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Freitag. Nr. S«. 18. April 1873. Weißerih-Aeitung. Amts-Matt für die Herichts-Aernter und Stadträthe zu Dippoldiswalde und Krauenstein. Verantwortlicher Redattenr: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Dieses Blatt erscheint wöchentlich zwei Mal: Dienstags nnd Freitags. Zu beziehen durch alle Post-Anstalten und die Agenturen. Preis Vierteljährlich 12 Rgr. 5 Pfg. Inserate, welche bei der bedeutenden Auslage des Blattes eine sehr wirksame Ver breitung finde», werden mit l Ngr. für die Spalten - Zeile berechnet. Tagesgeschichte. Dippoldiswalde, 17. April. Gestern Mittwoch Vor mittag ist beim Spielen auf der Aue das 4jährige Töchterchen des hiesigen Schneidermeisters Hesse in den Mühlgraben gestürzt und bei dem ziemlich hohen Wasserstande eine Strecke fortgeschwommen. Der in der Rölligmühle arbeitende Knappe Wilh. Bischof, von Anderen herzugerufen, hat mit großer Aufopferung das Kind, das schon besinnungslos war, dem Wasser entrissen. Wir vernehmen, daß dies bereits der vierte Fall, in denen er vom Tode bedrohte Menschenleben rettete. — Heute Morgen hat sich die Ehefrau des Zimmer manns Müller, der jetzt in Dresden arbeitet, auf dem Boden ihres Hauses erhängt, wie es heißt, aus Schwer- muth, die schon länger an ihr zu bemerken gewesen. — Bei dem letzten Ferkelmarkte am 15. April waren 29 Stück zum Verkauf gestellt, wovon 20 Stück, das Paar 11 und 12 Thlr., verkauft wurden. — Wir machen hierdurch nochmals auf das, nächsten Dienstag Abendsim Schießhaussaale stattfindende Gesangs- Concert der Geschwister Tronicke und der hiesigen Gesang vereine aufmerksam. Das Programm ist im Jnseratentheile enthalten. Dresden. Am 14. April starb der ehem. Staats minister, General der Infanterie, Beruh, v. Rabenhorst, nach langer Krankheit; er war 1801 in Leipzig geboren. — Die Vorarbeiten des großen, auf dem Heller zu er bauenden Arsenals werden nächstens begonnen werden; die Alaunfabrik an der Königsbrücker Straße mußte bereits am 15. April den Betrieb einstellen. — Im Zeidler'schen Steinbruche zu Groß-Cotta bei Pirna wurden am 9. April zwei Arbeiter von einer herein brechenden Wand erschlagen, und am 14. im Höhnel'schen Bruche daselbst abermals ein Mann, alle Familienväter. Da die dortigen Steinlagen von Erdschichten durchzogen sind und man neuerdings allen Wald, welcher durch die Baum wurzeln ein gutes Bindemittel der Erd- und Steinschichten abgab, weggeschlagen hat, so vermuthet man noch weitere Einstürze, hofft aber auch auf eventuell nöthig werdende Vor sichtsmaßregeln, beziehendlich behördliche Erörterungen über die Größe der Gefahr. Leipzig. Während der Osterfeiertage ist hier der erste allgemeine deutsche Schuhmachertag abgehalten worden, besucht von etwa 300 Vertretern aus ganz Deutschland, aber auch aus Oesterreich und Rußland waren welche erschienen. Der Verein constituirte sich, die Statuten wurden berathen nebst Maßnahmen, welche zur Hebung des Gewerbes dienen können. Als dringend nöthig wurde bezeichnet, daß bei Fest stellung der Preise für Schuhartikel auf einen Verdienst von 33i/r Proc für solide Arbeit gehalten werden müsse, und daß das Creditgeben nur als Ausnahme betrachtet, niemals aber auf länger als 3 Monate erstreckt werden dürfe. Berlin. Das allgemeine Militärgesetz, welches dem Reichstage in Aussicht gestellt ist, wird baldigst an den Bundesrath gelangen und sicher der bedeutsamste Gegenstand der Berathungen werden, welche den Reichstag nunmehr er- warten. Das Gesetz soll die Präsenzstärke normiren und die Formation der Armee feststellen. — Die Entschädigungen, welche den deutschen Eisen bahnen für die regulativwidrige Benutzung ihres Materials zu Kriegszwecken gewährt werden sollen, belaufen sich auf 550,000 Thlr. Fremdländische Eisenbahnen erhalten für die Verwendung ihrer Wagen in Deutschland pro Tag und Stück 25 Groschen, für die Verwendung in Frankreich pro Tag und Stück 2 Thlr. Alles wird aus der Kriegskosten entschädigung bezahlt. — Gegen den Geheimrath Wag en er ist nunmehr, nachdem die Voruntersuchung beendet und der Untersuchungs richter sein Referat abgegeben, die Einleitung einer wirklichen Disciplinaruntersuchung erfolgt. Braunschweig. Die angestrebte Militärconvention mit Preußen ist nicht zu Stande gekommen, da sich der Herzog nicht dazu entschließen konnte, „so sehr er auch sonst behufs der Förderung der allgemeinen Wohlfahrt zu Opfern bereit sei." Baiern. Die Reise des Königs Ludwig nach Wien zum Besuche der kaiserlichen Familie während der Weltaus stellung ist nunmehr definitiv beschlossen. Der König würde damit zum ersten Male in seinem Leben die Grenzen BaiernS überschreiten, mit Ausnahme kleiner Ausflüge von Hohen schwangau ins nahe Tyrol und einer einmaligen, drei Tage dauernden Reise in die Schweiz. — Der „schwarze Punkt" am Münchener Horizont ist für diesmal beseitigt; die Brauer haben beschlossen, den Bierpreis „vorläufig" nicht über 3 Kr. per Liter zu erhöhen. So hoch stand er auch im vorigen Sommer, und so viel wollen auch die Durstigsten sich gefallen lassen. — Die Verordnung über die neue Unisormirung des bairischen Heeres ist nun erschienen und als Einführungs termin der 1. August festgesetzt. Straßburg. Durch eine kaiserliche Verordnung ist der Bürgermeister Lauth seines Amtes entsetzt worden; derselbe hatte dem Oberpräsidenten erklärt, daß er nur im Lande ge blieben sei, weil er auf die Rückkehr der französischen Herr schaft hoffe. — Bon 33 Gemeinderathsmitgliedern erklärten 28, einen nicht zum Gemeinderath gehörigen^Vorsitzenden nicht acceptiren zu können. Sie wurden deshalb suspendlrt.