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Freitag. Rr. 34. 2. Wai 1873. Weisserih-Ieitung. Amts-Matt für di« Kerichts-Aemter und Stadträthe zu Dippoldiswalde und Kmueuftein. Verantwortlicher Rcdattcur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Difses Blatt erscheint wöchentlich zwei Mal: Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Post-Anstatten und die Agenturen. Preis vierteljährlich 12 Ifgr. 5 Pfg. Inserate, welche bei der bedeutenden Auslage des Blattes eine sehr wirksame Ver breitung finden, werden mit 1 Ngr. für die Spalten-Zeile berechnet. MSS———————-- ! > —SS Monats - Bericht. Auch im Monat April hat sich in der allgemein fried lichen Situation der europäischen Verhältnisse nichts geändert, und die in den letzten Tagen des Monats unternommenen Reisen unseres Kaisers an den Peters burger Hof, und des deutschen Kronprinzen nach Wien zur Eröffnung der Ausstellung, können als gewichtige Zeichen fortdauernder friedlicher und freundschaftlicher Beziehungen zu unseren östlichen großen Nachbarteichen betrachtet werden. Der oft ausgesprochene Gedanke, daß ein mächtig dastehendes Deutschland die beste Garantie für Aufrechterhaltung des europäischen Friedens ist, fängt nach und nach an, auch unseren Gegnern einzuleuchten. Wir sind überzeugt, daß selbst unter den Franzosen sich eine große Friedenspartei be findet, und man könnte gewiß für die Zukunft bessere Hoff nungen haben, wenn der Charakter der Franzosen nicht so beweglich und in Folge dessen unberechenbar wäre. Mit dieser Thatsache müssen wir umsomehr rechnen, als es dem Lande gegenwärtig noch an einer definitiven Verfassung fehlt und deren Herstellung nicht ohne gewaltige Erregungen vor sich gehen wird. Der Reichstag hat nach einiger Unterbrechung durch das Osterfest seine Arbeiten wieder ausgenommen. Den wichtigsten Berathungsgegenstand bildete das neue Münzge setz, welches uns endlich die Wohlthaten einheitlicher deutscher Münzen verspricht. Die Mark wird sich voraussichtlich in den Ländern des Thalerfußes sehr rasch einbürgern, und schon jetzt Pflegen eine Anzahl Kaufleute, Gesellschaften rc. ihre Rechnungen nach Mark auszustellen. — Betrübend waren die in Stuttgart, Mannheim sind besonders in Frank furt meist wegen Erhöhung der Bierpreise entstandenen Straßentumulte, bei welchen eS nicht an communistischen Elementen gefehlt hat. Es ist selbstverständlich, daß diese, mit boshafter und muthwilliger Zerstörung fremden Eigen- thumS verknüpften Bolksaufläufe an der wohlorganisirten Militärmacht zerschellen ; aber gewöhnlich ist das Niederwerfen solcher Tumulte nicht möglich, ohne daß auch Unschuldige zum Opfer fallen. Die Erkrankung des, inzwischen wieder hergestellten Papstes lenkte die Blicke nach Italien. Unser immer wachsamer Reichskanzler versetzte den, bekanntlich ihm sehr nahestehenden deutschen Gesandten in Konstantinopel, Herrn v. Kreudell, nach Rom. Man weiß, daß die Fäden der Contremine von Italien aus in Paris zusqmmenlaufen, und man wird ihnen zu begegnen wissen. In Spanten tobt der Kampf zwischen den Republikanern und Carlisten fort. Letztere beabsichtigen ein große Anleihe zu contrahiren, um den Kampf energischer führen zu können. Allem Anscheine nach fehlt eS aber der carlistischen Partei, n welche bekanntlich mit den Ultramontanen in Verbindung steht, doch an genügendem Anhänge im Volke; Wenigsten sprechen die bisher äußerst geringen Erfolge dieser Partei für eine solche Ansicht. Andrerseits find die.WpuWaner unter sich uneinig und die Regierung hat sich sogar geyöthigt gesehen, die von der Nationalversammlung eingesetzte Permanenz- Commission aufzulösen. Im benachbarten Oesterreich ist die öffentliche Auf merksamkeit von der bevorstehenden Eröffnung bep Ausstellung in Anspruch genommen. Wie bekannt, werden später auch die Kaiser von Rußland und Deutschland, sowie der König von Italien, in Wien eintreffen; Letzterer wird nach neueren Nachrichten auch Berlin besuchen. Es istnaheliMy.h, daß Man sich bei dieser Zusammenkunft über eine gemeinschaftliche Haltung verständigen Ed, welche gegenüber etwaigen künftigen Ereignissen einzuhalten ist. Hasten dje großen Mächte zu sammen, so ist eine künftige abermalige Störung des euro päischen Friedens, Seiten Frankreich-, kaum denkbar. —r. Tagesgeschichte. Dresden. Es ist in mehreren Blättern davon die Rede gewesen, daß unsere evangelische Geistlichkeit der Einführung der bürgerlichen Ehe im Reiche kein Hinderniß bereiten wüpde. Die Nachricht hängt mit der Thatsache zusammen, daß Cultusminister vr. v. Gerber dieser Einführung nicht entgegen ist sind der ihm nahestehende evangelische Hofprediger vr. Rüling schon die bürgerliche Ehe von der Kanzel herab als eine nicht zu umgehende Nothwendigkeit dargestellt hat. — Die Stelle de» zeitherigen Kommandanten auf der Festung Königstein, des Generalleutnants von Beeren, welcher vom 1. Mai ab in den Ruhestand tritt, wird nun mehr der sächsische Generalleutnant v. Leonhard! aus Zwickau einnehmen. — Dgs NeSmüller'sche Somyiertheater im Großen Garten wird am 4. Mai wieder eröffnet werden. Chemnitz. Der Rath hat beschlossen, den im Kriege 1870--71 Gefallenen ein Denkmal zu setzen, zu dessen Herstellung 6000 Thlr. erforderlich fein werden. Rochlitz. In der Thibetfabrik von Wincker und Sohn hier ist die Arbeit eingestellt worden, weil 150 Arbeiter der selben Lohnerhöhung verlangen. Meplin. Der Entwurf eines Reichs-Preßgesetze» wird in diesen Tagen im Reichstage vertheilt werden; die Berathung über dasselbe bleibt ausgesetzt bis nach Rückkehr des Reichskanzlers au« Petersburg, wie dieser eS gewünscht hat.