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Deutschland und Frankreich. Der so viel Aufsehen erregende Artikel des „Temps" über die Dislokation der französischen Kavallerie an der Ostgrenze und die scharfe Abfertigung, welche die „Nordd. Allg. Ztg." deswegen dem genannten Blatte zu Theil werden ließ, haben auch das Thema der deutsch-französischen Beziehungen wieder einmal zur öffentlichen Diskussion gestellt. Bekanntlich bespricht der inkrimnirte Artikel des „Temps" das nummerische Mißverhältniß, welches für den Fall eines neuen deutsch-französischen Krieges zwischen der beiderseitigen Kavallerie an der Grenze bestehen würde, und ver langt, daß die Zahl der französischen Kavallerie-Re gimenter erhöht werde, sowie daß man die Quartiere derselben näher nach der deutschen Grenze hin verlege. Schließlich bemerkt der „Temps" noch, daß die fran zösischen Gemeinde-Verwaltungen des Ostens zur Dar bringung der nöthigen Geldopfer für den Bau neuer Kasernen bereit sind. Man könnte nun allerdings aus letzterem Passus den Schluß ziehen, daß der Artikel des Pariser Battes nur zu Gunsten und im Interesse der Städte im Osten, welche Garnisonen haben wollen, geschrieben sei. Wenn dies aber ledig lich für den „Temps" das treibende Motiv gewesen wäre, so würde dies von einer großen Frivolität zeugen, denn die Auslassungen des Blattes haben diesseits wie jenseits der Vogesen allarmirend gewirkt und ihr Echo auch in der außerdeutschen und außer- '.anzösischen Presse gefunden. Aber es scheint doch, daß man dieser neuesten chauvinistischen Kundgebung ne tiefere, symtomatische Bedeutung beilegen muß und zwar dürfte die „Nordd. Allg. Ztg." nicht so Unrecht haben, wenn sie diese Bedeutung darin sucht, daß der „Temps" das leitende Organ der gemäßigt republikanischen Partei ist, welches in erster Linie die zahlreiche Klaffe ruhiger, besitzender Bürger vertritt, deren Meinungen über Krieg und Frieden bei jeder französischen Regierung ins Gewicht fallen. Wenn sich das Blatt erlauben darf, einen so chauvinistischen Artikel in die Welt zu setzen, dann möchte man wirklich meinen, es sei der Zustimmung seiner Leser sicher und wenn derartige Ideen schon in dem vernünftig denken den Theile der französischen Bevölkerung Boden finden, so kann man sich von Seiten der privilegirten chau vinistischen Schreier ü la Paul Dvroulede noch auf ganz andere Dinge gefaßt machen. Nun muß man aber auch den Moment berücksichtigen, in welchen, der Artikel des „Temps" erschienen ist, derselbe ist fast unmittelbar der großen Kolonialdebatte in der fran zösischen Deputirtenkammer gefolgt, in welcher so stark rn Patriotismus gemacht wurde, einer Debatte, in welcher sogar die Regierungsvertreter, wenn auch ver schleiert, dem französischen Volke ankündigten, die Be ziehungen zu Deutschland wären keineswegs von ernst hafter Friedensliebe diktirt, sondern würden nur als ein lästiger Uebergangszustand ertragen. Das würde sich freilich schlecht mit den angeblich so ausgezeichneten offiziellen Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich reimen und das nach jahrelanger müh seliger Arbeit hergestellte gute Einvernehmen zwischen beiden Staaten erschiene plötzlich als ein im Innern hohler Bau. Sollten indessen so verständige und ein sichtsvolle Staatsmänner wie es Grevy, Brisson, Frey- cinet sind, wirklich gewillt sein — nur um mit einer augenblicklichen Strömung in der französischen Nation zu kokettiren — die guten Beziehungen der franzö sischen Republik zu gefährden, Beziehungen die sich schon mehr als einmal für Frankreich nutzbringend erwiesen haben, während ihre Lockerung sich für Frankreich jedenfalls verhängnißvoll erweisen würde? Es ist dies nicht recht zu glauben, ebensowenig kann man sich zu der Annahme bequemen, daß auch der besonnenere Theil der französischen Bevölkerung von dem chauvinistischen Taumel erfaßt sein sollte und so dürsten wohl auch die angedeuteten Auslassungen der «G ' WtiPih-IMW Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage deS Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit 10 Psg. die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen den, Aufschlag. — Einge sandt, un redaktionellen Theile, die Spaltenzeile 20 Psg. Die „Weißeritz Zeitung" «scheint wöchentlich drei ¬ mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 25 Psg., zweimonatlich 84 Psg., einmvnatlich 42 Psg. Einzelne Nummern 10 Psg. — Alle Postan- ftalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be- . , - Amtsblatt kür die Lönialiche Amlshauplmannschast Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträlhe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Verantwortlicher Redakteur: Carl Jehnr in Dippoldiswalde. Donnerstag, den 13. August 1885. Nr. 95. 51. Jahrgang. französischen Staatsmänner in der Kolonialdebatte nur als ein Produkt momentaner Erregung auszufaffen sein und dasselbe gilt auch von dem Artikel des „Temps", zumal dieses Blatt seine Auslassungen in einem zweiten Artikel erheblich reduzirt und sie ledig lich als eine Studie hinstellt, die auf Grund einer in Humor erscheinenden militärischen Zeitschrift inter nationalen Charakters beruhe. — Hoffentlich ist man aber in den leitenden Kreisen Frankreichs, die ge mäßigte Presse mit inbegriffen, mit derartigen Kund gebungen in Zukunft etwas vorsichtiger, da dieselben in Deutschland nothgedrungen einen peinlichen Ein druck machen und die Anschauung erwecken müssen, als ob in Frankreich in der That das chauvinistische Element wieder mehr und mehr an Boden gewönne. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Als am Nachmittage des 10. August Herr Fleischermeister E. Hofmann hier mit seinem Geschirr durch die Straße raste und um die Nathhausecke nach dem Markte lenken wollte, stürzte das Gefährt um und beschädigte sich der Besitzer glück licherweise nur leicht im Gesicht. Ein zweiter Passagier kam mit dem blosen Schrecken davon. Wie wir hören, ist übrigens gegen Herrn Hofmann Anzeige wegen zu schnellen Fahrens beim Stadtrathe erstattet worden. — Die Brennerei-Berufsgenossenschaft er streckt sich über das ganze deutsche Reich und umfaßt die Spiritus-, Sprit-, Liqueur-, Preßhefe-, Stärke-, Stärkepulvrr-, Stärkesyrup-, Dextrin-, Alkoholessig- Fabrikation und den Molkereibetrieb. Wir wollen nicht unterlassen, diejenigen Gewerbetreibenden der vorgedachten Art, welche ihre Betriebe nach § 11 des Unfallversicherungsgesetzes anzumelden bisher unter lassen haben sollten, an dieser Stelle im eigenen In teresse darauf aufmerksam zu machen, daß diese An meldung ohne Verzug nachträglich noch bei der hie sigen kgl. Amtshauptmannschaft, bei welcher Formulare hierzu zu beziehen sind, zu erfolgen hat. Glashütte. Zu dem am Sonntag, 9. August, Nachm. 4 Uhr in Bärenstein abgehaltenen Sänger tag der Gesangvereine: Altenberg, Bärenstein, Geising, Glashütte, Lauenstein, Lieben«» und Schmiedeberg waren nicht blos die Sänger und Sängerinnen (Lauen stein und Altenberg) fast vollzählig erschienen, es fand sich auch ein zahlreiches Publikum ein. Vom Vorstand des Elbgansängerbundes waren ebenfalls 4 Mitglieder anwesend. Da die Saalräumlichkeiten zu klein waren, hatte man vor dem Gasthofe ein großes Zelt aufge stellt, welches das Podium für die Sänger, sowie Plätze für Zuschauer enthielt. Als Massenchöre wurden folgende 4 Lieder gesungen: „Ich kenn' ein' Hellen Edelstein" von Jul. Otto, „Abend wird es wieder" von Silcher, „Sturmbeschwörung" v. Dürrner und „Nun leb' wohl, du kleine Gasse" von Friedrich Silcher, außer diesen waren noch 17 Einzelvorträge, welche meist recht gut vorgetragen wurden und kann man das Urtheil dahin fällen, daß sich die Vereine im Allgemeinen seit dem vorjährigen Sängertage im Gesänge mehr vervollkommnet haben. Die nach den Vorträgen stattfindende Besprechung der Dirigenten und Vorstände der Vereine ergab u. A., daß der im nächsten Jahre, abzuhaltende Sängertag nach Geising kommt. — Nach Schluß der Sitzung hielt Muse Terpsichore ihren Einzug und huldigten ihr Männlein und Weiblein, Alt und Jung bis weit über Mitter nacht. — Die in Nr. 89 d. Bl. befindliche Notiz, daß die eine der Spritzen der beiden Orte Stadt und Dorf Bärenstein nicht in Gang zu bringen war, ist dahin zu berichtigen, daß es die Spritze des Schlosses Bären stein war, welche erst in einer Stunde in Gang ge bracht werden konnte. Altenberg. Das Bergfest der hiesigen Knapp schaft wird am 23. August gefeiert werden; der Zweck ¬ schuß der Schützengesellschaft ist dieses'Festes wegen auf den 23. August verschoben worden. — Der Schiffer Albrecht aus Arneburg, der durch sein Benehmen Geistesstörung vermuthen ließ, befindet sich bereits auf dem Wege der Besserung von dieser Krankheit und ist in seine Heimath abgeholt worden. Mulda. Betreffs des verschwundenen Pfarrers Schödel wird der Verdacht immer stärker, daß er das Opfer eines Naubanfalles geworden. Seine Spur konnte bekanntlich bis zum Dorfe Schneeberg in der sächsisch-böhmischen Schweiz verfolgt werden. Man glaubt nun in dortiger Gegend allgemein, daß drei Sträflinge, die in Leitmeritz ausgebrochen sind und sich der sächsischen Grenze zugewendet hatten, die Räuber sind. Dresden. Nachdem sich das Königspaar noch einige Zeit in Berlin aufgehalten, ist dasselbe in der Nacht zum 9. August von seinem Ausfluge nach der Insel Rügen nach Dresden zurückgekehrt. — Die Zahl der im Königreich Sachsen im Laufe des Jahres 1884 wegen Bettelns und Vagabondirens bestraften Personen beträgt insgesammt 17,706, gegen 18,077 im Vorjahre, und zwar gelangten zur An zeige und Bestrafung bei den Amtshauptmannschaften 1510, bei den Stadtpolizeibehörden 8586 und bei den Amtsgerichten 7600. — Unter dem 16. April ist zwischen den Re gierungen von Großherzogthum Sachsen, Sachsen- Meiningen, Sachsen-Altenburg einerseits und dem Königreich Sachsen anderseits ein Vertrag über die Eisenbahnstrecke Weida-Werdau vereinbart worden. Durch denselben sprechen die erstgenannten Regierungen ihr Einverständniß damit aus, daß die letztere das Eigenthum an der Bahn erwerbe und den Betrieb übernehme, verzichten auch auf das Recht des Wiedererwerbes, so lange die Bahn im Besitz oder Betrieb Sachsens bleibt, doch ist ihre Zustimmung zum Verkauf derselben, oder zur Uebertragung des Betriebes auf einen anderen Unternehmer erforderlich. Die Fahrpläne und Tarife sind rechtzeitig zur Aeuße- rung etwaiger anderweitiger Wünsche der großherzog lichen Regierung vorzulegen. Den betreffenden Re gierungen verbleibt die Landeshoheit über die in ihrem Gebiet belegenen Strecken, für welche der Reinertrag der Bahn auch zur Besteuerung herangezogen wird. Der Vertrag ist jetzt von allen betheiligten Regierungen unterzeichnet worden. Freiberg. Neben verschiedenen anderen Gruben ist auch der Grubenvorstand von Vereinigt Feld bei Brand mit dem sächs. Finanzministerium wegen Ver kaufs dieser Grube in Unterhandlung getreten und soll am 11. September eine Gewerkenversammlung den Kaufvertrag genehmigen. Meerane. Auf Antrag des Schulausschusies hat der hiesige Stadtrath beschlossen, Fortbildungsschülern den Besuch von Tanzstunden ferner nicht mehr zu gestatten. Zittau. Die 14. Generalversammlung des Ver eins sächsischer Gemeinde beamten am 9. August war diesmal sehr schwach, nur von 91 Mitgliedern, besucht. Tie Tagesordnung wurde glatt und anstands los erledigt; als nächster Versammlungsort wurde Glauchau gewählt. Dagesgeschichte. Berlin. Die internationale Telcgraphen-Kon- ferenz ist am 10. August durch den Unterstaats sekretär I)r. v. Stephan eröffnet worden. Es sind 33 Staaten sowie 17 Kabelgesellschaften vertreten und insgesammt 72 Delegirte anwesend, vr. v. Stephan wjrd zum Präsidenten, Generaltelegraphendir. Hake zum Vizepräsidenten auf Vorschlag Englands gewählt und sodann die Geschäftsordnung der Londoner Kon ferenz angenommen. Für die Tarife und für Betrieb und Technik werden zwei Kommissionäre eingesetzt.