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-'M G MchnitzMiiW - Sonnabend, den 23. August 1884. 49. Jahrgang Nr. 100 ;q Politische Wochenschau. Deutsches Reich. Die Ministerzusammenkunft in Varzin, welche in den letzten Tagen die politische Situation vollständig beherrschte, macht sich nunmehr in der Tagesdiskussion weniger bemerklich, obwohl dieser Umstand ihre Bedeutung nicht im Geringsten abzuschwächen vermag. Diese Zusammenkunft zwischen dem deutschen Reichskanzler und dem Leiter der aus wärtigen Angelegenheiten Oesterreich-Ungarns ist in dessen zur Zeit so erschöpfend nach allen Seiten hin besprochen und es ist an ihr so herumgedeutelt worden, das; jetzt in der That weiter nichts übrig bleibt, als obzuwarten, wie weit alle diese Erklärungen und Ver- muthungen der Wirklichkeit entsprechen. Im Uebrigen traf Graf Kalnoky am Dienstag Abend nach 6 Uhr wieder von Varzin in Berlin ein, wo er in der öster reichisch-ungarischen Botschaft abstieg; er beabsichtigte, nech an demselben Abend gegen 10 Uhr direkt nach Wien zurückzureisen. An Stelle der Varziner Minister besprechungen tritt jetzt die signalisirte Zusammenkunft zwischen Kaiser Wilhelm und Kaiser Alexander immer mehr hervor und da von den Berliner Hoskreisen aus Len hierüber in Umlauf befindlichen Gerüchten gerade nicht direkt widersprochen wird, so scheint doch etwas Wahres an der Sache zu sein. Auch bringt man die veränderten Anordnungen bezüglich der bevorstehenden Kaiser-Manöver am Rhein mit der projektirten Mo- narchen-Begegnung in Verbindung. Dieselben sollten bekanntlich schon vor dem 15. September ihren An fang nehmen; die „Köln. Ztg." weiß aber nun zu berichten, daß die Feldmanöoer des 7. und 8. Corps gegen einander erst am 15. September beginnen und am 17. September endigen würden. Am 19. Sep tember würde die Parade des 7. Corps vor dem Kaiser und am SO., dem Schlußtage, Corpsmanöver des 8. Corps stattfinden. Das Parade- und Manöverterrain bleibt dasselbe, wie es in den ursprünglichen Befehlen angeordnet war. In „unterrichteten Kreisen" will man sogar wissen, daß die Kaiserparade des 7. Corps bei Wevelinghoven, die für den 15. September ange setzt war, nicht stattfinden könne, weil um die genannte Zeit eine Kaiserbegegnung an der russischen Grenze beabsichtigt sei, während es andrerseits wieder heißt, daß diese Begegnung auf deutschem Boden und erst Ende September stattfinden werde. Nun, es kann schließlich gleichgiltig sein, wo und wann sich unser Kaiser und der Selbstherrscher aller Reußen begrüßen, die Hauptsache bleibt immer, daß dies geschieht, und wird dann die Zusammenkunft zwischen Kaiser Wilhelm und Kaiser Alexander Hl. wohl am besten Zeugniß von den freundschaftlichen Beziehungen ablegen, welche das deutsche Reich auch mit seinem mächtigen Nachbar staate im Osten verbinden. — Die von Deutschland gegen Norwegen ergriffenen Bestimmungen auf dem Gebiete der sanitären Kontrolmaßregeln stellen sich als eine bloße Wiedervergeltung gegenüber der norwegischen Regierung heraus; letztere hat nämlich neben den Häfen verschiedener anderer Staaten auch die deut schen Nordseehäfen als verseucht erklärt und gegen die aus den betreffenden Häfen kommenden Schiffe Qua rantäne-Maßregeln angeordnet. Hoffentlich lenkt man auf beiden Seiten bald wieder ein. — Die Londoner Konferenz ist kaum gescheitert und schon verlautet wieder von einer Konferenz der Großmächte. Gegen stand derselben soll diesmal die Kongosrage sein und heißt es, daß Deutschland demnächst die Einladungen erlassen und auf der Konferenz den Vorsitz führen werde. Man erwartet von der Konferenz die Auf stellung neuer, wichtiger, völkerrechtlicher Grundsätze, namentlich was Staaten-Neubildungen durch private Annexion, oder Erwerb wilder Staatsgebiete durch Private oder durch cioilisirte Staaten anbelangt. Es dürste da wohl auch die Angra-Pequenä-Frage mit hineinspielen. Oesterreich-Ungarn. Im österreichischen Kaiser Lokakes und Sächsisches. Dippoldiswalde. Mit Beginn der längeren Abende tritt die Petroleumlampe, die in den meisten Haushaltungen während der Sommermonate außer Gebrauch gesetzt ward, wieder in Aktivität. In Veranlassung des Umstandes nun, daß die meisten Petroleumexplosionen bei der Wiederbenutzung längerer Zeit außer Gebrauch gesetzter Lampen entstehen, unter lassen wir nicht, wiederholt an die Hausfrauen die Mahnung zu erlassen, vor der Wiederbenutzung der Lampen das in denselben befindliche alte Petroleum wegzugießen, auch den alten, inzwischen filzig und da durch ohnehin zum Brennen untauglich gewordenen Docht durch neuen zu ersetzen, wenn sie nicht Gefahr laufen wollen, eine Explosion herbeizuführen. Durch das monatelange Stehen erzeugt sich nämlich in dem Oelbassin Petroleum-Naphta, welches viel leichter ent zündlich ist als Petroleum, denn mährend letzteres etwa bei 52° L. Hitze explodirt, explodirt das Naphta schon bei kaum 32° R. — Herr Tanzlehrer Göhring wird nächsten Sonntag das schon in mehreren Gasthöfen der Umgegend ver anstaltete Schnitterfest auch im Saale der „Reichs krone" hier zur Aufführung bringen. Dresden. Der Achtzehner - Ausschuß für das 6. deutsche Turnfest in Dresden 1885 hatte den Ober bürgermeister der Feststadt, vr. Stübel, ersucht, für das Fest das Ehrenpräsidium des Festausschusses zu übernehmen, doch hat derselbe die ihm zugedachte Ehre mit der Erklärung abgelehnt, daß er sich ferner hin vor dem Vorwurfe bewahren wolle, seine Kräfte durch Uebernahme derartiger Ehrenämter zu zersplittern. Der Ausschuß für das Turnfest will sich aber mit dieser Antwort nicht zufrieden stellen lassen, und be absichtigt eine Eingabe an das Stadtverordneten-Kol- legium, um den Oberbürgermeister zur Annahme des Ehrenamtes zu bewegen. — Dem 14. Jahresberichte des Landesmedizinal kollegiums über das Medizinalwesen im Königreich Sachsen auf das Jahr 1882 zufolge waren im selben Jahre die Sterblichkeitsverhältnisse weniger günstig, als im Vorjahre; auf 1000 Lebende kämm im Jahre 1881: 43,»» Geburten und 27,»s Sterbefälle, 1882 aber 43^ i Geburten und 28,»? Sterbefälle. Von den größeren Städten haben diesmal die größte Sterb lichkeit Glauchau mit 36,«, und Pirna mit 35,o», während von den kleineren, unter 8000 Einwohner zählenden Städten Zschopau eine Mortalität von 43,rs zeigt, zufolge dessen genannter Ort an der Spitze der sanitär ungünstigsten Städte verbleibt. In großer Verbreitung hat sich 1882 das Scharlachfieber durch's ganze Land gezeigt, am meisten wurden die Medizinal bezirke Plauen und Oelsnitz, darnach Glauchau, Ma rienberg und Zwickau heinigesucht. Die Verbindung mit Diphtheritis, Drüsen - Berschwürung und Nieren- Entzündung machte die Epidemie zu einer der bös artigsten, die je dagewesen. — Die Masern waren ebenfalls häufig, jedoch im Allgemeinen mild. Leider haben die Verwüstungen, welche die Diphtheritis im Kindesalter angerichtet, sich im Berichtsjahre nicht ver mindert, sondern beträchtlicher vermehrt, wie je zuvor. Die Fälle von Croup mit hinzugerechnet, kamen 4183 Todesfälle vor, gegen 2901 im Vorjahre, wovon 72^°/» das Alter zwischen dem ersten und sechsten Lebensjahr betreffen. Von den Städten waren Dresden und Chemnitz am meisten befalle». Am Keuchhusten sind 1035 Kinder, gegen 898 im Vorjahre, gestorben. Von Typhus sind die Formen Nückfallfieber gar nicht und Fleckfieber nur einmal vorgekommen, der Unter leibstyphus hingegen ist, wie gewöhnlich, im ganzen Lande mehr oder weniger zahlreich aufgetreten, zeigt aber merklich weniger Todesfälle (773), als im Vor jahre (949). — Im Jahre 1883 sind in Dresden 205 Brände und 2 kalte Blitzschläge vorgekommen, bei denen in staate macht die slavische Verbrüderung recht erbauliche Fortschritte. Nachdem erst vor Kurzen, die Czechen ihre slavischen Brüder aus Croatien in Prag empfangen haben, haben sie sich jetzt selbst bei den Polen zu Gast gebeten. Am vergangenen Sonnabend und den nächst folgenden Tagen fand in der alten polnischen Königs stadt ein Verbrüderungsfest der zugereisten 1500 Czechen aus Böhmen und Mähren mit den edeln Polen statt. Es wurden hierbei begeisterte Reden auf die Ziele der nationalen Arbeit, national selbstverständlich im czecho- polnischen Sinne, gehalten, während von dem Gesammt- reich Oesterreich mit keiner Silbe die Rede war. Es ist nur erfreulich, daß solchen, Treiben gegenüber ge rade jetzt von deutscher Seite eine ebenso imposante, wie würdige Kundgebung erfolgt., Als eine solche stellt sich das Nationalfest dar, welches die siebenbürger Sachsen zur Erinnerung an die vor 700 Jahren er folgte Einwanderung ihrer Vorfahren in Siebenbürgen gegenwärtig feiern und welches seinen Abschluß erst an, 27. August findet. An der Mannhaftigkeit, mit welcher sich die siebenbürger Sachsen auf ihrem schier verlorenen Posten gegen die immer ungestümer heran drängende magyarische Hochfluth wehren, können sich ihre Brüder in Cisleithanien ein mahnendes Beispiel nehmen. Frankreich. Der französisch-chinesische Konflikt hat schon so seltsame Wandlungen durchgemacht, daß man kaum mehr richtig weiß, wie diese Affaire eigent lich steht. Nachdem kaum erst die bekannten kriege rischen Meldungen der „Times" von französischer wie englischer Seite widerrufen worden sind, bringt das Cityblatt weitere allarmirende Nachrichten aus China, welche besagen, daß Li-Hung-Chang, welcher die Unter handlungen mit den französischen Bevollmächtigten in Shanghai führte, mittelst kaiserlicher Verordnung an gewiesen worden sei, von dort nach Nanking zurück zukehren, und daß 5000 Mann chinesischer Truppen vom Süden nach dem, von den Franzosen bombardirten Keelung marschiren. Diesmal scheine» aber die Mel dungen der „Times" auf Thatsachen zu beruhen, denn auch ein Telegramm der „Agence Havas" berichtet, daß die chinesischen Unterhändler nebst dem Zolldirektor Robert Hart die Stadt Shanghai verlassen hätten. Daffelbe meldet auch das „Reuter'sche Bureau" mit dem Hinzusügen, eine größere Anzahl von Mitgliedern des chinesischen Censoramtes habe sich in einer Ein gabe an die Kaiserin gegen die Bewilligung der For derungen Frankreichs und in kriegerischem Sinne aus gesprochen. Diese Nachrichten würden allerdings den Abbruch der französisch-chinesischen Unterhandlungen in glänzender Weise vor Augen führen. Schweiz. In den im Gange befindlichen Unter handlungen zwischen der Schweiz und dem päpstlichen Stuhle, wegen Neuordnung der Diözesanverhältnisse der Kantone Basel und Tessin, haben sich anscheinend Schwierigkeiten erhoben. Dem Vernehmen nach sind von dem päpstlichen Abgesandten Ferrata auf der Berner Konferenz zur Regelung der schweizerischen Bisthumsangelegenheiten Forderungen gestellt morden, in welche die Schweiz nicht einwilligen kann. Ferrata erwartet nun neue Instruktionen, infolge dessen die Verhandlungen augenblicklich ruhen. Egypten. Die Mission des ersten Lords der eng lischen Admiralität, Lord Northbrook's, in Egypten erscheint jetzt plötzlich in einer ganz neuen Beleuchtung. Es heißt nämlich, der Endzweck dieser Mission sei, die Abdankung des gegenwärtigen Khedives Tewfik Pascha durchzusetzen und dessen Sohn Abas unter der Regem- schaft des Ministerpräsidenten Nnbar Pascha als Khe- dive zu proklamiren. Es kann indessen der Welt ziemlich gleichgiltig sein, wie der egyptische Schatten könig künftig heißen wird, da am Nil thatsächlich doch nur die Engländer regieren. — AuS dem Sudan liegen keine Nachrichten von Belang vor. Inserate» welche bei der bedeutenden Auslage de* Blattes eine sehr w'rl- Spaltenzcklr' oder Raum berechnet. Ta bellarische und coinplictrt« Inserate nnt entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, mi redaktionellen Lhetle, die Spaltenzeile WM. Die „Weißeritz-Zeitung" «rscheint wöchentlich drei, mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — «reis »irrteljiihrlich 1 M. SS Psg-, zweimonatlich 84 Psg.» eimiwnatlich 42 Psg. Einzelne Nummern 10 Psg. — All« Postan stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen A«< V»» i Amtsblatt Mr die Könialiik- Umishanpimannschast Dippoldiswalde, sowie Mr die Königlichen Umtsgerichie nnd di- KtadtrSthe zu Dippoldiswalde Md Armenstem !' ——————— " ! !läv Ivo MÜsA MM .'WÄ Verantwortlicher Redacteur: Carl Ahne in Dippoldtswalh.