Volltext Seite (XML)
Wchmtz -Minis Verantwortlicher Redacteur: Carl Ikhm in Dippoldiswalde, Sonnabend, den 22. Dezember 1883 Nr. 150 48. Jahrgang der Wiederabreise des Kronprinzen von Rom heißt es, daß sie am Freitag erfolgte. — Der Kaiser erfreut sich andauernd des besten Wohlbefindens und nimmt täg lich die gewohnten Vorträge entgegen, wie er auch fast jeden Tag Audienzen ertheilt. Am Dienstag empfing er auch den Kardinal Fürsten Hohenlohe und kann man dieser Audienz wohl in Anbetracht des Be suches, den Kronprinz Friedrich Wilheim dem Papste abgestattet, eine besondere Bedeutung beimessen. — Das preußische Herrenhaus ist bereits am Dienstag in die Weihnachtsferien gegangen, während das Abgeordneten haus ihm am Mittwoch folgte. Vor seiner Vertagung hat das Herrenhaus nach zweitägigen Verhandlungen in zweiter Berathung noch die Vorlage über die neue Jagdordnung angenommen. Dieselbe weicht nach den Beschlüssen des Herrenhauses von der bisher in Preußen bestehenden Jagdordnung in verschiedenen wichtigen Punkten ab, vor allem ist die Jagd mit Schußwaffen und Hunden Sonntags nicht mehr gestattet, weiter ist die Schonzeit für Rehböcke vom 1. Februar bis zum 15. Mai festgesetzt und ebenso hat die Schonzeit für das weibliche Rehwild, für Hasen und Elchwild eine weitere Ausdehnung erfahren. Ob das Abge ordnetenhaus diesen Aenderungen in der Jagdordnung beistimmen wird, ist indessen noch fraglich. Was die Thätigkeit des Abgeordnetenhauses in den letzten Sitzungstagen vor Weihnachten anbelangt, so beschäf tigte sich dasselbe am Montag und Dienstag lediglich mit dem Etat des Ministeriums des Innern, dessen einzelne Positionen fast durchgängig im Sinne der Negierung angenommen wurden. Außerdem brachte Finanzminister v. Scholz am Dienstag auch die beiden Gesetzentwürfe über die Einkommensteuer, durch welches Gesetz bekanntlich die Aushebung der dritten und vierten Einkommensteuerstufe in Preußen vorgeschlagen wird, und über die Einführung der Kapitalrentensteuer ein. Am Mittwüch erledigte das Haus noch ver schiedene Theile des Etats des Handelsministeriums, des Staatsanzeigers, des Auswärtigen Amtes n. s. w. und vertagte sich sodann bis zum 8. Januar, an welchem Tage die Sitzungen wieder beginnen. Oesterreich-Ungarn. Die österreichische Haupt stadt steht noch immer unter dem Eindrücke der Er regung, welche die Nachricht von der Ermordung des Polizei - Concipisten Hlubek in allen Schichten der Wiener Bevölkerung yervorgerufen hat. Mgn nimmt an, daß Hlubek, welcher am 16. Dezember, dem Tage seiner Ermordung, als Regierungsvertreter einer in Politische Wochenschau. Deutsches Reich. Das Weihnachtsfest mit all' seinem Glanze, seinen großen und kleinen Freuden, steht wieder vor der Thür und allerwärts hat man sich gerüstet, dasselbe nach althergebrachter Weise zu begehen. Wenngleich die Weihnachtsfeier ihren Haupt einfluß im häuslichen Kreise ausübt, so kann sich doch auch die Politik für gewöhnlich deren Einwirkungen nicht ganz entziehen, indessen, der Gang der großen Ereignisse ist nicht an die Feste der Völker gebunden und gerade diesmal gehen die politischen Wellen höher als sonst zur Weihnachtszeit. Für uns in Deutschland hat zunächst die spanische Reise des deutschen Kron prinzen einen erhöhten Pulsschlag des politischen Lebens hervorgerufen und mit steigendem Interesse verfolgte man in der Heimath den Verlauf dieser Reise und die Auszeichnungen, welche während derselben dem ritterlichen Erben des deutschen Kaiserthrones von Spaniens Herrscher und Volk zu Theil geworden sind. In noch erhöhterem Mabe wendet sich aber nun die allgemeine Aufmerksamkeit dem Besuche des deutschen Kronprinzen in der italienischen Hauptstadt zu, nament lich deshalb, weil dieser Besuch auch dem Papste mit galt und selbst abgesehen von der kirchenpolitischen Frage, welche in Deutschland noch immer eine Haupt rolle spielt, würde der Besuch des zukünftigen deutschen Kaisers beim Oberhaupte der katholischen Christenheit unter allen Umständen seine Bedeutung behalten. Am Dienstag nun hat dieser Besuch stattgefunden und es liegen hierüber so eingehende Meldungen vor, daß wir nur die wichtigsten Momente hervorheben können. Kurz nach 1 Uhr erschien der Kronprinz in Begleitung des Herrn v. Schlözer, des preußischen Gesandten, nebst Gefolge im Vatikan, am Fuße der zu den Ge mächern des Papstes führenden Ehrentreppe, welche von päpstlichen Palast- und Nobelgarden flankirt war, von» Ceremonienmeister Cirtaldi und im Schweizersaal vom Majordomus Todoli und dem Kammerherrn Macht empfangen. Die genannten Würdenträger ge leiteten den Kronprinzen bis in die Gemächer Leo Xlll., welcher seinem hohen Gaste bereits im Vorzimmer ent gegenkam. Nach etwa halbstündiger Unterredung, über deren Inhalt selbstverständlich noch nichts bekannt ist, verabschiedete sich der Kronprinz vom Papste, besichtigte hierauf die Museen des Vatikans und die Peterskirche und kehrte, nachdem er noch dem Kardinal-Staats sekretär Jakobini einen Besuch abgestattet, nach seiner Wohnung im königlichen Palais zurück. Bezüglich An unsere Leser. Mit Nr. 152 schließt der 48. Jahrgang der „Weißeritz-Zeitung" und mit großer Genugthuung kann die Redaktion auf denselben zurückblicken. Unserm am Beginn des Jahres gegebenen Versprechen, dem wahren Fortschritte stets nach Kräften zu dienen, sind wir stets und zu jeder Zeit nachgekommen und der Zustimmung unserer von Vierteljahr zu Vierteljahr sich mehrenden Abonnenten sind wir in dieser Beziehung sicher. Unbeirrt werden wir deshalb auf dem einmal betretenen Wege fortschreiten und uns immer bemühen, die „Weißeritz-Zeitung" stets vielseitiger ^und interessanter auszustatten, damit sich ihr Leserkreis fortgesetzt erweitere. Wie bisher werden wir neben der Wochenschau, die die politischen Ereignisse kurz zusammenfaßt, Leitartikel und Uebersichten bringen, die einzelne hervorragende Momente des politischen Lebens ausführlicher und in leicht faßlicher Weise besprechen. Neben der politischen Seite aber werden wir auch den unterhaltenden Theil nicht vernachlässigen. Im neuen Jahre wird in demselben eine spannende Erzählung vom Lehrer K. Knebel erscheinen, dessen Artikel „Aus vergangener Zeit" stets gern gelesen worden sind. Diese Erzählung „Vorbum ckomini nmnot in noternum!" („Gottes Wort bleibet in Ewigkeit!") schildert interessante Begebnisse unseres Bezirks aus den Ne- formationsjahren 1537—1541. Abonnements auf die „Weißeritz-Zeitung" nehmen alle kaiserlichen Postanstalten und Briefträger, sowie unsere Zeitungsboten und die Expedition dieses Blattes entgegen. Im eigenen Interesse der geehrten Leser bitten wir aber, das Abonnement bei den Postanstalten baldigst erneuern zu wollen, damit eine Verzögerung in der Zusendung nicht eintrilt. Von unseren hiesigen Lesern nehmen wir eine stillschweigende Verlängerung des Abonnements an. Dippoldiswalde. Die Expedition der „Weißeritz-Zeitung." M M M K Inserate, welche bet der bedeutenden Auflage des Blattes eine sehr wirk same Berbreitunafinden, «erde» mit 10 Pfg. di« Gpaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complieirtr Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Eilige« sandt, nn redaktionellen Theile, die Spaltenzeil« MPfg. dem Vororte Floridsdorf stattgefundenen Arbeiterver sammlung beigewohnt hatte, sozialistischen Fanatikern zum Opfer gefallen ist. Frankreich. Den Franzosen bringt das Weih- uachtsfest als unerfreuliche Gabe eine Vermehrung der Kosten der Tonkin-Expedition. Das Kabinet ist bereits zu der Einsicht gelangt, daß die erst unlängst von der Deputirtenkammer für Tonkin bewilligten S Millionen Franks bei weitem nicht ausreichen und hat von der Kammer noch 20 Millionen behufs ener gischer Durchführung der Expedition verlangt. Von der Kanlmer sind denn auch am Dienstag die ver langten neuen Kridite mit 312 gegen 180 Stimmen bewilligt worden. Durch diese Opferwilliakeit der Kammermehrheit sieht sich die französische Regierung in den Stand gesetzt, kräftiger als bisher in Ostasien vorzugehen und wird noch vor Neujahr ein weiteres Korps von 8—9000 Mann unter dem General Millot als Oberkommandirender, dem die Brigade generäle Negrier und Brisre de l'Jsle untergeordnet sind, nach dem ostasiatischen Kriegsschauplätze abgehen. Auf diesem selbst bereiten sich ernste Dinge vor; Admiral Courbet ist nach längerem Zögern mit 6000 Mann gegen Sontay aufgebrochen und lagert sieben Meilen von dieser Stadt entfernt, welche von 20000 Chinesen und „Schwarzflaggen" besetzt sein soll. Neuere Depeschen des Admirals Courbet melden in dessen, daß die feindlichen Haufen sich vor den Fran zosen in die Gebirgswaldungen zurückziehen und daß Sontay wahrscheinlich ohne Gefecht besetzt werden würde. — 8000 Offiziere sollen sich beim französischen Kriegsminister zur Theilnähme an der neuen Expedition nach Tonkin gemeldet haben. England. Die englischen Staatsmänner und namentlich der greise Premier Gladstone sind von neuen Anschlägen der fenisch-irischen Verschwörer be droht. Mehrere Mitglieder der sogenannten „Un überwindlichen", eines Geheimbundes der amerika nischen Fenier, sind von New-Jork nach London unterwegs und da man von ihnen wohl nicht mit Unrecht ein Attentat gegen Gladstone befürchtet, so sind zu dessen Sicherheit umfassende Maßregeln ge troffen worden. Ferner haben die Londoner Stadt behörden anonyme Briefe erhalten, in denen die Sprengung der Londonbrücke und des Newgate-Ge- sängniffes angedroht wird. Die Brücke und das Ge- fängniß werden streng bewacht. Italien. Der Ansturm der vereinigten italie nischen Oppositionsfraktionen gegen das Kabinet De- pretis hat mit einem kläglichen Fiasko für jene geendet. In der Deputirtenkammer war bei Berathung des Kultusbudgets vom Ministerpräsidenten Depretis die Kabinetsfrage gestellt worden und am Dienstag er folgte die entscheidende Abstimmung. 150 Deputirte stimmten für die Negierung, 82 Deputirte enthielten sich der Abstimmung und nur 6 Abgeordnete erklärten sich offen gegen die Regierung. Herr Depretis und seine Ministerkollegen haben demnach einen glänzenden und nachhaltigen Sieg über die parlamentarische Opposition zu verzeichnen. Egypten. Die egyptische Negierung wird ihre Händel mit dem Mahdi wohl allein ausmachen müssen. Es heißt, England habe es abgelehnt, im Sudan zu interveniren, den Khedive aber auch seinen Schutzherrn, den Sultan hingewiesen; ob indessen die Finanzlage der Pforte den Luxus einer Expedition nach Egypten und dem Sudan gestattet, ist mehr als zweifelhaft. Vorläufig soll Bak.r Pascha versuchen, das Ansehen der egyptischen Regierung im Sudan wieder herm- stellen und ist er mit der obersten Civil- und Militär gewalt für alle Theile dieser Provinz bekleidet worden und im Lause dieser Woche nach Suakim abgereist. Amtsblatt für die Königliche Umtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Dir „Weißeritz-Zeitung" «scheint wöchentlich drei null: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — «reis vierteljährlich 1 M. 25 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzeln« Numniern 10 Pfg. — Alle Postan- stalten, Postboten, sowie di« Agenten nehmen Be stellungen an.