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456 ausgesprochen wird, daß der Banus bis zur Ernennung seines Nachfolgers die Geschäfte fortführen und die von der letzten Ministerkonferenz beschlossenen Maß regeln aussühren werde. Upgarn. Seit einigen Tagen finden Ausschrei tungen gegen Juden in Zala - Egerszeg statt. Gegen die mit Gewehren bewaffneten Ruhestörer mußte das Militär einschreiten, wobei es beiderseits Todte und Verwundete gab. Das Eigenthum von Juden wurde in beträchtlichem Umfange verwüstet. Am 26. August sollen die Juden und das zu deren Schutze aufgebotene Militär abermals von Bauern angegriffen worden und oabei 20 Soldaten getödtet oder verwundet wor den sein. Auch in Csungo-Keszthely und Groß-Kanisza (ebenfalls im Zalaer Komitat) kamen judenfeindliche Unruhen vor, wurden aber dort von Polizei und Militär bald gedämpft. Rußland. Aus den vom kaiserlichen Domäne- Ministerium gesammelten statistischen Daten ergiebt sich, daß das National-Vermögen durch Waldbrände jährlich um 5 bis 6 Millionen Rubel vermindert wird. In den nördlichen Gouvernements werden jährlich zwischen 200,000 und 300,000 Deßjatinen Wald vom Feuer vernichtet. Im Jahre 1868 brannten Wälder in einer Ausdehnung von mehr als 300 Kilometern auf beiden Seiten der Nikolai-Bahn (Petersburg - Moskow) nieder. Die Negierung sucht gegenwärtig nach energischen Mitteln, um diesen Waldverwüstungen ein Ende zu machen. Frankreich. Der „Gaulois" macht darauf auf merksam, daß das Spiel, Krieg mit Auam zu führen, ohne zur Kriegserklärung vom Parlamente bevoll mächtigt zu sein, den Ministern und dem Präsidenten der Republik ebenso gefährlich werden könne, wie den Anamiten; denn Artikel 9 der Verfassung laute: „Der Präsident der Republik kann den Krieg nicht ohne vor herige Zustimmung der beiden Kammern erklären." Ferry hat in Tunis aber das System aufgebracht, die Regierung dürfe trotz Artikel 9 Krieg führen, wo sie wolle, sofern sie nur keine Kriegserklärung gebe; und deshalb ist es nicht übertrieben, daß, wenn Challemel ohne Vollmacht vom Parlament die Hauptstadt von Anam bombardiren läßt, zugleich ein Loch in die Ver fassung gemacht wird. Und diese Manier, ohne Wei teres Feindseligkeiten ohne vorherige Kriegserklärung zu eröffnen, ist so gemeingefährlich, daß, wenn die französischen Kammern dazu schweigen, unmöglich die Diplomatie auf die Dauer einem solchen Treiben ohne Besorgnisse auch für die europäischen Verhältnisse zu sehen kann. — Ueber ein am 15. August stattgefundenes sieg reiches Gefecht der Franzosen in Tonkin berichtet der Kommandant, General Bauet, wörtlich: „Am 15. Aug. zog ich mit den verfügbaren Kräften, 1800 Mann Und 14 Geschützen in der Richtung von Songtai. Die Linke, befehligt von Oberst Revillon, griff die feind lichen Verschanzungen an, welche von 4 bis 5000 gut bewaffneten Chinesen vertheidigt wurden. Sie kam des Abends zurück, nachdem sie den ganzen Tag ge kämpft hatte. Das Zentrum, Kommandant Corona, besetzte die Festungswerke von Phu-Hoi und nahm dem feindlichen Zentrum gegenüber Stellung, schlug da sein Nachtquartier auf und kam den nächsten Abend wieder zurück. Die Rechte, Oberst Richot, nahm, nach dem sie unter dem Schutz der Kanonenboote längs des Flusses hingezogen war, eine befestigte Pagode ein und beschoß im Verein mit der Flotte die feindlichen Batterien, mußte aber angesichts der Zerstörung der Dämme zum Theil wieder die Kanonenboote besteigen. Ich behalte die Pagode und werde sie befestigen lassen. Die Kanonenboote liegen daneben vor Anker. Im Verlauf dieser wichtigen Begegnung räumte der Feind seine Stellungen und zog sich auf Songtai zurück. In dieser offensiven Necognoszirung wurden uns 2 Of fiziere und 10 Mann getödtet, 2 Offiziere und 47 Soldaten verwundet. Der Feind hat 300 Tode und etwa 1000 Verwundete gehabt." England. Der Dampfer „St. Germain", auf der Fahrt von Havre nach New-Jork, geriet!) am 25. August Morgens, 40 Meilen südsüdwestlich vom Eddystone-Leuchtthurm, mit dem Dampfer „Woodburn" von der Orientlinie in Kollision, wobei der letztere Dampfer sank und 18 Mann von seiner Mann schaft in den Wellen umkamen. Der Dampfer „St. Germain" ist auf der Rhede von Liverpool angekommen und der Dampfer „Recovery" hat die Passagiere in Plymouth gelandet. Spanien. König Alfons von Spanien setzt seine Rundreise, die er zur Befestigung seines Ansehens unternommen hat, weiter fort. Dabei hat der König auf eine Ansprache des Generals Quesada, als dieser dem König die Offiziere der Nordarmee vorstellte, er widert, sobald eine Gefahr eintrete, werde er der Erste sein, derselben die Stirne zu bieten, er sei entschlossen, sein Blut zu vergießen für die groben Interessen des Vaterlandes und des spanischen Volks und fest gewillt, I um jeden Preis die öffentliche Ruhe aufrecht zu erhalten. > Asien. In der Nacht zum 27. August fanden auf der vulkanischen Insel Krakatoa (zwischen den Inseln Sumatra und Java gelegen) furchtbare Erup tionen statt, welche bis Surakarta gekört wurden. Der Aschenregen fiel bis Tjeribon. Die Feuer-Er scheinungen waren in Batavia sichtbar. Serang ist vollständig in Dunkelheit eingehüllt, ausgeworfene Steine sind dort niedergefallen. Auch in Batavia herrscht vollständige Finsternis;, alle Gaslampen sind gestern Abend verlöscht. Der Verkehr mit Anjer an der Westküste ist unterbrochen. Es werden Befürch tungen für diesen Ort gehegt. Literarisches. Mit Genehmigung der Stände läßt das k. Ministe riums des Innern durch de» königl. sächs. Alterthums- verein eine Jnventarisirung der vorhandenen Bau- und Knnstdenkmäler vornehmen und unter dem Titel: „Beschreibende Darstellung der älteren Ban- nnd Kunstdenkmäler im Königreiche Sachsen" veröffentlichen. Die literarische und künstlerische Aus führung des Werkes hat der Alterthumsvercin seinem zweiten Direktor, Professor vr. Steche, übertragen, der in dem bereits erschienenen, die Amtshauptmannschast Pirna umfassenden ersten Hefte seine Befähigung auf dem Gebiete kunsthistorischer Forschung dargethan. Das zweite Heft wird das Gebiet der Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde behandeln und die in den ein zelnen Ortschaften vorhandenen Bauten, Kirchen-In ventar u. s. w. in Bild und Wort vorführen und besprechen. Die Hefte, je eine Amtshauptmannschaft umfassend, sind einzeln verkäuflich; der Preis des zweiten Heftes ist noch nicht festgestellt, doch wird er keines falls den des ersten Heftes (4 Mark) übersteigen. Das erste Heft liegt in der Buchdruckerei von Carl Jehne in Dippoldiswalde zur Ansicht aus nnd werden daselbst Bestellungen angenommen. Dresdner Schlachtviehmarkt vom 27. August. Aus dem heutigen Schlachtviehmarkte waren 355 Rinder, 613 Land-, 337 Ungar- nnd 50 Walachcnschwciue oder in Summa 1060 Schweine, 042 Hammel und 122 Kalber zum Berkans ge stellt. Bei kaum mittelmiisngem Besuche seilen hiesiger, wie aus wärtiger Fleischer nnd in Abwesenheit mehrerer sonst regelmässig hier kaufender Erporteure war der Geschäftsgang im Großen nnd Ganzen wenig befriedigend Hammel und Rinder waren trotz des mäßigen Auftriebes, Schweine aber infolge starker Zu fuhr nur schwer verkäuslich, so daß namentlich in geringeren Qualitäten recht erhebliche Ueberstände verblieben. Pnmawaare von Rindern, mir in schwachen Posten ausgctrieben, wurde pro Zentner Schlachtgewicht mit 72 bis 75 Mk., Mittelsorte mit 63 bis 66 Mk., geringe Qualität mit 30 M bezahlt. Ganz ab norme Verhältnisse haben sich seit einiger Zeil beim Hammel geschäft ausgebildet, da schwere Waare dem deutschen Markte nur wenig zugefiihrt wird, weil aus Schlesien und andern Auchl- ortcn große Posten für Paris nnd London zu sehr hohen Preisen erworben werden. Ans diesem Grunde sind die Hammclpreise auch bier schon seit geraumer Zeit so Hobe, daß manche Hausfrau lieber das beste Schweinefleisch zu wesentlich billigerem Preise erwirbt, als Schöpsenfleisch weit über den Werth bezahlt. Das Paar englischer Lämmer im Gewichte zu 50 Kilo Fleisch wurde wiederum mit 72 bis 75 Mk., das der Landhammel in derselben Schwere mit 66 bis 69, Bracken mit 36 Mk. bezahlt. Schweine waren schwer verkäuslich, doch mußten vorwöchige Preise angelegt werden, so daß sich der Zentner Schlachtgewicht von Landschwcinen englischer Kreuzung auf 59 bis 62, der von Schlesiern aus 56 bis 59 Mk. stellte, während der Zentner lebendes Gewicht von Mecklenburgern 62 Mk., der von Walachen 56 bis 57, der von ungarischen Bakoniern bei durchlchnittlich 40 Pfd. Tara 58 bis 60 Mk. galt. Kälber wurden selbst in leichterer Waare infolge des geringen Austriebes flott abgcnvmmen und mit 90 bis NO Pf. pro Kilo Fleisch bezahlt Tages-Ordnung sür die 5. Sitzung -es Lrsirks-Ausschusses der Königlichen Ämtshaupt- iniiniischiist Dipsialiliswalde, Sonnabend, den 1. Sept. 1883, Vormittags IN Uhr. 1. H. H. Oncrners in Sciscrsdorf Gesuch um Kouzession zum Bramitwcinklcinhandcl (bloße Uebcrtragung): 2. Gesuch der Agnes Hedwig Lucius in Possendorf nm Kon zession zum Kasscc- und Bicrschank; 3. Moritz Mattauschowitzschs in Sächs. Muglitz Gesuch um Kon zession zum Schankbetricb (bloße Ucbertragung); 4. Paul El. Kröners in Burkersdorf Schankkonzcsstonsgesnch; 5. F. A. W. Glöckners das. Gesuch um Konzession zum Brannt- wcinkleinhandel; 6. C. Meyers in Altenberg Ziegcleianlage; 7. bis 10. Dismembrationen bei Fol. 160 von Friedersdors, Fol. 33 von Sadisdorf, Fol. 87. von Reinhardtsgrimma, Fol. 25 von Börnchen b. P.; 11. Zusammensetzung des Gemcinderatls zu Zinnwald; 12. Berathung wegen Beaussichliginrg, Unterhalt»».! und Be pflanzung des Bezirksstraßcntraktes unterhalb Kreischa in Kreischaer und Gombscncr Flur; 13. Die angeordnete Ermittelung des durchschnittlichen Ertrags gewisser Fruchtarten; 14. Bezirksvermögensangclcgenhcit; 15. Darleknsausnahme der Gemeinde Kleinbobritzsch; 16. Berathung über Anträge des Landeskullurraths bezüglich des Verkaufs landwirlhschasllicher Produkte nach Gewicht u. s. w.; 17. Eine Gemcindcanlagcnsacbc von Dittersdorf; 18. Veräußerung von Erbpachtqrundstückcn serten der Gemeinde Sadisdorf. Sparkasse zu Dippoldiswalde. (Im Rathhaus, Parterre.) Erpeditions-Stunden: Sonntags von '/,3 bis 5 Uhr. Mittwochs und Sonnabends von 9 bis 1 Uhr. Sparkasse zu Höckendorf. Nächster ErpeditionS-Tag: Sonntag, den 2. September, Nachmittags von 3—6 Uhr. Sparkasse zu Kreischa, Jeden Sonntag geöffnet von Vormittags 11 — 12 Uhr nnd »iawmittagS von 3—'/,5 Uhr. Böser Leumund. Eine Dorf- und Wirthshaus-Geschichte von Mar v. Schlaegel. An der höchsten Stelle einer großen Verkehrsstraße, welche die zwei bedeutendsten und volkreichsten Thäler Nordtirols verbindet, nicht weit von der Landesgrenze, liegt die Wellerau. Sie ist reich an wilden und er habenen Naturschönheiten, -malerischen Felsgruppen und lichtgrünen Wiesen am steilen Berghang; zu beiden Seiten haben Lawinengänge und Muhrbrüche in die dunkeln Bergwälder ihre breiten, weithin sichtbaren Heerstraßen gegraben und reichen hinab bis an die wellenförmige Thalsohle, welche in der Eiszeit wohl einmal Gletschermoräne gewesen ist und dem Ort seinen Namen gegeben hat. Nach Norden treten die schroffen Wände so nahe zusammen, daß sie der steil herauf führenden Straße kaum den Durchlaß gestatten neben dem Bergbach, welcher im Sommer und Winter be scheiden zwischen den Wellen der Au schleicht, nach jedem Gewitterregen aber und im Frühling in tollen Sätzen schäumend zu Thal stürzt. So kommt es, daß der Wanderer, welcher über die bequemen Straßenkrümmungen des Südabhanges hierher gelangt, manchmal plötzlich von dem frischen Rauschen eines breiten Baches begrüßt wird, wo ihn früher nur träumerische Stille umgab. Es hätte sich kein passenderer Ort wählen lassen für ein Wirthshaus, als hier an der belebten Straße mitten in der Einsamkeit und ungefähr gleich weit entfernt von den beiden nächsten Thalorten. In der That hatte auch schon der Aelpler, der früher hier oben hauste, eine Art Schenke geführt, als an Stelle der hochgedämmten, geradlinigen und von Telegraphen stangen eingezäunten Kunststraße noch ein holperiger Saumpfad über den wellenförmigen Boden dahinkroch. Und als der Adlerbräu von Dondsdorf, der nächsten größer» Ortschaft gegen Norden, bei Eröffnung der Straße aus seiner Alpe ein stattliches Gasthaus machte, war dieses, wenn auch abgelegen, so doch keineswegs vereinsamt, denn fast Alles, was herüber und hinüber fuhr und ging, kehrte hier ein, und es ging in der nieder» Wirthsstube der Au oft lauter her, als in manchem großen Gasthaus der umliegenden Ortschaften. Und selbst im Winter, wenn man unten in den Dorf gaffen den Weg zur Schenke mit der Schaufel sich bahnen mußte, da war, wenn nicht gerade der Schnee sturm Alles in graue Finsternis; hüllte, oder die La winen wie Schlachtgetöse niederdonnerten, die befahrne Bergstraße vom Schneepflug reingefegt, wie der schönste Tanzboden und zwischen Wirthschaft und Stallung standen haushoch beladen auf schmalen Kufen die Holz schlitten und gewöhnlich noch so viel anderes Fuhrwerk, daß Späterkommende nur langsam und mit lautem Peitschenknallen vor- oder vorbeif^hren konnten. Deshalb hatte auch der Besitzer der Wellerau, der Adlerbräu selbst, nach dem Tode seiner energischen Frau, die Alles so gut zusammen zu halten gewußt, niemals von einer Veräußerung der Au hören wollen, obschon die fremden Dicnstleute, denen er das Berg- wirthshaus anvertrauen gemußt, ihre verhältnißmäßige Selbstständigkeit da oben nicht immer znm Vortheil ihres Herrn gebraucht hatten. Da war auf einmal die Afra, des Adlerbräus zwanzigjährige Tochter, nach der Wellerau gezogen und führte nun seit mehreren Jahren die Wirthschaft. Es war den Bauern von Dondsdorf kein Geheimniß, warum der wohlhabende Adlerbräu sein einziges Kind, das er weit über ihren Stand im Kloster hatte erziehen lassen, nun auf einmal mit ein paar Dienstboten hierher auss Joch schickte und mit ihren feinen Händen den durchziehenden Fuhrleuten aufwarten ließ. Dir Liebe seines Kindes war nämlich „auf den Mist gefallen", wie sich der leicht erregbare alte Mann auszudrücken pflegte, während seine geschwollenen Augenlider sich blauroth färbten; und ganz Dondsdorf und Umgegend wußte auch, daß bannt Afras Verhältniß zu dem als Falschmünzer zu mehrjährigem Zuchthaus verurtheilten Kilian Mooser gemeint mar. Es hatte lange gedauert und Trotz und Thränen genug gekostet, bis der alte Mann seine Einwilligung zur Verlobung mit dem neu modischen Schulmeister gab, den die Negierung an Stelle des alten Webers und Kirchendieners ins Dorf gesetzt hatte. Endlich lies; er sich aber von dem „her gelaufenen, scheinheiligen Windbeutel" selber um den Finger wickeln, bis glücklicherweise dessen Schlechtigkeit herauskam, ehe es noch ganz zu spät war. Natürlich kehrte der Adlerbräu, der durch seine Nachgiebigkeit in dieser Sache das Kopfschütteln und den Groll aller