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scheidung mit dem Mehrzahl der Frauen und Kinder sind in die mit 12 Ge schützen armirte eigentliche Festung Nikfit« geflüchtet. Stadt und Festung sind stark verbarrikadirt. — China wird eine ständige Gesandtschaft in Berlin errichten. Dieses Heraustreten der Chinesen aus der bisherigen Abschließung wird, wie man sich denken kann, für die Handelsbeziehungen Deutschlands mit Ostasien von großer Bedeutung sein. Nachrichten vom Standesamt Dippoldiswalde Monat Juli 1877. Auf dem asiatischen Kriegsschauplatz« scheint eS günstiger um die Russen zu stehen. Sie haben, wie eine Depesche aus Konstantinopel zugiebt, bei Ardahan wieder die Offensive ergriffen und sind bis Penek vorgerückt. — Die Universität Marburg feierte am 31. Juli das Jubiläum ihres 350jährigen Bestehens. Dieselbe wurde am 30. Mai 1527 von Philipp dem Großmüthigen gestiftet, uüd zwar als die erste Hochschule in Deutschland, die ohne päpstliche Privilegien in's Leben gerufen wurde und so ge wissermaßen als die erste Pflanzstätte der von Rom unab hängigen freien deutschen Wissenschaft gelten kann. Vom Kriegsschauplätze. Während zu Anfang voriger Woche die Russen an der Donau und am Balkan, wo jedenfalls das Hauptgewicht der militärischen und politischen Entscheidung liegt, im Vortheil waren, sind sie jetzt im Nach theil. Nach der ersten großen Schlacht, die überhaupt im offenen Felde geschlagen wurde und die sie verloren, stehen sie jetzt in ungünstiger Stellung zwischen zwei Gegnern, die von Westen und Osten her auf sie eindringen. Die Nach richt, daß die Russen nach viertägigen Kämpfen am 1. Aug. Plew na endlich wiedererobert hätten, bedarf noch der Be stätigung. — Die politische Lage ist durch diesen Rückschlag auf dem Kriegstheater wesentlich verändert: an eine Ver gewaltigung Konstantinopels von russischer Seite oder an einen Separatfrieden der Pforte mit Rußland ist jetzt nicht zu denken; zu Bcidem fehlt den Russen der Physische Nach druck. Es gewinnt bereits die Ansicht Raum, daß überhaupt in diesem Jahre im Felde wenigstens eine endgiltige Ent- nicht mehr erfolgen werde; auf alle Fälle hat es Dazwischentreten anderer Mächte noch keine Eile. 1. August erstürmten die Montenegriner den von Niksits, das Fort Tschadscharitza. Die Eheschließungen: Buchhändler und Premierlienlen. der Reserve Julins Moritz Ruhl zu Leipzig und Rosa Antonie Kalhinka Pollack hier; Müller Johann Julins Robert Gclke zu Obercunnersdorf bei .ilinqcNberg und die Schankwirthschaftsbesitzerin Ang. Eleonore Emilie vcrw. Stein, geb. Schuman» hier; Bezirksgerichts-Expedient Friedrich Wilhelm Feodor Starke zu Leipzig und Amalie Ang. Müller hier; Eine der heilsamsten Bewegungen, die in den letzten Jahren auf wirthschaftlichely Gebiete hervorgetreten sind, ist die Agitation gegen die in Deutschland bestehende Borg- wirthschaft. Wenn wir uns recht erinnern, ging der erste kräftige Anstoß dazu von Elsaß-Lothringen auS, woselbst man, an die prompte französische Zahlungsweise gewöhnt, die Nach theile des von Altdeutschland auS eingeführten Schlendrians besonders hart empfand. Inzwischen hat die Bewegung in Deutschland einen bedeutenden Umfang angenommen. Man kann sagen, daß die schreiende Unwirthschaftlichkeit eines Ver hältnisses, über welches sich früher eigentlich kein Mensch Skrupel machte, heute von Jedermann anerkannt wird. Noch nirgends aber dürfte diese Unwirthschaftlichkeit dem Auge so klar gemacht sein, wie es in dem Jahresbericht der Osnabrücker Handelskammer geschieht. Dieselbe hat berechnet, daß in Deutschland in den meisten Fällen auf den Preis geschlagen werden müsse: Für Zinsverlust: vom Fabrikanten 2 Proc., vom Grossisten 3 Proc., vom Detaillisten 4 Proc.; für Ab züge und Agio: vom Fabrikanten 1 Proc., vom Grossisten 1 Proc.; für Ausfall an Ausständen: vom Fabrikanten 2 Proc., vom Grossisten 2 Proc., vom Detaillisten 3 Proc., zusammen 18 Proc., wenn der Borg 4, resp. 6 oder 8 Mo nate nicht übersteigt und einigermaßen geschäftsmäßig regulirt wird. Wenn aber 6, 9, 12 Monate und darüber als Ziel in Anspruch genommen werden, so muß eine Preisvertheue- rung von 30 Proc. und mehr stattfinden, sobald die Waare, wie es Regel ist, durch die Hände von Vermittlern in die jenigen des Consumenten übergeht. „Diese Berechnung," bemerkt der Bericht, „ist fast allseitig als zutreffend aner kannt und eS darf solchen Ziffern gegenüber gewiß als un denkbar erscheinen, daß sowohl Händler als Consument schließlich nicht erkennen sollten, welche ungeheuere Summen von Nationalvermögen und welcher namhafte Betrag des eigenen Vermögens jedes Individuums bei Fortdauer des bis herigen Schlendrians dem Moloch der Borgwirthschaft ohne jede productive Gegenleistung zum Opfer gebracht wird." Alles, worauf es ankommt, ist nunmehr, daß die gewonnene Einsicht von der Unwirthschaftlichkeit des bisherigen Systems zur Thal gemacht werde. Es ist daS nur möglich durch die freie Initiative des Publikums; die Gesetzgebung kann in diese Angelegenheit unmöglich eingreifen. Man hat an eine Abkürzung der Verjährungsfristen gedacht; dadurch würde indessen dem hier in Rede stehenden Uebel nicht beizukommen ein. Der praktischste Weg ist ohne Zweifel der an vielen Orten bereits eingeschlagene, nämlich die Bildung von Baar- ighlungsvereinen im Publikum, denen dann von Seiten der Händler ein angemessener Rabatt zu bewilligen ist. Hat man das Borgsystem erst in der untersten Stufe, im Verkehr wischen den Consumenten und den Kleinhändlern, beseitjaj„ o fällt es in den höher» Stufen, im Verkehr zwischen den Detaillisten und den Grossisten, wie zwischen dem Grossisten und dem Fabrikanten, ganz von selbst. — In einem Artikel über die.Wurzener Fleisch-Nffalre im „Leipz. Tgbl." von hochachtbarer Seite heißt es u. A: „Welche Lehre sollen wir aus der Wurzener Epidemie ziehen? Die, daß wir unter allen Umständen nur gut gekochtes und gut gebratene« Fleisch genießen. Dadurch schützen wir uns vor Bandwurm, Trichinen und ähnlichen Erkrankungen, wie die in Wurzen. — Bielen wird dies nicht zusagen; sie werden verlangen, daß eine Fleischschau Seitens des Staates oder der Stadt eingerichtet werde. Darauf ist zu erwidern, daß eine Fleischschau an dem Fleisch geschlachteter Thiere niemals volle Sicherheit gewähren kann; wohl kann sie, in bester Weise geführt, vor einer Reihe von Krankheiten schützen ; vor andern aber kann nur eine Untersuchung der lebenden Thiere kurz vor dem Schlachten Sicherheit geben." Plauen i. V. Am 9. und 10. Septbr. wird hier der 7. sächsische Feuerwehrtag, verbunden mit einer Aus stellung von Feuerlöschgeräthschaften, abgehalten werden. Man hofft auf einen Besuch von mindestens 3000 Feuerwehr männern. Berlin. Der Kaiser reist am 7. August von Gastein nach Salzburg, geht am 8. August nach Ischl, wo er Mittags 12 Uhr eintrifft und am 9. August über Ebensee-Gmünden nach Passau, von dort nach Eger, wo er Abends 8 Ye Uhr eintrifft. Die Abreise von Eger erfolgt am 10. August früh nach Babelsberg. — Am 4. August ist im Bade Landeck der preußische Generalfeldmarschall v. Steinmetz am Herzschlag gestorben; — als der „Löwe von Nachod" wird er unsterblich in der Geschichte fortlrben. Er war ein Mann von Eisen, und eisern war sein Wille, wenn es galt, im Gewoge der Schlachten scheinbar unnahbare Ziele zu erringen. Er war 1796 in Eisenach geboren, nahm schon an den Feldzügen 1813—15 Theil, zeichnete sich besonders 1866 im Kriege gegen Oester reich aus und war 1870—71 Oberbefehlshaber der ersten Armee. 1873 nahm er seinen Abschied und lebte seitdem in Görlitz; beerdigt wird er in Potsdam.