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Was die, an denselben sich knüpfenden KriedenShoffnungen anlangt, so wollen dieselben jedoch nirgends gläubige Ge- müther finden. Die militärischen Erfolge der Türken haben in Belgrad und in Rußland den KriegSeifer neu bestärkt; man will Gelegenheit zur Revanche haben. Die große pan- slavistlsche Partei, welche die Vereinigung aller slavischen Nationalitäten unter russischem Scepter anstrebt, schürt eben falls gewaltig zum Kriege. — Auch in der Türkei ist man von der Unvermeidlichkeit eines Krieges mit Rußland über zeugt und trifft seine Maßregeln: die Rüstungen werden mit größter Energie fortgesetzt, Getreide-DepotS für eine Armee von 200,000 Mann errichtet. Ein treuer Diener. Criminal - Novelle von Fr. Friedrich. (17. Fortsetzung.) „Pauline", fuhr Maks ernst fort, „Du mußt Dich loSreißen von dem Einflüsse Deines BruverS; er darf nicht mehr die Macht über Dich auöüben wie bisher, wo er Dich nur als ein Mittel betrachtete, um seine Pläne zu erreichen. Gieb mir die Hand und versprich, daß Du Dich nicht länger von ihm beherrschen lassen willst!" Sie zögerte, ihre Rechte in die dargereichte Hand zu legen, weil sie fürchtete, ihr Versprechen nicht halten zu können. „Du zögerst!" rief Maks. „Pauline, Du bist kein Kind mehr. Treibt es Dich nicht endlich, Deinem eigenen Willen und Herzen zu folgen? Jetzt bist Du nicht mehr abhängig von ihm, wenn Du es auch früher warst." „Ich fürchte ihn", entgegnete die! junge Frau. „Du weißt nicht, ein wie heißes und leidenschaftliches Blut in seinen Adern fließt, wie er aufbraust, wenn er seinen Willen nicht durchzusetzen vermag. Ich war noch ein Kind, als unsere Eltern starben; er sorgte für mich, und sein Wille war mir Gebot. Ich fühlte, daß er mir geistig überlegen war und wenn ich auch oft den Entschluß faßte, meiner eigenen Ueberzeugung zu folgen, durch einen einzigen festen Blick, durch ein spöttisches und überlegenes Lächeln, welches um seinen Mund zuckte, vernichtete er denselben wieder!" „Ich werde Dich schützen", warf Maks ein. „Oder glaubst Du, daß Dein Bruder wirklich Dein Glück im Auge hat? Er ist ein Egoist und will Dich für seine Interessen benutzen, und er würde e« thun, selbst wenn Du dadurch zu Grunde gingest!" „Nein!" fiel Pauline ein. „Er liebt mich." „Er liebt Niemand, als sich selbst", versicherte Maks, und nahm die Geliebte immer mehr gegen den Bruder ein. Er schilderte ihr dessen Charakter, sein Verlangen, sie zu be herrschen, seine Eitelkeit, der Niemand gerecht wurde. „Steh'", schloß er, „wenn Du erst die Meinige bist, „mußt Du Dich doch von seinem Einflüsse befreien. Ich will Deinen freien Willen nicht beschränken, aber noch weni ger werde ich dulden, daß Dein Bruder es thut. Thue es vorher, damit er nicht glaubt, ich habe Dich gegen ihn ein genommen; denn dann würde er seinen ganzen Groll auf mich werfen und Deinetwegen möchte ich mich mit ihm nicht verfeinden." Pauline stimmte ihm bei, da sie sich gestand, daß er nichts Unbilliges verlangte. Es that ihr Wohl, zum ersten Male dem Manne, den sie liebte, ihr ganzes Innere« er schließen zu können, da sie dies gegen ihren Bruder nie ge wagt hatte. Absichtlich hatte dieser über jede weichere Em pfindung in ihrer Brust gespottet und ihr stets wiederholt, daß nur der Mensch allein richtig handle, der jedes seiner Morte, jede That nach ihrer Wirkung und Folge berechne, der nie sich durch Empfindungen hinreißen lasse, weil die selben mit dem Verstände meistens im Widerspruche ständen. Sie wurde ruhiger an Maks' Seite, der Verlust des Sparkasse zu Kreischa. Jeden Sonntag geöffnet von Vonnittags 11 — 1 Uhr und Nach mittags von 3-4 Uhr. Sparkasse in Reinhardtsgrimma. Nächster Erpeditions - Tag: Sonntag, den 12. November, Vormittags 11—1 Uhr, Nachm. von 3-5 Uhr. Sparkasse in Schmiedeberg. Nächster Erpeditions - Tag: Sonnabend, den 11. November, Nachmittags 3—6 Uhr. Testaments erschien ihr weniger groß, da ihr Herz sich be friedigt fühlte. Diese Stimmung verließ sie auch nicht, nachdem der Geliebte sie verlassen hatte. Wirkliches Glück hatte sie noch nicht kennen gelernt; denn ihre ganze Vergangenheit war nur ein Leben nach Berechnung gewesen, welcher ihr Herz kalt und unbefriedigt gelassen hatte. Sie träumte sich hinein in eine Zukunft, welche ihr alles Das bot, was sie bisher vermißt und entbehrt hatte. Da trat ihr Bruder ein. Sein Auge blieb forschend auf ihr haften, als sie ihm nicht wie sonst entgegentrat, son dern unwillkürlich den Kopf von ihm abzuwenden suchte. Er kannte sie zu gut, um nicht auf ihrem Gesichte zu lesen, was in ihr vorging. „Maks ist bei Dir gewesen", sprach er endlich. Pauline nickte zustimmend mit dem Kopfe. Ein banges Gefühl erfaßte sie, nun ihr Bruder vor ihr stand, und doch war sie fest entschlossen, das Joch, welches sie so lange ge tragen , abzuwerfen. „Und was hat er Dir gesagt?" fragte der Pfarrer in seiner ruhigen, kalten Weise weiter, obschon sein Auge ver- rieth, daß sein Inneres nicht so ruhig war. Einen Augenblick noch zögerte Pauline, dann richtete sie sich empor. „Er war empört über die Unwahrheit, welche Du ihm gesagt", entgegnete sie. Der Pfarrer blickte sie überrascht an; eS war ihm, als ob ein Knabe, der nur seinem Willen gehorchte, mit einem Male zum Manne gereift sei und nun selbständig vor ihn hintrat. Er wollte aufbrausen, die Empörung gegen seinen Willen mit einem einzigen Worte niederschmettern; allein er beherrschte sich. „Welche Unwahrheit?" fragte er ruhig. „Daß ich nicht die Seinige werden würde, wenn er daS Testament nicht wieder herbeischaffe", gab Pauline zur Antwort. Ein spöttisches Lächeln glitt über das Gesicht des Pfar rers hin. „Und wenn dies nun mein Wille wäre!" warf er ein. Pauline fühlte, daß dieser Augenblick für ihre ganze Zukunft ein entscheidender war und daß sie ihm nicht mehr ausweichen konnte. Wohl zitterte sie innerlich, allein sie raffte alle Kräfte zusammen und erwiderte: „ES kann Dein Wille nicht sein, weil es von mir ab hängt, ob ich Maks' Frau werde oder nicht!" Der Pfarrer lachte spöttisch auf. Hatte sie ihm gegen über denn je einen Willen gehabt? War eS möglich, daß sie mit einem Male anders handelte, als er wollte! „Ich höre Maks' Worte aus Deinem Munde", sprach er mit wegwerfendem Tone. „Es setzt mich nur in Er- taunen, daß Du Dich durch Maks zu einer Thorheit über reden läßt. Eine Thorheit ist es, wenn Du mir plötzlich entgegentrittst", fuhr, er ernster und erregter fort. „Ich bin es, der bis jetzt für Dich gesorgt und gedacht hat und noch räume ich Niemand das Recht ein, über Dein Geschick zu bestimmen." (Fortsetzung folgt.)