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Dienstag. Nr. 19. 7. März 1871.. Mschemt Dienstagsund Freitags. Zu beziehen durch alle Postanstalten. Weißerih-Zeitung.H Amts- und Anzeige-Platt der Königlichen Gerichts-Ämter vnd Sta-tkilthe zn Dippoldiswalde und /ranenstein. Verantwortlicher NeLacteur: Tart Zehne in Dippoldiswalde. Die Friedensfeier in Dippoldiswalde. Wir haben Tage voll unbeschreiblichen Jubels er lebt! Unsere Stadt, so klein sie ihrer Einwohnerzahl nach ist, sie hat sicher unter denen, die den nun mit Gott wiedergewonnenen Frieden gefeiert haben, nicht hintenangestanden. Man kann wohl sagen, daß Jeder gethan hatte, was seine Kräfte vermochten, Mancher wohl auch noch mehr. Doch beeilen wir uns, unfern auswärtigen Lesern ein Bild von den stattgefundenen Festlichkeiten zu entwerfen. Als am Montage, den 27. Februar, die Nachricht von dem Abschlüsse der Friedenspräliminarien durch einen Expressen hier ankam, die wir alsbald durch Extrablatt verbreiteten, entschloß sich sofort das Fest- comitö, obgleich vielleicht gerade jetzt allgemeine Em pfänglichkeit vorhanden gewesen wäre, die Friedensfeier noch so lange aufzuschieben, bis die Ratification der Nationalversammlung in Bordeaux erlangt sei. Daß Flaggen aufgezogen und durch Gesang und allerlei Privatjubel dem Gefühle der Freude auch jetzt schon Ausdruck gegeben wurde, war als eine Vorfeier zu be trachten, der dann auch die würdige Nachfeier erfreu licherweise bald nachgefolgt ist. Freilich für Viele, die fast stündlich die Meldung des definitiven Abschlusses erwarteten, und so auch für uns, war die Zwischenzeit bis Donnerstag Nachmittag, wo um 2 Uhr die Frie densdepesche hier anlangte, immerhin eine Art Folter. Indessen wurde diese Pause von unserm rührigen Fest- comitö auf'S Beste zu Vorarbeiten verwendet, Zimmer leute bauten, Dekorateure malten, Seifensieder gossen Talgnäpfchen, zarte Hände nähten Flaggen und Schärpen, überall rührige Thätigkeit, um das Fest des Frieden würdig zu begehen. Und als nun die Bestätigung von der Zustimmung der Nationalversammlung ankam, da waren Alle fertig und bereit, das Fest zu feiern, wie es vorher durch Comitäbeschluß festgesetzt war. Sofort nach Eintreffen der Depesche erscholl fest liche», stundenlanges Geläute aller Glocken; die Häuser legten ihren Flaggenschmuck an, Jung und Alt eilte frohgeschästig durch die Straßen. Nach be endigtem Geläute wurde der Choral: „Nun danket Alle Gott" vom Thurme geblasen, und hierauf hielt unser Schützencorps mit Trommelschall und Hörnerklang einen Umzug durch die Stadt. Daß sich in ver schiedenen Restaurationen durch Gesang und manches kräftige Wort und Hoch der Jubel bis spät in die Nacht kund gab, glauben uns wohl unsere Leser ohne besondere Bekräftigung. Da« auf dem Schießhause gesellig vereinte Schützencorp« erzielte durch eine launige, improvisirte Auction einer Anzahl buntgedruckter Taschen tücher, die ein Schütze dazu aus seinen Maaren her gegeben hatte, einen recht hübschen Erlös, der gleich einem, am Hauptfestabende im Rathhaussaale gesam melten (letzterer ca. 21 Thlr.) an die Kasse des Inter nationalen Hilfsvereins abgegeben worden ist. Freitag früh weckte uns abermals Trommel- und Hörnerschall. Die Zeit bis zum Abend, der zur Vor feier des Hauptfesttages bestimmt war, verging unter der Vollendung noch nöthiger Dekorationen, dem Her beischaffen von Material zu Freudenfeuern, Musik- und Gesangproben und anderen Vorbereitungen. Der Nachmittag bot eine vom Schützencorps ausgehende, einfach aber sinnig ausgeführte Feier dar. Um 3 Uhr bewegte sich unter Musik und Gesang ein Theil der Compagnie vom Rathhause auf die Aue, um hier vor der Schützenhalle 2 Linden, als Friedenserinnerung, zu pflanzen. Die kräftigen, in deutschen und sächsischen Farben bebänderten Stämmchen wurden dem kleinen Zuge vorangetragen. Nach der Pflanzung sprach Hr. Adv. Leißring einige bezügliche kräftige Worte, in denen er die Bedeutung der beiden Bäumchen, die nach und nach zu kräftigen Stämmen erstarken würden, darin bezeichnete, daß sie kommenden Geschlechtern, die an dieser Stätte dem Spruche: Ueb' Äug' und Hand für'S Vaterland! folgen würden, ein Zeichen unserer Dank barkeit und eine Mahnung zu schützenbrüderlicher Eintracht sein möchten! — Die kurze Feier hinterließ allerseits einen wohlthuenden Eindruck. Kaum fing es an zu dunkeln, so lohten auf allen hervorragenden Höhen, theilö verabredetermaßen, theils völlig unerwartet, Freudenfeuer zum Himmel, um die frohe Friedenskunde weit ins Land hinauSzutra gen. Wir zählten selbst von der Höhe zwischen hier und Oberhäslich au«, 27 größere oder kleinere Feuer! Einen vorzüglichen Effekt muß das von dem hiesigen FestcomitS auf der eben genannten Höhe angezündete Feuer in der Ferne hervorgebracht haben; an Brenn material dazu fehlte e« nicht; 2 Geschirre hatten den ganzen Tag dem bereit« aufgeschichteten Holzstöße an der ganzen Stadt freiwillig und reichlich gespendete Nahrung zugeführt. Einzelne Feuer, z. B. da- Naun dorfer, leuchteten bi« 11 Uhr. — Inzwischen hatte man sich in der Stadt zum Fackelzuge gerüstet. Etwa« vor 8 Uhr setzte sich derselbe vom Markte au« in Bewegung, voran da« Musikchor. Den Zug eröffnete eine Abtheilung von etwa 70 — 80 Knaben mit bunten Laternen, wa« in der That eine vorzügliche Wirkung hervorbrachte. Dann kamen die Fackelträger, in Summa gegen 200 Mann, eingeschloffen von einigen Zügen Schützen. Die sturmfeste Mitte bildete die