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- U Reservefond. — 3^8 Tagesgelchichte. Berlin. Kaiser Wilhelm hat sich nicht am 18., sondern erst am 19. Juni Abends zum Badeaufent halt nach Ems begeben. — Allen früheren Meldungen entgegen ist die nächste Sitzung des Reichstages aus den 25. Jnni an beraumt worden. — Dem Bundesrathe ist der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Fürsorge für WMwen und Waisen von Angehörigen des Reichsheeres, zugegangen. Der Entwurf, welcher 35 Paragraphen umfaßt und den Eintrittstermin offen läßt, entspricht im Großen und Ganzen den früher vorgelegten Entwürfen des selben Inhalts. Die kurze Einleitung der Begründung hebt hervor, daß die früheren Entwürfe daran schei terten, daß die Militär-, sowie Marineverwaltung prinzipiell daran festhalten zu müssen glaubten, daß die niederen Offizierchargen vom Hauptmann zweiter Gehaltsklasse abwärts bei der Beschränktheit ihres Diensteinkommens und der Verpflichtung, zur Er langung des Heirathskonsenses einen Vermögensnach weis zu führen, füglich nicht mit einem Abzüge von drei Prozent jenes Diensteinkommens belastet werden können, so lange sie sich nicht verheirathet haben. In dem vorliegenden Gesetzentwurf ist dieser prinzipielle Standpunkt im Interesse des Zustandekommens des Gesetzes verlassen und dagegen nur eine Uebergangs- bestimmung ausgenommen worden, durch welche ledig lich den tatsächlichen Verhältnissen Rechnung getragen wird. — Die „Pall Mall Gazette" beklagt den Verlust wr Uebermacht Englands und das Anwachsen der Thätigkeit Deutschlands auf dem finanziellen Welt markt. Sie schreibt: „Die beiden Thatsachen, die gerade jetzt am meisten die City beschäftigen, sind die Geschäftsflauheit unter englischen Kaufleuten und Maklern und die außerordentliche Thätigkeit finanzieller und anderer Geschäfte in den deutschen Städten. Diese Thatsachen stehen in einem augenscheinlichen Zu- ammenhange. Deutsche Kaufleute haben durch die Aneignung des Auslandshandels die Regelung fremd- ändischer Schulden nach Berlin, Frankfurt und Ham burg gezogen. Dieselben sind fast des Namens inter nationaler Komptoirs würdig, und das alte Neber- gewicht Londons als der Hauptplatz zur Regelung von Schulden zwischen Ländern ist beeinträchtigt. Englische Finanziers und französische Bankiers stehen über die von Berlin als einem Geldmarkt gemachten großen Schritte ganz gleich bestürzt da. Durch seine Hilfe )at Rußland seit Jahren dem Mißtrauen von West- Europa Trotz geboten. Skandinavische Anleihen sind in Deutschland zu Preisen ausgenommen worden, die jene, welche Finanzhäuser in London zu bieten bereit, waren, weit überstiegen; italienische, spanische und portugiesische Sicherheiten sind abwechselnd auf deut schen Märkten herausgebracht worden, die noch immer einen die ganze Welt umfassenden Geschmack und einen gierigen Appetit zeigen. Deutsche Handels prosite und die in die Hände des Bankiers gelegten Gelder forderten Verwendung und wirken auch noch heute in dieser Weise. Die Macht des Geldbeutels wird stets gefühlt. England hat sein Monopol als die Bankfirma der Welt verloren." Aus dem Harz. Am 17. Juni hat es auf dem Brocken geschneit und erglänzt die ganze Spitze des Berges im schönsten Winterkleide. Bayern. Die Beisetzung der Leiche des Königs Ludwig II. hat am Sonnabend Nachmittag unter dem größten Pompe und der Theilnahme vieler Fürstlich keiten in der Michaelerhofkirche stattgefunden. Bayern. Wie aus München gemeldet wird, ist die Hoftrauer daselbst bis zum 15. September ange ordnet. Bis jetzt wurden unter den Papieren des verstorbenen Königs keinerlei letztwillige Bestimmungen gefunden, derselbe scheint also kein Testament hinter lassen zn haben. Des Weiteren wird berichtet, daß dem Vernehmen nach die Königin Isabella von Spa nien in den nächsten Tagen das Schloß auf der Herreninsel im Chiemsee besichtigen wird, um sich über den eventuellen Ankauf desselben schlüssig zu machen. Schloß Berg, wo die Katastrophe erfolgte, bleibt vor- und 53,237 M. 34 Pf. Bestand des 5. ' Vergleicht man die Rechnungsresultate der Jahre 1881 bis 1885, so ergiebt sich folgendes Bild. Im Jahre 1881 wurden eingezahlt: 263,201 M. 22 Pf.; im Jahre 1882: 395,968 M. 72 Pf.;, im Jahre 1883: 365,923 M. 47 Pf.; im Jahre 1884: 378,038 M. 89 Pf.; im Jahre 1885: 372,700 M. 94 Pf. Rück gezahlt wurden im Jahre 1881: 328,211 M. 66 Pf.; 1882: 354,403 M. 14 Pf.; 1883: 314,602 M. 7 Pf. . 1884: 282,763 M. 97 Pf.; 1885: 316,199 M. 6 Pf. Die werbenden Kapitalien betrugen 1881: 1,266,973 Mark 42 Pf.; 1882: 1,398,223 M. 80 Pf.; 1883: 1,458,516 M. 20 Pfg.; 1884: 1,630,855 M. 50 Pf.; 1885: 1,754,668 M. 80 Pf. Das Guthaben der Einleger betrug 1881: 1,311,522 M. 98 Pf.; 1883: 1,509,705 M. 30 Pf.; 1884: 1,668,751 M. 43 Pf.; 1885: 1,787,676 M. 97 Pf. — 20. Juni. Wie alle Jahre, wird auch in diesem Jahre der hiesige Männergesangverein „Liedertafel" zum Johannisfeste nächsten Donnerstag, den 24. Juni, Abds. '/?8 Uhr auf hiesigem Friedhöfe einige der Festfeier entsprechende Gesänge vortragen. Hieran wird sich eine kurze Ansprache schließen, welche Herr Diakonatsvikar Weigel gütigst übernommen hat. — Noch sind die Bewohner unsers Städtchens des Schreckes eingedenk, den das unerwartete im Laufe der 3 letztvergangenen Wochen eingetretene Ende von drei hochgeachteten Bürgern unsrer Stadt verursachte, als sich heute Nachmittag die Kunde verbreitete, daß heute Mittag Uhr der hiesige Buchbindermeister und langjähriger treuer Agent der Weißeritz-Zeitung Herr Ernst Lehmann plötzlich vom Schauplatz dieser Erde abgerufen worden ist. Herr Lehmann war ein rühriger und gewandter Geschäftsmann, der auch im Privatverkehr beliebt und wohlgeachtet war. Er ruhe sanft! Dresden. Berliner Blätter wissen wieder einmal von einer Verlobung im sächsischen Königshause zu berichten, und zwar soll die Verbindung des Prinzen Friedrich August mit der zweiten und jüngsten Tochter des österreichischen Kaiserpaares, Marie Valerie, beschlossen sein. Die s. Z. von Berlin aus zuerst gemeldete Verlobung der Prinzessin Marie Jo sepha mit einem österreichischen Erzherzoge, die während der Anwesenheit der kgl. Familie in Sibyllenort statt- I finden sollte, hat bis heute noch keine Bestätigung ge funden. — Um dem Mangel an Erntearbeitern abzu helfen, ist das Kriegsministerium gebeten worden, größere Beurlaubungen aktiver Soldaten eintreten zu - lassen, welche Bitte auch bereitwillig erfüllt wurde. — Auf eine Anfrage der hiesigen Handels- und Gewerbekammer wegen Abkürzung der Leipziger Oster- und Michaelis-Messen hat der Vorstand der „Dresdner Kaufmannschaft" bei 44 hervorragenden Firmen in 12 verschiedenen Branchen, bei denen der Besuch der Leipziger Messe vorauszusetzen war, Um frage gehalten. Darauf sind von 27 Firmen Rück äußerungen eingegangen. Dieselben sind fast durch aus für die jetzige Einrichtung ungünstig ausgefallen. Die geringsten Ausstellungen sind, daß die Messen zu lange dauern oder der Anfang nicht auf einen be stimmten Termin falle. Vielfach werden die MMM überhaupt als nicht mehr zeitgemäß verworfen, so daß sie den Meßbesuchern oft nur einen bedeutenden un- nöthigen Aufwand an Zeit und Geld verursachen. In der Tuch- und Manufakturbranche werden sie als ganz überflüssig erklärt, bezüglich der Galanterie-, Kurz- und Spielwaaren wird dasselbe behauptet, zumal sich das Geschäft in diesen Branchen zumeist nach Berlin gewendet habe. — In der Dresdner Münze sind im Mai d. I. 51,000 Markstücke und 89,968 Einpfennigstücke aus geprägt worden. Einmarkstücke wurden außer in Dresden noch in München und Einpfennigstücke in Berlin und Stuttgart geprägt. — In einer Stadt wie Dresden, die eine so zahl reiche Garnison beherbergt, ist es sehr natürlich, daß man vielen schmucken Vertretern derselben auf den I Straßen begegnet, ebenso natürlich und in unserer I allgemeinen Wehrpflicht begründet ist es, daß das In teresse am Soldatenstande immer weiter um sich greift und jede ausfallende Veränderung im Anzuge die „Wißdegierde" erwecken muß. Seit einiger Zeit sehen f wir nun, so schreibt der „Dresdner Anzeiger", einen Theil unserer braven Schützen (Regiment Nr. 108) anstatt der bisher geführten Haubajonelte mit kleinen zierlichen, dolchartigen Seitengewehren ausge stattet, die mit dem weißmetallnen Beschläge nur wenig über die untere Nockkante herabreichen, während die bisherige Waffe beinahe bis zum Knie langte. Die Verkürzung des früheren Haubajonetts hängt mit der Einführung eines veränderten Gewehres zusammen, über dessen Eigenarten und Vortheile unser Gewährs mann aber, so bemerkt das zitirte Blatt weiter, nicht in der Lage war, weitere Auskunft zu ertheilen. Die > der Klempnerstreik für beendet anzusehen. Be trachtet man das Ergebniß desselben, so ist es dahin zu- sayunenzufaflen, daß ein nennenSwerther Erfolg seitens der Gehilfen nicht erzielt worden ist. Wohl dürfte nicht zu verkennen sein, daß eine theilweise Auf- " befferung der Löhne feiten der Arbeitgeber stattge funden hat, allein dieser Erfolg hätte sicherlich auch durch Unterhandlungen errungen werden können. Be rechnen Diejenigen, welche wochenlang gefeiert haben, ihre Einbuße an Arbeiislohn, so wird dieselbe den etwaigen jetzigen Mehrverdienst für diesen Sommer aufwiegen. Und ob die Lohnaufbesserung für den Winter Bestand haben wird, ist doch ziemlich fraglich. Herabminderung des Bajonettgewichtes ist eine Folge des unter gewissen Verhältnissen gegen das jetzige Mausergewehr nicht unbedeutend erhöhten Gewehr gewichtes des neuen Modells, welches im Allgemeinen an das bislang im Gebrauch gewesene anlehnt, durch eine besondere Einrichtung aber ein ganz bedeutend 1 rapideres Feuern gestattet, wodurch unsere deutsche Armee zum Mindesten wieder den anderen Armeen des Kontinents, die bereits seit längerer Zeit Re- petir-, bez. Magazingewehre zum Theil versuchsweise eingeführt haben, ebenbürdig zur Seite gestellt wurde. — Einer Nachweisung über die am Schluffe des Jahres 1885 bei der sächsischen Staatsbahnver waltung vorhandenen Transportmittel entnehmen wir Folgendes: Es sind vorhanden und im Betriebe thätig: 1) 750 Stück Lokomotiven, einschließlich 3 Dampfwagen und 22 Lokomotiven für schmalspurige Sekundärbahnen. Davon sind 313 Stück zur (Dampf-) Heizung der Personenwagen eingerichtet und 151 Stück mit Dampfläutewerken für den Sekundärbetrieb ver sehen. Die ältesten Maschinen, und zwar 3 Stück: Büffel, Salamander und Vampyr stammen aus dem Jahre 1852; 2) 555 Stück Tender, von denen 470 Stück bei Personen und Güterzügen und 85 Stück bei den Eilzügen Verwendung finden. Erbauet wurden 328 Stück in eigenen Werkstätten, 79 Stück bei Hart mann (bez. Eächs. Maschinenfabrik), 35 Stück bei Borsig in Berlin rc. und stammen die ältesten Tender, und zwar 4 Stück noch aus dem Jahre 1846; 3) Per sonenwagen für normalspurige Bahnen 2038 Stück, für schmalspurige Bahnen 86 Stück, in Summa: 2124 Stück mit zusammen 81,234 Plätzen, und zwar 2262 Plätzen I. Klasse, 15,477 Plätzen II. Klaffe, 52,170 Plätzen III. Klaffe und 11,325 Plätzen IV. Klaffe und 4) 340 Stück Passagier-Gepäckwagen, 7071 bedeckte Güterwagen, 19,903 offene Güterwagen für normalspurige Bahnen, sowie 65 bedeckte Güterwagen für schmalspurige Sekundärbahnen, in Summa aller Gepäck- und Güterwagen also 20,288 Wagen mit 41,148 Achsen und 106 943,2 Tonnen Eigengewicht. Ferner besitzen die unter sächsischer Staatsverwaltung stehenden Privatbahnen: Altenburg-Zeitzer Eisenbahn gesellschaft: 8 Stück Lokomotiven, 6 Stück Tender, 15 Personenwagen mit 588 Plätzen, und zwar 152 II. Klasse, 290 III. Klasse und 146 IV. Klasse und 2 Paffagiergepäckwagen, 40 bedeckte Güterwagen und 520 offene Güterwagen, in Summa also 562 Gepäck- und Güterwagen mit 1124 Achsen und 3005,3 Tonnen Eigengewicht. Gaschwitz-Meuselwitzer Eisenbahngesell schaft: 6 Stück Lokomotiven (Tenderlokomotiven), 12 Personenwagen mit 453 Plätzen, und zwar 92 II. Kl. und 361 III. Klasse und 2 Passagiergepäckwagen, 18 bedeckte Güterwagen und 250 offene Güterwagen, in Summa also 270 Wagen 540 Achsen und 1303,1 Tonnen Eigengewicht. Zittau-Reichenberger Eisen bahngesellschaft: 5 Stück Lokomotiven, 5 Stück Tender, 13 Personenwagen mit 476 Plätzen, und zwar 24 Plätzen I. Klasse, 112 Plätzen II. Klasse und 340 Plätzen III. Klaffe, und 3 Passagiergepäckmagen, 32 bedeckte Güterwagen und 80 offene Güterwagen, in SPkima 115 Wagen mit 230 Achsen und 589,5 Tonnen Eigengewicht. Freiberg. In der städtischen Verwaltung ist aber mals ein nicht unbedeutendes Kassendefizit entdeckt worden. Der Kassirer A. M. Träger, der u. A. die St. Johannishospital-, die Rathswittwen- und Con- radische Kasse zu führen hatte, war mit Rechnungs legung über diese Kassen seit 1880, ja selbst seit 1878 im Rückstände und wurde bei Beginn der Kaffen reorganisation am I. Dezember 1885 feines Postens enthoben, um die noch rückständigen Rechnungen zu fertigen. Dieser Tage hat sich denn nun herausge stellt, daß ein Geldabgang von 9903 M. 87 Pfg vor liegt, welcher sich auf die verschiedenen Kassen ver- theilt. Träger hat auch bereits eingestanden, Unter schlagungen in der Weise begangen zu haben, daß er Einnahmen im Journal nicht gebucht und die Beträge an sich genommen hat. Die Kaution Träger's beträgt 3000 Mark. Annaberg. Ein ehrwürdiges Ueberbleibsel der alten Jnnungsherrlichkeit ist dieser Tage der Ver gangenheit entrissen worden. In der seit vielen Jahren nicht geöffneten alten Lade der Uhrmacherinnung wurde unter-alten Skripturen u. A. ein Dokument gefunden, welches sich bei näherer Besichtigung als die im Jahre 1605 am 4. Februar geschriebene Ordnung der 1543 am Sonntag nach Martini in Annaberg begründeten Innung der Gesellen und Jünger des Schlaffer-, Uhr-, Büchsen-, Winden- und Spörerhand- werkes ergab. Aus einer der Ordnung anhängenden Bemerkung geht hervor, daß die ursprünglichen Statuten, bestätigt vom Rath am 15. Mai 1544, bei dem schreck lichen Brande des Jahres 1604 am 27. April mit verdorben waren und deshalb eine Kopie und Neu bestätigung derselben durch den Rath stattgefunden hat. Leipzig. Nack, mehr als dreiwöchiger Dauer ist