Gesuch des Fol. 9 von Burkersdorf bei der früheren abfälligen Entschließung bewenden ließ, welche Letztere sich dar auf stützte, daß im Dispensationsfalle ein neues Folium entstehen würde. Als Sachverständige zu Taxation von Flurschäden bei Truppenübungen, bez. als deren Stellvertreter wurden die Herren Gutsbesitzer Steyer, Reinholds hain, Rittergutsbesitzer Oehmichen auf Berreuth und Stadtgutsbesitzer Otto Müller hier bezeichnet und er klärte sich der Ausschuß weiter mit den Vorschlägen des Herrn Vorsitzenden wegen der hohen Orts ange ordneten Vermehrung der Sachverständigen in Vieh- stzuchenfällen einverstanden. Hierauf ertheilte man die Zustinunung zu Erlaß einer polizeilichen Vorschrift gegen das Gesinde für Hen Fall der Zuwiderhandlung gegen' Z 35 flg. der Gesindeordnung (Ungehorsam, Aufhetzen des Neben- gefindeS rc.) und stellte endlich der Stadt Dippoldis walde eine Beihilfe zu den Kosten der Fußweganlage nach dem hiesigen Bahnhof aus dem Wegebau-Unter stützungsfonds des König!. Ministerium des Innern in Aussicht. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 21. Juli. Die letzten Tage haben Temperaturgrade zu Stande gebracht, bei denen man in der That an die Existenz und Bedeutung der „Hundstage" und „Hundstagsferien" glauben lernen mußte. Aber sie thun wohl, und nun erst lernt man die Berechtigung der Sommerfrischen, den Segen schattiger Baumkronen und die Wohlthat eines kühlen den Flußbades schätzen. Unsere Badeanstalt wartet mit Schmerzen auf Frequenz, möchte es ihr in diesen schönen Tagen daran nicht fehlen; die Badesaison ist kurz bei uns, und wer weiß, welchen Umschlag der nächste Mondwechsel oder unvermeidlich eintretende Gewitter bringen. Also muthig ins kühle Bassin, die Wafferwärme beträgt 14« R. — Die Thurmeinweihung am Sonntage scheint allgemein gefallen zu haben, was wohl auch mit da raus hervorgeht, daß am Montag eine stark besuchte Nachfeier veranstaltet worden ist, bei welcher eS so wohl Concert als Illumination gegeben hat. UebrigenS ist schon mehrfach der Wunsch laut geworden, bei Ge legenheit einmal ein ähnliches gemüthliches Fest in den Steinbrüchen zu arrangiren, da sich dieselben durch den Wechsel der Scenerie, gleichsam in verschiedenen Etagen, ungemein gut zum Hintergründe einer bunt bewegten Menschenmenge eignen. Wir selbst kommen zunächst auf den schon neulich berührten Vorschlag zurück, daß die Herstellung eines Unterschlupfs auf der Höhe, ähnlich wie unten, eine sehr angenehme Einrichtung wäre, da dem sehr erhitzten Besucher des Thurmes der sofortige Aufenthalt in der Steinbruchs restauration nicht allemal zuträglich sein möchte. — Wie wir hören, ist die vom hiesigen Gewerbe verein beschlossene Petition an die Generaldirektion der kgl. sächs. Staatsbahnen um Beibehaltung von je vier Zügen auf- und abwärts im Winterfahrplan auf der Strecke Hainsberg-Kipsdorf an ihre Adresse ab gegangen. Wünschen wir ihr den besten Erfolg. Ruppendorf. Am vergangenen Sonntage fand das diesjährige Fest des Zweigvereins der evangelischen Gustav-Adolf-Stiftung für Dippoldiswalde in Ruppendorf statt. Ein festlicher Zug bewegte sich unter Glockengeläuts und den Klängen des ChoralS: „Allein Gott in der Höh sei Ehr!" nach dem Gottes hause, das schön geschmückt und bis auf den letzten Platz gefüllt war. Vor andächtig lauschender Ge meinde predigte Herr Pastor Ficker aus Neukirchen über Joh. 17, 6—10 und zeigte, wie das hohepriester- liche Gebet des Herrn auch eine Fürbitte des Gustav- Adolf-Vereins für seine Pfleglinge sei, die danken darf: sie haben dein Wort gehalten, mahnen will: du hast sie mir gegeben und bitten muß: erhalte sie in deinem Namen! Die Nachversammlung im Gasthofe, die gleichfalls gut besucht war, wurde mit Gesang eröffnet. Der Herr Vorsitzende rief der ganzen Kirchgemeinde Ruppendorf in ihren Vertretern und Gliedern für die Schmückung des Festes im Namen des Vereins ein herzliches Grüß Gott! zu. Herr Diak. Keil führte in das Arbeitsgebiet des Vereins ein und schilderte an schaulich und fesselnd Entstehung' und senfkornartiges Wachsthum desselben und die Bedürfnisse und Noth- stände in der Diaspora. Von den 444 Mark, welche nach Abzug von Verlägen und Porti zur Vertheilung gebracht werden konnten, wurde je ein Drittel für den Hauptverein zur Vertheilung, für die evangelischen Schulen Oesterreichs und für den alten langjährigen Pflegling des Vereins, die evang.-reform. Kirchge meinde zu Semonitz in Böhmen bestimmt, während die Festkollekte (AK M. 15 Pf.) der Liebesgabe über wiesen wurde. Als Deputirte für das Jahresfest des Dresdner Hauptvereins in Sebnitz wurden die Herren Der Ausgaug der ruglischtu Parlamcnls- wahlcu. Der wochenlange Wahlfeldzug in England mit seinen mannigfachen Zwischenfällen und Aufregungen hat am vergangenen Sonnabend sein Ende erreicht, wenn man von den unbedeutenden Shetlands- und Orkney-Inseln absieht. Zur Stunde liegt allerdings das Wahlergebniß in seiner Gesammtheit noch nicht vor, aber die wenigen, noch außenstehenden Ziffern vermögen an der Thalsache nichts zu ändern, daß das Land ein entschiedenes Verdammungsurthei gegen Gladstone und seine irische Politik ausgesprochen hat. Nicht nur in der großen Mehrzahl der städtischen Bezirke, sondern auch in den ländlichen Distrikten, deren Votum doch in der letzten Wahlbewegung eine für Gladstone so unerwartet günstige Wendung her beiführte, haben sich die Wähler gegen die Regierung erklärt und diese Enttäuschung dürfte für den leiten den Staatsmann um so schmerzlicher sein, als sich seine Wahlreisen in Schottland und durch die süd englischen Jndustriebezirke zu einem einzigen Triumph zuge für ihn gestaltete und somit das Beste für seine Sache hoffen ließen. Die geschlagenen Anhänger Gladstones können nun freilich darauf Hinweisen, daß es auch ihren konservativen Gegnern nicht gelungen ist, für sich allein die absolute Mehrheit im neuen Parlamente zu erlangen, aber das ist für jene doch nur ein recht schwacher Trost. Die Konservativen werden im künftigen Unterhause 315 bis 320 Mann stark vertreten sein, dem gegenüber treten die ca. 190 Gladstonianer denn doch bedeutend zurück, selbst wenn man zu letzteren noch die 84 Köpfe starken Parnelliten, die Vertreter der irischen Nationalpartei, hinzurechnet. Jedenfalls fehlt der konservativen Partei nur eine ganz geringe Stimmenzahl, um für sich allein die entschiedene Mehrheit beanspruchen zu können, aber es unterliegt keinem Zweifel, daß dieser fehlende Bruchtheil durch die Stimmen der Anhänger Chamber lains und Hartingtons mehr als nöthig geliefert werden wird. Gladstone mag sich vielleicht bis jetzt mit der Hoffnung geschmeichelt haben, durch das Zu- geständniß einer wesentlich abgeschwächten irischen Politik seine abtrünnig gewordenen liberalen Ge sinnungsgenoffen doch noch zu sich herüberziehen zu können und somit im Vereine mit den Parnelliten eine Regierungsmehrheit Herstellen. Aber nach dem ver schärften öffentlichen Auftreten Lord Hartingtons gegen Gladstone, das sich in den letzten Tagen der Wahl kampagne bemerklich machte, mußte ein solches Unter nehmen als hoffnungslos erscheinen; wenn es auch dem Premier durch seine rednerische Kunst und den Zauber seines Namens vielleicht gelingen sollte, einen Theil der diffendirenden Liberalen zu gewinnen, so muß doch eine Versöhnung mit den speziellen An hängern Hartingtons als ausgeschloffen betrachtet werden und hiermit fällt die Möglichkeit der Bildung einer Mehrheit im Gladstoneschen Sinne. Das Wahl- bündniß, welches die Konservativen mit den Anhängern Chamberlains und Hartingtons auf Grund der gemein samen Gegnerschaft zur irischen Politik der Regierung geschloffen, hat seine Früchte getragen und diese Er- kxnntniß müßte die unter so eigenthümlichen Umständen zu Verbündeten gewordenen Parteien bestimmen, auch fernerhin mit einander zu wirken. In der That soll ja auch schon ein liberal-konservatives Koalitions- mjnisterium in England in Aussicht genommen sein — was noch bedeutungsvoller erscheint — es sind bereits die Grundzüge des Regierungsprogramms für ein solches Ministerium aufgestellt werden. Dieselben verheißen namentlich wichtige soziale Reformen sowohl für England und Schottland als auch für Irland und ein derartmes Programm wäre unstreitig auch, der geeignetste Boden, auf welchem sich ein lebens fähiges aus konservativen und liberalen Elementen zusammengesetztes Ministerium jenseits des Kanals ^deutenden Auflage Blattes eine sehr wirk same Verbreitung find«, werden mit 10 Pfg. die Spaltemeile oder verm Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Jnserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Einge sandt, un reeaktionellen «heile, die Spaltenzetl« 20 Pf,. entwickeln könnte. Man darf wohl hoffen, daß hier über eine Verständigung zwischen den Konservativen einer- und den Anhängern der beiden genannten liberalen Parteichefs anderseits zu Stande kommt, wenigstens könnte eine solche Versöhnung und Ver schmelzung'der politischen Gegensätze für die weitere Entwickelung des britischen Reiches nur von den segensreichsten Folgen sein. Für Gladstone bedeutet — wenn nicht Zeichen und Wunder geschehen — der Ausgang der jetzigen Parlamentswahlen das Ende seiner langen, an glänzenden Erfolgen wie an schweren Niederlagen so reichen parlamentarischen und poli tischen Laufbahn, aber der „große alte Mann" fällt nur seinen eigenen Fehlern zum Opfer. Mit einer Energie und Zähigkeit, die einer besseren Sache würdig gewesen wäre, hat es der greise Premier versucht, in der wichtigsten Frage, die wohl seit Jahrzehnten die britische Nation bewegte und bis in ihre innersten Tiefen aufwühlle, der letzteren seine Meinung und seinen Willen aufzudrängen, ohne von demselben ein Jota ablassen zu wollen — dafür muß nun Glad stone jetzt die Folgen tragen. 4. Sitzung des Bezirks-Ausschusses am 3. Juli 1886.