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Nr. 42. Weisierih-Aeitung VerrmInmUicher Nedscteur: Carl Zehne in Dippoldiswatde. Freitag. Erscheint Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Postanstalten. 2. Juni 1871. Preis pro Quartal 10 Ngr. Inserate die Spalten-Zeile 8Pfg. Amts- und Anzeige-Dlatt der Königlichen Gerichts-Ämter und Stadträlhe zu Dippoldiswalde und Frauensteiu. Tagesgefchichte. Dippoldiswalde, 1. Juni. Wiederum können wir über eine, unfern Abgebrannten zugedachte, ganz besonders wohlwollende Spende berichten. Der Männerturnverein in Dresden, der uns schon manchmal durch seinen Besuch erfreut hat, hat dem Redacteur dieses Blattes nebst einem sehr freundlichen Begleitschreiben durch seinen Vorsitzenden, Hrn. Strauß, 20 Thlr. übersandt, deren Vertheilung unter die Cala- mitosen er lediglich seinem eigenen Ermessen überläßt. In Erinnerung an manche in Dippoldiswalde verlebte schöne Stunde, sowie in Anerkennung der auch bei uns treulich gepflegten Turnsache, hat sich, wie Hr. Strauß uns schreibt, der Männerturuverein zu Dresden zu dieser freundlichen Spende veranlaßt. — Wer da weiß, wie opferwillig gerade der genannte Verein sich zu jeder Zeit, aber besonders während des letzten Krieges gezeigt hat, der wird in der übersandten Unterstützung unserer Calamitosen in der That einen Beweis von Sympathie erkennen müssen, für deren Erwerbung wir zunächst Denen dankbar sein müssen, die der Turnsache auch bei uns eine Wohnstatt errichtet haben. Möchte sich Dippoldiswalde diese Sympathieen erhalten! — Am 30. Mai ist in Sadisdorf der in einem Jauchenloche aufgefundene Leichnam eines neugeborenen Kindes gerichtlich aufgehoben, auch eine des Kindes mordes verdächtige Dienstmagd verhaftet worden. — I. Juni. Wie wir von Reisenden, die heute Vormittag aus Dresden hier ankamen, erfahren, soll in vergangener Nacht in Neustadt bei Stolpen ein großes Feuer entstanden und beinahe die ganze Stadt abgebrannt sein. * Glashütte. Es ist unstreitig ein unbedingtes Erforderniß unsrer Zeit für Alle, sich ein größeres Maaß von Bildung anzueignen. Unsre Zeit ist so reich an bedeutenden Fortschritten in Wissenschaft und Kunst, so reich an höchst wichtigen Fragen bezüglich besserer Einrichtungen im Staats- und Völkerleben, daß jeder strebende Mensch die Pflicht hat, im engern, und soweit es seine Kräfte erlauben, auch im weiteren Kreise zur Förderung seiner und seiner Mitmenschen Wohlfahrt zu wirkens ES darf uns nicht genügen, nur DaS zu kennen und zn wissen, was unmittelbar auf unsre Berufsthätig- keit Bezug hat, sondern wir müssen von allen Zweigen des Wissens, die mit unserm Arbeitsgebiet in Beziehung stehen, soviel wie möglich Kenntniß zu erlangen suchen, um Neues in Kunst und Wissenschaft, im Handel und Gewerbe zu prüfen, um einigermaßen sicher beurtheilen zu können. Von diesen und andern wichtigen Gesichtspunkten gingen eine Anzahl hiesiger Industrieller und Gewerb- treibender aus, als sie am 7. Februar 1864 den hiesigen Gewerbeverein gründeten. Es tritt, nach Verlauf von 7 Jahren, die Frage an uns heran: War der Gewerbe-Verein immer be müht, seine Aufgabe zu lösen? Schreiber dieses, welcher den Verein mit gründen half und demselben stets treu geblieben ist, glaubt diese Frage mit einem Ja beant worten zu können. Als Beleg dafür möge folgende Tabelle dienen, in welcher die Thätigkeit des Vereins in Zahlen ausgedrückt ist: vettini- »erstmml. vorstnnds- fihungtn. Vorträge. Vorlesung. Vurchschn. Sesuch. 1864-65 14 2 14 7 27 65-66 12 23 10 1 37 66-67 7 12 9 — 24 67—68 7 8 8 —— 49 68—69 10 15 11 1 38 69-70 10 15 12 1 47 70-71 9 9 8 — 58 Verhandlungen wurden gepflogen über G ründunL einer Fortbildungsschule, über Anschluß an die gewerbl. Schutzgemeinschaft, über Verwerthung weiblicher Arbeits kräfte, über Hebung unserer Strohflechtindustrie, über den im Druck erschienenen Bericht an die Handels- und Gewerbekammer, über Patentschutz rc. DaS Kind des Gewerbevereins, die Fortbildungs schule, hat sich stets einer sorgsamen Pflege zu erfreuen gehabt, und wird sich der Durchschnittsbesuch nach ohn- gefährer Schätzung auf einige 30 Herausstellen. DaS gesellige Leben ist durch jährlich 3—4 Familienabende erweckt und gehoben worden. So ist denn der Gewerbe- Verein, geleitet durch Männer, welche das Wesen und die Bedeutung der Gewerbe-Vereine richtig erfaßt haben, nach jeder Richtung bestrebt gewesen, seine Ausgabe zu lösen. Mögen sich auch ferner die Kräfte finden, welche durchdrungen sind von der Nothwendigkeit, auf eine tüchtige Bildung, das heißt auf eine möglichst gleich mäßige Entwickelung aller geistigen und sittlichen Kräfte, hinzuwirken. Dieß gebe Gott! * Von der sächsisch-böhmischen Grenze geht uns folgender Artikel zu: In einer vielgelesenen Zeitung erschien vor Kur zem ein Aufsatz, welcher den Bau der Brüx-Frei« berger Eisenbahn bespricht und den Uebergang nach Böhmen am Sattel des NiklaSbergeS für durchaus unvortheilhaft hält. Die kürzeste, praktischste und vortheilhafteste Linie sei die über Großhardt« mannsdorf, Oberzethau, ObervoigtSdorf, Saida und KämmerSwalde durch den Rauschengrund nach Böhmen.