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Dienstag. Rr. S«. 7. Mai 1872. Weißenh-Zeitung. Amts-Matt für die Herichts-Aemter und Stadträtye zu Dippoldiswalde und Krauenstein. Verantwortlicher Redakteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Dieses Blatt erscheint wöchentlich zwei Mal: Dienstags und Freitags. Zn beziehen durch alle Post-Anstalten und die Agenturen. Preis Vierteljahr!. 18'/- Ngr. Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage des Blattes eine sehr wirksame Verbreitung finden, werden mit I Ngr. für die Spalten-Zeilc berechnet. Tagesgeschichte. Dippoldiswalde, 6. Mai. Am Freitag sprach Herr Provisor Hesse von hier im hiesigen Gewerbeverein über Gase in verständlicher Weise und erläuterte seinen Vortrag durch instruktive, gut vorbereitete und gelungen ausgeführte Experimente. Er behandelte nach einander AmmoniakgaS, Chlorgas, Kohlensäure, Leuchtgas, Schwefelwasserstoff; zeigte das Vorkommen derselben in der Natur, die Herstellung und den technischen Gebrauch. Die Zuhörer erhielten durch die gebotenen Mittheilungen Einblicke in manche Vorgänge der Natur, die sich der gewöhnlichen Beobachtung entziehen, aber deshalb eben um so interessanter und überraschender erscheinen. Wir rechnen dahin z. B. die Bemerkungen über Pflanzener nährung (beim Ammoniak), über den Kreislauf des Sauer stoffs in der Natur (wobei die tröstliche Versicherung gegeben wurde, daß die vorhandene Sauerstoffmenge von 9 Millionen Kubikmeilen, bei jährlich 1 */» Trillion Kilogramm Verbrauch, für 1000 Mill. Menschen etwa 2 Mill. Jahre ausreichen würde), über Reagention zur Auffindung gewisser Stoffe in chemischen Verbindungen (beim Schwefelwasserstoff). Die Herstellung von Leuchtgas durch Wasserstoffgas, das durch Benzol geleitet wurde und eine vorzügliche Flamme gab, die Explosion von Knallgas, die Selbstentzündung von Phoöphor- wasserstoff, die Schnellbleiche im Chlorgase und andere Ex perimente fesselten die Aufmerksamkeit und machten den Wunsch rege, bald etwas Weiteres aus dem Gebiet der Chemie, dieser epochemachenden Wissenschaft, zu vernehmen. — Aus der von dem Vereinskassirer Hrn. Kaufmann Schmidt vorgecragenen Rechnungsübersicht über das Vereinsjahr 1871—1872 ergab sich bei einer Einnahme von 85 Thlr. 15 Ngr. 5 Pf. (incl. 37 Thlr. 29 Ngr. 5 Pf. Kassenbestand vom vor. Vereinsjahre) und einer Ausgabe von 24 Thlr. 29 Ngr. 4 Pf. ein Kassen bestand von 60 Thlr. 16 Ngr. 1 Pf. — Freitag nach Pfingsten soll die nächste Versammlung stattfinden, und wird in derselben definitiv über die nach Rabenau zu veranstaltende Parthie Beschluß gefaßt werden. G Frauenstein. Da zu der am 2. Pfingstfeiertage bevorstehenden Fahnenweihe der hiesigen Schützengesell schaft, welche in vor. Nr. bereits erwähnt wurde, jedenfalls viel Fremde sich hier einfinden werden, vielleicht schon deshalb, um bei dieser Gelegenheit sich den wiederaufgebauten Stadt- theil mit anzusehen, so ist es gewiß nicht unbillig, wenn wir schon jetzt mit der Bitte an die Bewohner Frauensteins her vorzutreten uns erlauben: zur Verschönerung und Verherr lichung des Festes ihre Häuser durch Fahnen und Flaggen, Kränze und Guirlanden zu schmücken, und geben uns der Hoffnung hin, daß die hiesigen Einwohner auch diesmal, wie immer, zur Hebung der Festfreude und Verschönerung des Festes das Ihrige beizntragen gern bereit sein werden. Frauenstein. Wegen des in diesem Jahre vorzu nehmenden Neubaues der hiesigen Frohnveste macht sich die Abtragung des zum alten Gebäude gehörigen Holzschuppen», welcher beim Stadtbrande vom Feuer verschont blieb, während die Frohnveste abbrannte, nöthig, und hat man bereits damit begonnen. Wir hören, daß das neue Gebäude mit der Front nach dem Schloßwege, doch von diesem etwas zurück zu stehen kommr, während der Eingang in das Gebäude an der unteren Giebelseite angebracht werden soll. — Auch unser Kirch en bau schreitet rüstig vorwärts, und wird dem Vernehmen nach das Heben des Kirchgebäudes nicht allzu lange mehr auf sich warten lasten. -j- Frauenstein. Zur Vervollständigung und Würdigung der Angabe aus Leipzig in Nr. 35 d. Bl. wäre zu wünschen, daß derselbe Statistiker, dem wir sie verdanken, oder ein andrer ausrechnete, auf welcher von beiden Seiten, welche dort einander gegenübergestellt sind, die ihnen angerechneten Gehalte am vollständigsten wirklich eingehen und wie sich dazu nicht nur ihre allseitige Besteuerung, sondern der Auf wand an Zeit und Kosten zur Vorbildung für ihren Beruf, nicht minder der Aufwand verhalte, welchen ihnen die all- seitigen Ansprüche an ihre amtliche und sociale Stellung verursachen. Leipzig. Die weltbekannte Firma F. A. Brockhaus hier feierte am 4. Mai einen wichtigen Merktag ihrer Ge schichte: der Gründer der Firma erblickte am 4. Mai 1772 das Licht der Welt. Es war nicht ein Familienfest, sondern ein gar allgemeines; alle Mitarbeiter des umfangreichen Ge schäftes, die College», die Gelehrten, das ganze Personal, ja Leipzig selbst feierte es mit, Alle stolz darauf, einem Geschäfte anzugehören und eS in ihrer Mitte zu haben, das eine Trägerin und Pflegerin ebensowohl der bürgerlich gemein nützigsten, wie der höchsten wissenschaftlichen Bestrebungen gewesen, jetzt noch ist und bleiben wird. Unter der Firma F. A. Brockhaus sind dermalen folgende Geschäftszweige vereinigt: Verlagsbuchhandlung; Deutsches und ausländische« Commistionsgeschäft; Deutsches und ausländisches Sortiments geschäft; Antiquarium; Filialgeschäst in Wien; Filialgeschäft in Berlin; Buchdruckerei; Schriftgießerei; Stereotypengießerei; Galvanoplastische Anstalt; Schriftschneiderei und Graviran- stalt; Mechanische Werkstätte; Stahl- und Kupferdruckerei; Lithographische Anstalt und Steindruckerei; Lylographische Anstalt; Buchbinderei. Das Personal zählt jetzt 601 Per sonen; das Grundstück mit 2 großen Höfen rc. umfaßt einen Flächenraum von 38524 Quadratellen, ist mit 16,256,«» Steuereinheiten belegt; der Gasverbrauch (786 Flammen) beträgt jährlich 36,486 Kubikmeter im Betrag von 2557 Thlrn. — Am Festtage früh 7 Uhr sand eine Todtenfeier am Grabe von Friedrich Arnold Brockhaus statt; um 10 Uhr