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Mchmtz-MiW Verantwortlicher Nedacteur: Carl Ichnc in Dippoldiswalde. Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage deS Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg- die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeile 20 Psg. Die „Weißrrih-Zeitung" erscheint wöchentlich drei- mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 2k> Pfg., zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummer« 10 Pfg. — Alle Postan- stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be- Amtsblatt für die Königliche Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Nr. 78. Politische Wochenschau. . Deutsches Reich. Die strenge Befolgung der Kuroorschriften hindert den Kaiser nicht, sich mit un geschwächtem Eifer der Erledigung der laufenden Regierungsgeschäfte zu widmen und es vergeht kein Tag, an welchem er nicht mehrere Vorträge entgegen nimmt. Am Montag empfing dec Kaiser auch den Staatsminister v. Bötticher, welcher sich eigens nach Ems begeben hatte, um — wie wenigstens allgemein angenommen wird — dem Monarchen über den bis herigen Gang der Ausschußberathungen im Bundes- rathe bezüglich des preußischen Antrages in der braun schweigischen Frage Bericht zu erstatten. Die Reise v. Böttichers wird daher als ein Zeichen betrachtet, daß die Entscheidung des Bundesraths über die Thron kandidatur des Herzogs von Cumberland unmittelbar bevorsteht, nachdem sie sich wochenlang verzögert hat. Darauf deutet auch der am Dienstag erfolgte Wieder zusammentritt des braunschweigischen Landtages hin, weich' letzterer sich versammelt hat, um seinerseits so fort nach der Entscheidung des Bundesraths Stellung in dieser für das braunschweigische Volk so hoch wichtigen Frage zu nehmen. Bei der Landtagseröff- nung erklärte Staatsminister Graf v. Görtz-Wriesberg, daß der Landtag zur Entgegennahme wichtiger, die Thronfolgefrage betreffender Mittheilungen einberufen worden fei, diese Mittheilungen seien aber größten- theils derart, daß sie sich für jetzt wenigstens der Oeffentlichkeit entzögen. Der Minister stellte hierauf den Antrag, die Sitzung in eine vertrauliche zu ver wandeln und sind demgemäß die Verhandlungen unter Ausschluß der Oeffentlichkeit geführt worden. Trotzdem weiß jedoch das „Brauschw. Tagebl." zu melden, daß die Mittheilungen des Ministers, sowie die Beratl/ungen des Landtages sich noch nicht auf die zukünftige Ge staltung der Regierung des Herzogthums, sondern nur auf den preußischen Antrag bezogen hätten und daß die Anwartschaft des Herzogs von Cumberland end gültig beseitigt sein dürfte. Am Mittwoch beschäftigte sich der Landtag mit dem Anträge des Herzogs von Cumberland, ihm die 100000 Thaler Gold, welche noch auf dem Kammergute lasten und mit zum Allodial- vermögen des verstorbenen Herzogs gehören, das so genannte Bevera'sche Kapital, auszuzahlen. Das Ministerium will die Auszahlung nicht beanstanden, aber bei dieser Gelegenheit zugleich die Zahlung der vom Herzoge von Cumberland zu entrichtenden Erb schaftssteuer von S00000 Mark geregelt wissen. — Der Reichskanzler wird dieser Tage zu einem kurzen Aufenthalte in Berlin eintreffen, um verschiedene schwebende Angelegenheiten zu erledigen. Ob er noch rechtzeitig in der Reichshauptstadt anlangt, um der Bundesrathssitzung präsidiren zu können, in welcher die entscheidende Abstimmung über den braunschwei gischen Fall stattfindet, ist zweifelhaft. Sicher wird man aber während der Anwesenheit des Reichskanzlers in Berlin die Entscheidung über andere wichtige Fragen, so über den Zeitpunkt für die preußischen Landtags wahlen, erwarten können. Nach Kissingen kehrt Fürst Bismarck schwerlich zurück, vielmehr gedenkt er sich für den Nest des Sommers in die ländliche Einsamkeit von Varzin oder Friedrichsruhe zurückzuziehen. Oesterreich-Ungarn. Die Neuorganisation der Vereinigten Linken in Oesterreich hat in der jüngst zu Wien abgehaltenen deutsch-liberalen Parteikonferenz zwar noch keine bestimmten Formen angenommen, aber man kann die Zweitheilung der Vereinigten Linken schon im Voraus als eine feststehende Thatsache be trachten. Neben einem größeren „deutschen Klub" wird sich eine kleinere deutsch-österreichische „Staats partei" bilden, die aber keineswegs unbedingt im Fahr wasser der Taaffe'schen Politik steuern, sondern viel mehr in allen prinzipiellen Fragen mit dem „deutschen Klub" zusammengehen wird. Man darf mit größter Wahrscheinlichkeit annehmen, daß der deutsche Klub Sonnabend, den 4. Juli 1885. der umfassendere sein wird, daß von ihm alle Initiativ anträge ausgehen werden, da ihm über 86 Mitglieder der ehemaligen Vereinigten Linken, darunter 40 Ver treter der „schärferen Tonart" angehören werden, während die deutsch-österreichische Staatspartei nur auf etwa 50 Mitglieder zählen kann. Auf Seiten der blechten ist die Zerfahrenheit indessen fast noch größer als unter der Linken; die verschiedenen Fraktionen der Rechten, der czechische Klub, der Hohenthalklub, der Liechtensteinklub (die deutschen Ultramontanen), der Polenklub und die italienische Gruppe wollen sich diesmal gar nicht unter einen Hut bringen lassen und Graf Taaffe wird seine liebe Noth haben, die so ver schiedenartigen Elemente der Rechten wieder zu einer Majorität zusammeuzuschweißen, wie er sie unbedingt braucht. Frankreich. Die französische Deputirtenkammer erledigt in beschleunigterem Tempo die noch vorliegen den Arbeiten. Die Ausgabebudgets verschiedener Ministerien, darunter auch dasjenige des Kriegs ministeriums, sind fast debattelos erledigt worden, so daß man für diesen Sonnabend die Beendigung der Budgetberathung erwartet. Was der Kammer dann noch zu beratheen übrig bleibt, ist so unerheblicher Natur, daß man dem Schlüsse der Session, der letzten in der gegenwärtigen Legislaturperiode, baldigst ent gegensehen kann. — Eine außerordentliche marokka nische Gesandtschaft ist am Dienstag in Paris einge troffen und am Mittwoch von dem Minister des Aus wärtigen, empfangen worden. Der Besuch der Marok kaner in der französischen Hauptstadt läßt auf die Vortrefflichkeit der gegenwärtig zwischen Frankreich und Marokko bestehenden Beziehungen schließen, nach dem dieselben durch die kaum verhüllten Sympathien, welche man in Marokko Bu-Amema, dem Führer der aufständischen Beduinen im südwestlichen Algerien, entgegenbrachte, seinerzeit eine bedenkliche Trübung erfahren hatten. England. Das neue englische Kabinet scheint seine Absicht, den Hebel seiner Aktion in der egyp- tischen Frage anzusetzen, wieder fallen zu lassen. Wenigstens glaubt die konservative „Saint James Gazette", daß die Nachricht, die britische Regierung würde beschließen, Dongola neuerdings zu besetzen, unbegründet sei. Die Anhänger des Mahdi schienen sich in der Provinz festgesetzt zu haben, und die gegen wärtige Jahreszeit sei für eine Entsendung britischer Truppen in diese Gegend nicht geeignet. Letzterer Grund würde es allerdings einigermaßen plausibel machen, wenn die Negierung Salisbury's auf die Aus führung ihres angeblichen Planes, Dongola durch englische Truppen wieder zu besetzen, vorläufig ver zichtete. Früher oder später wird sich aber das kon servative Ministerium zu dieser Maßregel entschließen müssen, denn von Dongola aus können die Sudan rebellen Oberegypten beständig bedrohen und wenn sich die Schaaren des Mahdi einmal erst in Oberegypten zeigen, dann wäre auch die militärische Stellung Eng lands im eigentlichen Egypten in bedenklicher Weise bedroht und wenn cs das Kabinet Salisbury bis dahin kommen ließe, beginge es einfach einen Selbst mord. — Der Nachricht über einen angeblich in Afghanistan ausgebrochenen Aufstand gegen den Emir Abdur Rhaman wird von dem anglo-indischen Tele graphen in entschiedenster Weise widersprochen, mit dem Hinzufügen, daß der indischen Negierung von einer derartigen Bewegung nicht das Geringste be kannt sei. Italien. Während sich Depretis noch immer ohne ein bemerkenswerthes Resultat abmühl, ein neues italienisches Kabinet zusammenzubringen, dringt ein sensationelles Gerücht über die Alpen. Der Papst soll einen förmlichen Staatsstreich beabsichtigen, indem er mit der traditionellen Politik des Vatikans brechen und sich der italienischen Regierung nähern will und zwar soll er geneigt sein, den ihm von der italienischen 51. Jahrgang. Regierung gewährleisteten Fonds in Anspruch zu nehmen Die Bestätigung dieser Nachricht, welche darauf schließen ließe, daß Leo XIll. ganz neue Wege in seiner Politik einzuschlagen gedenkt, bleibt allerdings noch abzu warten. Rußland. Aus Kronstadt, dem großen russischen Kriegshafen an der Ostsee, wird gemeldet, daß die Dacht „Zarewna" mit der Kaiserin an Bord, am Dienstag Nachmittag, geleitet von den Dachten „Slavi- anska" und „Marevo", in See gegangen ist. Das Ziel der russischen Kaiserin ist noch unbekannt, wenn man sich aber erinnert, daß schon öfters von einem abermaligen Besuche der russischen Kaiserfamilie in Kopenhagen die Rede gewesen ist, so wird man viel leicht nicht irren, wenn man Kopenhagen als das Ziel der „Zarewna" betrachtet. Lokales imd Sächsisches. Dippoldiswalde, 2. Juli. Durch mehrere Ge witter, die in den letzten Tagen zwar alle rasch an uns vorübergegangen sind, die aber sowohl durch die elektrischen Entladungen Luft und Pflanzenwelt we sentlich erfrischt haben, ist bereits seit gestern eine fühlbare Abkühlung der Athmosphäre erfolgl, auch bemerkt man eine große Zunahme des Wasserstandes, was allen mit Wasserkraft arbeitenden Bewohnern des Weißeritzthales natürlich sehr erwünscht ist. — Gestern feierte die hiesige I. Begräbnißgesellschaft ihren 100- jährigen Bestand durch ein unter den Linden des Schießhauses abgehaltenes Sommerfest mit Illumination und anschließendem Tänzchen; am Ahend vorher hatte schon ein Kommers im Gasthof zum Stern stattge funden. — Wegen des deutschen Turnfestes wird, wie bekannt, diesmal unser großes Vogel- und Scheiben schießen bereits den 5., 6. und 7. d. M. nach dem bereits veröffentlichten Programm stattfinden. Wenn nun auch die Hauptbestandtheile des Festes bereits be kannt sind, so läßt es doch unsere Schützengilde neben diesen erfahrungsgemäß nie an besonderen Ueber- raschungen fehlen, und so dürfte sich auch diesmal, wenn das Wetter günstig ist, ein recht heiteres Fest gestalten. Der Aufenthalt unter den in voller Blüthe stehenden Linden der schattigen Aue ist in der jetzigen Jahreszeit so angenehm, daß auch aus diesem Grunde ein zahlreicher Besuch zu erwarten steht, ganz abge sehen davon, daß die betreffenden Wirthe sicher nicht unterlassen werden, dem Publikum von nah und fern einen frischen Trunk und schmackhaften Imbiß für billigen Preis zu bieten. Daß der Bürger dem Vogel schießen unter den einheimischen Festen einen ganz be sonderen Werth beilegt, merkt man deutlich an den dringenden Arbeiten, die bei Schneidern, Schuhmachern und anderen Bekleidungskünstlern bestellt und bis zum Sonntag zu erledigen sind. Viele Häuser haben in den letzten Tagen ein neues schmuckes Gewand ange legt, und hoffentlich ist bis zum Feste auch die durch neues Pflaster und breitere Trottoirs vorbereitete wesentliche Verschönerung des Kirchplatzes vollendet. Wenigstens wird an derselben emsig gearbeitet und verspricht der Kirchplatz in der That ein wesentlich anderes Ansehen zu erhalten. Möchten sich unsere Mitbürger in der Hoffnung auf ein an Verdienst und heiterer Laune recht reiches Schützenfest nicht getäuscht sehen. Das ist der Wunsch, mit dem auch wir zu recht zahlreichem Besuche desselben einladen. — 3. Juli. Vergangene Nacht, wenige Minuten vor 11 Uhr ertönte die Sturmglocke und zeigte ein in der Vorstadt ausgebrochenes Schadenfeuer an, aber so rasch die Helle Flamme erschienen, so rasch verschwand sie wieder: eine Hrn. Lohgerbermeister A. Ulbrich gehörige Kleeheupuppe brannte in kurzer Zeit gefahrlos zusammen. Die Feuerwehr rückte nicht aus. Dippoldiswalde. Bei der hiesigen Sparkasse wurden im Monate Juni 685 Einzahlungen im Be trage von 59,925 M. 86 Pfg. gemacht, dagegen er-