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Wchmtz-MiW Verantwortlicher Redacteur: Carl Ahne in Dippoldiswalde 49. Jahrgang Nr. 77 Dienstag, den 1. Juli 1884. mungen des Entwurfes von vornherein gesichert. Be sonders erfreulich war es, daß sich die Nationallibe ralen, im Gegensätze zu ihrer früheren Haltung in der Angelegenheit der Unfallversicherung, diesmal zur vollsten Unterstützung der Regierung bereit erklärten. Sie wahrten in einigen Fragen ihren abweichenden Standpunkt durch Stellung besonderer Anträge; wenn sie aber trotzdem sich zu voller und ganzer Mit wirkung an dem Gesetze aufschwangen, so zeigt dies von dem Entschlüsse der Nationalliberalen, die Reichs regierung in der Förderung ihrer sozialre ormatorischen Pläne ehrlich und aufrichtig zu unterstützen. Freilich haben sie sich dadurch den wüthendsten Haß der Deutsch- Freisinnigen zugezogen, aber dies wird hoffentlich die gemäßigt-liberalen Elemente des deutschen Volkes auch fernerhin nicht abhalten, das Ihrige zu einer kräftigen Durchführung der sozialen Reformen freudig beizutragen. Die Unfallversicherung. Nach gerade einwöchentlicher Diskussion hat der Reichstag am vorvorigen Sonnabend das Unfall versicherungsgesetz in zweiter Lesung erledigt und steht dessen definitive Annahme in dritter Lesung außer allem Zweifel. Es ist somit eine gesetzgeberische Arbeit zu ihrem vorläufigen Abschlüsse gebracht worden, welche fast seit vier Jahren das deutsche Volk und seine Ver tretung lebhaft beschäftigt hat und hiermit ist zugleich ein bedeutungsvoller Schritt auf dem Wege der Sozial reform geschehen. Die Unfallversicherungsvorlage in ihrer jetzigen Gestalt, wie sie aus den Beschlüssen der Kommission hervorgegangen ist, welche wiederum sich im Allgemeinen mit den Vorschlägen der Regierung decken, bedeutet eine wesentliche Verbesserung der früheren Entwürfe und in praktischerer Weise als die letzteren ermöglicht sie es, die soziale Lage der arbei tenden Bevölkerung erheblich zu verbessern, wobei freilich abzuwarten ist, wie die betreffenden Bevölke rungsklaffen das sich in der Vorlage deutlich doku- mentirende Wohlwollen der verbündeten Negierungen gegenüber den Arbeitern aufnehmen wird. Im All gemeinen haben die von der konservativ-klerikalen Majorität des Reichstages fast überall bestätigten Kom- missionsbeschlüffe die Grundlagen des Regierungsent- wurfcs unverändert gelassen, und sind somit der Ver sicherungszwang, die berufsgenoffenschaftliche Organi- fation, das Umlageverfahreu, die dreizehnwöchige Ka renzzeit und der Ausschluß der Privatversicherung vom Plenum acceptirt worden. Die Veränderungen, welche die Regierungsvorlage mährend derKommissions- verhandlungen erfahren hat, erstrecken sich vornehmlich auf den Kreis der zu Versichernden und auf die Ar- beiterausschüffe. In erster Beziehung ist das Gesetz auch auf die Schornsteinfeger ausgedehnt worden, während in Bezug auf letztere die Bestimmung, daß als besondere Vertretung der Arbeiter in den Berufs genossenschaften Arbeiterausschüsse zu errichten seien <8 41), von der Kommission gestrichen worden ist. In der Plenarverhandlung wurde namentlich seitens der Centrumsabgeordneten zäh an den ablehnenden Kommissionsbeschlüssen zu § 41 festgehalten, und Herr Windthorst erklärte ausdrücklich, daß mit den Arbeiter ausschüssen das ganze Gesetz fast unannehmbar sei. Nun, diese Klippe, an der die Vorlage hätte scheitern können, ist von derselben glücklich umschifft worden, indem bekanntlich der Reichstag den Kommissionsantrag, die Bestimmnngen über die Bildung von Arbeiter ausschüssen abzulehnen, mit großer Majorität gegen die Stimmen der Deutsch-Freisinnigen und der Sozial demokraten genehmigt hat. Die übrigen Verände rungen, welche an der Vorlage, während der zweiten Plenarberathung vorgenommen wurden, sind meist nur redaktioneller Natur und erscheint es daher als un- nöthig, dieselben noch einer besonderen Erörterung zu unterziehen. Charakteristisch für die zweite Lesung war der feste Zusammenhalt der konservativ-klerikalen Ma jorität, dem gegenüber alle die zahlreichen Abände rungsanträge, welche hauptsächlich von den Deutsch- Freisinnigen zu den einzelnen Paragraphen gestellt worden waren, ohne Ausnahme wirkungslos blieben. Dieser beste Zusammenhalt entsprang dem Wunsche, unter allen Umständen die Unfallversicherung endlich zu Stande gebracht zu sehen, und dieser Wunsch mar nicht nur auf Seiten der Konservativen und des Cen trums zu finden, sondern er wurde auch von der Reichspartei und den Nationallib-ralen getheilt. Von allen Seiten brachte man hierbei in wichtigen Punkten Opfer; so haben z. B. die Konservativen in der Frage der Karenzzeit und der Arbeiterausschüsse, das Cen trum in Bezug auf Reichsgarantie, die Nationallibe ralen in Bezug auf Umlageoerfahren und Ausschluß der Privatversicherung nachgegeben und auf diese real politische Weise war eine weitgehende Verständigung und dadurch die Annahme der grundlegenden Bestim Inserate, welche Sei der bedeutenden Auflage deS Blattes eine sehr wirt« saine Verbreitung finden, werden mit 10 Psg. die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und coinplicirte Inserate mit entsprechen den, Ausschlag. — Einge sandt, im redattionellen Theile, die Spaltenzeile 20 Pfg. die Platte ist schon heiß, die Funken werden bald herausspritzen," u. s. w. Der Angeklagte wird wegen Bedrohung zu einer Gefängnißstrafe von 14 Tagen und wegen Erregung ruhestörenden Lärms zu einer Haftstrafe von 4 Tagen verurtheilt. — Auf die von dem Gutsbesitzer Herzog in Sadisdorf gegen die Guts besitzersehefrau Christiane Wilhelmine Fischer geborne Reichelt in Ammelsdorf wegen Beleidigung erhobene Privatklage wird die Angeklagte freigesprochen, während in der hierauf zur Verhandlung kommenden Privat klage desselben Privatklägers gegen den Wirthschafts- gehilfen Robert Paul Göhler in Hennersdorf der An geklagte wegen verläumderischer Beleidigung mit einer Geldstrafe von 5 Mark event. eintägiger Gefängniß- strafe belegt wird. — Die Dienstmagd Amalie Ernestine Dreißig in Burkersdorf hat am 11. Mai d. I. in dem Näserschen Schnittwaarenladen in Frauenstein 20 Ellen Lüster, 2'/- Elle Shirting, 2>/r Elle Rips und 1 Elle schwarzen Lüster getauft und, bevor ihr die Sachen übergeben, die Zeit, während welcher die Verkäuferin andere Kunden bediente, dazu benutzt, diese Sachen selbst an sich und mit sortzunehmen, ohne sie zu be zahlen; erst nachdem dieser Vorfall zur Anzeige ge bracht und von der Gendarmerie die Angeklagte er mittelt worden, hat Letztere Zahlung geleistet und wird nun wegen Diebstahls zu einer dreitägigen Gefängniß- strafe verurtheilt. Hänichen, 28. Juni. Am gestrigen Tage vollzog sich auf dem Hänichener Steinkohlenwerke für die Be amten, die Bergleute und deren Angehörigen, nicht minder aber auch für die gesammte Bevölkerung ein insofern bedeutungsvoller Akt, als der unter 24 Be werbern um diese Stelle von dem Direktorium und dem Knappschaftsvorstande des Hänichener Steinkohlen bau-Vereins gewählte neue Knappschaftsarzt vor versammelter Belegschaft in sein verantwortliches und schwieriges Amt eingeführt wurde. Herr Dr. meck. Max Jäger, prakt. Arzt, Wundarzt und Geburts helfer aus Dresden, hatte es verstanden, als mehr jähriger Assistenzarzt im Dresdner Stadtkrankenhause, als einjährig-freiwilliger Arzt in Zittau nicht nur das vollste Vertrauen und die größte Achtung seiner Herren Vorgesetzten, sondern auch in seiner amtlichen Sphäre, unter Freunden und Bekannten ein allseitiges Ver trauen sich zu erwerben. Empfehlungen solcher Per sonen, die gewissenhaft in ihrem Urtheile sind, waren maßgebend, und sie allein beeinflußten die von dem Knappschaftsvorstande mit voller Einstimmigkeit vor genommene und vom Direktorium bestätigte Wahl. Durch die am gestrigen Tage stattgefundene Einführung des Herrn Doktor Jäger in sein Amt und durch die damit verbundene Niederlassung desselben in Hä nichen hat die reich bevölkerte Gegend mit einer Apo theke in Poffendorf nunmehr zwei in voller Mannes kraft stehende, mit guten Kenntnissen versehene Aerzte. Dresden. Am 30. Juni endete in Sachsen die Schonzeit für männliches Edel- und Damwild, Reh böcke und wilde Enten und ist somit vom l. Juli ab der Abschuß und Verkauf dieser Wildarten gestattet. — Die diesjährige Generalversammlung des sächs. Militärvereinsbundes wird am 20. Juli in Bachs Sälen in Dresden-Neustadt abgehalten werden. — Bei der Untersuchung der bedürftigen Kinder für die Ferienkolonien wurden 414 als höchst be dürftig befunden; da aber nur 360 Kinder (die einen Aufwand von ca. 12,700 M. bedingen) untergebracht werden können, muß eine nochmalige Untersuchung stattsinde». Freiberg. Vom kgl. Landgericht wurde am 28. Juni der 62-jährige .Handarbeiter Carl G. Löwe in Reinhardtsgrimma zu 10 Mark Geldstrafe verurtheilt, weil er am 7. April ds. Js. fahrlässiger Weise die Waldung der Gutsbesitzer Hersurth in Lnchau und Hebert in Niederfrauendorf in Brand gesetzt hatte. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Das vom Erzgebirgsverein herausgegebene Verzeichniß der „Sommerfrischen im Erzgebirge" ist in den letzten Tagen zur Aus gabe gelangt und ist dasselbe, da man das diesjährige als einen Nachtrag zum vorjährigen behandelte und diesem letzteren anfügte, ein ganz stattliches Heftchen geworden. Als höchst erfreulich muffen wir es be zeichnen, daß von den 32 Orten des Nachtrages, in denen Sommerlogis zu vermiethen find und der doch wohl allein hauptsächlich in Betracht kommen kann, gerade die Hälfte, nämlich 16, auf die Amtshaupt mannschaft Dippoldiswalde entfallen, und zwar sind dies die Orte: Bärenburg, Beerwalde, Dittersbach, Dippoldiswalde, Frauenstein, Hennersdorf, Hirschbach, Höckendorf, Johnsbach, Malter, Nassau, Naundorf, Obercarsdorf, Neichenan, Schmiedeberg und Ulbern dorf. Das Heftchen ist übrigens in unserer Expedition einzusehen. — 30. Juni. Der gestrige Sonntagnachmittag war leider wieder völlig verregnet, wodurch den vielen Fremden, die mit 2 Frühzügen nach hier, Kipsdorf und Altenberg reisten, das Vergnügen vollständig ver dorben wnrde. Der Abendzug nach Hainsberg hatte von hier aus 22 vollbesetzte Personenwagen. — Die Sammelboten des Gustav-Adolf-Vereins werden demnächst wieder an unsere Thüren klopfe». Manches ist für die betreffenden Zwecke schon gespendet worden, groß ist aber immer noch die Noth in vielen Gemeinden der Diaspora, so daß noch viel Scherflein erwünscht sind zur Tilgung von Kirchenschulden und zur Bildung von Kirchenfonds, zur Besoldung von Geistlichen und Lehrern, zur Erhaltung von Semi- narien und Alumnaten, sowie zur Erwerbung von Friedhöfen und zur Unterstützung armer evangelischer Prediger und Lehrer, nebst deren Wittwen und Waisen. Wer hier thatkräftig beispringt, hilft mit bauen an dem großen evangelischen Werke, dessen Bedeutung bei der vorjährigen Lutherfeier allerorten so begeistert geschildert worden ist. — An: vergangenen Freitag, auf welchen der „Siebenschläfer" fiel, hat es glücklicher Weise nicht ge regnet, und wird also das Wetter, der alten Regel nach, sieben Wochen lang schön und angenehm bleiben. Den vielen Bade-, Sommerfrischen- und Vergnügungs- Reisenden würde dies höchst erwünscht sein können. L Frauenstein. (König!. Schöffengericht.) Hanptverhandlung am 24. Juni. Der Handarbeiter Josef Schlosser aus Nauschdorf in Böhmen hat am 6. Juni Nachmittags in der von einer größeren An zahl Menschen besuchten Gaststube des Restaurateurs Martini im Gasthofe „zum Zollhausc" in Hermsdorf sich mit der Wirthin und dann mit dem Wirthe ge zankt und dabei laut gebrüllt, so daß es auch auf der vorüberführenden Straße hörbar gewesen ist. Nach dem er von Martini ans dem Lokale gewiesen worden, hat er diesem zugerufen: „Warten Sie, warten Sie, Mr „Weißeritz-Zeitung" «scheint wöchentlich drei ¬ mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis »ierteljährlich 1 M. 2S Pfg., zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be ¬ stellungen an. A A für die Königliche Amtshauptmannschast Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein