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WeZßerih-Zeitung EnUnt Ti.v.srags und Freitags. Zu beziehen durch alle Pestanstalten. Preis... pro Quartal lONgr. Inserate die Spaüen-Zeile ^Pfg. Amts- und Anzeigt-Klatt der Königlichen Gerichts-Iemter und Stadträthe zu Dippoldiswalde und Frauensteiu. vrrMwortlichkr vedarteur: Carl Irline in Dippoldiswalde. Tagesgefchichte. Dippoldiswalde, den 3. April. Wenn wir bis her über die von dem benachbarten Reichstädt aus gehenden, bereits weit verbreiteten Erzählungen von angeblich unerklärlichen Spuk- und Scheuchge schichten aller Art in unserem Blatte zu reden, An stand genommen haben, so hat uns dazu neben der Hoffnung, es würden sich dieselben bald als einfältiges Geschwätz und Mystifikation des Publikums erweisen, auch die Befürchtung veranlaßt, eS werde durch eine öffentliche Besprechung der fraglichen Ereignisse eine möglichst baldige Entdeckung der Personen, die bei den selben betheiligt sein müssen, erschwert werden. Außer dem Umstande aber, daß die betreffenden Gerüchte fort und fort sich erneuern und offenbar Nichts zur Auf klärung derselben geschieht, veranlaßt uns, unser Schwei gen aufzugeben, ganz besonders eine Zuschrift ans dem Gebirge, ans der wir zunächst einige Stellen mittheilen wollen. Ein Lehrer schreibt unS: „Es kann Ihnen nicht unbekannt sein, wie unendlich schwer es ist, gegen den Aberglauben der Menge zu kämpfe». Fast nutzlos ist jedes Bemühen, Erwachsenen gegen über, den Unsinn des Gespensterglaubens rc. ihnen aus dem Sinn zu schaffen; kaum hat man sich die Lunge wund geredet, so kommt aus nächster Nähe eine ganz vernünftig scheinende Person und erzählt Begebenheiten, die dem kaum Abgekanzelten die Haare unter der Mütze zusammentreiben. Kinder glauben das Vernünftige so lange, bis die gute Mutter (von einer Hausirerin mit neuer Waare beglückt) zu Hause dem Kinde die Weisheit predigt, daß der Lehrer ein gar ungläubiger Thomas, die Muhme, Pathe-oder Semmelfrau selber dabei gewesen, die Sache wahr sei. Auch giebt's der Männer leider nicht wenige, die, wenn auch scheinbar ungläubig, im Herzen und vor ihres Gleichen aber jedem Unsinne dieser Art Glauben schenken. Unser benachbartes Reichstädt, welches schon vor einigen Jahren die Ehre hatte, die Quelle einer grausigen Spukerei zu sein (ich denke da an Gietzelt's Begräbniß und an das dabei stattgehabte Geräusch), ohne daß auf irgend welchem Wege das irregeleitete Publikum eine Aufklärung darüber erhalten hätte, — dieses Reichstädt ist alleweil in jedem Munde. Was liegt diesem Lügengewebe für eine einfache Thatsache zu Grunde? Würden Sie, verehrter Herr, in Ihrem bei uns so gern gelesenen Blatte zur Ehre der Wahrheit, zur Ausrottung des schändlichen, unsre Lebensfreuden vergiftenden Aberglaubens wohl einen Artikel über die trüben Vorgänge in Reichstädt schreiben? rc." Einen Artikel zu schreibe» über die Reichstädter Spukgeschichten, zu erzählen von den im verschlossenen Zimmer von unsichtbaren Unholden geworfenen schweren Steinen, Messern rc., von widerspenstigen Steinkohlen, die sich ihrer Abführung in dunkle Kellerräume durch Umherfliegen vor dem Hause energisch widersetzten, von emancipirten Filzschuhen, die ohne Insassen selbständige Promenaden vornehmen, von mysteriösen Hasenpfoten, die selbst im abgeschnittenen Zustande noch die Schnellig keit ihre« ehemaligen Besitzers beibehalten haben, und was dergleichen offenbar ungenau beobachteter Spuk mehr ist: — das soll unö auch heute nicht einfallen; aber die entschiedene Anträge wollen wir hier aus sprechen: „Ist es nicht Pflicht der Behörde, auf ganz energische Weise derartigen Unfug auf das Entschie denste bis zur Klarstellung zu untersuchen und daS Re sultat zu veröffentlichen, um dem durch solchen, sei es in leichtfertiger oder böswilliger Absicht, auSgeübten scandal, durch welchen dem so schwer zu bekämpfenden Volksaberglauben unglaublicher Vorschub geleistet wird, entgegenzuarbeiten?" — Und Zeit wäre eS dazu aller dings schon längst gewesen, denn die Reichstädter Spuk geschichten datiren bereits von Anfang dieses Jahres Dippoldiswalde. Die Redaction dieses Blattes kommt sehr gern den mehrfach an sie ergangenen Auf forderungen nach: daS von Glashütte aus mit einer Ehrengabe (s. Nr. 25 dö. Bl.) begleitete, an die Re daction gerichtete Begleitschreiben zu veröffentlichen. Sie thut dies, „gewissen Leuten gegenüber," um so lieber, als durch dasselbe der Beweis geliefert ist, wie die liberale Partei die Preßorgane zu ehren weiß, die treu die nationale Richtung vertreten. Das Schreiben lautet: Geehrter Herr Redacteur! Wenn wir aus die große» Thaten der jüngsten Ver gangenheit mit stolzer Befriedigung blicken, so müssen wir auch zugestehen, daß der Tagespreise ein ruhmvoller Antheil an dem von unserm Volke Erreichten zukommt. Denn sie hat, mit wenigen unrühmlichen Ausnahmen, unablässig die deutschen Volksstämme zur Einigkeit, zum kräftigen Zusammen stehen für die gute Sache gemahnt: sie hat aber auch mit anerkennenswerther Schnelligkeit und Wahrheitstreue den Ver kehr zwischen dem siegreiche» Heer und dem theilnehmenden Volke daheim vermittelt! In beiden Richtungen hat Ihr Blatt, geehrter Herr, seine Aufgabe in einer Weise erfüllt, die uns laute Aner kennung zur angenehmen Pflicht macht. Dio durchweg na tionale und freisinnige Haltung Ihres Blattes hat demselben schon früher manchen Freund hier gewonnen, aber im ver gangenen Kriege haben Sie aus das Ueberraschendste gezeigt, mit welchem Eifer Sie Ihren Lesern dienen. Nicht von Dresden, sondern von Dippoldiswalde gingen uns die