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Tagesgeschichle. Berlin. Am Freitag Vormittag ist Kaiser Wilhelm mittelst Extrazuges wieder zurückgekehrt und auf der Station Großbeeren festlich empfangen worden. Hoch aufgerichtet stand der Monarch in vollster Ge sundheitsfrische, das lächelnde Antlitz von der Sonne etwas gebräunt, einen Augenblick an der Thür des Salonwagens, dann verließ er denselben mit rüstigem Schritt. In offenem vierspännigen Wagen fuhr dann der Kaiser nach Schloß Babelsberg. — Die Kaiserin ist ebenfalls von Koblenz zurückgekehrt und hat im Schloß zu Potzdam ihre Wohnung genommen. — Von Reichswegen ist beschlossen worden, eine wissenschaftliche Expedition nach Egypten zu entsenden, welche die Aufgabe hat, die Entstehung, Natur und Verlauf der Cholera, sowie die zur Verhütung der selben geeigneten Maßregeln, an Ort und Stelle zu erforschen. Die Expedition (unter Leitung des Mit gliedes des kaiserlichen Gesundheitsamtes, Geh. Rath vr. Koch) wird in nächster Woche abreisen und sich zunächst nach Alexandrien begeben. — Es liegt in der Absicht des Kriegsministeriums, den Offizieren, Feldwebeln, Vicefeldwebeln und Fahnen trägern einen Revolver als Waffe zu geben, sowie die jetzige Ausrüstung mit Degen resp. Säbel in eine solche mit Schleppsäbel, ähnlich dem Model, wie es von der Marine am Halb-Schleppkoppel getragen wird, umzuwandeln. Zur Deckung der rechten Faust genügt ein etwas vergrößertes Stichblatt vollkommen. Von Seiten eines der Korps-Kommandeure, der zu unseren hervorragenderen Heerführern gehört, ward schon früher und vor Kurzem wiederholt diese Idee lebhaft ange regt und die Ausführung des Gedankens dringend betont, den ältesten Sergeanten der Kompagnie bereits im Frieden das Gewehr zu nehmen, ohne sie von der jährlichen Schießübung zu befreien, und sie ebenso wie die Feldwebel auszurüsten. Die Nothwendigkeit dieses Schrittes findet seine Begründung i» dem schon im Frieden großen Mangel an Offizieren, der jetzt beson ders bei Manövern durch die Abkommandirung so vieler Offiziere zur Ausbildung der Ersatz-Reserven rc. in bedenklicher Weise erhöht wird. Im Kriege aber decimirt oft eine einzige Schlacht das Offizier-Korps derart, daß eine Verwendung alter Unteroffiziere als Zugführer durchaus nothwendig wird. Als fernere Gesichtspunkte werden der erhöhte Ehrgeiz im Unter offizierkorps, die wirksamere Handhabe für den Kom pagnie-Chef, den Geist seiner Unteroffiziere zu heben, sowie die Konservirung der Kräfte angeführt. — „Deutsche Hilfe für Ischia!" So ist ein am 10. August in Berlin erschienener Aufruf zur Hilfeleistung für die unglückliche Insel überschrieben, der bereits die wärmste Aufnahme bei Behörden und Privaten gefunden hat. Am Abend des 13. August wird im Berliner Rathhause, unter Vorsitz des Ober bürgermeisters v. Forkenbeck, eine Versammlung zur Bildung eines „Deutschen Zentralkomitees zur Hilfe leistung für Ischia" zusammentreten, von welchem man die energische Durchführung des angeregten Planes hoffen darf. — Das deutsche Kronprinzenpaar beabsichtigt, in dankbarer Erinnerung an die wieder holten Aufenthalte in Italien, sich bei der zu Gunsten der Verunglückten in Ischia geplanten deutschen Hilfe in hervorragender, werkthätiger Weise zu betheiligen. Oesterreich. In den letzten Tagen voriger Woche — 428 — Privat eindringen und die begonnene Blutarbeit mit Kolben und Bajonett beendet wurde. Bei diesem Ge fechte in dem brennenden Dorf sand der Brigade-Ge neral von Kraushaar den Heldentod, welcher in dem Panorama ebenso verewigt worden ist, wie verschiedene andere sächsische Offiziere. Schandau. Der reizende Badeort ist neuerdings um einen neuen und prächtigen Schmuck bereichert worden. Am Sonnabend Mittag ist unter Theilnahme der Behörden, vieler Kurgäste rc. die von dem Besitzer der Villa „Quisisana", Hrn. Sendig, errichtete Statue Sr. Maj. unseres Königs Albert feierlich enthüllt und von demselben der Stadt Schandau übergeben worden. Die Reden des Schenkgebers, des Bürger meister Timmel und des Pastors Grieshammer fanden allseitigen Beifall. Als die von ihrer Hülle befreite Statue, welche den König im Jagdkostüm mit der Flinte unterm Arm darstellt überall zu schauen war, da herrschte nur Eine Stimme des Lobes über die gelungene Aus führung und die frappante Porträtähnlichkeit. An die Enthüllungsfeier schloß sich eine Festtafel im Kurhaus, an der 170 Personen Theil nahmen und deren Ver lauf ein sehr fröhlicher war. Leipzig. Die Räumlichkeiten des hiesigen Post- gebäudes sind durch Umbau größer und luftiger ge worden; jetzt soll auch noch die Gasbeleuchtung durch elektrische ersetzt werden, und hat das Neichspostamt die Vorschläge der Oberpostdirektion im Allgemeinen bereits genehmigt. und namentlich am Freitag Abend haben in Wien höchst ernsthafte Straßentumulte stattgefunden, die jedoch nicht- wie in Pest, gegen die Juden gerichtet waren, sondern von sozialistischen Arbeitern ausgingen und gegen die Polizei ausgeführt wurden, weil dieselbe einen sozialistischen Agitator Namens Stevens aus gewiesen und über die Grenze gebracht hatte. Die Tumultuanten hatten sich aus allen Stadttheilen am Schottenring zusammengcfunden, an 1000 Mann stark; die vorher schon in Kenntniß gesetzte Polizei und Wache forderte die wüst lärmenden Arbeiter auf, sich zu ent fernen, diese aber leisteten energischen Widerstand und es kam zu einem Faustkampf, dann entstand ein regel rechtes Scharmützel; die Wachleute hieben mit Säbel und Klinge ein, die Arbeiter holten Taschenmesser und Werkzeuge hervor, und schließlich fand ein Steinbom bardement gegrn die Wache statt, das zu dem Schreck lichsten gehörte, was Wien seit langer Zeit gesehen hat. Die vielen Verwundeten schrien um Hilfe; die Kämpfenden stießen Rufe des Zornes und der Wuth aus. Endlich erschien Militär und brachte eine Wendung in die Sache; die Infanterie fällte das Bajonett, die Dragoner sprengten mit gezogenem Säbel in die Ar beiterhaufen und hieben derb auf sie ein, wer nicht flüchtete, ward niedergeworfen, und über die Verwun deten hinweg sprengten die Kämpfenden; bald glich der Schottenring einem kleinen Schlachtfelde: an 100 Arbeiter lagen auf der Straße, die übrigen waren geflohen, sammelten sich aber anderwärts bald wieder und empfingen die anrückenden Dragoner mit Stein würfen. Diese machten von der blanken Waffe Gebrauch; es floß Blut, die Verwundeten lagen herum und die Verhafteten wurden abgeführt. Endlich ward die Ruhe hergestellt, und die Polizei begann mit dem Verhör der Verhafteten. Schweiz. Der große Gotthard-Tunnel ist nunmehr doppelspurig fertig gestellt, und es kreuzen sich seit einigen Wochen täglich 6 Züge in demselben. Auch der neue stattliche Bahnhof in Göschenen rückt seiner Vollendung entgegen. — In Genf bereitet sich die lutherische Kirchen gemeinde ebenfalls zu einer würdigen Feier des 400- jährigen Geburtstages unseres großen Reformators Luther vor. Spanien. Der republikanische Militär- Auf st and, der in der Stadt Badajoz, nahe der portugiesischen Grenze, zuerst ausgebrochen, ist doch nicht so leicht zu unterdrücken, als man geglaubt hatte. Es haben weitere Unruhen stattgefunden in Barcelona, in Nogera, wo ein Theil der Garnison reooltirte und meuterte, und in Domingo, Provinz Logrono. Daß man die Gefahr keineswegs für beseitigt hält, geht daraus hervor, daß der König Alfons ein Dekret unterzeichnete, durch welches in ganz Spanien die ver fassungsmäßige Garantie aufgehoben wird und das Ministerium die Ermächtigung erhält, den Belagerungs zustand überall zu proklamiren, wo die Ordnung ernstlich bedroht wi,rd. — Es ist sehr zu wünschen, daß das von den Folgen langjähriger Bürgerkriege kaum erst genesene Spanien, das unter dem streng verfassungs mäßigen Regiment des Königs Alfons XII. sich einer ungestörten Ruhe erfreute, seine Gegner zu Paaren treibt und seine Friedensarbeit ungestört fortsetzt. Ein auch nur vorübergehender Erfolg der spanischen So zialisten würde die gefährliche Internationale ermu- thigen und auch in Frankreich wie in Italien schlimm nachwirken. — Neuere Nachrichten aus Madrid schildern die Lage in Spanien als trostlos und unhaltbar und so ernst, daß die Reise des Königs Alfons ins Ausland wahrscheinlich unterbleiben werde. Bulgarien. Die Zustände in diesem Lande ge stalten sich immer trostloser. In dem politischen Chaos gesellt sich nun auch das soziale, das sich namentlich durch die Zunahme des Räuber-Unwesens sehr unliebsam bemerkbar macht. In der Nähe von Nust- schuk ist die Post wiederholt von Räubern überfallen und ausgeplündert worden, weshalb Truppen-Abthei- lungen die bedrohten Gegenden durchstreifen. Süd-Afrika. Der todtgesagte Zulukönig Cete- wayo scheint wieder aufzuleben und soll sich noch am Leben befinden; die Krieger seines Gegenhäuptlings haben ihn angeblich nur angespießt, nicht getödlet. Trotz seiner Körperfülle und Verwundungen gelang es ihm zu fliehen, und so wird der schwarze König mit 800 Getreuen demnächst in Natal erwartet. Königliches Landgericht Freiberg. (Ans dem „Freib. Anz") Verhandlung vonr 10. August. Wegen dreifacher Privaturkundenfälschung in ge winnsüchtiger Absicht wird der 59 jährige Fuhrwerks besitzer Karl August Kühnel in Dippoldiswalde zu 2 Monaten Gefängniß verurtheilt, da er am 20. Jan., 4. Februar und 13. März d. I. je einem Zettel, in welchem der Chauffeewärter Pretzsch in WendischcarS- dorf bescheinigt, daß Kühnel eine bestimmte Quantität Steine auf der Dresden-Altenberger Chaussee ange fahren habe, durch seinen Sohn, den 14jährigen Kuh jungen Robert Hermann Kühnel, hat anfertigen lassen und von diesen gefälschten Bescheinigungen bei Erhebung des betreffenden Fuhrlohns dem Holzhändler Grumpelt in Kipsdorf gegenüber Gebrauch gemacht hat. Der wegen Beihilfe zur Urkundenfälschung angeklagte Kühnel jun. wird jedoch freigesprochen, da ihm das Bewußtsein der Strafbarkeit seiner Handlungsweise nicht nachgewiesen ist. Dresdner Produktenbörse vom 10. August. Mark. Weizen, weiß 180—204 do. gelb inl. neu 175—200 do. feucht . do. do. gelb 190-220 do. eugl. Abk. 170-180 Roggen, inlLndischcr 145—156 do. do. neu 160—170 do. glz.u.rusf. 150—160 do. fremder . 165—175 Gerste, inländ. . 130—140 do. böhm. u.mähr. 180—200 do. Futter . . 125—135 Hafer, inländ. . . 143—153 do. rufsiichcr . do. neuer inl. Mais, Cinquantinc 156—160 do. rumä».. . 153-156 Erbsen, Kochwaare 190—200 do. Futterwaare 160—170 Bohnen.... 220-240 Buchweizen, inländ. 170—175 Mark Oelsaaten, Raps . 310—320 Leinsaat, seine. . 260—270 do. mittel. . 225 - 240 RübSI, rasfinir, . . 76,00 Rapskuchen, inländische 15,50 d». runde . 15,50 Malz 22-28 Wcizenm., Kaiserausz. 38,50 Griesler-Auszug . 35,50 Semmelmehl . . 33,50 Bäcker-Mundmehl 31,00 Gricsler-Muudm. 26,00 Pohl-Mehl. . . 18,50 Roggcnmehle, Nr. 0. 27,50 Nr. 0/1 ... 26,50 Nr. 1 . . . . 26,00 Nr. 2 ... . 22,00 Nr. 3 . . . . 19,00 Futtermehl .... 14,50 Weizenkleie.... 11,00 Nvggenkleie . . . 12,50 Spiritus per 100 Liter 58,50 Stadt- und Schulbibliothek in Frauenstein. Geöfsnet jeden Sonn» und Festtag nach dem Frühgottcsdienst. Volks-Bibliothek in Dippoldiswalde. (Im Schulgebäude.) Jeden Sonntag von 11 — 12 Uhr Mitt. Vorschuß-Verein zu Dippoldiswalde. (Kassirer: Hr. Kaufm. N. Linckc.) Täglich (mit Ausnahme des Sonntags und Mittwoch) von Borin. 9 bis 11 Uhr und Nachmittags 2 bis 5 Uhr. Sparkasse zu Dippoldiswalde. (Im Rathhaus, Parterre.) Erpeditions-Stunden: Sonntags von V»3 bis 5 Uhr. Mittwochs und Sonnabends von 9 bis l Uhr. Verhandlungen der Stadtverordneten zu Dippoldiswalde. 14. Sitzung am 29. Juni 1883. Anwesend die Stadtverordneten: Wendler, Vorsteher, Ulbrich, Heise, Heinrich, Näser, Kästner, sowie die Ersatzmänner Handwerk und Th. Ebert. 1. Das Kollegium verwilligte aus der Sparkaffe 1800, 4200, 1200, 1950, 3000, 12 000, 1240,-6, 600, 1500, und 1200 M. Darlehn an Grundstücksbesitzer und genehmigte 2. nachträglich den Verzicht des Sladlraths auf Gewährung eines Beitrages zu den Neallasten wegen des an den Kauf mann Max Schmidt hier verkauften Trennstückes Nr. 1929 des hiesigen Flurbuchs mit Rücksicht auf die Geringfügigkeit des Objektes — unter 4 Pf. 3. Von der Einladung des Vorstandes des Dresdner Hauptvereins der Gustav - Adolph - Stiftung zu der am 28. und 29. August d. I. hier statlfindenden Hauptversammlung nahm man Kenntniß und beschloß, an der mit dieser Ver sammlung verbundenen kirchlichen Feier Theil zu nehmen und das Fest zu unterstützen. 4. Von dem Danlsagungsschreiben des Hilfslehrers Hering für die demselben verwilligte Gehaltszulage nahm man Kenntniß. 5. Zur Pachtzession über drei zum Hospitalvermögen ge hörige Parzellen ertheilte man die erforderliche Genehmigung. 6. Von der Erklärung des Apothekers Rottmann hier, einen amtlich beglaubigten Petroleumprober auf seine Kosten anzuschaffen und die polizeilich anzuordnenden Prüfungen des Petroleums aus seine Entflammbarkeit für dieses Jahr gegen eine Vergütung von 2 Ai. für jede Prüfung bis die Zahl 50 erreicht ist, sodann aber blos von 1 M. 50 Ps. vorzunehmen, nahm man Kenntniß und erklärte sich mit dem diessallsigen Abkommen einverstanden. 7. Der geprüfte Geometer Hofmann ist mit Feststellung des Nivellements der vom Ingenieur Krummhaar in Dresden bezeichneten Punkte bezüglich der hiesigen eisernen Wasserleitung beauftragt. Hierzu wird nachträglich das Einverständniß er klärt und der diessallsige Aufwand aus der Stadtkaffe ver- willigt. 8. Aus das Gesuch der verehel. Zeugarbeiter Schneider hier, welche mit dem Transporte ihres Ziehkindes Louise Hellpapp nach Hamburg beauftragt war, vermochte man nicht, den von der hiesigen Armenkasse verlagsweise bestrittenen Auf wand von 69 M. 40 Ps. ohne Weiteres in Wegfall stellen zu lassen, beschloß vielmehr, zu beantragen, daß der fragliche Reiseauswand von dem Magistrat zu Waldenburg in Schlesien eingeklagt werde. Da der Letzter« die Ueberfübrung des ge nannten Kindes nach Hamburg beantragt hat, so ist derselbe