Volltext Seite (XML)
Weißerih-Aeitung. Amts-Matt für die Kerichts-Aemter und Stadträttje zu Dippoldiswalde und Krauenstein. Verantwortlicher Redacteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Dieses Blalt erschein! wöchentlich zwei Mal: Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Post-Anstalten und die Agenturen. Preis vierteljährlich 12 Ngr. 5 Pfg. Inserate, welche bei der bedeutenden Auslage des Blattes eine sehr wirksame Ver breitung finden, werden mit I Ngr. für die Spalten-Zeile berechnet. ANonats-Bericht. Es war ursprünglich die Absicht Ihres verreist gewesenen Berichterstatters, für die übliche Monatsrevüe einige Reise bilder zu liefern, denn — „wenn Einer eine Reise macht, so kann er was erzählen." Allein das alte Sprüchwort paßt nicht mehr auf die moderne Art und Weise des Reisens. Zu den Zeiten, als der selige Seume seine Spaziergang nach Syrakus unternahm, war es keine Kunst, eine mehrbändige Beschreibung dieser Reise zu liefern. Heut zu Tage, wo man diese Strecke in kaum 2 mal 24 Stunden durchfliegt, möchte es Mühe kosten, eine Reisebeschreibung von mehr als zwei Druckseiten zu Stande zu bringen. Der Mensch reist nicht mehr, sondern er wird transportirt, und es ist wohl nicht bloßer Zufall, wenn die Eisenbahnstatistik einfach zwischen Personen- und Gütertransport unterscheidet. Der Reisende ist eben nichts weiter, als ein speciellcs Transportobjekt, das sich von den übrigen höchstens durch die Fähigkeit des Selbst- Ein- und Ausladens, und allenfalls noch dadurch unterscheidet, daß er in einen besonderen Wagen verladen wird, dessen, Coups's genannte Abheilungen einem Käfige sehr ähneln. Die deutsche Sprache hat noch keinen Ausdruck für diese überaus prosaischen Räume gefunden. Daß dieses TranS- portirtwerden auf der Eisenbahn nur im ironischen Sinne als „Reisen" bezeichnet werden kann und aller Romantik und Poesie baar und ledig ist, werden die Meisten an ihrem Leibe erfahren haben. Dafür gewährt es freilich andrerseits den eminenten Vortheil, daß heul zu Tage die große Masse weit entfernte Gegenden besuchen kann, die früher nur Wenige zu sehen bekamen. Kehren wir nach diesem Excurse zu unserer Aufgabe zurück, so haben wir als das bedeutendste Ereigniß der letzten Zeit die Fusion der beiden monarchischen Parteien in Frank reich, der Legitimisten und Orleanisten, zu verzeichnen. Schien es doch, als sollte in rascher Folge die vertagte Nationalver sammlung wieder einberufen werden, um die Republik für aufgehoben zu erklären und die klerikal-ultramontane Monarchie unter Heinrich V. an ihre Stelle zu setzen. Neuerdings ist nun zwar ein Stillstand in dem Vorgehen der monarchischen Partei eingetreten; ohne Zweifel wird aber die am 5. Novbr. wieder zusammentretende Nationalversammlung sich mit dieser großen Verfassungs- und Thronfrage zu beschäftigen haben. Wie die Würfel fallen werden, läßt sich natürlich nicht über sehen; zumal die Republikaner und Bonapartisten die Zwischen zeit nicht ungenützt verstreichen lassen und den Plänen der Monarchisten gehörig entgegenarbeiten werden. Im Allge meinen läßt sich sagen, daß die klerikale Monarchie, wenn sie eingesetzt werden sollte, auf keine lange Dauer zu rechnen hat; nur Thoren oder Fanatiker, wie ein französischer Publirist sagt, können auf den längeren Bestand einer solchen Monarchie rechnen. Was die Beziehungen eines derartigen Regiments in Frankreich zum deutschen Reiche betrifft, so würden solche, da hier außer dem nationalen auch noch der konfessionelle Gegensatz in den Vordergrund träte, voraus sichtlich nicht besonders freundschaftliche sein; indeß wollen wir zunächst den weiteren Gang der Dinge in Frankreich abwarten, ehe wir diese Frage einer näheren Erörterung unterziehen. In den nächsten Wochen werden die Franzosen den letzten Theil ihrer Kriegsschuld bezahlen, und sind deshalb bereits Anstalten getroffen, um die letzte noch von deutschen Truppen besetzte Festung Verdun zu räumen. Dieser Akt wird, wie es scheint, von der republikanischen Partei zu mancherlei Festlichkeiten rc. benutzt werden, um für die Auf rechthaltung der Republik Propaganda zu machen. In Spanien ist man noch immer nicht zu geordneten Zuständen gelangt. Die gegenwärtige, nach mehrfachem Wechsel zu Stande gekommene Regierung entfaltet zwar etwas mehr Energie und schlägt sich mit wechselndem Glücke gegen die Karlisten Wd Radikalen; allein es fehlt ihr an der Haupt sache, an einer zuverlässigen, gut disciplinirten Armee. Neuer dings macht man Anstrengungen, eine solche herzustellen; bevor dies aber geschehen ist, wird das Land noch mannichfach unter der Unordnung und Unsicherheit zu leiden haben. Die übrigen Eultnrländer Europas bieten kein Material für die politische Berichterstattung. Der allgemeine Wall fahrts- und Reisestrom richtet sich noch immer nach der Wiener Weltausstellung, jenem großen Waarenlager aller Länder und Völker. —r. Tagesgefchichte. Dippoldiswalde. Für die Feier des National festes am 2. September in unserer Stadt ist nunmehr das nachstehende Programm festgestellt worden: Am 1. Septbr. Abends 8 Uhr Freudenfeuer auf den umliegenden Höhen. Am 2. Septbr. früh 5 Uhr Glocken la Uten. >/,6 Uhr Böllerschüsse und Reveille der Schützen. i/s8 Uhr Be kränzung der Gedenktafel für die Gefallenen auf dem Gottesacker ; kurze Ansprache und Gesang. 8 Uhr Vormittags.- Gottesdienst in der Stadtkirche, '/r 10 Uhr^ öffent licher Festactus in der Stadtschule. 11 Uhr: Blasen vom Rathhausthurme. 1 Uhr Nachmittags: Abmarsch zum Schulfest auf der Aue. 8 Uhr Abends: Gesellige Ver einigung im Schießhaus-Saale; Eoncert, kurze Mitthei lungen, Gesänge. Die öffentlichen Gebäude werden mit Fahnen rc. geschmückt sein, und hoffentlich erhalten auch die Privatgebäude einen schönen Schmuck durch Fahnen, Guirlanden und Kränze.