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Die „Welßerlh-Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 25 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- tialten, Postbote», sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. MÄmtz-MilW. Amtsblatt Inserat«, welche bei der bedeutenden Auflage de- Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit 10 Psa. die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeile 2V Pfg. für die Königliche Arnishauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Verantwortlicher Redacteur: Carl Ichne in Dippoldiswalde. Nr. 131. Donnerstag, den 8. November 1883. 48. Jahrgang. Das Unfallverficherungsgesetz. Es ist eine bekannte und allgemein bedauerte That- sache, daß von den sozialpolitischen Gesetzentwürfen des Reichskanzlers gerade der nöthigste, die Unfallversicherung betreffend, noch nicht perfekt geworden ist. Ein be sonderer Vorwurf ist darüber auch Niemandem zu machen, denn die Regierungsvertreter wie die Parteien des Reichstages sind sich gerade bei der eingehenden Berathung der sozialpolitischen Gesetzentwürfe erst der großen Schwierigkeiten bewußt geworden, die sich einer gerechten und zugleich praktischen Einrichtung dieser Gesetze entgegenstellen und die wiederholte Prüfung des revidirten Unfallversicherungsentwurfes wird ja voraussichtlich nur dazu dienen, uni schließlich die am meisten befriedigende Fassung für das Gesetz zu erreichen. Zwei Schwierigkeiten sind es zumal gewesen, die die Vollendung des Unfallversicherungsgesetzes ver schoben haben: Die gerechte Vertheilung des Risikos und die Organisation der Versicherungsgenossenschaften. Nach dieser Richtung sind geradezu Jrrthümer und Unzulänglichkeiten noch zu beseitigen. Hinsichtlich des Risikos, d. h. der Größe der Gefahr bezüglich eines Unfalls, existiren bekanntlich bei den verschiedenen Be trieben große Verschiedenheiten und die Einführung von Gefahrenklaffen hat darnach entschieden ihre Be rechtigung. Man weiß aber auch, daß in Betrieben derselben Art die Anzahl der Unfälle für das Jahr oder auch für Zeiträume von drei Jahren gerechnet, auch nicht annähernd die gleichen sind, denn neben elementaren Kräften spielen ja Ungeschicklichkeit und selbst Leichtsinn bei diesen Unfällen eine ganz ver schiedenartige Rolle. Diesen» Umstande muß bei dem Unfallversicherungsgesetze Rechnung getragen werden, gleichzeitig ist aber auch, wie es in den bisherigen Entwürfen nicht der Fall war, das Risiko bis zu einem gewissen Grade auf die betreffenden Personen zu über tragen, um ihnen dadurch das Bewußtsein zu schärfen, daß sie durch peinliche Vorsicht den bei weitem größten Theil der bei leichtsinniger Behandlung der Gefahren entstehenden Unfälle vermeiden können. Was ferner die Schwierigkeit der Organisation der Unfallversicherung anbetrifft, so liegt dieselbe wohl in dem noch nicht erzielten gerechten und praktischen An schluffe der Unfallversicherung an die Krankenversicherung. Alle leichteren, sowie auch die schwereren, aber doch verhältnißmäßig bald wieder in ihren Folgen zu be seitigenden Unfälle müssen ja ohnedies als Krankheits fälle behandelt und der Krankenversicherung zugewiesen werden, es wäre daher wohl auch praktisch, die Unfall versicherung als Zweigorganisation der Krankenver sicherung einzurichten. Dadurch ersparte man nicht nur die schwierige Organisation von mehreren Tausend besonderen Verbänden zum Zwecke der Unfallversiche rung, sparte also Geld und Zeit, und dann dünkt es uns auch, als ob durch eine Vereinigung der Unfall versicherung mit der Krankenversicherung eine gerechtere .Handhabung beider erzielt und wohl auch oft der Streit vermieden würde, wo die Unfall- und wo die Kranken versicherung einzutreten hat. Besonders gefährdeten Berufsklaffen und auch den mittelmäßig gefährdeten wäre natürlich ein besonderer Beitrag durch Arbeit geber und Arbeiter aufzulegen, aber auch jeder Arbeiter in irgend einer andern Branche kann in seinem Berufe, wenn auch sehr selten, verunglücken, und diesem muß doch auch geholfen werden, wenn die sozialpolitischen Gesetze nicht lückenhaft bleiben sollen. .Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Auf geschehene Anregung des hiesigen Stadtverordneten - Kollegiums hat der Stadt rath beschlossen, für die Zukunft ein strengeres Ge bühren gegen die säumigen Restanten mit Ab gaben einzuführen, und zwar sollen die Listen der „böswilligen Schuldner" den hier befindlichen Gast- und Schankwirthen mit der Anweisung übergeben werden, dieselben öffentlich auszuhängen und den darauf Verzeichneten Getränke aller Art nicht zu verabreichen, überhaupt den Aufenthalt in ihren Lo kalen nicht zu gestatten. — Im Monat Oktober dss. Js. wurden an hier durchreisende Fremde als Stadtgeschenk 246 Marken gegen 218 im gleichen Monat des Jahres 1882 ver abreicht. — Die Ueberfüllung der juristischen Laufbahn giebt der „Gegenwart" Veranlassung zu einem längeren Artikel, welcher allen jungen Leuten augenblicklich vom juristischen Siudium abräth, falls sie nicht geneigt und in der Lage sind, einen Zeitraum von 13—15 Jahren aus eigenen oder elterlichen Mitteln zu leben und sie nicht außerdem so viel Liebe zum juristischen Berufe, so viel Charakterstärke in sich fühlen, daß sie während dieser langen Zeit eine unfertige, unselbstständige, viel fach unfruchtbare Stellung ertragen, ohne die Frische und Idealität einzubüßen, welche grade der juristische Beruf erheischt, wenn anders er den hohen Aufgaben, die ihm gestellt sind, gerecht werden soll. Dieser Rath stützt sich auf statistische Ausführungen und Daten, welche die Mahnung, nicht zur juristischen Karriere überzugehen, sehr gerechtfertigt erscheinen lassen. Schmiedeberg. Zu einer erhebenden Feier ge staltete sich am vorigen Sonntag die Wiedereröff nung der in den Jahren 1713—1716 von Bär im Renaissancestil erbauten Kirche zu Schmiedeberg. Um der Gemeinde eine Jubiläumsgabe im Lutherjahre dar zubringen, hatte der Kirchenvorstand den Beschluß ge faßt, sein Gotteshaus entsprechend dem ganzen Bau desselben zu verschönern. Das ist nun von Herrn Professor Arnold aus Dresden in vortrefflicher Weise während der letzten drei Monate geschehen, so daß die Kirche jetzt einen in jeder Beziehung sowohl würdigen als künstlerisch vollendeten Eindruck macht. — Nachdem Herr Superintendent Opitz die Gemeinde in ihrem erneuerten Gotteshause begrüßt und ein ergreifendes Gebet gesprochen hatte, hielt der dortige Ortspfarrer, Herr Pastor Birkner, die Weihe- und zugleich Ernte dankfestpredigt, in welcher er auch des zu gleicher Zeit eingeführten neuen Landesgesangbuches gedachte, indem er Joh. 20, 19. 20. zu Grunde legend darüber sprach, „wie der auferstandene Friedefürst uns entgegenkommt mit seinem heiligen Friedensgruße", da wir im er neuerten Gotteshause auf's Neue anbeten wollen den Herrn im heiligen Schmuck, da wir anheben wollen zu singen dem Herrn ein neues Lied zum Preise seines heiligen Namens, und da wir darbringen wollen un sere Garben des Dankes für neu empfangenen Ernte segen. Nach einem Chorgesang, geleitet vom Herrn Kantor Hasche, fand die würdige Feier mit dem Liede: „Nun danket Alle Gott" ihren Abschluß. Frauenstein. Ende voriger Woche ist die neue, von Dippoldiswalde nach Frauenstein führende Be zirks st raße dem öffentlichen Verkehr übergeben worden. Hoffentlich gereicht sie unserer industriearmen Stadt zum reichen Segen. Große Hoffnungen machen sich in dieser Beziehung hier nur sehr Wenige. — Kürzlich hatte Referent Dieses Gelegenheit, 2 von Herrn Oberförster Nein hier erbaute Nettige in Augenschein zu nehmen, wovon der eine 4 Pfund, der andere 3 Pfund 276 Gramm wiegt. — Herr Böttcher meister Zimmermann in Kleinbobritzsch hat u. A. zwei stattliche Kürbisse erbaut, wovon der eine ein Ge wicht von 23, der andere von 19 Pfund hat. Gewiß sind diese erfreulichen Thatsachen ein schlagender Be weis dafür, daß auch in unserer ziemlich bedeutenden Höhenlage das heurige Jahr ein reich gesegnetes ist. — Im vergangenen Monat Oktober wurde das Stadtgeschenk an >45 durchreisende Handwerks burschen verabreicht, was der Armenkasse eine Ausgabe von 14 Mark 50 Pfg. verursachte. — In die städtische Sparkasse wurden in demselben Monate in 200 Posten 31162 Mark 98 Pfg. ein-, und 26671 Mark 78 Pfg. in 128 Posten zurückgezahlt. Die Gesammt- einnahme betrug in 266 Posten 65128 Mk. 23 Pfg., die Gesammtausgabe in 166 Posten 69117Mk. 71 Pfg. Poffendorf. Behufs Einreichung einer Petition in Eisenbahnangelegenheiten an den demnächst zu er öffnenden Landtag sammelt man ans Anregung der Herren Gemeindevorstände Sommerschuh in Poffendorf, Arnold in Welschhufe und Graf in Bannewitz in den Ortschaften Poffendorf, Hänichen, Welschhufe, Vanne- Witz, Cunnersdorf, Boderitz, Kleinnaundorf und Neu burgk Unterschriften. Die Petition betrifft das Projekt, die auf der Gittersee-Hänichener Kohlenbahn verkehren den Züge auch dem übrigen Güterverkehr zugängig zu machen, resp. dem Personenverkehr mit einzuschließen und die Bahn von Hänichen bis Possendorf zu ver längern. Dresden. Auf ministerielle Veranlassung haben die sächsischen Handelskammern ihre Sekretäre beauf tragt, gemeinsam je ein Probestatut für Betriebs- (Fabrik-) und für Baukrankenkaffen nach den Vor schriften des neuen Neichsgesetzes über die Kranken versicherung der Arbeiter auszuarbeiten. In der ein leitenden Konferenz wurde der Sekretär der Plauen- schen Kammer, Kirbach, mit der Vorlage eines Betriebs- (Fabriks-)Krankenkaffenstatuts, der Sekretär der Dres dener Kammer, Steglich, mit Bearbeitung eines Bau krankenkaffenstatuts beauftragt, die Einhaltung gemein samer Grundlagen für beide Arbeite» aber vereinbart und auch für ein von Stadtrath Bönisch - Dresden zu bearbeitendes Probestatut von Ortskrankenkassen ein thunlich analoges Vorgehen in Aussicht gestellt. — Dem Landtage werden Vorlagen über größere Staatsbauten zugehen. Namentlich sind für die verschiedenen Ministerien neue Gebäude in Aussicht genommen, vielleicht auch für das Staatsarchiv und Konsistorium. Am hiesigen böhmischen Bahnhofe sollen neue große Verwaltungsgebäude errichtet werden, da mit endlich die zur Zeit in verschiedenen Stadttheilen und zwar sogar in Miethräumen arbeitenden Behörden der Generaldirektion für unsere Staatsbahnen in einem einzigen Gebäudekomplex untergebracht werden können. Ob mit diesem letzterwähnten Neubau gleichzeitig die so nothwendige und sehnlichst erwünschte Neuregulirung der Bahndurchführung durch die in der Nähe der Wiener Straße und des Bismarckplatzes befindlichen Stavttheile in Angriff genommen werden kann, ist dagegen noch sehr fraglich, da zwar verschiedene Pro jekte vorhanden sind, ein definitiver Beschluß aber noch nicht vorzuliegen scheint. Wenn aber erst die an der Sedanstraße im Bau begriffenen Bezirksschulen fertig gestellt sein werden, dann wird es sich zeigen, daß mindestens an den beiden Uebergängen der Reichs- und Goethestraße, welche im Planum der böhmischen Bahn liegen, recht bald etwas geschehen muß, damit Verkehrsstörungen, wie sie stündlich zu beobachten sind, und Unfälle, die sich täglich trotz aller Vorsicht ereignen können, für die Folge vermieden werden. Roßwein. Die am I. November hier ins Leben gerufene Müll er sch ule zählt bereits eine Schülerzahl von 36, und hat bereits das Lehrerpersonal um eine neue Kraft vermehrt werden müssen. Leipzig. Dem vom abtretenden Rektor der Leipziger Universität beim Nektoratswechsel erstatteten Jahres berichte ist noch zu entnehme», daß bei der akademischen Preis bewerbung ein Japanese den naturwissenschaft lichen Preis erhalten hat. Die Arbeit, welche die Thierkunde betrifft, ist von der Prüfungskommission als eine musterhafte, eine wahre Bereicherung der Wissenschaft erkannt worden. Der Name dieses Ja panesen ist Isa o Jsima aus Schidzuoska-Ben in Ja pan. Die Abhandlung ist in deutscher Sprache ge schrieben. — Die Stadtgemeinde Leipzig hat das Rittergut Lösnig zum Preise von 925000 Mark angekauft.