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Die „Wel-errtz-Leitung" «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — «reis vierteljährlich 1 M. ZS Pfg., zweimonatlich 84 Psg., einmonatlich 42 Psg. Einzelne Nummern 10 Psg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmm Be stellungen an. MMH-MiW. Amtsblatt Inserat«, welche bei der bedeutenden Auflage de» Blattes eine sehr wirk sam« Verbreitung finden, «erden mit 10 Pfg. die Spaltenzeile oder veren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Einge sandt, un redaktionell«» Theil«, die Spaltenzeile 20 Pf«> Kr die LSmaliche Umishaupimamschast Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Verantwortlicher Redacteur: Carl Ikhne in DippoldiSwal-e. 52. Jahrgang. Sonnabend, den 24. April 1886. Nr. 47. Ostern. Au« des Winter« starren Banden rang Natur sich endlich lo«, Und geheimnisvolles Beben zittert durch der Erde Schoß - Urberall au« dunkeln Grüften drängt « zum Lichte sich empor, Ueberall mit Zauberkräften keimt und sproßt e« seht hervor. Ja, de« Lenze« mächtig „Werde" - laut erklang « durch die Natur, Und nun regt sich neues Leben ringsumher in Wald und Flur; In den Thälern, auf den Höhen winkt da« junge FrühlingSgrün, Während an de« Bache« Rändern Floras erste Kinder blüh'«. Laue Lüfte weh'n von Süden kosend über's ganze Land — Grüße au« dem Süden bringen sie ja bi« zum nord'schen Strand — Warme Sonnenstrahlen fluthen durch das All' so goldig-klar, In den jungbelaubtrn Zweigen singt auf'S Neu' der Vöglein Schaar! Wohl, es fühlt des LenzeS Wehen freudig auch des Menschen Brust, Denn sie athmet, gleich den Fluren, auf in neuer FrühlingSlust; Und die bangen, schweren Sorgen, die gebar des Winters Nacht, Wie sie rasch dahin entfliehen vor der neuen LebenSmacht! Laßt'S im Herzen Frühling werden d rum, die Ihr noch leidgequält, Laßt dort neues Hoffen blühen, das zu frischem Thun beseelt — Schüttelt von Euch all' die Mühen, die das Leben bringen mag — Frischer Muth und frisches Streben werd' Euch heut' zum Ostertag! D rum willkommen, Ostermorgen, der du ja der Hoffnung Bild — Sei gegrüßt mit Deinem Scheine, der die Herzen uns erfüllt, Pflanze gläubiges Vertrauen du auf'S Neu' un» Allen ein — Heitger, hehrer Ostermorgen — sei gegrüßt mit deinem Schein! Ostern. Wenn im Wechsel des Jahres der harte Winter durch den sonnigen Lenz überwunden ist, und Mutter Erde sich aus's Neue in ihr grünes Festgewand ge kleidet hat, dann hält auch Ostern, das Auferstehungs fest des Heilandes, wieder seinen Einzug. In der Reihe der hohen christlichen Feste ist Ostern das zweite, dem Range nach ist es aber das höchste, es ist das Triumphfest der Christenheit. Es bedeutet den Sieg des Unsterblichen über das Vergängliche, die Ueber- windung der Niederträchtigkeit und Bosheit durch das Reine, das Erhabene, welches in jedem gläubigen Ehristen seine Stätte aufschlägt und ihn über den Staub und das Ungemach dieser Welt erhebt. Seinen» ganzen Wesen nach bedeutet Ostern ein Doppelfest. Es ist das Fest zum Andenken an die Auferstehung des Begründers der christlichen Religion, und es ist auch die Auferstehungsfeier der Natur nach starrem Winterschlafe. Im letzteren Sinne ist Ostern das uralte germanische Vorsrühlingsfest, welches un sere heidnischen Vorfahren feierten, und an welchem der Sage nach die Lenzgöltin Ostara auf die mit Schnee und Eis bedeckte Erde herabstieg, und auf ihr ueues Leben, neues Wachsthum und Gedeihen erweckte. Von dieser Göttin hat sich offenbar der Name „Ostern" erhalten, und altgermanischen Ursprungs sind zweifellos «uch die Bräuche des Osterfeuers, Osterwassers und der Ostereier. Kn diesen uralten Sitten weht uns noch ein leiser Hauch altnordischer Poesie entgegen, gleichsam eine letzte Erinnerung an die Heidenwelt, in der einst unsere Vorfahren lebten. Verklungen und versunken ist indessen schon seit langen Jahrhunderten diese Poesie, und ein reinerer Quell der religiösen Veredelung strömt uns immer und immer wieder aus dem Christenthum, aus dem christlichen Osterfest zu. Die erhabene Erinnerungs feier der Auferstehung des Heilandes mahnt uns aus's Reue, daß auch in uns ein unsterblicher Geist lebt, der die Nacht des Grabes überdauern wird. Sie mahnt uns aber auch, im eigenen Herzen eine Auf erstehung zu feiern, in unserem Hoffen und Streben das Erhabene hoch zu halten, unserem Leben eine geistige Verjüngung und Veredelung angedeihen zu lassen. Politische Wochenschau. Deutsches Reich. Österliche Stille lagert über den Angelegenheiten der inneren Politik und wenn «uch noch einzelne schwebende Fragen in der Tages preise erörtert werden, so übt doch unverkennbar die Vertagung der parlamentarischen Geschäfte ihren Ein stuß auf die innerpolitischen Angelegenheiten aus und läßt die Zeit- und Streitfragen lange nicht mehr in solcher Heftigkeit und Schärfe hervortreten, als dies noch vor der parlamentarischen Osterpause der Fall war. — Wenden wir den Blick den auswärtigen An gelegenheiten zu, so sehen wir, daß auch hier sich die Osterpause insoweit geltend macht, als mit der nun «Herwärts eingetretenen Vertagung der Parlamente überall die zur Zeit schwebenden Fragen mnerpoü- lischer Natur mehr oder weniger zurücktreten und daß sich somit der Pulsschlag des politischen Lebens in allen Staaten erheblich verringert. Nur in der hohen Politik gehen die Dinge, unbekümmert um die Feste und allgemeinen Ruhepausen im bürgerlichen Leben, ihren Gang und so wickeln sich denn auch die Ereig nisse im Orient weiter ab. Hauptsächlich ist es der türkisch-griechische Streitfall, welcher hier innerhalb des Interesses wie der diplomatischen Erörterungen steht und die Hartnäckigkeit, mit welcher Griechenland auf seinem Verlangen nach Erweiterung seines Ge bietes besteht und demgemäß das Verlangen der Mächte, abzurüsten, fortgesetzt zurückweist, läßt eine kriegerische Lösung des Konfliktes zwischen der Pforte und Griechenland allerdings nicht mehr zu den Un möglichkeiten zählen. Vorerst bemühen sich indessen die Großmächte nochmals, einen friedlichen Ausgang der griechischen Frage herbeizuführen und steht wenig stens zu erwarten, daß die österliche Stille nicht durch Waffenlärm gestört werde, wenn vielleicht auch später die befürchteten abermaligen kriegerischen Verwickelungen auf der Balkanhalbinsel doch noch eintreten werden. Oesterreich-Ungarn, lieber den vielbesprochenen mehrtägigen Aufenthalt des Prinzen Alexander von Hessen, des Vaters des Fürsten von Bulgarien, am Wiener Hofe, liegt jetzt eine authentische Mittheilung des Wiener Korrespondenten des „Pester Lloyd" vor, welcher vom Prinzen Alexander in Audienz empfangen wurde. Der Prinz erklärte, daß er allerdings die Reise nach Wien angetreten habe, um sich über die in den Kreisen der österreichischen Hauptstadt herrschen den Anschauungen bezüglich des Fürsten Alexander von Bulgarien zu vergewissern und hat der Prinz hierbei die Ueberzeugung gewonnen, daß man in Wien die besten Wünsche für die Dauer und weitere Ent wickelung der fürstlichen Regierung in Bulgarien hegt. Doch klang aus den weiteren Worten des Vaters des bulgarischen Herrschers die Befürchtung hervor, daß Rußland sich zu keiner freundlicheren Beurtheilung der Situation in Bulgarien bequemen und daß jeder Versuch, eine Versöhnung zwischen dem Czaren und dem Fürsten Alexander herbeizuführen, scheitern werde. Weiter sprach der Prinz die Meinung aus, daß sich bei einer gesunden, volksthümlichen Negierung in Bul garien noch Alles zum Besten wenden würde und be merkte zum Schluß, daß sein Sohn verschiedene Pläne zur wirthschaftlichen Hebung Bulgariens hegte, daß aber leider auf die Ausführung der Mehrzahl der selben verzichtet werden mußte, da hierbei die große Abneigung und das Mißtrauen der Bulgaren gegen Ausländer hindernd in den Weg trat. Frankreich. Die französischen Kammern haben bis unmittelbar zum Beginn der Festpause fleißig ge arbeitet und speziell wurde in der Deputirtenkammer noch die Berathung der Vorlage, betreffend die inter nationale Ausstellung in Paris im Jahre 1889, be gonnen und wahrscheinlich auch zu Ende geführt. Außerdem kam cS in der Dienstagssitzung der De putirtenkammer auch zu einer Erörterung der grie ¬ chischen Frage, wozu eine bezügliche Interpellation deS Abgeordneten Passy den äußeren Anlaß gab. Frey- cinet beantwortete die Interpellation dahin, daß zwar auch die französische Regierung wünsche, internatio nale Differenzen im Prinzips durch Schiedsgerichte beseitigt zu sehen — Passy hatte den Gedanken an geregt, die griechische Angelegenheit durch ein Schieds gericht zu regeln — daß sie aber in Bezug auf die griechische Frage eine Initiative Frankreichs unmöglich halte, denn für alle orientalischen Angelegenheiten sei bereits ein Schiedsrichter in Gestalt des europäischen Concerts vorhanden. Der Ministerpräsident führte im Weiteren aus, daß der Vorschlag eines Schieds gerichtes zur Lösung des türkisch-griechischen Konfliktes die Angelegenheit dem europäischen Concerte aus der Hand nehmen würde und versicherte schließlich, daß die Mächte fortgesetzt bemüht seien, die griechische Affaire in freundschaftlicher Weife zu erledigen und sei hierbei Frankreich ebenfalls bethätigt. Italien. Dem plötzlichen Ausbruche der Cholera im äußersten Süden der Apenninen-Halbinsel, in Brindisi, ist jetzt das Wiederauftreten der Seuche im nördlichen Italien, im Venetianischen, gefolgt. In Venedig selbst erkrankten in der Zeit vom 19. zum 20. April 3 Personen an der Cholera und starben hier von 2, während in der Umgebung Venedigs, in Chioggia und Carvarzere, je eine Erkrankung vorkam. Seit deni Auftreten der Cholera im Venetianischen im vorigen Herbste ist dieselbe hier nie ganz erloschen, es kamen immer vereinzelte Fälle vor und ihr nun mehriges verstärktes Wiederhervortreten deutet darauf hin, daß ihre Keime selbst den Winter müssen über dauert haben. — Die deutsche Panzerfabrikation hat im Auslande einen neuen Triumph gefeiert. Im Hafen von Mezzia wurde eine Gruson'sche Hartguß- Panzerplatte vom 2000 Centner Gewicht mit einer Krupp'schen Stahlgranate von 20 Centner Gewicht — wobei die Pulverladung 370 Kilo, die lebendige Kraft 14,600 Metertons betrug — aus einem Armstrong- schen 43-Centimeter-Geschütz beschaffen. Die Platte widerstand vorzüglich. England. In England beherrscht die Stimmung gegen die irischen Vorlagen Gladstone's trotz der Ver tagung der beiden Häuser des Parlaments noch immer die Situation. Wie die Londoner Morgenblätter be richten, wird Lord Hartington, der ehemalige Kollege Gladstone's als Kriegsminister und Führer eines Theiles der Liberalen, die Verwerfung der irischen Homerulebill im Unterhause beantragen. Wenn Har tington diesen Antrag stellt, muß er sicher sein, daß seine näheren politischen Freunde hinter ihm stehen und da selbstverständlich auch die Konservativen für den Antrag stimmen werden, so liegt die Entscheidung bei denjenigen Mitgliedern der liberalen Partei, welche zwischen der altgewohnten Anhänglichkeit an Gladstone und ihrer Abneigung gegen dessen irische Politik noch unentschlossen hin- und herschwanken. Griechenland. Gegen das störrische Griechenland scheinen seitens der Mächte endlich energischere Maß regeln ergriffen werden zu wollen. Nach einer Mit-