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Wchtch-AitW Verantwortlicher Redacteur: Lari Ahne in Dippoldiswalde, 52. Jahrgang Donnerstag, den 28. Januar 1886 Nr. 10 man gestehen, daß der Vortragende seiner Aufgabe im Ganzen mit Geschick und Erfolg genügte und den Ausdruck traf, der weder zu viel noch allzuwenig voraussetzte. Nach den nöthigen vorbereitenden Er klärungen über die Entdeckung der Berührungselektri- cität oder des Galvanismus, sowie der zur Erzeugung des galvanischen Stromes dienenden Vorrichtungen zeigte der Vortragende an guten, doch für die An schauung aus weiterer Ferne zum Theil zu kleinen Apparaten zunächst im verdunkelten Saale die optischen (Licht-) und thermischen (Wärme-) Wirkungen des elektrischen Stromes an zahlreichen Geißler'schen Nähren, Edison's Lampe und der Entzündung von Baumwolle, sodann im zweiten Theile die Erzeugung der Jnduktionsströme, des Elektromagnetismus und die elektrische Kraftübertragung oder die mechanischen Wirkungen des Stromes an verschiedenen maschinellen Einrichtungen, insbesondere an einer im Modell vor geführten elektrischen Eisenbahn. Die chemischen Wirkungen, z. B. die Zersetzung des Wassers durch den galvanischen Strom, kamen leider nicht zur An schauung, obschon die in Thätigkeit befindliche Bunsen- sche Batterie zur Erzeugung eines bedeutenden Effekts wohl genügt hätte, ebenso würde die Erläuterung und Demonstration der Wirksamkeit der Telegraphen an einem Apparate, wie nicht minder der Zusammenhang der Telephonie recht erwünscht gewesen sein. — Unsere neulich hochgepriesene, wahrscheinlich beschrieene Schlittenbahn ist leider nicht mehr wieder zu erkennen. Grau und mißfarben fristet sie kaum noch ihr Dasein, wenigstens in der Nähe der Stadt, und von gleicher Gebrechlichkeit ist auch unsre herr liche Eisbahn ergriffen worden, so daß die mit hoch gehenden Erwartungen ersehnte „Petersburger Nacht" — auf allerhöchsten Befehl schon zu Wasser zu werden drohte, aber doch noch in Scene gesetzt wurde. Nun, wer in Dippoldiswalde einige Wettererfahrungen ge sammelt hat, den bringt so etwas nicht aus dem Gleichgewicht; wer Lust zum Schlitten- und-Schlitt schuhfahren hat, findet bis Ostern noch Gelegenheit genug, seine Lust zu büßen — Frühling wirds noch nicht. Dippoldiswalde. Der hiesige Geflügelzüchter verein wird am 1. bis mit 4. April seine zweite mit Lotterie verbundene Geflügel-Ausstellung ver anstalten. Wie bereits das erste Mal findet dieselbe bei Gelegenheit des Viehmarktes statt. — 27. Januar. Am Dienstag Abend fand auf Einladung des Herrn Lehrer Buckel eine Versamm lung von Interessenten an der von dem Genannten projektirten Fortbildungsschule für Mädchen statt. Nachdem Herr Buckel die zahlreich Erschienenen be grüßt, wurde das von demselben entworfene Statut berathen und mit geringen Aenderungen angenommen und hierauf in Fr. Kaufmann Beger, Fr. vr. Erler, Hrn. Buckel, Hrn. Schuldirektor Engelmann und Hrn. Kaufmann Jäppelt ein Vorstand gewählt. Nach redaktioneller Feststellung und Reinschrift der Statuten sollen dieselben zur Unterschrift vorgelegt und die Bildung eines Garantiekonsortiums versucht werden. Die Bildung eines solchen scheint, verschiedener Kund gebungen zufolge, erfreulicherweise gesichert zu sein. Beerwalde. Eine der glücklichsten und beneidens- werthesten Gemeinden nicht nur unserer Amtshaupt- mannschast, sondern gewiß des ganzen Königreichs Sachsen bezüglich der Gemeindeabgaben ist wohl die hiesige. Man ist hier nicht nur frei von sämmtlichen Gemeindeanlagen, sondern durch Verpachtung von vielen Grundstücken, die vor Jahren von sämmtlichen An sässigen hier in Genoffenschaft gekauft wurden, erzielt man jährlich einen solchen Reingewinn, daß ein Guts besitzer jährlich noch lOO Mark und darüber pro Jahr ausgezahlt erhält. Wer hätte da nicht auch Lust, in Beerwalde ansässig zu sein? Klingenberg. In hiesigem Orte tritt die bös artigste allerKinderkrankheiten, die Diphtheritis, seit einigen Wochen in ziemlich heftiger Weise auf, so daß z. B. in zwei Familien binnen wenig Tagen je drei Kinder beerdigt wurden. Möchten recht bald in ge sundheitlicher Hinsicht günstigere Zustände eintreten. Ammclödorf. Vorigen Sonnabend stürzte die 9 jährige Tochter des Handarbeiters und Einwohners Lehmann hier aus dem Bodenfenster des Wohn hauses auf die Straße; blutüberströmt und bewußtlos trug man das bedauernswerthe Kind vom Platze. Trotz heftiger Gehirnerschütterung soll nach Aussage des Arztes doch noch die Wiedergenesung des Mäd chens ohne nachtheilige Folgen für deren weitere Körperentwickelung möglich sein. Glashütte. Aus eigener Initiative schmückten die Schüler der deutschen Uhrmacherschule das Grab des Begründers der Uhrmacherschule, M. Großmann, am Jahrestag seines Todes, den 23. Januar, mit Kränzen und Palmenzweigen. Zu dieser einfachen und ernsten Feier begaben sich dieselben mit den Lehrern der Schule Vormittags 11 Uhr im Zuge nach dem Friedhöfe. — Das im Gasthofe „zum goldenen Glas" ab gehaltene und bereits gemeldete Concert des Gesang vereins zum Besten armer Konfirmanden, war von ca. 180 Personen, meist von auswärts, besucht. Die Wahl der einzelnen Lieder war eine glückliche, und wurden dieselben lebhaft applaudirt, so besonders Nr. 3 der Müllerlieder: „Halt!" von C. Zöllner, welches Lied von den Gesangvereinen als der Prüf stein für Kunstgesang angesehen wird. Auch zwei schwäbische Lieder von Silcher und A. Maier, mehr aber noch zwei galizische Lieder von Kremser wurden ausgezeichnet, eins der letzteren: „Russinisch", mußten tla oapo gesungen werden. Auf stürmisches Verlangen wurde noch der Männerchor: „Die Burschen am Rhein" von E. E. H. Böhme als Zugabe zum Vortrag ge bracht. Der Klaviervortrag des Hrn. I)r. weck. Flade: „Der Wanderer" von Schubert-Liszt, ebenso das Tenorsolo: l?6lieo notto, Nariotta, des Hrn. Jentsch, brachten den Vortragenden reichen Beifall, auch die von Hrii. Musikdirektor Hennig mit seinem Chor über nommenen Nummern sprachen sehr an. Ein darauf folgender Ball beendete den schönen Abend. — Am gleichen Abende hielt der hiesige Zither klub im Gasthof „zur Sonne" einen Familienabend ab. Die zahlreich eingeladenen, meist jüngeren Gäste amüsirten sich auf's Beste. — In der am 25. Januar stattgefundenen ordent lichen Versammlung des Turnvereins legte der bisherige Vorsitzende Herr Graveur Geßner freiwillig sein Amt nieder, nachdem er dasselbe 9 Jahre ver waltet hatte. Unter allgemeinem Bedauern sah man denselben aus seinem so aufopfernd geführten Amte scheiden. Nach dem 3. Wahlgange wurde Herr Kantor Müller mit 21 von 39 abgegebenen Stimmen zum Vorsitzenden gewählt. Die übrigen 18 fielen auf Herrn Ingenieur Burkhardt. Als Schriftführer fun- girt aus die nächsten 2 Jahre Herr Steuereinnehmer Pietzsch jun. Lauenstein wird tagtäglich von Schlittengästen aus Teplitz besucht; vergangenen Sonntag waren allein gegen 20 Schlitten mit etwa 60 Personen hier anwesend. Dieselben ließen sich, wie immer, bei dem rührigen und umsichtigen Hotelbesitzer Kohbach häus lich nieder und fuhren erst zu später Stunde wieder ab. Diese Gäste besuchen stets die hiesige mit fünf kunstreichen Denkmälern ausgestattete Kirche. Frauenstein, 26. Januar. Bei der im Roh- land'schen Gasthause stattgefundenen Generalversamm lung des Erzgebirgszweigvereins gab der Herr Vorsitzende desselben, Amtsrichter Heldner, eine Ueber- sicht über die Thätigkeit des Vereins im Jahre 1885. Nach derselben betrug die Mitgliederzahl Ende des Zigerare, welche bei der bedeutenden Auflage bei Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finde«, werden niit 1V Psa. die Spaltenzeile oder oeren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirt« Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeile 20 Pfg. Die „Weißeritz. Jeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis Vierteljährlich 1 M. 2b Psg., zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be- . , °" Amtsblatt für die Königliche Amishauptmamschast Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die StadtrLthe ' zu Dippoldiswalde und Irauenstem Die Friedensverhandlungen in der Orientfrage. Es muß zugestanden werden, daß die Friedensver handlungen in der neu aufgerollten Orientfrage nur geringe Fortschritte gemacht, und namentlich die For derungen der Großmächte an Serbien, Bulgarien und Griechenland, ihre Heere abzurüsten, noch nicht den gewünschten Erfolg gehabt haben. Wir halten indessen deshalb die Beruhigung des Orients noch keineswegs für gefährdet, denn bei der leidenschaftlich erregten Eifersucht der genannten Balkanstaaten ist es begreif- lich, daß sie nicht ohne Weiteres zur Abrüstung schreiten wollen. Bulgarien weist auch mit Recht darauf hin, daß es der von Serbien überfallene Theil sei und vor einem neuen Ueberfalle noch nicht sicher sei, also Serbien mit der Abrüstung vorausgehen müsse. Serbien und zumal auch Griechenland speku- liren überdies immer noch auf neue orientalische Ver wickelungen, während welcher sie ihr Schäfchen bequem, das heißt ohne gefährliche Kriege führen zu müssen, ins Trockene zu bringen hoffen. Einein solchen schwankenden Zustande, der den Frieden im Orient neuen Gefahren aussetzt, können die Großmächte nur durch fortgesetzte einmüthige und verstärkte Gegenaktion «in Ende bereiten, und es darf mit Genugthuung konstatirt werden, daß eine neue russische Note ange kündigt hat, daß es nicht der Würde der Großmächte entspreche, die Ablehnung der Abrüstungsanträge seitens der Balkanstaaten ruhig hinzunehmen, die be treffenden Bemühungen müßten verdoppelt und Ser bien, Bulgarien und Griechenland die Bedingungen vorgelegt werden, auf Grund deren sie abrüsten sollten. Es ist sehr wahrscheinlich, daß alle übrigen Großmächte sich diesem Schritte Rußlands anschließen werden und wenn unter der gütlichen Vermittelung Deutschlands Rußland und Oesterreich über die Ordnung der Orientfrage einig bleiben, so ist für den Frieden ab solut keine Gefahr vorhanden. Die Kriegslust der Balkanstaaten dürfte auch bald am Geldmangel und innerer Erschöpfung eine starke Abkühlung erfahren. Serbien und Bulgarien scheinen übrigens auf dem besten Wege zu sein, sich zu verständigen, denn die serbisch-bulgarischen Friedensverhandlungen sollen in diesen Tagen in der neutralen rumänischen Hauptstadt Bukarest beginnen. Der Fürst von Bulgarien soll auch weder Gebiet noch Kriegskosten von Serbien be anspruchen, also wäre der serbisch-bulgarische Friede wohl leicht zu schließen. Der Kernpunkt der gegen wärtigen Orientkrisis ist allerdings die ostrumelische Frage, doch bezüglich derselben hält man eine Ver einbarung des Fürsten von Bulgarien mit dem Sultan in der Weise für wahrscheinlich, daß die Großmächte ihre Zustimmung ertheilen können. Als ein sehr be- merkenswerthes friedliches Anzeichen darf auch die mehrmonatliche Reise des Fürsten von Montenegro ins Ausland und zwar nach Italien und Frankreich behufs Hebung der landwirthschaftlichen und industri ellen Verhältnisse Montenegros angesehen werden. Der Fürst der Schwarzen Berge, der immer einer der ersten auf dem Plane war, wenn es galt, im Orient einen Strauß auszufechten, würde wohl sein Land nicht auf längere Zeit verlassen, wenn er eine Störung des orientalischen Friedens fürchtete. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 27. Januar. Montag Abend sand der angekündigte Vortrag des Physikers Rühl aus Jena über Berührungselektricität vor einer zahl reichen Versammlung im hiesigen Rathhaussaale statt. Auch viele Damen und auswärtige Herren waren als Gäste anwesend. Wenn es unzweifelhaft schwer ist, vor einem gemischten Publikum über wissenschaftliche Gegenstände so zu sprechen, daß die Zuhörer mit und ebenso die ohne Vorkenntnisse des betreffenden Gegen standes gleichmäßig zufrieden gestellt werden, so muß