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Dienstag. Nr. 16. 25. Februar 1873. Weißerih-Aeitung. Amts-Matt fiir die Kenchts-Aemter und Stadträtye zu Dippoldiswalde und Imuenstein. Verantwottlicher Redattmr: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Dieses Blatt erscheint wöchentlich zwei Mal: Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Post-Anstalten und die Agenturen. Preis vierteljährlich 12 Ngr. 5 Pfg. Inserate, welche bei der bedeutenden Auslage des Blattes eine sehr wirksame Ver breitung finden, werden mit 1 Ngr. für die Spalten-Zeile berechnet. ! ' ' MkolaS KopernikuS. Wenn unsere katholische Hofgeistlichkeit die deutsche Wissenschaft verachtet und die „römische Dummheit" preist, — wenn das „katholische Kirchenblatt für Sachsen" der An walt des JesuitiSmu« wird und das verderbliche Wirken jener schwarzen Rotte vertheidigt: — da muß es gestattet sein, einmal eines Mannes zu gedenken, der — obwohl schon vor 400 Jahren lebend — weiter vorgeschritten war, al« jene seiner AmtSgenossen im 19. Jahrhundert. Am 19. Februar feierte Deutschland und mit ihm die ganze gebildete Welt das Gedächtniß von Nikola« KopernikuS, eines Mannes, der zu den mächtigsten Bahn brechern moderner Weltanschauung gehört und sich durch eine epochemachende Geistesthat dicht neben Columbus und Luther hingestellt hat. Den 19. Febr. feierte nicht nur Thorn, die Geburtsstadt deS großen Reformators der Astronomie, sondern ganz Deutschland mit gerechtem Stolze. Abgesehen von seinem wissenschaftlichen Wirken — er bestieg schon im Jahre 1500 den Lehrstuhl in Rom und hatte die gelehrtesten Männer seiner Zeit als Zuhörer, sein Ruf ging durch ganz Europa — genüge es hier, daran zu erinnern, daß er der Urheber eines neuen Systems der Himmels bewegung ist, das noch heute von der Wissenschaft als daS allein richtige angesehen wird; er behauptete und bewies die Umdrehung der Erde um die Sonne. In seinem wahrhaft revolutionären Werke: „Ueber den Umschwung der Himmels körper" wies er mit mathematischer Schärfe die Widersinnig keit der bisherigen Annahme, daß die Erde der stillstehende Mittelpunkt der Welt sei, nach und zeigte mit unwiderleglicher Gewißheit, wie die Erde nur ein Glied in der Kette des Weltensystems sei, dessen Mittelpunkt die Sonne sei, um welche die Erde gleich den übrigen Planeten kreise. Alle bisherigen Vorstellungen von der Stellung der Erde, die hier durch zu einem verschwindend kleinen Weltkörper zusammen schrumpfte, und des Menschen zum Weltall, waren so ganz über den Haufen geworfen. Die Entdeckung des KopernikuS erschien nicht nur als der Lichtblick eines Hellen Kopfes, sondern als die heldenhafte That eines freien Mannes, der, unbekümmert um Verdächtigung und Verketzerung, um Bann und Scheiterhaufen, der Wahrheit die Ehre giebt. Vor diesen äußersten Folgen wurde KopernikuS aber bewahrt; als sein Werk — die reife Frucht einer 23jährigen Arbeit — eben fertig war, ereilte ihn 1543 der Tod und nahm ihn von dieser Erde, die er so klein und doch wieder durch Erschließung einer neuen Wahrheit so groß gemacht hatte. Die Kirche sendete ihm ihren Fluch in's Grab nach, setzte sein Werk unter die verbotenen Bücher, verdammte ihn zur ewigen Höllenpein und ließ die begeisterten Jünger, die seine Sache zu der ihrigen machten, die Strafe zehnfach ent gelten, der der Meister entgangen war. Giordano Bruno wurde verbrannt, und Galiläi so lange gehetzt und gepeinigt, bis der, durch langwierige Hast fast aufgeriebene Greis, seiner inner« Ueberzeugung entgegen, die ein Jahrhundert vorher von KopernikuS wissenschaftlich erwiesene Wahrheit widerrief. Aber Alles umsonst! — Die Kirche hat ihren Wider stand aufgeben müssen, und der von ihr verfochtene Wahn, der damals von Millionen und aber Millionen geglaubt wurde, ist heute nicht einmal mehr zu einem Ammenmärchen gut, mit dem man Kinder abspeist. „Stehe still, Sonne!" Dieses Wort deS Josua, daS auf dem KopernikuS-Denkmal angebracht ist, bezeichnet kurz die ganze Bedeutung dieses Geisteshelden, der die Erde in ihre Schranken wies und die Menschen zur Demuth leitete, sie aber zugleich emporhob und ihren Gesichtskreis inS Un endliche erweiterte, indem er die Gesetze enthüllte, nach denen die Welten in ewiger Bewegung um die Sonne kreisen. Die Feier des 400jährigen Geburtstages dieses großen Mannes wurde in Thorn in würdiger Weise begangen; viele Universitäten und wissenschaftliche Vereine Deutschlands und des Auslandes, ja Amerika's, waren dabei anwesend. Tagesgefehiehte. Dresden. In der 2. Kammer wurde der Antrag de« Abg. Schaffrath und Genossen, die Beibehaltung deS Ge schworenengerichtes durch die Reichsgesetzgebung betr., mit 46 gegen 17 Stimmen angenommen. — Abg. Ludwig brachte eine Interpellation ein: die StaatSregieruna möge erklären, ob sie die officielle Verkündigung deö „Unfehlbar keitsdogmas" in Sachsen verhindert habe und welche Maß regeln sie zu ergreifen gedenkt, um die, der Aufsicht de« CultusministeriumS unterstehenden katholischen Schulen vor dem Einfluß derjenigen katholischen Geistlichen, welche sich dem Dogma der päpstlichen Unfehlbarkeit unterworfen haben, zu bewahren. — Die sächsischen Ministerien veröffentlichen eine Ver ordnung, betreffend die Bearbeitung einer neuen geolo gischen Karte des Königreichs Sachsen, und soll zu diesem Zwecke eine specielle Untersuchung des ganzen Landes vorge nommen werden, mit deren Leitung der Professor der Geognosie an der Universität Leipzig vr. Credner beauftragt worden ist. Berlin. Die Arbeiten für das Münzgesetz sind be reits dem Kaiser vorgelegt worden. Derselbe will jetzt von der Ausprägung von Dreimarkstücken (Thaler) absehen; es sollen Fünfmarkstücke, Markstücke und Halbmarkstücke (50, 10 und 5 Groschen) ausgeprägt' werden. In Süddcutschland fängt man bereits mit der Einziehung des dortigen Gulden geldes an.