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Weißeritz-Aeitmrg Erscheint Dienstagsund Freitags. Zu beziehen durch alle Postanstalten. Preis pro Quartal 10 Ngr. Inserate die Spaltm-Zeile Amts- und Anzeige-Mt der Königlichen Gerichts-Aemter und Stadträthe zu Dippoldiswalde und /rauenstein. Verantwortlicher Vedacteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Tagesqesehichte. Dippoldiswalde, den 9. October. Ain Freitage, den 6. October, wurde hier durch Hru. Regi'rungs- rath Schmiedel aus Dresden die Zusammenstellung der behufs der Wahl eines Landtagöabgeordneten einge gangenen Stimmen vorgenommen. Von 707 gültigen Stimmzetteln waren 510 für den liberalen Candidaten Hrn. Uhrenfabrikant Adolf Lange svn. in Glashütte, 118 für den konservativen Candidaten, Gerichtsamtmann Weidauer in Seyda, 29 für Gerichtsamtmann Suppe in Lauenstein, während sich 50 Stimmen auf Mehrere zersplitterten. Gewiß wird Hr. Lange, der mit großer Majorität aus der Wahlurne hervorgegangene Candidat, dem liberalen Fortschritt in Staat, Kirche und Schule stets ein rüstiger Vorkämpfer sein. Das hoffen wir, und daraus dem Gewählten ein herzliches Glück auf! — Die neugebaute Straße nach Klingenberg ist längst fertig; aber immer noch verlautet nichts von einer Postverbindung zwischen hier und dort! Mit dem Eiuziehen der Frauen steiner Post verfuhr man bekanntlich sehr rasch; aber die Einrichtung der neuen Verbindung, die man doch mit Vollendung der Straße bestimmt erwarten konnte, läßt auf sich warten. Wir möchten im Interesse des Publikums dringend wünschen, daß wir endlich Gewißheit darüber erlangten: ob nun spätestens den 1. Novbr. die längsterwartete Postver bindung in's Leben treten wird, oder nicht? — Allerwärts rührt man sich, die in der Neuzeit allein wichtigen und nutzbringenden Verkehrsstraßen, die Eisenbahnen, zu vermehren, und das sächsische Eisenbahnnetz wächst fort und fort um neu hinzukom mende Strecken. Damit steht entweder die Anlegung neuer, oder die bessere Verwerthung bereits bestehender Etablissements im Zusammenhänge. Fast jeder Tag bringt davon neue Kunde. So lesen wir wieder in Nr. 232 des „Pirn. Anzeigers" vom 6. October d. I., daß sich am 27. September d. I. nach vollständiger Zeichnung der betreffenden Aktien und nach käuflicher Erwerbung des Gruson'schen Bergwerks zu Berggieß hübel eine Aktiengesellschaft unter dem Namen „Sächs. Eisenindustrie-Gesellschaft" mit einem Anlagekapital von 1 Mill. 600,000 Thlr. gebildet hat, die ihren Sitz in Pirna hat, in dessen Handelsregister sie bereits eingetragen worden ist. Die Bedeutung dieses Unter nehmens erhöht sich aber noch dadurch, daß nunmehr auch die alsbaldige Erbauung der Pirna-Dux er Eisenbahn gesichert erscheint. Die in Pirnaer Flur zu erbauenden Hohöfen, die jährlich einen Bedarf von 2 Mill. Centner Eisenstein haben werden, machen die Inangriffnahme zu einer Bedingung für die Lebens- thätigkeit obengenannter Gesellschaft. Das Projekt ist aber auch schon durch die rührige Thätigkeit der Comitk's in Pirna der Ausführung sehr nahe gebracht. Die Erbauung ist durch den sächsisch-österreichischen Staatsvertrag vom 24. Decbr. v. Js. gesichert, und bereits hat die militärisch-technische Prüfung der pro- jectirten Strecke auf böhmischer Seite stattgefunden; der Abschluß des Vertrages über die Beschaffung des Baucapitals steht im Laufe der nächsten beiden Monate zu erwarten, und die Inangriffnahme mit Frühjahr 1872 steht kaum zu bezweifeln. — Auch die Lausitzer Eisenbahn ist ihrer Ausführung näher gerückt und Pirna wird dadurch Knotenpunkt dreier Bahnen und gewinnt immer mehr an Bedeutung. Wie sieht's dagegen bei uns aus? — Es gab einmal eine Zeit, wo man eifrig dafür wirkte, auch unsere Stadt und Gegend durch eine Eisenbahn dem allgemeinen Verkehrswege einzufügen! Man brachte Geldopfer, ließ nivelliren und traciren; — bald werden die letzten traurigen Ueberreste der Absteckungszeichen verschwunden sein! Schon hatte in der Debatte der 2. Kammer der Ständeversammlung unser Projekt sich einer gewissen Theitnahme zu erfreuen uvd wäre ohne den Widerspruch der 1. Kammer möglicher Weise schon ausgeführt: — da sind wir wieder in eine Lethargie versunken, welche jede neue Anstrengung scheut! Ist denn Niemand da, der die Interessen unserer Stadt und Umgegend wahren will? Niemand da, der immer und immer wieder wühlt und bohrt, bis wir endlich erreicht haben, was wir füglich nicht länger entbehren können, wenn wir in industrieller Beziehung nicht völlig degradirt werden wollen? Als zuerst vor etwa dreißig Jahren von der Erbauung einer Freiberg-Dresdner Bahn gesprochen wurde, da verlachte man den alten Stadtrichter Sachse von Freiberg; aber der Wackere ließ sich nicht werfen; immer und immer wieder kam er mit seinem Projekte, kein Landtag verging, wo er es nicht wieder in's Gedächtniß zurückgerufen hätte, und — jetzt wird man kaum begreifen können, warum es trotzdem bis zum Jahre 1865 gedauert hat, ehe diese wichtige Bahnstrecke entstand. Wir wollen damit nur auf die Nothwendigkeit hingewiesen haben, ein Projekt, das zweifelsohne in der Jetztzeit immer mehr zu einer Lebens- und Culturbedingung wird, nicht aus den Augen zu verlieren und energisch dafür zu wirken, wenn man eine Gegend nicht geflissentlich aus der Zahl der empor - strebenden gestrichen wissen will. Dippoldiswalde, 9. Octbr. Gestern wurde die jährliche Hauptübung der hiesigen freiwilligen