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gestellt, dem BundeSoberhaupte der Titel Kaiser ver liehen worden. Die wichtigsten Resultate des aus langen Ver handlungen hervorgegangenen Verfassungswerkes sind: die geeinte Wehrkraft der Nation nach Außen, der Reichstag für die gemeinsame nationale Gesetzgebung im Innern. Unsere Wehrkraft hat im scheidenden Jahre für ihre Tüchtigkeit einen so glänzenden Beweis geliefert, daß wir alle Ursache haben, auf einen länger dauernden Frieden hoffen zu dürfen; möge es unS vergönnt sein, am Schluffe des nächsten JahreS recht reiche und glänzende Ergebnisse der fried lichen Thätigkeit des neuen Reichstags verzeichnen zu können. ES ist ein neues Kaiserreich, welches wir beginnen, kein Wiederaufleben deS heiligen römischen Reichs deutscher Nation. Um den Unterschied nachzuweisen, erwähnen wir nur, daß eS ein protestantisches Fürstengeschlecht ist, welches, — zum ersten Male in der deutschen Geschichte — den Kaiserthron besteigt. Es gereichte zum großen Schaden des Reichs, daß das österreichische Kaiserhaus katholisch blieb, die Reformation zum Stehen brachte und Deutschland in zwei Heerlrger spaltete. Der unglückselige 30jährige Krieg und jener verderbliche Dualismus, welcher erst im Jahre 1866 seinen blutigen Ausgang fand, wurzeln in dieser konfessionellen Spaltung. Welche Wendung würde die deutsche Geschichte genommen haben, wenn das alte Kaiserhaus dem Strome der Reformation gefolgt wäre? Doch wir wollen nicht mit der Geschichte rechten, und uns des Guten freuen, welches auch dieser kon fessionelle Kampf für die Nation gehabt hat. Dem neuen Kaiserhause aber und dem neuen Reiche bleibt eS Vorbehalten, in dem Aufbau einer deutschen National kirche den konfessionellen Zwiespalt zu versöhnen; dieser Thätigkeit wird, wenn nicht alle Zeichen trügen, in den nächsten Jahrzehnten unsere Nation mit dem ihr gewohnten Ernste, mit der ihr gewohnten Liebe sich widmen. Noch lodert in unserem Nachbarlande die Kriegs- fackel, und die Feuergluth brennender Städte und Dörfer wird dort die Neujahrsnacht erhellen. Möchte es in den verblendeten Köpfen unserer Feinde bald Licht werden, damit bald der Tag naht, wo unsere tapfern Krieger unter dem Geläute der Friedensglocken den heimathlichen Boden, den sie so treu beschützt, mit gehobener Brust wieder betreten können! Das walte Gott! —r. TageSgefchiehte. Dippoldiswalde. Der Christbesch errungen an arme und solche Kinder, deren Väter im Kriege, gab eS bei uns mehrere, denen in den nächsten Tagen noch einige folgen werden. In nächster Nr. d. Bl. referiren wir darüber. — Am 25. Decbr. sind von Dresden aus wieder 6 kriegsgefangene französische Offiziere unter Bruch ihre« Ehrenworte- desertirt. Wie man hört, sind dieselben am Abend oder in der Nacht de« 2. Feiertage- durch Dippoldiswalde gegangen, über Bärenburg nach Altenberg und von dort über die Grenze gelangt. (S. den Artikel aus Altenberg.) — DaS zur Vorfeier des Beethoven'schen 100. Geburtstages hier gegebene Concert soll, wie wir hören, am Sonntag, 8. Januar, im hiesige« Gchieß- haussaale wiederholt werden, worauf wir im Vorau- aufmerksam machen. Der Ertrag soll wieder dem Internationalen Hilfsverein zufließen. Da« General-Postamt macht bekannt, daß die gegenwärkigen Verhältnisse im Feldpost bet riebe eS gestatten, ausnahmsweise und vorübergehend Feld postbriefe nach Frankreich, welche mehr als 4 Loth wiegen, und zwar bis zum Gewichte von 8 Loth einschließlich, zur unentgeldlichen Beförderung mit der Pcst zuzulassen. Die Annahme dieser schwereren Briefe bei sämmltichen Postanstalten soll während des Zeit raums vont 27. December 1870 bis zum Abend des 9. Januar 1871 erfolgen. (Die Briese müssen aber dauerhaft verpackt sein.) — Nach den bis jetzt erschienenen Listen haben die königlich sächsischen Regimenter nachstehende Verluste an Todlen, Verwundeten und Vermißten gehabt: Otziz. Unltrostzz Sold. Hlgammett. Leib-Grenad.-Reg. Nr. 100: 18 45 485 548 s » - 101: 17 57 393 467 Infanterie - Regiment s 102: 7 26 176 209 - - s 103: 10 41 400 451 s s s 104: 14 28 368 410 « - r 105: 14 60 524 598 - r s 106: 21 41 427 489 - s s 107: 36 118 IM 1226 Schützenregiment s 108: 44 110 U 856 1. Jägerbataillon - 12: 5 23 161 189 2. r 13: 5 24 165 194 Reiterei .... 7 17 105 129 Artillerie . . . 11 21 155 187 Bei den Stäben . 4 1 5 10 Zusammen: 213 612 5138 5963 o Altenberg, den 28. Decbr. Wie alle Jahre, so hat auch Heuer unser Frauenverein seine milde Hand anfgethan und am 21. Decbr. armen, alten, ge brechlichen Leuten eine Christfreude bereitet, indem dieselben mit nöthigen Winterbekleidungsstücken versehen wurden. Gleich darauf erfreuten sich die Zöglinge in der Kinderbewahrungsanstalt einer ähnliches reichlichen Christbescheerung. Unser am 24. bei 18 Grad Kälte abgehaltener Christmarkt war ziemlich besucht, würde aber sicher, bei dieser guten Schlittenbahn, noch mehr besucht worden sein, wenn die Kälte nicht zu streng gewesen wäre. — In ZaunhauS hatte man 22 Grad. In der Nacht vom 2.—3. Feiertag wurde hier an die Thüre des Flemming'schen Gasthofes gepocht. Der Wirth, wegen der abgehenden Post noch wach, öffnete, und herein traten 6 wohlgekleidete, in Pelzen eingehüllte Herren, aßen gut, tranken einige Flaschen Wein und später Kaffee, und nahmen dann ihre Tour nach Böhmen zu. Man vermuthet, was sich auch auS den Aeußerungen des Inhaber- de« Geschirres ergeben mochte, daß e« französische Offiziere gewesen. Dresden. Der Kriegsminister Generallieutenant v. Fabrike ist zum Generalgouverneur in Versa ille ernannt worden. — Die Gemahlin unsere- Prinzen Georg, im Verein mit anderen Damen, fordert auf zur Samm lung von wollenen Decken für unsere braven Truppen im Felde.