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MeWH-MiW Inserate, welche bet der bedeutenden Auslage de« Blattes «ine sehr wirk- same Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg. die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, u» redaktionellen Theile, die Spaltenzrlle 20 Pfg. Die „Weißeritz-Zeitung" «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis »ierteljithrlich 1 M. SS Psg., zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. - Alle Postan- fialten, Postboten, sowie oi« Agenten nehmen Be stellungen an. Amtsblatt für die Königliche Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Verantwortlicher Redacteur: Carl Ikhne in Dippoldiswalde. Nr. 46. Donnerstag, den 17. April 1884. 49. Jahrgang. Pic Feinde der französischen Republik. Die Franzosen sind ein wunderbares Volk und ihre Wankelmüthigkeit ist ihr größter Fehler. Nach dem sich die Franzosen zum dritten Male einen republi kanischen Staat gegründet haben und seit nahezu 100 Jahren mit den Bonapartisten, Legitimisten und Orle- anisten die schlimmsten Erfahrungen gemacht haben, giebt es doch immer und immer wieder eine große Anzahl unter ihnen, die, aus Egoismus oder leiden schaftlicher Thorheit, nach den Prätendenten hinüber schielen und gern einen neuen König oder Kaiser an Frankreichs Spitze stellen wollen. Daß dieses Projekt mindestens Revolution und Kontrerevolution Hervor rufen muß und am Ende Frankreich noch schlechter dasteht als vorher, scheinen jene unruhigen Geister gar nicht begreifen zu wollen. So haben die in letzter Woche stattgefundenen Nachwahlen für die französische Deputirtenkammer bewiesen, daß die Orleanisten wirk lich an Anhängern gewonnen haben. Ein orleanisti- sches Wohlkomitee in Toulouse hat sogar ganz offen die monarchische Fahne geschwenkt und durch ein hef tiges Rundschreiben alle Konservativen zur nachdrück lichen Bekämpfung der Republik aufgefordert. Was die französische Negierung betrifft, so scheint ihr die Agitation weniger Sorge zu machen, als die That- sache, daß die für die Republik im Laufe der letzten Jahre gewonnenen parlamentarischen Elemente von jener wieder abgefallen und in das Lager der Prinzen übergegangen sind. Man nennt hervorragende Mit glieder des linken Centrums, welche sich offen als politische Freunde des Grafen von Paris, des Chefs der Orleanisten, bekennen und bei diesem, unbeküm mert um die Denunciationen der republikanischen Blätter, aus und eingehen. Daß der Graf in den parlamentarischen Kreisen seinen Anhang zu vermehren sucht, hat kürzlich die Verwechselung der Zustellung eines Einladungsschreibens zu Tage gebracht, ein Fall, den die republikanischen Organe sofort sehr ernst nahmen. Da nun die Dinge sich immer verdächtiger und gefährlicher gestalten, so scheint die französische Negierung zu dem Entschlüsse gelangt zu sein, dem nächst gegen die orleanistische Agitation einen großen Trumpf auszuspielen und zwar anläßlich der Gambetta- feier. Die Ausweisung der Prinzen von Orleans soll eine republikanische Vorfeier für die Mitte dieses Mo nats angekündigte Enthüllung des Gambettadenkmals in Lahors sein. Es soll eine republikanische Kund gebung großen Stils in Frankreich veranstaltet werden, die als nachdrücklicher Protest gegen den Noyalismus zu gelten hätte. Gambetta galt den Franzosen jedoch als der große Staatsmann der Republik und wenn man, ihm zu Ehren, die Orleanisten wegen ihrer ge heimen Pläne gegen die Republik aus dem Lande treibt, so findet dies schon Beifall bei den Volksmassen. Durch Vorgehen gegen die Orleanisten hofft das Kabinet Jerry aber auch einigermaßen die radikalen Republi kaner, die mit Orgusaugen das Thun der Prätendenten beobachten und schon längst deren Verbannung be treiben, zu gewinnen und dadurch seine Position zu stärken. Freilich muß Ferry sehr vorsichtig bei dieser Aktion gegen die Orleanisten zu Werke gehen, denn Gewaltmaßregeln sind in politischen Dingen den Fran zosen sehr leicht zuwider. Es wird nöthig sein, daß sich Ferry erst eines plausiblen Grundes versichert, um den Orleanisten den Stuhl vor die Thür zu setzen. Dann hätte er allerdings der französischen Republik einen großen Dienst erwiesen; daß von den Orleanisten und ihren Parteien heimlich Ränke gegen die Republik geschmiedet werden, steht zweifellos fest, wenn man es ihnen auch nicht direkt beweisen kann. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Die Osterfeiertage sind vorüber und das Alltagsleben ist wieder in seine Rechte getreten. Mit Regen und Kälte, Donner und Nebel verliefen die Feiertage, auf die sich Alt und Jung seit vielen Wochen freuten und deren Freude so arg ge trübt wurde. Am Sonntag Nachmittag stellte sich nach einem tüchtigen Donnerschlag Regen ein, der mit wenigen Unterbrechungen auch den zweiten Feiertag über anhielt und den Aufenthalt im Freien zu einem höchst unangenehmen machte. — Das am Montag von dem Sängerbund der Johannstadt zu Dresden im hiesigen Schießhaus ver anstaltete Concert war mäßig besucht. Wiederum zeigte sich, daß man beim Suchen des Guten nicht in die Ferne zu schweifen braucht. Die Männergesänge wurden im Allgemeinen gut vorgetragen, die von dem gemischten Chor vorgetragenen Gesänge ließen jedoch viel zu wünschen übrig. Das von Hrn. Edgar Riesen komponirte Lied: „Der liebe Herrgott hält die Wacht" sprach sehr an. — Das Restaurant auf dem Lerchenberge ist vor wenigen Tagen neu eröffnet worden, und hat der Besitzer, Herr Querner, die bisherige milde Witterung benutzt, um um das Gebäude herum neue Anlagen zu schaffen. Der Aufenthalt auf der eine reizende Aussicht bietenden Höhe ist ein ganz angenehmer. — Zur Vormerkung von Sommerwohnungen (vergl. vor. Nr.) haben sich noch die Herren Friedens richter W. Wendler in Dippoldiswalde und Kaufmann Nauchfuß in Schmiedeberg bereit erklärt. — Dem Vernehmen nach wird Sonnabend über 8 Tage, den 36. April, Nachts wiederum ein Extra zug von Hainsberg nach Kipsdorf verkehren. Frauenstcin, 15. April. Nächste Ostern wird in den hiesigen Schulverhältnissen eine wesent liche Aenderung eintreten. Bisher waren die Schüler in 4 Klaffen eingetheilt, wovon die beiden ersten Parallelklassen und nach den Geschlechtern getrennt waren. Von Ostern ab wird der Cötus in 5 Klaffen zerfallen. Nur Klaffe In und Klaffe Id sind nach den Geschlechtern getrennt, in den übrigen Klaffen sind sie vereinigt. Klaffe In umfaßt die Knaben des 7. und 8. Schuljahres, Klaffe Id die Mädchen gleichen Alters, Klaffe II die Schüler des 5. und 6. Schuljahrs, Klaffe III das 4. Schuljahr, Klaffe IV das 2. und 3. Schuljahr, Klaffe V das I. Schuljahr. In Klaffe In und III ist Herr Rektor Fiedler Klaffenlehrer, in Klaffe Id und IV Herr Kantor Rößler und in Klaffe II und V Herr Lehrer Haupt. Durch 4 Ueberstunden erhöht sich die Zahl der Schulstunden auf 100. Diese sind nach den Klaffen in folgender Weise vertheilt: Klaffe In und Id je 19 Stunden, Klaffe II 18 Stunden, Klaffe III und IV je 15 Stunden, Klaffe V 14 St. Außerdem haben Klasse In wöchentlich zwei, Id und die Knaben der II. Klaffe je eine Turnstunde wöchent lich, sowie Klaffe Id und die Mädchen der Klaffen II und III wöchentlich je 2 Unterrichtsstunden in weib lichen Handarbeiten. Die Hoffnung auf Anstellung eines vierten Lehrers hat sich diese Ostern nicht erfüllt. Man glaubt in Folge der erwähnten Umänderung der Schulverhältnisse und der allerdings weniger Ueber stunden einen vierten Lehrer entbehren zu können. Kreischa. In der Schlosserei des Herrn Häcke hier kam der Lehrling Hermann unvorsichtiger Weise mit der Hand in die Bohrmaschine und wurde so ver letzt, daß eine Amputation zweier Finger der rechlen Hand erfolgen mußte. Dresden. Neueren Bestimmungen zufolge wird an der Parade am 23. April außer den Truppen der Residenz nur das 1. Jägerbataillon Nr. 12 theil- nehmen. Dasselbe wird per Landmarsch in Dresden eintreffen, daselbst verquartiert werden und kehrt am 24. ebenfalls per Landmarsch nach Freiberg zurück. — Die diesjährigen größeren Truppenübungen resp. Herbstübungen werden seitens der kombinirten 1. Infanteriedivision Nr. 23 zwischen Freiberg und Oederan, seitens der kombinirten 2. Infanteriedivision Nr. 24 zwischen Roßwein und Nossen und der Ka valleriedivision bei Strehla abgehalten. Das Korps- Manöver findet bei Nossen statt. — Nach ß 3 der Verordnung vom 28. Oktober 1878, die Ausübung der Fischerei in fließenden Ge wässern betreffend, dürfen in der Zeit vom 10. April bis mit dem 9. Juni die nachgenannten Fischarten in nichtgeschloffenen Gewässern — natürliche und künstlich fließende Gewässer — nicht gefangen, sowie, gleichviel, ob sie aus nichtgeschloffenen oder aus geschloffenen Gewässern — Teiche und andere stehende Gewässer — herrühren, weder feilgeboten noch verkauft oder zum Zwecke des Verkaufs versendet werden: Stör, Zander (Sandart), Rapfen (Raapfen, Rapf, Schied), Blei (Brachsen, Brasse), Maifisch (Alse), Finte, Aland (Nerfling), Barbe, Döbel, Schlei, Asch (Aesche), Ka rausche, Rothfeder, Barsch, Rothauge (Plötze), Schmer!, Weißfisch und Zehrte (Zährte). Für Krebse dauert die Schonzeit vom 1. November des einen bis mit 31. Mai des andern Jahres und es dürfen während derselben Krebse, gleichviel ob sie aus geschlossenen oder nicht geschloffenen Gewässern herrühren, weder feilgeboten, noch verkauft und in nichtgeschloffenen Ge mässem auch nicht gefangen werden. Leipzig. Nachdem viele Maurer von auswärts zugereist sind, ist der Maurerstreik in hiesiger Stadt nahe am Erlöschen, und ist auf einzelnen Neubauten, namentlich am Börsenbau, die volle Arbetterzahl wieder angestellt. Den Zuzug fern zu halten, sind zwar die Agitatoren eifrigst bemüht, und wie bei ähnlichen, früheren Vorkommnissen sind Leute der Streikpartei in der Nähe der Bahnhöfe postirt, welche den an kommenden Arbeiter sofort in Empfang nehmen und in ihrem Sinne zu bearbeiten suchen; aber auch die Polizei hat Maßregeln getroffen, etwa hierbei zu Tage tretenden Aufreizungen und Aufwiegelungen entgegen zutreten und den Ankömmlingen ihren freien Willen möglichst zu wahren. Plauen i. V. Die Sammlungen für ein Luther denkmal auf dem Lutherplatze zu Plauen i. V. haben bis jetzt kein befriedigendes Resultat ergeben. Das Denkmal, welches von Herrn vr. Kietz-Dresden ge fertigt werden soll, wird auf 2000—2500 Mark zu stehen kommen und war ursprünglich geplant, dasselbe anl diesjährigen Neformationsfeste zu enthüllen. Bis jetzt sind aber blos insgesammt 164 Mark eingelaufen. Bautzen. Die üble Angewohnheit, Nadeln in den Mund zu nehmen, hat hier wieder eine Familie in große Sorge versetzt. Die neunjährige Tochter des Steueraufsehers G. hier hatte vor etwa drei Wochen eine Nähnadel verschluckt und dies ihren Eltern ver heimlicht. Die Nadel wandelte 14 Tage lang im Körper des Kindes herum, bald spürte es Stiche und Schmerzen in der einen, bald in der andern Seite. Später stellten sich Erbrechungen ein, die öfter wieder kehrten und schließlich mit Blutungen verbunden waren. Da die Eltern Diphtheritis oder sonst eine Krankheit vermutheten, wurde ärztliche Hilfe in Anspruch ge nommen, und nun gestand das Kind den Vorgang. Die Sorge der Eltern war groß, größer aber noch die Freude, als vor einigen Tagen die Mutter in dem Halse des Kindes die Nähnadel entdeckte, welche dann auch durch den schnell hinzugezogenen Arzt glücklich entfernt wurde. Das Kind, welches sich znr Zeit noch in ärztlicher Behandlung befindet, scheint weitere üble Folgen nicht zu haben. Tagesgeschichte. Berlin. Bezüglich der Verlängerung des So zialistengesetzes verlautet mit großer Bestimmtheit, daß die Negierung in der ersten Sitzung der Kommission, welche nach de» Ferien stattfinden wird, eine entschie dene Erklärung dahin abzugeben gedenkt, daß sie auf keinerlei Anträge einzugehen entschlossen sei und ledig lich Annahme oder Ablehnung der Vorlage' erwarte.