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Wkiherih-MW Verantwortlicher Redacteur: Carl Jehnk in Dippoldiswalde. 52. Jahrgang. Dienstag, den 23. Februar 1886. Nr. 21. Inserate, welche bei der bedeutenden Auslage deS Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg. di« Spaltenzeile oder veren Nimm berechnet. — Ta bellarische und complicirt« Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeile LOPfg. Die „Weißerih. Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis Vierteljährlich 1 M. 26 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummer« 10 Pfg. — Alle Postan- statten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be- / Stellungen an. 1 ßR I k für di- Königlich- UmtsSauplmaimschaft DiPpoldiswaldc sowie str!>ieKöm«lichen Amtsgerichte Md di- Stadtrath- zu Arppoldiswalde und Irauensiem Aus dem Reichstage. Mit der nunmehr zum Abschlüsse gebrachten dritten Lesung des Etats hat der Reichstag die eine seiner Hauptaufgaben definitiv gelöst. Nachdem das schwie rige Werk der Fertigstellung des Reichshaushaltes in allen seinen Theilen vollendet ist, wird das Parlament seine volle Kraft der Erledigung der anderen wichtigen Borlagen seiner gegenwärtigen Session widmen können und man muß da allerdings gestehen, daß noch immer ein schier überreichliches Arbeitsmaterial zu bewältigen ist. Die Thatsache, daß nicht weniger als 18 Kom missionen durch die Vorberathung der verschiedenen Gesetzentwürfe, Anträge rc., welche bereits die erste Lesung passirt haben, in Anspruch genommen werden, deutet hinlänglich darauf hin, welche Fülle von Ar beiten den Reichstag noch erwartet. Indessen erleichtert ja auch anderseits bei der großen Mehrzahl von Ge setzentwürfen deren kommissarische Vorberathung die nachherige Erörterung im Plenum ungemein und wahrscheinlich dürften noch in den nächsten Tagen einer oder der andere der wichtigeren Entwürfe aus den Kommissionen an das Plenum zurückgelangen und hier rasch erledigt werden. Dafür nehmen die Kom- missionsberathungen über andere Vorlagen nur einen langsamen Fortgang, namentlich ist die zur Vorbe rathung der Arbeiterschutzanträge eingesetzte Kommission mit ihren Arbeiten noch weit zurück und ehe diese wichtigen Entwürfe wieder an das Plenum zur zweiten Lesung gelangen, dürfte noch geraume Zeit vergehen. Man muß aber nun auch bedenken, daß diejenigen Vorlagen, welche die eigentlichen Brennpunkte der gegenwärtigen Reichstagssession bilden, im Reichstage noch nicht einmal zur ersten Lesung gelangt, ja, ihm zum Theil überhaupt noch gar nicht zugegangen sind und daß ihm also im Grunde genommen die Haupt arbeit noch bevorsteht. Als diese Vorlagen müssen die Entwürfe betreffend die Verlängerung des Sozia listengesetzes bis zum 30. September 1891 und be treffend das Branntwein-Monopol, sowie der Antrag auf Erneuerung des Militärseptenats betrachtet wer den. Was die letztere Vorlage anbelangt, so ist es allerdings fraglich, ob sie dem Parlamente noch im Laufe der jetzigen Session gemacht werden wird, wenigstens verlautet noch immer nichts Definitives über die bezüglichen Ansichten der Regierung, um so mehr konzentrirt sich das Interesse auf die beiden anderen Vorlagen, von denen bekanntlich diejenige über die Verlängerung des Sozialistengesetzes dem Reichstage kürzlich zugegangen ist, während dies mit dem Branntweinmonopol-Entwurf erst in den kommen den Wochen der Fall sein wird. Beide Fragen, namentlich die Einführung des Branntweinmonopols, stehen schon längst im Vordergründe der öffentlichen Diskussion und sind hierbei schon dermaßen des Langen und Breiten erörtert worden, daß ihre parlamentarische Behandlung in sachlicher Beziehung kaum neue Ge sichtspunkte bringen wird. Gerade weil aber beide Angelegenheiten das allgemeine Interesse schon so lange beschäftigen, sieht man der Entscheidung des Reichstages hierüber mit begreiflicher Ungeduld und Spannung entgegen. Diejenige über das Monopol wird freilich nicht so bald fallen, denn es steht nicht zu erwarten, daß diese so überaus wichtige und dabei so schwierige Frage von unseren Neichsboten sozusagen über das Knie gebrochen werden wird; allerdings dürften auch noch so eingehende und langwierige De batten an dem schließlichen Schicksal der Monopol- Vorlage — ihrer voraussichtlichen Ablehnung — kaum etwas ändern. Um so mehr wird jetzt der bereits vom Bundesrathe nach nur kurzer Berathung gutge- heißene Antrag Preußens, daß Gesetz gegen die ge meingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie auf 5 Jahre zu verlängern, die Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen. Daß die beiden konservativen Fraktionen und die Nationalliberalen geschlossen für dieselbe stimmen werden, kann man als gewiß be trachten, ebenso bestimmt ist anzunehmen, daß sich die Polen, Welfen, Elsässer, natürlich auch die Sozial demokraten, sowie die Volkspartei dagegen erklären werden. Die Deutschfreisinnigen wollen diesmal ge schlossen gegen das Sozialistengesetz eintreten und so mit ruht die Entscheidung in den Händen des Cen- Lrums und wie diese ausfallen wird, darüber gehen die Anschauungen weit auseinander. Wahrscheinlich wird der Reichstag die Vorlage zunächst an eine Kommission verweisen und von hier aus dürfte sie jedenfalls in wesentlich motivirter Fassung, namentlich hinsichtlich der Geltungsdauer, dem Plenum wieder zugeheu. Ob sich dann wenigstens ein Theil des Centrums entschließen wird, dem Entwürfe zuzu stimmen, bleibt immerhin noch abzuwarten, denn es ist eben noch vollständig unbekannt, von welchen politischen und taktischen Erwägungen Windhorst, der gewandte Führer der Centrumspartei, gesonnen ist, sich bei der parlamentarischen Behandlung der Sozialisten- Vorlage leiten zu lassen. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 22. Februar. Die letzte Ver sammlung des Gewerbevereins karambolirte un glücklich mit dem von der Schützengesellschaft abge haltenen Jahreskonvent, sowie mit einem Fahrabende des Eisklubs; kein Wunder, daß sie schwächer besucht war, als dies für gewöhnlich der Fall ist. Obschon dadurch die Erledigung der Tagesordnung mehr einen heiteren Anstrich nahm und in das Gebiet angenehmer Unterhaltung überging, wurde dieselbe doch erledigt. Es handelte sich bei den Mittheilungen zunächst um verschiedene Offerten, von denen man keinen Gebrauch machte, sodann um die strikte Anfrage der Freien Vereinigung zur Vorbereitung der deutschnationalen Gewerbeausstellung in Berlin, welche Stellung dec Verein zu der projektirten deutschen Ausstellung 1888 einnehme gegenüber der von Frankreich geplanten Weltausstellung 1889. Obschon die Antwort nicht zweifelhaft sein konnte, beschloß man doch bei der ge ringen Anzahl der Anwesenden, eine Antwort jetzt nicht abgehcn zu lassen, zumal dem Vernehmen nach Frankreich das Projekt einer Weltausstellung bereits wieder hat fallen lassen. Von großem Interesse war eine Zuschrift der Handels- und Gewerbekammer Dresden, in welcher dieselbe ein Beschwerde des Reichs postamts, über die immermehr zunehmende Ungenauig- keit und Unvollständigkeit der Adressen von Post sendungen zur Sprache bringt und den Verein auf fordert, in seinem Kreise auf Beseitigung dieses Mangels hinwirken zu helfen, indem die Nachtheile, welche dnrch ungenaue Adressen der Postverwaltung sowohl, als dem korrespondirenden Publikum erwachsen, ausführlich besprochen werden. Schließlich theilte der Vorsitzende aus dem von der Hamburg-Amerikanischen Packetfahrt-Aktiengesellschaft für 1886 heraus gegebenen Kalender einen höchst interessanten Aufsatz mit über die enorme Thätigkeit bezüglich des Seetransports zwischen Hamburg und Nordamerika einerseits und zwischen Hamburg und Westindien, sowie Mexiko andrerseits. Auch bezüglich der Beförderung von Auswanderern nimmt die über 23 große Ozean dampfer und eine Menge kleineren Fahrzeuge ge bietende Gesellschaft eine der ersten Stellen ein, wie Hamburg ja als die erste Seehandelsstadt des euro päischen Kontinents gilt; denn London liegt auf den britischen Inseln. Es lag auch heute eine Anmeldung Mr Mitgliedschaft vor. — Herr Amtshauptmann v. Keßinger ist für den 7. Wahlbezirk als Kommissar für die Wahlen zur vierten evangelisch-lutherischen Landessnnode ernannt worden. "°^r die Nützlichkeit des Turnens für Mädchen sagt einer der tüchtigsten Aerzte der Neu zeit mit vollem Rechte: „Es ist ein schändliches Ver brechen gegen die Natur und die Menschheit, die Mädchen, anstatt sie zu kräftigen Müttern heranzu bilden, zu nervenschwachen, verkrüppelten Damen zu erziehen, abgesehen davon, daß passende Turnübungen sie schön machen. Das Turnen mit seinen Frei-, Stütz- und Hang-Uebungen ist allen anderen Be wegungen, wie Schwimmen, Tanzen, Schlittschuhlaufen und Spazierengehen, so wohlthätig sich dieselben auch erweisen, weit vorzuziehen." — Der fiskalische Straßenwärter Karl Heine in Oberhäslich begeht am I. März d. I. das 25jährige Dienstjubiläum und ist deshalb in Anerkennung seiner langjährigen, treuen und gewissenhaften Dienstführung von der kgl. Amtshauptmannschaft zu Dippoldiswalde in die Klasse der ausgezeichneten Wärter befördert worden. — 21. Februar. Gestern fand das beinahe zur Sage gewordene Doppelconcert auf dem großen Teiche statt, zwar gleichfalls unter erschwerenden Um ständen, aber nichtsdestoweniger in höchst amüsanter Weise. Ein seit Mittag eingetretener Schneefall hatte ringsum die schönste Winterlandschaft hervorgerufen und gab auch dem bunten Treiben einen eigenthüm- lichen Reiz. Das ist denn einmal ein Winter, wie er im Buche steht. — Wie wir hören, ist nach der gestern und vor gestern in Reinhardtsgrimma mit den Herren Müller- Paulsdorf, Laue-Döbra und Handrack - Bepersdorf bei Neusatz« abgehaltenen Kirchen- und Schulprobe der letzte der genannten Herren zum Kirchschullehrer gewählt worden. Possendorf. Um einem längstgefühlten Bedürf- niß abzuhelfen, hat der hiesige Kirchenvorstand die Anschaffung schwarzer Tuchmäntel zur Bekleidung der Chorschüler bei Beerdigungen genehmigt, welche in nächster Zeit in Gebrauch kommen. Hainsberg, 20. Februar. Im Saale des hiesigen Gasthofs fand heute eine Bezirksversammlung der Mitglieder von 9 landwirthschaftlichen Vereinen der Umgegend statt, welche von gegen 400 Personen be sucht war und in 3stündigen Verhandlungen eine derartige Fülle des Lehrreichen und Interessanten bot, daß wir uns ein eingehenderes Referat für die nächste Nummer der landwirthschaftlichen Beilage, die mir mit Nr. 24 der „Weißeritz-Ztg." ausgeben werden, Vorbe halten. Nur sei noch erwähnt, daß auf Antrag des Einberufers dieser Versammlung, Herr Prof. Lehmann- Tharandt, von der letzteren einstimmig als Leiter der nächsten Herr Steyer-Neinholdshain gewählt und als Zeit die Vollmondwoche des Februar 1887 bestimmt wurde. Dresden. Die Finanzdeputation der zweiten Kammer empfiehlt im Einverständnisse mit der Re gierung den Ankauf der Gaschwitz-Meuselwitzer Bahn, wenn aus Grund der neuen, gegen früher 733,200 Mark weniger betragenden Regierungsosferte bis zum 1. Juni ein Abkommen erzielt wird. Andern falls ist sofort mit dem Bau der Meuselwitz-Kieritzscher Bahn zu beginnen. Vom kgl. Landgericht Dresden wurde am 19. Februar der Bautechniker C. Th. E. Quietzsch aus Oberbobritzsch, der bei Gelegenheit seiner Gedurtstags- erer, um damit zu prahlen, mit einem Revolver PE- dabei seinen Freund, den Schriftsetzer Ullrich, ahrlassiger Weise erschoß und sich dann selbst zu tobten versuchte, zu 3 Monaten Gefängniß verurtheilt. — Der erste technische Feuerwehrtag wird am 14. Marz, Vormittags, im Hauptdepat der Feuerwehr, Annenstraße, stattfinden. Anmeldungen haben bis Mm 10. März zu erfolgen. Leipzig. Nachdem das Königspaar in Leipzig und der Umgebung alle hervorragenden Geschäfte mit ihrem Besuche beehrt, ist dasselbe nach mehrtägigem