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Erscheint Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Postanstalten. Weißeritz-Zeitung Preis pro Quartal 10 Ngr. Inserate die Spalten-Zeil» 8Pfg. Ms- und Anzeige-Natt der Königlichen Gerichts-Ämter und Mdträthk zv Dippoldiswalde und /raueusteiu. verantwortlicher Nedarteur: Larl Zehne in Dippoldiswalde. Monats-Bericht. „Wir leben von den Resten der großen Mahlzeiten! " schrieb neulich ein Publicist. Der Juli und der August sind unter normalen Verhältnissen die Monate der diplomatischen Ferien, der Badecuren, der Reisen, für die Landwirthschaft die Zeit der Erndte. Die Welt- geschichte ruht ein paar Monate, bis im September und October das Räderwerk von Neuem zu laufen be ginnt. Aus Mangel an neuem Material beschäftigen sich daher die Publicisten vorwiegend mit Rückblicken auf das vergangene Jahr, wozu die festliche Rückkehr der Truppen nach Dresden und München speciellen Anlaß bot. In München war der deutsche Kronprinz der Gegenstand zahlreicher Ovationen. Auch in Eng land, wo sich der Kronprinz jetzt mit seiner Familie aufhält, spricht sich die Presse höchst anerkennend über die militärischen und menschlich milden Charaktereigen schaften des Kronprinzen aus; sie gedenkt dabei der Stammesverwandtschaft der Deutschen und Engländer und hebt mit besonderer Genugthuung hervor, daß beide Nationen niemals feindlich sich gegenübergestanden, wohl aber wiederholt Kampfgenossen gewesen seien. Zuletzt war dies bekanntlich in dem Riesenkampfe gegen Napoleon bei Waterloo am 18. Juni 1815 der Fall. Wir können es uns nicht versagen, einen kurzen Rückblick auf diese Schlacht zu werfen. Blücher hatte am 16. Juni 1815 mit Rücksicht auf die zugesagte, aber ausbleibende Unterstützung des englischen Generals Wellington, den Kaiser Napoleon bei Ligny angegriffen. Blücher unterlag der Uebermacht, wurde geschlagen, verlor 12000 Todte und Verwundete und 21 Kanonen; er selbst stürzte mit dem Pferde, welches ihm unter dem Leibe erschossen wurde, erlitt eine arge Quetschung und entging nur durch Hilfe seines Freundes Nostitz dem Tode oder der französischen Gefangenschaft. Aber der heroische Muth des greisen Blücher war unge brochen. „Wir haben Schläge gekriegt, lieber Gneisenau, wir müssen es wieder ausbessern!" sagte er zu dem eintretenden Freunde. Am nächsten Tage ließ Wellington anfragen, ob ihm Blücher morgen zu Hülfe kommen könne? „Mit der ganzen Armee!" ließ ihm der auf seinem Schmerzens lager ruhende alte Feldmarschall sagen. Und vorwärts ging es nach Waterloo! Der Weg war weit und sumpfig. Der Regen goß in Strömen. Die Soldaten murrten und sagten: „Es geht nicht; es ist unmöglich!" Mit tiefster Bewegung und Kraft antwortete Blücher: „Kinder, wir müssen vorwärts! Es heißt wohl: es geht nicht! Aber es muß gehen; ich habe es ja meinem Bruder Wellington versprochen. Hört ihr wohl ? Ihr wollt doch nicht, daß ich wortbrüchig werden soll?" Und so ging es unaufhaltsam vorwärts! Die Eng länder hatten inzwischen im furchtbaren Kampfe gegen Napoleon Stand gehalten; aber ihre Regimenter be gannen zu wanken, sie hatten bereits mehrere Positionen verloren, und Napoleon bereits einen Courier mit Sieges- nachrichten nach Paris abgefertigt. Es war Nachmit tags 3 Uhr geworden. Da erschien noch im rechten Momente Blücher im Rücken der nichts ahnenden Franzosen, und binnen wenig Stunden war der große Kaiser total geschlagen und Gneisenau konnte den denk würdigen Befehl geben: „Der letzte Hauch von Menschen und Pferden muß zur Verfolgung der fliehenden Feinde aufgeboten werden!" Das war die letzte Waffenbrüderschaft der Deutschen und Engländer! Doch eines geistigen Kampfes müssen wir beim Rückblicke auf diesen Monat noch gedenken. Es ist der Kampf, den die preußische Regierung gegen die Ultramontanen eröffnet hat. Der Conflict zwischen der Staatsgewalt und dem Dogma der päpstlichen Unfehlbarkeit wird, wie es scheint, dort zuerst zum Austrage kommen. Auch in Baiern regt eS sich: die in diesen Tagen erfolgte Entlassung des Grafen Bray, welcher die neukatholische Partei vertrat, läßt schließen, daß es auch in Baiern zum Bruche kommen wird. TageSgefchichte. * Poffendorf, am 24. Juli 1871. Unser, Ihnen bereits angezeigtes Gustav-Adolf-Fest hat gestern unter sehr befriedigendem Verlaufe stattgefunden. So lange als der Verein besteht, ist niemals in Possendorf ein solches Fest gefeiert worden; denn die hiesige Paro« chie gehörte zeither als Hülfsverein zum Zweigvereine Dresden und dieser feiert seine Jahresfeste nicht außer halb der Stadt. Erst seit vorigem Jahre schloß sich Possendorf an den benachbarten Lharand-Kesselsdorfer Verein an, und eine Folge dieses Anschlusses war das gestrige Fest. Herkömmlich waren die Jahresfeste deS genannten Vereins Mittwochs gehalten worden; nach dem Willen des hiesigen Kirchenvorstandes sollte es dieses Mal Sonntags geschehen, weil man für einen solchen Tag eine viel größere Betheiligung der Gemeinde erwartete. Diese Erwartung hat sich denn auch glän zend bewährt. Zwar zeigte der Himmel im Laufe des Tages kein besonderlich freundliches Angesicht; einzelne Gewitterregen schienen die Festfreude stören zu wollen. Jndeß war es möglich, den beabsichtigten Festzug in die Kirche auszuführen, an welchem sich die oberen Abtheilungen unserer Schulen mit Fahnen und Blumen«