Volltext Seite (XML)
Dienstag. Nr. 19. 16. Februar 1875. Weißerih-Ieitung. Amts-Matt für die Gerichts-Aemter und Stadträthe zu Dippoldiswalde und Krauenstein. Verantwortlicher Redakteur: Cart Zehne in Dippoldiswalde. Dieses Matt erscheint wöchentlich drei Mal: Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Zu beziehen durch alle Post- Anstalten nnd die Agenturen. — Preis vierteljährlich 1 Mark 28 Pfg. — Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage des Blattes eine sehr wirksame Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg. für die Spalten-Zeile, oder deren Raum, berechnet. Tagesgeschichte. Dippoldiswalde. Der in der Nacht zum 12. Febr. in den Expeditions-Lokalen der hiesigen königl. AmtShaupt- mannschaft verübte freche Einbruchs-Diebstahl ist durch die Thätigkeit der untersuchenden Behörde, des königl. Ge« richtSamteS, alsbald entdeckt wordeu. Und wer sind die Verbrecher? Zwei noch im jugendlichen Alter stehende Schreiber der königl. Amtshauptmannschaft und ein Schreiber des königlichen GerichlSamteS, drei Söhne hiesiger Familien! Einer der erstgenannten hat die That bereits eingestanden und die beiden andern als seine Genossen genannt. Das gestohlene Geld ist in der Wohnung des Rädelsführers auf gefunden worden. Die weitere Untersuchung wird daS königl. Bezirksgericht zu Freiberg zu führen haben. Dieser, im Allgemeinen, wie ganz besonders für die betreffenden Eltern traurige Fall giebt uns Veranlassung, hier einmal mißbilligend uns auszusprcchen über das Gebühren und Auftreten vieler junger Leute, die nur kurze Zeit der Schule entlassen sind, aber eine Selbständigkeit, eine Frühreife förmlich zur Schau tragen, die Jeden unangenehm berühren muß. Das, z. B. Lehrlingen gegenüber, zeitiger eintretende Empfangen von verdienten Löhnen (es gilt dies ganz besonders von Schreibern) hat bei uns in letzterer Zeit, von obigem Falle noch abgesehen, sehr viele dieser jungen Menschen auf ein Fahrwasser gerathen lassen, das für sie nicht paßt. Während sie zu Haus ein gutes Buch zur Hand nehmen, sich auf sonstige Weise fortbilden sollten und lernen so viel als möglich von dem Vielen, waS ihnen noch fehlt, — besuchen sie bis in die tiefe Nacht hinein die WirthShäuser, vergeuden ihr Geld, spielen Karten, commerciren; ja eS hat sich aus ihnen eine „Gesellschaft" gegründet (also 16—I7jährige Bürschchen I), die in allerletzter Zeit nahe daran waren, einen Ball zu veranstalten! Wohin soll das führen? Was soll aus solchen jungen Leuten werden? Die Sucht nach Vergnügungen treibt sie schließlich zu Unredlichkeiten, — ein nie geahnter, trauriger Fall liegt vor! Wir glauben, einer wohlgemeinten und herzlichen Mah nung an Eltern, ihre jungen Söhne recht streng am Zügel zu halten, wird eS jetzt nicht mehr bedürfen, wo durch Leicht sinn der letzteren, durch die leider entwickelte Frühreife, die ganze Zukunft dreier junger Menschen vernichtet, den be- dauernswerthen Eltern aber ein unsagbarer Jammer bereitet worden ist! Dippoldiswalde. Am vergangenen Sonnabend beehrte Se. Excellenz der Herr Staatsminister des Innern von Nostitz-Wallwitz in BegleitlMgiitzys Herrn Geh. Reg- Raths Meusel unsere Stadt mit seinem Besuche. Der Herr Minister nahm zunächst die Lokalitäten der königl. Amts hauptmannschaft in Augenschein, ließ sich durch Herrn Amts hauptmann von Bosse daS Personal der Letzteren vorstellen, besuchte dann das RathhauS,. woselbst ihm von Herrn Bürger meister Voigt im SesstouSzimmer die Pläne der hiesigen Wasserleitung vorgelegt wurden, begab sich hierauf mit oben genanntem Herrn in die Wohnung des Herrn AmtShaupt- mannS und verweilte daselbst bis zu seiner Rückkehr nach Dresden. — Sobald die Witterung eS gestatten wird, sollen im hiesigen Postgebäude die Baulichkeiten beginnen zur Aus nahme der Telegraphen-Station. Längstens am 1. Mai wird die Eröffnung derselben erfolgen. — Die bei der fortwährend kalten Witterung jedenfalls noch länger andauernde ausgezeichnete Schlittenbahn dürfte dem, am nächsten Donnerstag, 18. Febr., im GchießhauS- saale stattfindenden Extra-Concert des Hrn. Musikdirector Trenk ler aus Dresden einen zahlreichen Besuch von aus wärts zuführen, zümal der Nachhauseweg für solchen durch Mondschein begünstigt ist. Wir machen nochmals auf das Concert aufmerksam; — daS, wie wir hören, sehr gewählte Programm wird in nächster Nummer d. Bl. veröffentlicht. Dresden. Im Ministerium des Innern bereitet man für den Landtag das Gesetz vor, mittelst welches da» Reichs gesetz über die Beurkundung des Personenstände» (Civilehe) in Sachsen eingeführt werden soll. Die betreffenden Vor arbeiten sind dem Geh. Reg.-Rath Meusel übertragen. — Ein unmenschliches Weib, eine unnatürliche Mutter hat vor einigen Tagen in Leipzig vor Gericht gestanden und ihren gerechten Lohn (3 Jahre Zuchthaus) davongetragen. Eine unverehelichte Handarbeiterin hat ihren kleinen, hübschen vierjährigen Knaben mit raffinirter Bosheit durch unausgesetzte Mißhandlungen zum Tode gebracht. Die BewöiSÜüMhme ergab wahrhaft haarsträubende Detail«. — DaS Reichskanzleramt schlägt dem BundeSrathe als Benennung für die Reich«goldmünzen „Krone" und „Doppelkrone" vor. Dresdener Produkten-Börse vom 12. Februar. Weizen pro 1000 Kilogramm: weiß loco 195—ÄOkMark, feinster über Notiz, braun loco 170—192 Mark. Roggen loco 166-^175 Mark, galizischernnd russischer 156—161 G. Gerste böhmische 175—-190 M. Futter 141—150 M. Hafer loco IM-193 Mark. Erbsen, Koch- waare, 204-222 M., Futterwaarc 180-192 M. Wicken 190-210 Mark. Kuknrutz 147-153 Mark. Oclsaaten: Raps 246-264 G. Rübsen 234-246 G.; S -l, lagle > n 255 - 300 G. Thimothce 60-66 Mark, schwedischer 90-120 Mark. Klecsaat pro 10V Kiloar., rothc 85—116 Mark, weiße 90—115 Mark. Rüböl rast, loco 56 B.; p. Sept.-Oclbr. Rapskuchen 17 B. Spiritus pro 100 Liter ü 100"/« loco 58.00 B. Weizenmehle: Kaiserauszug 38 Mark, Gricslerauszug 32 M., BSckermmidmehl 26 M., Griesleruumdmehl 20 Mark, Pohl- mehl 18 Mark, Nr. 00 30 Mark, Nr. 1 26 Mark, Nr. 2 20 Mark. Roggenmehle: Nr. 0 28Mark, Nr. 1 24 M.; hausbacken 25.50 M. Futtermehl pr. lOOKilogr. netto 16Mark. Roggenklcie pr. 100 Kilogr. netto 13 Mark. Wcizcnkleie pr. 100 Knogr. II Mark G.