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Wchmtz-MW Verantwortlicher Redacteur: C-rl Ichne in Dippoldiswalde, 48. Jahrgang Nr. 56 Donnerstag, den 17. Mai 1883 Amtsblatt für die Königliche Amtshauptnmimschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträttze zu Dippoldiswalde und Irauenstein Die „Weißeritz.Zeitung" «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 25 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- kalten, Postboten, sowie Die Agenten nehmen Be stellungen an. Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage des Blattes eine sehr wirk sam« Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg. die Spaltenzeile oder Deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, nn redaktionellen Theile, die Spaltenzeile M Pfg- Zur Vorausberathung des Ncichsetats. Da die Negierung wiederholt die parlamentarische Geschäftsüberhäufung, welche zumal durch die gleich zeitigen Berathungen des Reichstages mit den Land tagen hervorgerufen wurde, als den Grund angegeben hat, für das Reich es mit einer zweijährigen Budget periode zu versuchen und auch die jüngste kaiserliche Botschaft die Vorausberathung des Neichsetats für das Jahr 1884/85 deshalb empfahl, um für die Vollendung anderer dringlicher legislatorischer Arbeiten im Reichs tage Zeit zu gewinnen, so wäre ein energischer Versuch mit dieser Vorausberathung wohl das geeignete Mittel gewesen, um nicht nur im Reichstage der Botschaft des Kaisers das gebührende Entgegenkommen zu ge währen, sondern auch in der Frage des Doppeletats, resp. der Vorausberathung eines einjährigen Etats eine parlamentarisch-praktische Erfahrung zu machen. Für diese letztere Eventualität sind die Aussichten aber sehr geschwunden, seitdem am letzten Montage der Reichstag den Antrag des Abgeordneten Richter angenommen hat, wonach der Etat 1884/85 nicht so fort berathen, sondern an eine Kommission verwiesen wurde. Man hat indessen sehr viel Grund, in allen den Kreisen, welche ein Entgegenkommen des beider seitigen Einvernehmens zwischen Regierung und Reichs tag wünschen und den prinzipiellen Streit nicht wollen, jene Abstimmung nicht allzu tragisch zu nehmen. Daß der Führer der Demokraten und der Fortschrittspartei, Herr Eugen Richter, mit seinem Kominissionsantrage nichts Anderes, als die Verwerfung der Voraus berathung bezwecken will, ist allerdings richtig, aber die Nationalliberalen, welche ebenfalls für die Kom- missionsberathung stimmten, thaten dies, ivie auch der Abgeordnete v. Benda ausgeführt hat, aus ganz an deren Gründen. In nationalliberalen Kreisen legt man hinsichtlich des Budgets einer eingehenden Kom- missionsberathung gerade den allergrößten Werth bei, weil bei den allgemeinen Plenarberathungen der finan zielle Theil des Budgets oft gar keiner Einzelprüfung unterworfen werden kann und sich gerade für den vorauszuberathenden Etat 1884/85, für welchen manche Ziffern doch noch sehr schwankend sein müssen, eine kommissarische Spezialberathung empfehlen läßt, worauf dann die Plenarberathung schneller vor sich gehen kann. Die Annahme des Nichter'schen Antrages erfolgte aber auch nur mit einer geringen Mehrheit und auch bei schwachbesetztem Hause, ja die Anwesenheit einer stärkeren Anzahl von Abgeordneten in den einzelnen Parteien hätte wahrscheinlich allein schon ein anderes Abstimmungsresultat erzielt. Man darf daher unter diesen Umständen die Hoffnung nicht aufgeben, daß die Kommission, welche die Vorausberathung des Etats 1884/85 zu prüfen hat, immer noch ein positives Ziel in dieser Frage erzielen kann, denn in der Kommission brauchen sich die Mehrheiten durchaus nicht nach dem letzten Resultate im Plenum des Reichstages zu bilden. Vielleicht sichtet die Kommission das Budget 1884/85 aber auch soweit, daß wenigstens im nächsten Herbst eine rasche Plenarberathung desselben möglich ist, also dadurch immerhin einige Monate Zeit gewonnen würde, um in der nächsten Session die sozialpolitischen Vor lagen sicher vollenden zu können und dies ist ja in der Hauptsache das Ziel der kaiserlichen Botschaft. letzterem erhebt sich neben einem Pilze ein Fahnenmast mit Fahne. Hoffentlich läßt es der Verein mit diesen seinen Schöpfungen im laufenden Jahre allein nicht bewenden, sondern richtet seine Aufmerksamkeit auch «och auf die thalabwärts gelegenen Anlagen. — Im vorigen Jahre war beabsichtigt, eine gottes dienstliche Feier in der Barbara-Kapelle, auch Clausen-Kirche im Munde des Volks genannt, abzu halten, doch mußte wegen des auf den festgesetzten Sonntag einfallenden schlechten Wetters davon abge gangen und die Feier in der Kirche zu Seifersdorf begangen werden. Für dieses Jahr ist ein solcher Gottesdienst auf Sonntag, den 27. Mai, Nachmittags, beabsichtigt. Hoffentlich wird das Wetter diesmal günstiger sein. — (Theater.) Von den beiden Feiertags-Vor stellungen war die erste die besuchtere und die bessere. Durch ihre „Grille" hat uns Frl. M. UHIe geradezu überrascht; sie war namentlich in den ersten Akten ausgezeichnet. Auch die übrigen Darsteller zeigten sich von ihrer vortheilhaftesten Seite. Das Zusammenspiel ist ebenfalls sehr zu loben. Bei Frl. Cl. Uhle stört das fortwährende Hin- und Hertrippeln Ungemein. Mag die Darstellerin einmal beobachten, ob ein Mensch bei ruhiger Unterhaltung so unruhig herumläust. — „Emma's Roman" zeigt völlig R. Kneisel's Eigenart. Das Lustspiel besitzt einen sehr geschickten Aufbau, aber zu viel Poffenhaftes. Außerdem erinnert das Ver wechslungsspiel des Doktors und des Heribert v. Schlichten sehr an „vr. Wespe". Herr Schelly, der sonst sehr gut war, überhastete sich zuweilen und wurde dadurch unverständlich. Herr Direktor Uhle übertrieb ein wenig. — Oeffentliche SchöffengerichtSsihung. In der am 2. Mai d. I. wider die Bäckersehefrau Wil helmine Henriette Spillner in Dippoldiswalde abge haltenen Hauptverhandlung wird die Angeklagte von der erhobenen Anklage des Diebstahls freigesprochen. Am 12. August 1882 Nachmittags erschien die Ange klagte mit ihrer Tochter in dem Thümmel'schen Schnitt geschäft Hierselbst, kaufte daselbst verschiedene Aus stattungsgegenstände ein, legte die gekauften Maaren partienweise vom Ladentisch auf einen daneben befind lichen, vorher leer gewesenen Spiegeltisch und gab so dann nach vollständiger Auswahl der Sachen die ge kauften Maaren ohne weitere Verpackung offen ihrer Tochter zum Nachhauseschaffen auf den Arm, indem sie das Anerbieten der verehel. Schneider Thümmel, „die Maaren einpacken zu wollen," mit Bezug auf die geringe Entfernung ihrer Wohnung, ablehnte. Bei dein nach der Entfernung der verehel. Spillner erfolgten Aufräumen im Laden, vermißte nun die Thümmel ein gegen 15 Ellen enthaltendes Stück Leinwand und schickte deshalb ihren Sohn zu der Spillner mit der Anfrage: ob diese nicht die Leinwand mitgenommen habe? Die bei der Ankunft des Boten gerade init Himbeerlesen beschäftigte Spillner hat darauf ihrer un sauberen Hände wegen, und, da sie anfänglich der Sache keine Bedeutung beigelegt, zumal sie seit langen Jahren mit der Thümmel in den freundschaftlichsten Beziehungen gestanden, die in der Wohnstube in einem Korbe offen daliegenden Maaren nur oberflächlich an gesehen, die fragliche Leinwand nicht darunter gefunden und dies der Thümmel sagen lassen, auch Letzterer darnach noch dieselbe Antwort mit der Aufforderung, „die Thümmel möge zu ihr kommen und selbst nach sehen," dnrch ihre Tochter wiederholen lassen. Später ist dann die gedachte Leinwand bei einer nochmaligen Durchsuchung der gekauften Maaren seitens der Spillner von dieser gefunden und alsbald darauf der Thümmel wieder zugestellt worden. Etwa 4 Wochen nach diesem Vorgänge ist von der Thümmel in ihrem Laden noch ein größeres Stück Leinwand vermißt worden, infolge dessen diese die Spillner in einem an dieselbe gerich teten Briefe nunmehr offen des Diebstahls beschuldigt hat. Obwohl die Angeklagte Spillner auf diese direkte Anschuldigung hin bestimmt in Abrede gestellt, die anderweit vermißte Leinwand zu haben, vielmehr nur versichert hat, „sie habe die 15 Ellen nur aus Ver sehen mit den gekauften Maaren zusammen gepackt," hat sie schließlich doch, um allen Weiterungen zu ent gehen — die ihr namentlich auch wegen der damals bevorgestandenen Verheirathung ihrer Tochter unan genehm wurden — durch ihren Ehemann 36 M. Ent schädigung an die Thümmel mit dem Vorbehalt be zahlen lassen, daß das Geld zurückgegeben werde, so bald sich die weiter vermißte Leinwand wiedersinde. Dies ist der Thatbestand, wie er in heutiger Häupt- verhandlung auf Grund der eidlichen Aussagen der geladenen Zeugen in Verbindung mit den eigenen An gaben der Angeklagten Spillner zur Feststellung gelangt. Das königl. Landgericht Freiberg stellte wegen der, der Angeklagten zur Last gelegten Entwendung der größeren Quantität Leinwand bereits im Vorverfahren die Untersuchung ein, verwies dagegen die Sache, so weit die im Besitz der Spillner gewesene geringste Quantität Leinwand in Frage kam, zur Aburtheilung vor das hiesige Schöffengericht. Dieses erachtete nun auf Grund der vorstehenden Ergebnisse zwar für er wiesen, daß die Spillner diese Leinwand ohne Rechts grund aus dem Thümmel'schen Laden nach ihrer Woh nung mit hat schaffen lassen, dagegen für nicht er wiesen, daß sie dies bewußt, d. h. in der Absicht, sich die Leinwand zuzueignen, gethan habe und erkannte deshalb, Ivie bereits oben mitgetheilt, auf Freisprechung. — Vom 9. Mai b. I. Wegen des Vergehens der Bedrohung nimmt auf der Anklagebank der Tagelöhner Heinrich Moritz Richter in Kautzsch Platz. Es wird Richter'» zur Last gelegt, daß er am 31. August v. I. infolge eines Wortwechsels zu dem Rittergutspachter Kunze in Bärenclause unter Erhebung eines Baum pfahles gesagt habe: „Ich haue Sie nieder!" Richter leugnet dies. Er wird aber seines Leugnens ungeachtet überführt, und mit 14 Tagen Gefängniß bestraft. — Der Dienstknecht Otto Clemens Grahl aus Ober cunnersdorf ist geständig, daß er im Jahre 1882 im Auftrage seines damaligen Dienstherrn, des Mühlen besitzers Pfund in Seifersdorf beim Bäcker Ebert da selbst 8 Mal zu verschiedenen Zetten, zusammen 113 M. 62 Pf., beinr Bäcker Klemm 7 M. 20 Pf. und beim Bäcker Hofmann in Possendorf 3 M. 29 Pf. Mahl geld einkassirt und an seinen Dienstherrn nicht abge liefert, vielmehr solches in seinem Nutzen verwendet hat; ferner ist er nicht abredig, im Oktober v. I. einen Sack Korn im Geivicht von 150 Pfd., welchen er für den Gutsbesitzer Grahl in Possendorf in die Pfund'sche Mühle abliefern sollte, dazu verwendet zu haben, um damit dem Bäcker Ebert in Seifersdorf für eine gleiche Quantität Korn, für deren Abhandenkommen er ver antwortlich gemacht wurde, Ersatz zu leisten. Grahl wurde wegen dieser sämmtlichen vergangenen Unter schlagungen zu 3 Monaten Gefängniß verurtheilt; so weit die erhobene Anklage aber auf die weitere Unter schlagung von 2 Sack Kleie gerichtet ist, mangelnden Beweises freigesprochen. Dippoldiswalde, 16. Mai. Wir haben Heuer ein Pfingstfest verlebt und gefeiert, wie es schönerund herrlicher fast nicht gewünscht werden konnte. Nach den unfreundlichen letzten Tagen der Vorwoche war der Pfingstsonntag zwar noch etwas bewölkt, aber ohne Regen und warm, ja sogar ganz geeignet zu Ausflügen und erquickenden Wanderungen. Der zweite und der sogen, dritte Feiertag aber, sowie der heutige Tag, brachten das heiterste Wetter, stets mit wolkenlosem Himmel und wohlthuender Wärme, und so zog denn Alles hinaus, Alt und Jung, während des herrlichen Festes sich zu erfreuen und zu stärken in der erwachenden Natur. Mögen Alle Befriedigung und Erholung ge funden haben und das Fest ihnen eine schöne Erinne rung bleiben in den wieder begonnenen Arbeitstagen! Unsere Eisenbahn hat natürlich noch keinen so enormen Personenverkehr zu verzeichnen gehabt, als an den drei Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Kurz vor den Pfingstfeiertageu hat der hiesige Verschönerungsverein die thal auswärts gelegenen städtischen Anlagen der Eichleite und der Froschleite in das Bereich seiner Thätigkeit gezogen. Bereits von der Stadt aus ist der Weg i reichlich mit Wegweisern bezeichnet, die Wege selbst, sowie die früheren Schöpfungen des Vereins, neu in Stand gesetzt und ausgebessert, die Aussichtspunkte Bastei und Kanonenplatz sind mit dauerhaften Ge ländern und Ruhebänken versehen worden und auf