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Wchmtz-ZkitW Amtsblatt für die Königliche Umtshauptmamschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte nnd die Stadtrüthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Mr „Weißeritz. Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis Vierteljährlich 1 M. 28 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 1V Pfg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage de- BlatteS eine sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg. die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Eilige- sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeile 20 Pfg. Verantwortlicher Redacteur: Carl Ahne in Dippoldiswalde. Nr.. 7. 52. Jahrgang. Donnerstag, den 21. Januar 1886. England und Frankreich. Die französische Republik wie das britische Insel reich haben seit einiger Zeit — genauer gesagt, seit den in beiden Ländern stattgefundenen Neuwahlen zu den Parlamenten — in ihren politischen Verhältnissen bis zu einem gewissen Grade einen gemeinsamen Zug aufzuweisen, welcher sich hauptsächlich in oer sonderbar verschobenen und verfahrenen Parteilage dieser Länder ausdrückt. In Frankreich wie in England sind durch die letzten Wahlen überraschende Ergebnisse gezeitigt worden. Dort wuchsen die Vertreter der monar chistischen Parteien in der Deputirtenkammer um mehr als das Doppelte ihres bisherigen Bestandes an und daneben gelangten die Radikalen auf Kosten der ge mäßigteren republikanischen Elemente zu unerwarteter Geltung — hier errang die irische Nationalpartei un geahnte Erfolge 'Und schwang sich im neuen Unter hause zur ausschlaggebenden Partei zwischen den Liberalen und den Konservativen empor. Das Fehlen einer zuverlässigen Regierungsmehrheit führte dieseits wie jenseits des Kanals eine innere Krisis herbei, die zunächst in Frankreich am meisten heroortrat und hier kurz nach Zusammentritt der neuen Kammer die De mission des Ministeriums Brisson zur Folge hatte. Die nach Ueberwindung großer Hindernisse erfolgte Bildung eines neuen, opportunistisch-radikalen Kabinets mit de Freycinet an der Spitze bedeutet allerdings äußerlich die Beseitigung dieser kritischen Lage, aber der Umstand, daß Monarchisten und Radikale vereint das Ministerium Freycinet jeden Augenblick stürzen können, beweist hinlänglich, daß auch heute noch große Schwierigkeiten in Frankreich bestehen. Die begonnene neue parlamentarische Session wird dieselben jedenfalls zeitig genug darlegen, denn es ist nicht anzunehmen, daß das Kabinet Freycinet trotz seiner den vorge schrittenen Republikanern günstigen Zusammensetzung im Stande sein wird, alle Forderungen derselben zu befriedigen. Was England anbelangt, so ist hier die Situation augenblicklich zwar immer noch unklar, aber schon die nächsten Wochen werden auch hier den äußer lichen Abschluß der gegenwärtigen Krisis bringen. Das neugewählte Unterhaus ist — ein merkwürdiges Zusammentreffen! — am gleichen Tage wie die fran zösischen Kammern zu seiner neuen Session zusammen getreten, indeß erfolgt die eigentliche Eröffnung erst am 21. dss. Mts. mit der Verlesung der Thronrede. Entweder sofort nach diesem Akte, oder unmittelbar nach der Adreßdebatte gedenkt das seitherige konser vative Ministerium in irgend welcher Form ein Ver trauensvotum vom Parlamente zu verlangen und so mit die angedeutete Entscheidung herbeizuführen. Aber mag nun infolgedessen des Ministerium Salisbury auf seinem Posten verbleiben oder aber einem liberalen Kabinet wiederum Platz machen; in keinem Falle wäre hiermit die Lage genügend befestigt, denn die jetzige Regierung würde nach wie vor von der Gnade der Liberalen abhängen, ein liberales Kabinet aber auf das Wohlwollen der Parnelliten angewiesen sein und hieraus ergiebt sich mit großer Wahrscheinlichkeit die Fortdauer der unklaren politischen Verhältnisse jenseits des Kanals, gerade wie dies in Frankreich der Fall sein wird. Es kann nun aber nicht fehlen, daß eine längere Andauer dieses ungewissen Zustandes mit der Zeit auch auf die auswärtigen Angelegenheiten beider Staaten seinen Rückschlag ausüben muß. Wir sehen, daß Frankreich wie England gegenwärtig noch in überseeische Unternehmungen verstrickt sind; letzterem machen die egyptisch sudanesischen Dinge noch gewaltig zu schaffen und auch die Annexion von Birma dürfte dem britischen Löwen mancherlei Unbehagen verur sachen, daß aber Frankreich mit der Tonkin-Expedition abgeschlossen hätte, wird kein Mensch zu behaupten wagen, vielmehr wird die französische Stellung in Ost- asien gewiß noch manchen schweren Anfechtungen aus gesetzt sein. Für England wie für Frankreich müßte aber nothwendig das Fortbestehen der schwankenden Verhältnisse in der inneren Politik ein energisches und zielbewußtes Auftreten nach dieser Richtung ihrer auswärtigen Angelegenheiten bedenklich beeinträchtigen, noch mehr müßte dies jedoch in Bezug auf die Stellung beider Reiche im europäischen Concerte der Fall sein. Bis jetzt haben beide Reiche in der Entscheidung über große europäische Fragen noch immer ihr Gewicht in die Wagschale werfen können, wird dies aber in An betracht ihrer innerpolitischen Lage auch fernerhin in dem bisherigen Maße der Fall sein? Gerade in Frankreich wie in England üben die Parlamente einen weitgehenden Einfluß auf die Gestaltung der aus wärtigen Angelegenheiten aus, dort wie hier mangelt es aber gegenwärtig an einer wirklichen, festen Re gierungsmehrheit unv letzterer Umstand kann nicht ver fehlen, den Leitern der auswärtigen Politik in beiden Staaten mehr oder weniger die Hände zu binden. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Nachdem der hiesige Schlitt schuhfahlverein „Eis-Club" mit der Anberaumung seines Stiftungsfestes auf den am Montag abgelasienen Theaterextrazug Rücksicht genommen, glaubte er einer Privatgesellschaft und einer Vorstellung des Anti spiritisten Hamann gegenüber sich zu keiner Rücksicht nahme verpflichtet, und veranstaltete, rasch entschlossen, am gestrigen Dienstag sein stets glänzend und an genehm verlaufenes Stiftungsfest. Wie alljährlich war auch Heuer die Illumination des Teiches durch die zeltartige Arrangirung der Laternenreihen hergerichtet, nur bildete diesmal das neue Vereinshaus durch seinen Lichterglanz einen angenehmen Centralisationspunkt, von dem herab, auf der ganzen Eisfläche verständlich, was früher nicht immer der Fall mar, die Musik ihre fröhlichen Weisen erichallen ließ. Was Wunder nun, daß es Jung und Alt „in die Beine kam" und Jeder seine Linien mit scharfem Stahl in die Eisfläche zog, bis allmälig Licht auf Lickt erlosch und nur allzufrüh das Fest zu Ende ging; aber auch ohne Lichterglanz lagen noch stundenlang die Eifrigsten dem fröhlichen Eislauf ob. — Die Anordnung, daß um 9 Uhr die Eisbahn von den Kindern geräumt werden mußte, erwies sich auch diesmal für die Erwachsenen von großem Vortheil, da für diese von dieser Zeit an erst der nölhige Raum zum Fahren geschaffen wurde; überhaupt möchten wir befürworten, daß diese Maß regel nicht nur bei solchen außergewöhnlichen Ver anstaltungen geübt, sondern auf alle Tage ausge dehnt werden möchte. — Im Anschluß hieran sei es uns gestaltet, eine Unart unserer Jugend zu rügen, die in letzter Zeit sehr überhand genommen, wir meinen das Schlittschuhsahren in den Siraßen der Stadt. Hier, wo ein rühriger Verein, unterstützt durch das freundlichste Entgegenkommen der städtischen Be hörden, es sich angelegen sein läßt, für die denkbar geringsten Kosten (für unbemittelte Kinder ganz unent geltlich) eine herrliche Eisbahn herzurichten, sollten solche Ungehörigkeiten der „Herren Jungen," vor denen die Erwachsenen auch stets noch pflichtschuldigst Platz machen möchten, wirklich nicht vorkommen. — Die hiesige freiwillige Feuerwehr veranstaltet nächsten Sonntag einen Unterhaltungsabend, zu dem auch durch Mitglieder eingeführte Gäste Zutritt habe». — Die Handels- und Gewerbekammer Dresden hält am 21. Januar eine Sitzung ab, auf deren Tagesordnung unter den Eisenbahnprojekten auch die Linie Kipsdorf-Moldau steht. — Es ist zwar nur erst eine Woche her, daß die Verpflegstationen für sogenannte „arme Reisende" in unserer Amtshauptmannschaft eingerichtet sind und doch erhalten wir schon aus vielen Ortschaften die höchst erfreuliche Mittheilung, daß diese Spezies von Menschen seit dieser Zeit fast vollständig verschwunden sei und die lästige Hausbettelei ausgehört habe. Soll aber diese höchst praktische Einrichtung nachhaltig von Wirkung bleiben, so müssen eben alle Bewohner des amtshauptmannschaftlichen Bezirks darin einig sein, dieses Bettler- und Vagantenthum nie wieder durch Geldgaben rc. zu unterstützen. Seifersdorf bei Rabenau. Vorige Woche ist unser Seelsorger, Herr Pfarrer lüo. tbool. Zimmer mann, zweimal vom Schlage getroffen worden. Wenn auch das'Krankenlager desselben ein schweres ist, so ist die Hoffnung auf Genesung doch nicht ausgeschlossen. Reichstädt, 15. Januar. Am Nachmittag des vergangenen Mittwoch hat der Herrn Priv. Schneider begleitende große Hund die Ehefrau des Herrn Wirth- schaslsbesitzers und Viehhändlers Glöckner in die Hand gebissen und hat dieselbe ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen müssen. Es ist nur zu wünschen, daß dieser Vorfall keine üblen Folgen haben möchte. Auch der Hund Glöckner's ist gebissen worden. Hoffentlich wird dw Unschädlichmachung des bissigen Köters angeordnet, ehe weiteres Unglück geschieht, was umsomehr zu be fürchten ist, da in der Nähe des Köhler'schen Gehöftes, wo der Besitzer des Hundes wohnt, zwei Schulen sind. Glashütte. In der am 18. Jan. stattgefundenen Versammlung der freiwilligen Feuerwehr wurde durch den Vorsitzenden Hauptmann Lindig dem Uhrmacher Fritz Schöne das Ehrendiplom des Landesausschusses sächsischer Feuerwehren für 22jährige treue Dienste als Signalist unter einigen entsprechenden herzlichen Worten überreicht. Von allen Seiten beglückwünscht, dankte der Jubilar tiefbewegt. — An diesem Abend wurde noch ein wichtiger Beschluß gefaßt, und zwar ist mit allen Stimmen beschlossen worden, bei der Feuerwehr das Turnen (Freiübungen, volksthümliches Turnen) einzuführen. Mit dem Turnverein sollen weitere Ver handlungen gepflogen werden. Vorläufig hat das Turnen an einem Abend in der Woche stattzufinden. — Der Frauenverein feiert sein Stiftungsfest anstatt im März bereits Ende Januar. Dresden. Den Ständen ist neuerlich ein Dekret zugegangen, betreffend den Neubau eines Kurhauses und eines Kaffeesalons in Bad Elster, wofür die Summe von 460,000 M. gefordert wird. — Jos. Aloys Tichatscheck, der berümte Tenorist des Dresdner Hoftheaters, geboren am 11. Juli 1807 in Weckelsdorf in Böhmen, ist am 18. Januar nach längerem körperlichen Leiden verstorben. — Ueber die Verwaltung der sächsischen Landes- immobiliarbrandversicherungs - Anstalt, bei welcher sämmtliche Gebäude oersicherungspflichtig sind, ist soeben ein interessanter Bericht erschienen, wonach Ende 1880 zusammen 292,558 und Ende 1884 300,700 Gebäude versichert waren. Die Versicherungs- Summe hat sich von 2,684,727,570 Mark auf 3,007,512,300 M. gesteigert. In den beiden letzten Jahren 1883 und 1884 sind für 2153 Schadensälle Vergütungen im Gesammtbetrage von 5,801,053 M. 34 Pf. zu leisten gewesen (531,790 M. 45 Ps. weniger als in der Vorperiode 1881/82). Die zu vergütenden Brandfälle vertheilten sich mit 506 Fällen — 29,,» Prozent auf hauswirthschaftliche Komplexe und solche mit gewöhnlichem hausindustriellen Gewerbbetrieb, mit 786 Fällen — 46,«» Prozent aus landwirthschastliche Gehöite und einzeln gelegene Scheunen und dergl. und mit 405 Fällen — 23,s, Proz. aus Grundstücke mit Fabrik- und sonstigem größeren gewerblichen und in dustriellen Betrieb, ausschließlich der Mühlen, Ziegeleien und der umfänglichen Niederlagsräume. Die Durch schnittsentschädigung auf einen Brandfall betrug in der Periode 1875/76 3918 M., 1877/78 3532 M., 1879/80 3485 M., 1881/82 3327 M. und 1883/84 3269 Mark. Bei in- und ausländischen Privatfeuer versicherungsgesellschaften waren überhaupt im Jahre 1875 für 1,879,671,817 Mark versichert (bei 24 Ge sellschaften), 1880 (bei 28Gesellsch.) für 2,316,558,212