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Nr. 87. Weiöcrit;-)eitun,»;. 8. November 1870. Preis pro Quartal 10 Ngr. Dienstag. Erscheint , Dienstags und Freitags. Zn beziehen PoÜL. - - s« Ml,- Md Mkigc-AlaU dkl Wmglichrn Gkrichls-Ikmtkr Md Slidlrälhc M Pippsldi,walde Md /raikiikriii. vminImorMer vr-intkur: Lari Zrhne in Dippol-iswal-k. Französische Tollheiten. Es ist in der That eine reine Thorheit, wenn Gambetta, der Minister der provisorischen Regierung Frankreichs, sagt: „Die Capitnlation von Metz sei das Resultat eines Verbrechens, und die Urheber müßten als außerhalb der Gesetze stehend erklärt werden." So mag denn Herr Gambetta den Hunger und die Seuche für vogelfrei erklären. Denn nur der Hunger und Krankheit haben Marschall Bazaine genöthigt, sich zu ergeben, nachdem es ihm nicht gelungen war, den eisernen Ring zu durchbrechen, welchen unsere tapfern Soldaten um die jungfräuliche Festung gezogen hatten. Metz war für vielleicht 25,000 Mann Soldaten auf 3—4 Monate verproviantirt. Statt dessen wurden gegen 180,000 Mann in die Festung geworfen. Erstaunlich ist dabei nur das Eine, daß eS diesen 180,000 Mann nicht gelang, an einer Stelle durckzubrechen. Doch daran ist eben die unübertreffliche Tapferkeit unserer Soldaten schuld, die mehr leisteten, als je ein Heer geleistet hat. Wenn bei den französischen Machthabern noch ein Fünkchen gesunder Menschenverstand wäre, dann müßten sie doch einsehrn, daß solche Truppen unüberwindlich sind, und daß selbst die Garibaldinischen Rothhemden wie Spreu vor dem Winde vor ihnen zerstäuben werden. Aber der gesunde Menschen-Verstand ist ein seltener Artikel in Frankreich geworden. Die Franzosen ernten jetzt die Früchte ihrer lügenhaften Gloire-Fütterung. Alle«, was die ,,große Nation" that, war edel, groß, hochherzig, kühn und tapfer. Ueber Deutschland zuckten die Herren Franzosen mitleidig die Achseln, und wenn sie uns nicht „Querköpfe" nannten, so waren wir zum Mindesten philosophische Träumer, die wohl in einer idealen Mondschein-Welt leben konnten, aber nicht auf der festgegründelen Erde. Und nun erhebt sich plötzlich dieses mitleidig, ja verächtlich angesehene und behandelte Volk, und schlägt den frechen Feind, der in seine Grenzen einzubrechen wagte, mit eiserner Faust nieder, wo er sich auch zeigt ; nun besiegt dieses Volk der Träumer die große Nation da, wo sie sich für unüberwindlich hielt, auf dem Schlacht felde. In der That, eine solche Erscheinung kann wohl ein mit Gloire-Rausch geschwängertes Gehirn zur Toll heit bringen. Nur schade, daß die Tollheit das fran zösische Land immer tiefer in das Verderben stürzt. Frankreichs gefährlichste Feinde sind Männer ä 1g. Gambetta. Gambetta war schon wüthenver Chau vinist in der Deputirten-Kammer und stimmte mit für den Krieg. Jetzt hat er ihn! Aber angesichts solcher Tollheiten muß man sich sagen, daß wir jede Bürg schaft für die Zukunft holen müssen, und unter solchen Umständen können wir uns nicht einmal mit Elsaß, Deutsch-Lothringen und Luxemburg begnügen, sondern müssen auch Metz behalten! Tagesgefch Lebte. Dippoldiswalde. Am 4. dies. Mon. hielt der hiesige Zweigverein zum internationalen Hilfs verein für das Königreich Sachsen im Rathhause seine zweite Generalversammlung ab, um die durch das Ableben des Herrn Bürgermeisters Heisterbergk entstandene Lücke zu ergänzen und eine Revisions- Commission für das Cassemvesen zu wählen. In den Ausschuß wurde der Stellvertreter des Bürger meisters, Herr Nathmann Frosch hier, in die Revisions- Commission die Herren Posthalter Flemming, Gerichts amtsrendant Päutz und Kaufmann Schmidt zu Dip poldiswalde gewählt. Zum Schluffe erstattete der Cassirer des Zweigvereins, Herr Advocat Canzler, über den Caffenbestand Vortrag, ans dem erwähnt werden mag, daß die Zahl der unterstützt werdenden Familien im verflossenen Monat bis auf 9V gestiegen war, und immer noch in der Zunahme begriffen ist. Legt der Verein hierdurch sein gemeinnütziges Wirken wohl genügend an den Tag, so hofft er, auch den nut der Zahl der Familien steigenden Ansprüchen ferner gerecht werden zu können, wenn die bisher dem Ver ein bewiesene Theilnahme nicht erlahmt. Der heran nahende Winter macht die Beihilfen gewiß erst recht nothwendig. Sind unsere braven Landsleute, die für uns im Felde stehen, im schweren Kampf für's Vater - land nicht ermüdet, so wollen auch wir in unserem Werke nicht nachlassen! Die Opfer, die wir bringen, sind geiviß die geringeren! — Am Sonnabend wurde der 13. patriotische Unterhaltungsabend abgehalten, bei welchem Herr Kaufm. Lincke sr. einen Vortrag über Paris hielt, das er bei Gelegenheit der großen Weltaus stellung selbst besucht. Nicht nur von dem allgemeinen Ueberblicke der Stadt, von Straßen, Plätzen, hervor ragenden Gebäuden, Denkmälern, sondern auch von manchen, von den unsrigen abweichenden Verhältnissen entwarf der Vortragende ein anschauliches Bild, so weit sich eben ein solches in den engen Rahmen eines Vortrags fassen läßt. — Eine Anzahl Feldpostbriefe, sowie die „Blumenlese" aus Zeitungen, nicht minder aber der Vortrag einiger Stücke für Männer- und gemischten Chor, erfreuten im weiteren Verlaufe des Abends die Anwesenden. — Der nächste Unterhaltungs- Abend wird nun wieder am Freitag abaehatten werden; möge der Besuch wieder recht zahlreich sein.