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Wchmtz-MW für die Königliche Verantwortlicher Redacteur: Carl Irhne in Dippoldiswalde. Sonnabend, den 13. Oktober 1883. 48. Jahrgang. Nr. 120. Amtsblatt Unüshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage des Blattes eine sehr wirk same Velbreitunafinden, werden mit 10 Pfg. die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeile SO. Pfg. Die „Weißeritz-Zeitung" «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 25 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- ltalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Politische Wochenschau. Deutsches Reich. Der Kaiser erfreut sich in Baden-Baden fortgesetzt des besten Wohlbefindens, und obwohl die Witterung zur Zeit nicht die günstigste ist, unternimmt er dennoch täglich seine gewohnten Ausfahrten. In seinem bekannten Pflichteifer widmet der greise Monarch auch in Baden-Baden einen großen Theil des Tages der Erledigung der lausenden Re gierungsangelegenheiten und der Entgegennahme der üblichen Vorträge des Militär- und Civilkabinets. Nachmittags findet beim Kaiser gewöhnlich Diner statt, zu welchem stets 16 bis 20 Personen Einladung er halten; die Abende werden in der Regel durch den Besuch des Theaters ausgesüllt, woran sich noch eine kleine Theegesellschaft schließt. Ucber die Rückkehr des Kaisers nach Berlin ist noch kein bestimmter Tag an gesetzt. — Die Thätigkeit in unserer inneren Politik konzentrirt sich augenblicklich auf die Ausarbeitung und Fertigstellung der für den preußischen Landtag und den Reichstag bestimmten Vorlagen. Da in den verschiedenen Neichsämtern rege Thätigkeit herrscht, um die dem Reichstag bestimmten Gesetzentwürfe — von denen einzelne, wie der sich auf die Reform der Aktien gesetzgebung beziehende Entwurf, dem Bundesrathe bereits zugegangen sind — möglichst zeitig fertig zu stellen, so ist gegenwärtig die Zeit des Reichskanzlers von den Staatsgeschäften stark in Anspruch genommen. Es wird versichert, daß er täglich 6 bis 8 Stunden arbeite, was zugleich für den günstigen Gesundheits zustand des Kanzlers sprechen würde. Daneben hält unser leitender Staatsmann auch die Fäden der aus wärtigen Politik fest in seinen Händen, und soll er namentlich den Dingen auf der Balkanhalbinsel fort gesetzt die regste Aufmerksamkeit widmen. Große Wich tigkeit legt man in dieser Beziehung der Anwesenheit des türkischen Generals Mukhtar Pascha in Deutsch land bei. Derselbe wohnte im Auftrage des Sultans den Manövern bei Homburg bei und hat vor einigen Tagen auch dem Fürsten Bismarck in Friedrichsruh einen Besuch abgestattet. Sowohl am kaiserlichen Hof lager in Homburg als auch in Friedrichsruh ist der außerordentliche Botschafter des Sultans mit großer Auszeichnung behandelt worden und betrachtet man ihn allgemein als den Träger wichtiger militärischer und diplomatischer Missionen. Oesterreich-Ungarn. In der kroatischen Frage liegt für den österreichischen Kaiserstaat noch immer viel Brandstosf aufgehäuft, wie ein aus Agram ge meldeter Vorfall beweist. Ueber denselben theilt ein Telegramm in anscheinend offiziöser Beleuchtung Fol gendes mit: In Folge eines durch ein falsches Tele gramm entstandenen Gerüchtes über die angebliche Ab nahme der Wappenschilder fanden Volksansammlungen statt, welche indessen keinen aggressiven Charakter hatten. Das Militär räumte die Straße, worauf sich die in zwischen aufgeklärte Volksmenge verlief. Es erhellt aus diesem Vorgang jedenfalls, daß sich die Gemüther in Kroatien noch nicht ganz beruhigt haben und ist darum nur zu wünschen, daß der neue ungarisch-kro atische Ausgleich, über welchen gegenwärtig im Pester Unterhause debattirt wird, baldigst zum Abschluß gelangt. Frankreich. Die im französischen Kabinet Ferry durch den Rücktritt des Kriegsministers Thibaudin ent standene Lücke ist nun wieder ausgefüllt worden. Ge neral Campenon hat sich bereit finden lasten, als Nach folger für Thibaudin in das Kabinet Ferry einzutreten. Eampenon, welcher bereits unter dem „großen Mi nisterium" Gambetta den Kriegsministerposten inne Hatte, gilt als einer der fähigsten französischen Offi ziere; seinen Eintritt in das Ministerium kann man unzweifelhaft als einen Erfolg der Gambettisten be trachten. Während besten kommt aus Ostasien eine sensationelle Nachricht. Frankreich soll, da es mit China zu keiner Verständigung gelanget könne, sich mit den ^Schwarzen Flaggen" verständigt und denselben den rückständigen Sold ausgezahlt, sowie das Gebiet zwischen Saokai und Honghoa überlassen haben; das Ueberein- kommen soll durch Vermittelung annamitischer Manda rinen abgeschlossen morden sein. Rußland. Ueber das in Petersburg am Dienstag stattgefundene Leicheubegängniß des großen russischen Nationaldichters Iwan Turgeuieff liegen jetzt nähere Berichte vor. Die Theilnahme der Bevölkerung war eine außerordentlich große, und von auswärts waren die Verehrer Turgenieffs zahlreich erschienen. Dem eigentlichen Leichenzuge gingen 176 Deputationen von Städten, Universitäten, Lehranstalten, Gewerbtreibenden und Bauernschaften voran, der Zug selbst hatte eine Länge von zwei Werst. Am Grabe auf dem Wolkowo- Friedhofe sprachen der Rektor der Petersburger Uni versität, sowie die Schriftsteller Grigorowitsch und Pletschejew. Die Haltung des Publikums war trotz der großen Menschenmassen eine durchaus würdige und musterhafte, nirgends kam eine Störung vor, die Po lizei verhielt sich gänzlich passiv, da ihre Einmischung nirgends erforderlich war. Dänemark. Der so lange in Kopenhagen ver sammelt gewesene Kreis fremdlicher Fürstlichkeiten löst sich jetzt allmählich wieder auf. Bereits vorige Woche hat das griechische Königspaar Kopenhagen verlaßen und über Wien die Rückreise nach Athen angetreten. Dann setzte auch der Kronprinz von Portugal seine Weiterreise nach Stockholm fort, und am 11. Oktober beabsichtigte auch das russische Kaiserpaar die Heim reise anzutreten. Was den Prinzen von Wales an belangt, so hatte sich derselbe Anfang dieser Woche in Begleitung der dänischen Prinzen zu einem Jagdausflug nach dem benachbarten Schweden begeben. Egypten. In Egypten konsolidiren sich die Ver hältnisse immer mehr. Ein Dekret des Khedive ist signalisirt, welches für alle während des egyptischen Aufstandes begangenen Verbrechen, mit Ausnahme von Mord und Diebstahl, Amnestie ertheilt. Ein weiteres vizekönigliches Dekret wird erwartet, welches die be sonderen richterlichen Kommissionen und die Kriegs gerichte zu Kairo und Alexandrien auflöst. Nur der Aufstand des falschen Propheten ist noch nicht gänzlich unterdrückt; der Mahdi hat seine Streitkräfte bei El Obeid, der Hauptstadt des Cordofan, konzentrirt, gegen welche der Kommandeur des egyptischen Expeditions korps im Sudan jetzt einen entscheidenden Schlag zu führen gedenkt. Die angebliche Mission Mnkhtar Pascha's in Deutschland. Unwahre Darstellungen über die Zwecke und Ziele der deutschen Politik und derjenigen des Deutschland verbündeten Oesterreich findet man immer noch in der fremvländischen Presse, obwohl ziemlich offenkundige Thatsachen beweisen, daß der auch auf Italien sich erstreckende mitteleuropäische Staatenbund weiter nichts bestrebt als die Aufrechterhaltung der bestehenden Friedensverträge. Auswärtige Zeitungen, zumal russische und fran zösische, drehen und deuteln nun anläßlich der An wesenheit des Gazi Mukhtar Pascha in Deutschland an einer angeblichen Mission dieses türkischen Würden trägers bei der deutschen Negierung. Die russische „Nowaja Wremja" schreibt sogar, daß allerdings über den Gegenstand der Verhandlungen zwischen demFürsten Bismarck und Mukhtar Pascha ein Geheimnis; obwalte, aber offenbar suche die finanziell schwer bedrängte Türkei in Berlin Unterstützung entweder für eine An leihe oder für die Berechtigung, einen Theil der großen türkischen Staatsschuld den von der Türkei losgetrennten Fttrsteuthümern aushalsen zu dürfen. Dies würde der Pforte aber kaum etwas nützen, da gerade von Berlin und Wien aus eine weitere Theilung der Türkei be trieben werde und Oesterreich durchaus Albanien und Thessalien mit dem Meerbusen von Saloniki haben wolle. — Daß diese Auslastung indessen eine lediglich für die russische Orientpolitik berechnete Verdrehung der Umstände ist, liegt klar zu Tage. Zunächst hat Deutschland schon seit einigen Jahren gar kein Hehl daraus gemacht, der Türkei seinen moralischen Beistand für ihre innere Reorganisation zu Theil werden zu lassen. Deutsche Offiziere, Kähler Pascha an ihrer Spitze, reformiren das türkische Heer, und deutsche Beamte, darunter als erster Regierungsrath Wetten dorf, suchen in die türkische Verwaltung Ordnung und Regelmäßigkeit zu bringen. Würde Deutschland wohl ein solches Reformwerk begünstigen, wenn es im Verein mit Oesterreich die Zerstückelung der Türkei betriebe? Das gerade Gegentheil ist das Richtige. Deutschland betreibt die innere Konsolidirung der Türkei. Die Länder, welche dem Sultan geblieben sind, sollen lebens fähig gemacht werden, weil eine ohnmächtige, schwache Türkei für die Ordnung im Orient und den Frieden in Europa gefährlich ist, wie dies ja alle Welt bei den früheren orientalischen Kriegsanlässen beobachtet hat. Eine finanzielle Unterstützung der Türkei wird aber trotzdem durch Deutschland niemals erfolgen, denn erstens mag das deutsche Reich keine Hypotheken auf ausländische Staaten haben und zweitens will dasselbe auch nicht die daraus sich leicht ergebenden Engagements für das türkische Staatswesen übernehmen, denn außer einigen Handelsverbindungen kann Deutschland in der Türkei nichts gewinnen und dafür begiebt man sich nicht in internationale Gefahren. Die angebliche Mission Mukhtar Paschas in Deutschland reduzirt sich darnach auf ganz andere nahe liegende Dinge. Dem Sultan haben die deutschen Offiziere und Beamten als Refor matoren imponirt und er sandte deshalb einen seiner höchsten Würdenträger nach Deutschland, damit derselbe durch die Beobachtung des deutschen Heereswesens und sonstiger staatlicher Institutionen, sowie durch den Em pfang ehrlicher Rathschläge noch mehr deutsche Ordnung in die Türkei einführen lerne. Bekanntlich befinden sich auch gleichzeitig mit Mukhtar Pascha auch Kähler Pascha und der Regierungsrath Wettendorf in Deutsch land, unr ersteren in seiner Mission zu unterstützen. Gleichzeitig war auch Mukhtar Pascha der Ueberbringer eines hohen türkischen Ordens an die Kaiserin Augusta, die sich um die Errichtung türkischer Mädchenschulen verdient gemacht hat. Kaiser Wilhelm war bereits im vorigen Jahre mit dein höchsten türkischen Orden dekorirt worden und empfing daher diesmal vom Sultan nur kostbare Geschenke. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Aus dem amtlichen Bericht der Kommission für das Veterinärwesen über die im Monat September nn Königreiche Sachsen konstatirten an steckenden Thierkrankheiten ist zu ersehen, daß die Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde von ansteckenden Thierkrankheiten im genannten Monat verschont ge blieben ist. — 12. Oktober. In vergangener Nacht früh in der 3. Stunde haben Diebe versucht, im Hause des Hrn. Schneidermstr. Thümmel auf der Brauhofstraße einzubrechen. Die Diebe, wahrscheinlich drei an der Zahl, haben (bei Hrn. Thümmel ist bereits zweimal zum großen Schaden des Genannten eingebrochen worden) denselben Weg wie im Mai 1877 durch die Gärten und Zäune genommen, zahlreiche Planken los reißend. Um sich nun entweder den Rückzug zu decken oder durch Verwechseln der Häuser, sind die Einbrecher zur Böttcher-Wittwe Loßner gekommen und haben durch das Küchenfenster Eingang ins Haus und in die Haus flur erlangt. Hier haben sie Haus- und Hofthür ge öffnet und sind sodann erst in den Hof des Nachbar gebäudes gegangen. Nachdem sie am Küchenfenster des Hrn. Thümmel »die eisernen Stäbe losgewuchtet haben, haben sie das Fenster zurückgeschoben und das davor stehende Geschirr in ein im Hofe befindliches.