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MWH-MW Verantwortlicher Redacteur: Carl Ikhnc in Dippoldiswalde Nr. 50. Sonnabend, den 26. April 1884. 49. Jahrgang § eins, weckte diesmal zu einem kalten, regenfeuchten Morgen und den ganzen Tag über erschien kein ein ziger freundlicher Sonnenblick, weshalb denn auch der Schmuck durch die ohne jede Bewegung herabhängenden regenfeuchten Flaggen nur ein dürftiger war. Um 10 Uhr fand in der Stadtschule und zwar in der sich dazu besonders eignenden, festlich geschmückten Turn halle ein feierlicher Schulaktus statt, bei welchem die Herren Amtshauptmann von Kessinger, Bezirks- Schulinspekt. Mushacke, Superintendent Opitz, mehrere Nathsmitglieder, sowie eine Anzahl Herren und Damen als Zuhörer erschienen waren. Neu und jedenfalls sehr nöthig war die Einrichtung, daß der Cötus der Schüler, der bisher bei ähnlichen Gelegenheiten hatte stehen müssen, gleichfalls Sitzplätze einnehmen konnte. Nach dem Gesänge des Chorales: „Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren rc," hielt Herr Schul direktor Engelmann die Festrede, in welcher er, aus gehend von der im vorigen Jahre in den Schulräumen stattgefundenen Gewerbeausstellung und anknüpfend an den Besuch Sr. Maj. des Königs, ein farbenreiches Bild von der industriellen Bedeutung Sachsens nach den verschiedensten Seiten hin entwarf; auch der Handel, die Verkehrswege, die Schulen und die Geistes bildung fanden die ihnen gebührende Würdigung. Bei Beantwortung der Frage, wie Sachsen nach und nach den hohen Kulturzustand, den es einnehme, erlangt habe, gedachte der Redner besonders auch unseres Fürstenhauses, des Hauses Wettln, und kam schließlich auf König Albert, der nicht blos als siegreicher Kriegs-, sondern auch als sein Volk beglückender Friedensfürst gefeiert und ihm sowohl, als der Königin Karola herzliche Wünsche dargebracht wurden, die schließlich ihren Ausdruck in dem allgemeinen Gesänge von: „Den König segne Gott" sanden. Hierauf trug ein Schüler der I. Klaffe ein Gedicht: „Des Sachsenlandes Segen" von A. Mende vor, darin gleichsam den Inhalt der Festrede in poetischer Form zusammensassend, und schließlich wurde unter Musikbegleitung das Otto'sche Sachsenlied: „Gott sei mit Dir, mein Sachsenland!" angestimmt. — Von 11 bis 12 Uhr fand auf dem Markte Fe st musik des Stadtmusikchores statt und um 2 Uhr vereinigte sich eine große Anzahl von könig lichen und städtischen Beamten zu einem Fe st bin er im Nathhaussaale, bei welchem Herr Amtshauptmann von Kessinger den Trinkspruch auf Se Maj. den König ausbrachte. — Abends hatte der Militärverein in der Reichskrone eine Abendunterhaltung arrangirt, bei welcher zunächst der Bezirksoorsteher, Herr Verm.- Jngenieur Frohberg, einen Prolog vortrug und dann Orchestermusik mit Gesangs- und Zithervorträgen, so wie mit lebenden Bildern abwechselten. — Bei der heute stattgefundenen Aufnahme neuer Schüler in hiesige Stadtschule wurden nur 74 Kinder vorgestellt; eine große Anzahl 1877 und 1878 hier geborener Kinder war von hier weggezogen. — Gegenüber den vielfach laut gewordenen Klagen, daß auf den Hauptbahnen mit dem 15. April die Beheizung der Koupees aufgehört hat, was auf einer Vereinbarung der Verwaltungen des Norddeutschen Eisenbahn-Verbandes beruht, wollen wir konstatiren, daß auch während der letzten kalten Tage auf der Strecke Hainsberg-Kipsdorf die Heizung der Koupees nicht unterlassen worden ist. — Das Fahrplanplakat der kgl. sächs. Staats eisenbahnen wird mit Einführung des diesjährigen Sommerfahrplanes eine gegen jetzt etwas veränderte Form erhalten. Es werden nämlich, wie bei den Fahr plänen der preußischen Bahnen und wie im Neichs- Coursbuch, die Stationsnamen jeder einzelnen Linie nur einmal und die Verkehrszeiten der Züge links und rechts von den Stationsnamen ausgeführt erscheinen. Die Zeiten links von den Stationsnamen sind wie gewöhnlich von oben nach unten, die Zeiten rechts von den Stationsnamen dagegen von unten nach oben zu Theilnahme an der Konferenz zugesagt, die sich lediglich mit der egyptischen Finanzfrage beschäftigen wird. Was die in österreichischen Blättern signalisirte Dreikaiser zusammenkunft anbelangt, so soll dieselbe im Laufe dieses Sommers in Warschau stattfinden, wohin sich Kaiser Alexander nach der Großjährigkeitserklärung seines ältesten Sohnes zu begeben gedenkt. Eine greif barere Gestalt hat jedoch das an und für sich nicht unwahrscheinliche Projekt noch nicht angenommen. Oesterreich-Ungarn. Die Preßburger Viehmarkts- affaire läßt die österreichische Hauptstadt noch immer nicht zur Ruhe kommen. Im Wiener Gemeinderathe hat sich eine lebhafte Opposition gegen die von der Negierung für Wien erlassene neue Marktordnung er hoben, die ihren Ausdruck in der Forderung findet, daß die Regierung einige der mißliebigsten Bestim mungen der Marktordnung wieder zurücknehmen solle. — Am Dienstag früh hat im Hofe des Wiener Land gerichtsgebäudes die Hinrichtung Hugo Schenk's und Karl Schlossarek's mittelst des Stranges stattgefunden und sind somit zwei Scheusale in Menschengestalt weniger auf der Welt vorhanden. Frankreich. In Frankreich steht augenblicklich die am Montag erfolgte Eröffnung der Session der Generalräthe im Vordergründe der Ereignisse. Nur die Generalräthe der Departements der Seine, Kor sikas und Algeriens werden erst zu einer späteren Zeit zusammentreten. Die gegenwärtige Session der Ge neralräthe ist dadurch bemerkenswerth, daß in ihr die schußzöllnensche Bewegung, welche in Frankreich immer mehr um sich greift, zu einem scharf accentuirten Aus druck gelangen dürfte. Beinahe in sämmtlichen De partements sind Anträge auf Erhöhung des Eingangs zolles für Getreide, für Schlachtvieh, für Jndustrie- waaren rc. gestellt worden und heißt es, daß die Re gierung diesem Drucke auch nachgeben und wahrscheinlich einen neuen Zolltarif ausarbeiten lassen werde. England. Der am Montag nach der Osterpause erfolgte Wiederzusammentritt des englischen Parlaments hat sofort wieder zu einer für die englische Negierung durchaus nicht angenehmen Erörterung der Sudanfrage geführt. Mr. Gladstone selbst sah sich genöthigt, dem Unterhause die neuerdings aus Shendy und Berber eingegangenen ungünstigen Nachrichten zu bestätigen. Bezüglich der Lage Gordon's in Chartum machte der Premier einen Versuch, dieselbe in optimistischer Weise darzustellen, er wird aber hiermit selbst bei seinen eigenen Parteigenossen schwerlich Glauben gefunden haben. Ist es doch rasch allseitig bekannt geworden, in welch' bitterer Weise sich General Gordon in seinen letzten Telegrammen an Generalkonsul Baring darüber ausläßt, daß er von der englischen Regierung preis gegeben worden sei. Wie precär sich die Lage Gor don's gestaltet hat, beweist auch die Nachricht, daß die größte, bei der egyptischen Armee verfügbare Streit macht schleunigst nach Chartum entsendet werden soll, ein Unternehmen, dessen Gelingen jetzt schon mehr als zweifelhaft erscheint. Endlich sollen auch die Verhand lungen Admirals Hewett mit dem Könige Johannes von Abyssinien, welche den Zweck hatten, die Abyssinier für den Entsatz Chartums zu gewinnen, gescheitert sein, da dieselben durch die Entsendung eines Spezial gesandten des Mahdi an König Johannes durchkreuzt worden sein sollen. Egypten. Die neuesten Nachrichten aus dem Sudan besagen, daß es 3000 Personen gelungen ist, Chartum vor der Einschließung durch die Rebellen zu verlassen und sind 600 von ihnen in Korosko an gekommen. Lokaks und SüMches. Dippoldiswalde, 24. April. Der Geburtstag Sr. Maj. des Königs, durch die Witterung leider nicht im Geringsten begünstigt, wurde dennoch bei uns auf würdige Weise begangen. Die Reveille des Stadt musikchors, begleitet von Mitgliedern des Militärver Jnserat«, welche bei der bedeutenden Auslage deS Blattes eine sehr wirk- same Verbreitung finden, werden mit 10 Pf«. di« Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirt« Inserate mU entsprechen dem Ausschlag. — Einge sandt, nn redaktionellen Theile, die Spaltenzetle 20 Pfg. Politische Wochenschau. Deutsches Reich. Der Kaiser ertheilte am Mon tag Nachmittag dem Fürsten Bismarck wiederum eine längere Audienz und kann man annehmen, daß es sich hierbei abermals um die mit dem Rücktritt des Fürsten Bismarck aus dem preußischen Staatsministerium zu sammenhängenden Fragen gehandelt hat. Daß der Kaiser nunmehr die Grundzüge für die Konstituirung des Staatsrathes genehmigt hat und zur Zeit mit der Prüfung der die Details betreffenden Vorschläge be schäftigt ist, wird bestätigt. — Mit der am Dienstag erfolgten Wiederaufnahme der Arbeiten des Reichstages und des preußischen Abgeordnetenhauses sind die par lamentarischen Verhandlungen wieder zum Mittelpunkte des politischen Interesses geworden. Mit ungewöhn licher Spannung wurde diesmal der Fortsetzung der Arbeit des parlamentarischen Apparats entgegengesehen, denn der neubegonnene Sessionsabschnitt soll ja im Reichstag wie Landtag wenigstens eine theilweise Lösung all' jener Räthsel bringen, die sich während der letzten Zeit in unserer inneren Politik gebildet haben. Die ganze parlamentarische Situation wird aber vorläufig noch durch die Frage nach dem Schicksale der Sozia listenvorlage beherrscht, hinsichtlich welcher spätestens die nächste Woche die Entscheidung bringen wird. Am Donnerstag ist die Reichstagskommission zur Vorbe- rathung der Vorlage, betreffend die Verlängerung des Sozialistengesetzes, wieder zusammengctreten und wird sich u. A. auch mit den Windthorst'schen Anträgen, die eine theilweise Milderung der zur Einengung der sozialdemokratischen Bestrebungen bestehenden Verbote bezwecken, zu beschäftigen haben. Im Uebrigen wird jetzt versichert, daß der größere Theil des Centrums für die bedingungslose Verlängerung des Sozialisten gesetzes stimmen werde. Was nun die ersten Sitzungen des Reichstages und des preußischen Abgeordnetenhauses nach der Osterpause anbelangt, so beschäftigte sich der erstere am Dienstag mit der zweiten Lesung der No velle zum Hilsskassengesetz. Artikel 2u wurde mit dem Zusatz, wonach auf Antrag der Kassen die höhere Ver waltungsbehörde bei der Zulassung zugleich bescheinigen muß, daß das Statut den Vorschriften in tz 75 des Krankenversicherungsgesetzes genügt, weiter Artikel 8 mit dem Zusatz, wonach decentralisirte Verwaltungs stellen einzurichten sind, welche die Berechtigung haben, Gelder bis zur halben Höhe des Jahresbeitrages selb ständig zu verwalten, genehmigt. Die übrigen Artikel bis' Artikel 11 wurden nach den Kommissionsanträgen angenommen. Bei der namentlichen Abstimmung über den ersten Satz des § 33 (Artikel 11) stellte sich die Beschlußunfähigkeit des Hauses heraus, so daß die weitere Berathung der Vorlage vertagt werden mußte; um Mittwoch war „Schwerinstag". — Das preußische Abgeordnetenhaus genehmigte in der Dienstagssitzung zunächst einige kleinere Gesetzentwürfe in dritter Lesung und verwies hierauf in erster Lesung die Vorlage, be treffend die Verstaatlichung der Berlin-Hamburger Bahn, der Bremer Bahnen, der Tilsit-Jnsterburger Bahn und der Oels-Gnesener Bahn an die Eisenbahn kommission. Der hierzu gehörige Nachtragsetat wurde der Budgetkommission überwiesen und die Uebersicht über die Verwaltung der fiskalischen Bergwerke, Hütten und Salinen pro 1882/83 für erledigt erklärt; zum Schluß wurden noch mehrere kleinere Gegenstände er ledigt. — Der Reichskanzler Fürst Bismarck empfing am Dienstag den Frankfurter Oberbürgermeister l)r. Miquel, wodurch die Gerüchte über den Eintritt I)r. Miquel's in das preußische Ministerium wieder neue Nahrung erhalten haben. Etwas Näheres über diesen Besuch Miquel's beim Reichskanzler ist jedoch noch nicht bekannt. — Auf dem Gebiete der hohen Politik wird das Interesse durch die bevorstehende Londoner Kon ferenz und durch die Gerüchle über eine angebliche Dreikaiserzusammenkunft in Anspruch genommen. Dem Vernehmen nach haben bereits alle Großmächte ihre Amtsblatt für die Königliche Umtshmximmmschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträihe zu Dippoldiswalde und Irauenstein «rlßerltz. Zeitung" «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis »ierteljiihrlich 1 M. Lk Pfg., zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern N Pfg. — All« Postan- ftalten, Postboten, sowie di« Agenten nehmen Be stellungen an.