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158 zeichnete sich hier schon am Tage trotz des Regens durch Flaggenschmuck der behördlichen wie auch mehrerer Privatgebäude aus. Für den Abend war eine gesellige Vereinigung im Hotel „Stadt Teplitz" geplant, und hierzu hatten sich sehr viele patriotisch gesinnte Herren eingefunden. Herr Amtsrichter Hertel eröffnete die Feier gegen 8 Uhr mit einer auf die hochwichtige Be deutung des Tages hinweisenden zündenden Ansprache, und schloß dieselbe mit einem auf den Kaiser aus gebrachten dreimaligen Hoch, in welches sämmtliche Anwesenden begeistert einstimmten und dann das Lied: „Deutschland, Deutschland üb<-r Alles" sangen. Das Bärensteiner Stadtmusikchor concertirte, und die Zwischenpausen wurden durch Vortrag passend aus- gewählter Lieder vom hiesigen Gesangverein ausgefüllt. Herr Bürgermeister Börner brachte hierauf sämintlichen Anwesenden für die durch ihr Erscheinen bewiesene patriotische Gesinnung besten Dank dar, nahm Ge legenheit, denselben ganz besonders Herrn Amtsrichter Hertel für den Vortrag, wie auch den Mitgliedern des Gesangvereins für ihre gütige Mitwirkung zu . zollen, gedachte weiter unseres allverehrten zur Gratu- lationskour in Berlin weilenden Königs und ein auf diesen ausgebrachtes Hoch, in welches die Versammlung begeistert einstimmte, bekundete die treue Vaterlands liebe und Anhänglichkeit an den Landesherrn. Gegen 10 Uhr wurde auf einstimmigen Beschluß der Fest- theilnehmer ein Glückwunsch-Telegramm an den greisen Heldenkaiser abgesandt. Frauenstein, 24. März. Daß unser an der Südgrenze des deutschen Reiches sich befindliches Städtchen von treuen deutschen Staatsbürgern bewohnt ist, zeigte die hiesige vorgestrige Geburtstagsfeier § des deutschen Kaisers. In frühester Morgenstunde weckte trotz strömenden Regens das Musikchor die Bürgerschaft durch eine Revcille. Die sonst übliche Beflaggung der Gebäude mußte wegen der andauern den Ungunst der Witterung unterbleiben. Im Laufe des Vormittags wurde in den Schulklassen Festaktus gehalten. Abends 8 Uhr fand ein von sämintlichen hiesigen Vereinen und Korporationen arrangirter, ge meinschaftlicher Festkommers in dem festlich geschmückten Saale zum goldnen Löwen statt, an welchem auch zahl reiche Gäste sich betheiligten. Der Festkommers wurde vom Herrn Amtsrichter Heldner durch eine Begrüßung der Festversammlung eröffnet, worauf Herr Pastor Langer eine von glühendem Patriotismus zeugende und liefen Eindruck erregende Ansprache hielt. Der Festfeier entsprechende, theils gemeinschaftlich gesungene, theils von der „Liedertafel" vorgetragene Gesänge er höhten und förderten die Feststimmung. Nach Be endigung des ernsten Theils der Festfeier hielt der heitere Theil derselben die Festgenoffen noch lange in echter deutscher Geniüthlichkeit beisammen. Den Herren Posthalter Kaden und Amtsgerichtskontroleur Friedlein ist ganz besonders das Gelingen des zweiten Theils der Festfeier zu verdanken. Allgemein herrschte hohe Befriedigung über die vorzüglich gelungene Festfeier. — Die ungeheueren Schneemaffen der hiesigen Gegend sind in fabelhaft kurzer Zeit geschmolzen. In Folge dessen stehen sämmtliche in der Nähe der Gimmlitz und Bobritzsch sich befindlichen Felder und Wiesen unter Wasser. — Im Laufe der nächsten Woche sollen die Ci garrenabschnitte zusammengeschüttet und verkauft werden, welche zu dem Zwecke gesammelt worden sind, um aus dem Erlös hiesigen armen und würdigen Kon firmanden Unterstützungen zu ihrer Konfirmations kleidung zu gewähren. Die Leser dieses Blattes, welche durch Sammlungen denselben Zweck unterstützen, jedoch nicht abgeliefert haben, werden ersucht, dies bis zum 3. April beim Herrn Apotheker Stölzner hier zu bewirken. Dresden. Trotzdem das rasch eingetretene Thau- wetter vielfach Ueberschwemmungen der größeren Flüsse erwarten ließ, ist das Hochwasser allenthalben doch ohne Schaden glücklich vorübergegangen und scheint sogar der höchste Stand bereits überschritten zu sein. Die Elbe erreichte am 25. März Vorm. zwischen 9 und 10 Uhr mit 430 Centimeter über dem Nullpunkte ihren höchsten Stand und ist bereits wieder etwas zurückgegangen. — Der feierliche Schluß des Landtages ist auf den 28. März festgesetzt worden. — Die Zusammensetzung des jetzt zu Ende gehenden Landtages mar eine für die konservative Partei in Sachsen besonders günstige. Nicht weniger als 47 von insgesammt 80 die zweite Kammer bildenden Mit glieder gehörten der konservativen Fraktion an. Die deutsch-freisinnige Fraktion (Fortschrittspartei) zählte 15, die nalionalliberale 11 Mitglieder, hierunter den inzwischen verstorbenen Bürgermeister Voiat-Annaberg. 2 Liberale (die Abgeordneten Kirbach - Plauen und Uhle - Glauchau) bezeichneten sich selber als Wilde, 5 Abgeordnete bildeten die sozialdemokratische Fraktion im sächsischen Landtag. Unter dem mit diesem Land ¬ tag ausscheidenden Dritttheil sind nicht weniger als 19 Konservative. Von den Mitgliedern der Fortschritts partei scheiden diesmal 5, von denen der national liberalen Fraktion des Landtages nur 3 aus. Endlich befindet sich unter den Ausscheidenden auch der Führer der Sozialisten, Bebel. Die weitaus überwiegende Mehrzahl der Ausscheidenden, und darunter sicher die jedesmal Verdientesten und Einflußreichsten, dürften in ihrem Wahlkreise unbestritten miedergewählt werden. — Vor dem kgl. Landgericht fand am 24. März die Verhandlung gegen den 23jährigen, bisher noch unbescholtenen Kontoristen C. F. M. Steyer aus Großenhain statt, der sich wegen Diebstahls, Unter schlagung und Urkundenfälschung zu verantworten hatte. Derselbe war bis zum 9. November v. I. in der Uhrenfabrik von A. Lange u. Söhne in Glashütte beschäftigt und hat seit dem Jahre 1884 seinen Prin zipalen nach und nach 1055 Mark baares Geld, sowie eine Anzahl Uhrenbestandtheile gestohlen, ferner ihm anvertraute Gelder in Höhe von mindestens 700 M. unterschlagen und um diese Unterschlagungen zu ver decken, beziehentlich um dieselben fortsetzen zu können, falsche Einträge in den betreffenden Geschäftsbüchern vorgenommen. Das Gericht sah sich nicht ver anlaßt, dem Angeklagten mildernde Umstände zuzu billigen und belegte denselben deshalb wegen Dieb stahls, Unterschlagung, vollendeten und versuchten Betrugs mit einer 4 jährigen Gesängnißstrafe. Außer dem wurde Steyer der bürgerlichen Ehrenrechte auf die Dauer von 5 Jahren für verlustig erklärt. — Von der kaiserl. Oberpostdirektion hier wird der Handels- und Gewerbekammer Dresden mitgetheilt, daß das Reichspostamt die Herstellung einer Fern sprechverbindung zwilchen Dresden und Berlin in Aussicht genommen hat. Hinsichtlich des Zeit punktes der Ausführung hat das Reichspostamt sich weitere Entschließung noch vorbehalten, indem das selbe zunächst das Ergebniß der Versuche, welche mit verschiedenen, zum Fernsprechdienste zu benutzenden neuen Apparat-Systemen zur Zeit angestellt werden, abwarten will. Radeberg. Das Kurbad Augustusbad gelangt am 6. April zur gerichtlichen Versteigerung. Der Ge- sammtschätzungswerth der Grundstücke, Wiesen, Wal dungen rc. betrügt 315,654 Mark. Sebnitz. Die Fabrikation künstlicher Blumen ist in der letzten Zeit immer mehr zurückgegangen, und zwar infolge der ungünstigen herrschenden Mode. Fast allenthalben wird vorgezogen, die Damenhüte, zu deren Ausschmückung künstliche Blumen hauptsächlich verwendet wurden, mit Federn zu garniren. Indessen gewinnt es den Anschein, als ob in nächster Zukunft auch hierin Wandel geschaffen werden sollte, so daß man einem Aufschwung beregter Fabrikation mit be rechtigten Hoffnungen entgensehen darf. Hier an schließend sei übrigens noch bemerkt, daß der im Laufe weniger Jahre außerordentlich gesteigerte Verkauf natürlicher Blumen im Winter der Fabrikation künst licher Blumen ebenfalls erheblich Eintrag gethau und zum Theil mit die niedrigen Löhne in letzterer Branche veranlaßt hat. Leipzig. Die Stadtverordneten haben die Ver breiterung des Thomasgäßchens und die Erwer bung der hierzu nöthigen Privatgrundstücke zu dem Gesammtkaufpreise von 1,926,000 Mark einstimmig genehmigt. — Der Verwaltungsbericht des Raths zu Leipzig sagt in Bezug auf die dortigen Messen: „Seit Weg fall der Meßgebühr im Jahre 1878 läßt sich eine Statistik über die Waarenfreguenz der Leipziger Messen nicht mehr geben. Ohne Zweifel ist diese Frequenz seit jener Zeit noch weiter gesunken. Es muß aber an dieser Stelle betont werden, daß die Leipziger Messen noch immer eine große Bedeutung für den internationalen Handel besitzen. Mit der Wandlung der Formen des Welthandels überhaupt haben natür lich auch die Formen und die Bedeutung des Meß handels Wandlungen unterlegen. Gegenwärtig liegt die hauptsächlichste Bedeutung der Leipziger Messen darin, daß sie ein bedeutendes internationales Waaren- musterlager und eine Börse darbieten, auf der sich eine selten genugsam gewürdigte große Zahl überseeischer und außerdeutscher Käufer mit inländischen Fabrikanten und Händlern treffen und hier auf die ausliegenden Muster hin Geschäfte von größtem Belang abschließen. Aber auch der eigentliche Waaren-Umsatz des Leipziger Meßgeschäftes, besonders in Nauchwaaren, Leder, Tuchen und Kurzwaaren, ist noch größer als auf irgend einem anderen Meß- oder Marktplatz. Der Besuch der mit den Messen verbundenen Kleinmärkte ist in Folge der gesteigerten Verkehrserleichterungen noch immer im Steigen begriffen, wenn auch die Meß fremden sich nicht mehr, wie früher, Wochen lang, sondern nur noch Tage lang und Stunden lang hier aufhalten. Die polizeilichen Anmeldungen der Meß fremden geben deshalb ein trügerisches Bild von der Personenfrequenz der Leipziger Messen." Hagesgeschichle. Berlin. Die zweite Berathung der Brannt weinmonopol-Vorlage und damit die entgültige Ablehnung derselben wird am heutigen Freitage statt finden. — Ein Erlaß des Kaisers an den Reichskanzler drückt dankbare Freude über die erhebenden patrio tischen Kundgebungen aus, die ihm bei der Feier seines Geburtstages dargebracht worden sind. Der Kaiser schöpft daraus erneut die Kraft und das Ver trauen, trotz seines hohen Alters für des Volkes Wohl fahrt in ernstem Bemühen auch ferner, so lange es Gottes Wille sei, zu wirken. Der Kaiser spricht seinen innigsten Dank Allen aus, die dazu beigetragen, seinen 89. Geburtstag zu einem weihevollen Festtag zu ge stalten. Der Reichskanzler wird beauftragt, den Erlaß zu veröffentlichen. — Die deutsche Turnerschaft zählt gegen wärtig im deutschen Reich und Deutschösterreich in über 3000 Vereinen fast 300,000 Turngenossen. Von diesen Vereinen arbeitet aber der weitaus größte Theil unter den schwierigsten Verhältnissen und entbehrt vor Allem der Stätten, wo das Turnen regelmäßig und auch im Winter betrieben werden kann. In gleicher Weise ist in unzähligen Städten und Land gemeinden em geregelter Betrieb des Schulturnens trotz der besten Gesetze und Anregungen durch die Re gierungen unmöglich, weil die Turnräume fehlen. Ein Komita hervorragender Männer erläßt im Verein mit dem Ausschuß der deutschen Turnerschaft einen Aufruf, worin aufgefordert wird zur Beschaffung eines „Grundstocks für die Förderung der Pflege des Leibes übungen auf nationalem Boden, und insonderheit für die Erbauung von deutschen Turnstätten im Gebiete der deutschen Turnerschaft." Wir zweifeln nicht, daß der Aufruf überall im Vatcrlaude freundliche und iverkthätige Theilnahme wecken wird. Beiträge nehmen, außer dem Geschäftsführer der deutschen Turnerschaft, I)r. Götz-Lindenau bei Leipzig, für Dresden und Um gebung Turndirektor W. Bier in Dresden entgegen. Braunschweig. Die Militär-Konvention zwischen Preußen und Braunschweig, die am 24. März ohne Debatte vom braunschweigischen Landtag ein stimmig genehmigt worden ist, schließt sich in Inhalt und Form im Wesentlichen an die preußische Kon vention mit anderen Kleinstaaten an. Die braun schweigischen Truppentheile stehen unter preußischer Militärhoheit. Die Truppentheile behalten ihre Be zeichnungen, doch fällt das Wort „herzoglich" fort. Infanterie- und Husarenosfiziere tragen Schärpe und Portepee in den Landesfarben. Bei den Batterien kommen die preußischen Normen unverändert zur An wendung. Die Offiziere werden in die preußische Armee übernommen, so weit sie dies wünschen und dies zweckmäßig erscheint. Die Heerespflichtigen leisten den Fahneneid dem braunschweigischen Regenten. Der Regent ist den braunschweigischen Truppen gegenüber kommandirender General, das Begnadigungsrecht steht dem Könige zu. Die Konvention tritt mit dem 1. April 1886 in Kraft und währt mindestens bis zum Jahre 1896, von da ab tritt 2 jährige Kündigung ein. Bayern. Die Gemahlin des Prinzen Ludwig von Bayern ist von einer Prinzessin entbunden worden. Prinz Ludwig ist der voraussichtliche Thronfolger von Bayern, da König Ludwig II. unvermählt und sein Bruder, Prinz Otto, unheilbar krank ist. Bayern. Den Beschluß der bayerischen Abge ordnetenkammer, die hundertjährige Wiederkehr des Geburtstages Königs Ludwig I. durch Errichtung eines Standbildes des Erbauers der Walhalla bei. Regensburg in derselben zu feiern, begrüßen die in München erscheinenden „Neuesten Nachrichten" mit Freuden, erinnern aber bei dieser Gelegenheit daran, daß König Ludwig I. die Walhalla testamentarisch „Deutschland, meinem großen Vaterlande" vermacht habe. Es bestimme nämlich ein vom Könige errich tetes Codicill: > „1) die Walhalla und was dazu gehört, ver mache ich Deutschland, meinem großen Vaterlande. Ueber die Aufnahme in dieselbe hat der Bundes tag, im üblichen Geschäftsgang, wenn kein Plenum, durch Stimmenmehrheit, zu entscheiden, bei Gleich heit derselben das Präsidium den Ausschlag zu geben. Früher nicht als zehn Jahre nach dem Tode des Betreffenden kann Aufnahme stattfinden. 2) Bayerns Ruhmeshalle und was zu ihr gehört vermache ich Bayern, meinem engeren Vaterlande." Ein ferneres Codicill vom 14. Mai 1862 be stimmt : „Würde, was Gott verhüten möge, der Deutsche Bund aufhören, so fällt die Walhalla an Bayern als Staatseigenthum, für die, was ich Bayerns Ruhmeshalle betreffend verfügt, ebenfalls dann zu