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Dienstag. Nr. 79. II. Oktober 1870. Weißerih-Zeitung. Amts- und Anzeige- Matt der KSuigticheu Gerichts-Iemter und Stadträthe z« Kjppotdiswatde vnd Fraueusteio. verantworttichrr Redakteur: Larl Zehne in Dippoldiswalde. Preis pro Quartal 10 Ngr. Inserate die Spalten-Zeüo 8Pfg- Erscheint Dienstagsund Freitags. Zu beziehen durch alle Postanstalten. Tagesgeschichte. Dippoldiswalde. Durch den Eintritt der rau heren Jahreszeit hat es sich nöthig gemacht, die bisher im Schießhaussaale gehaltenen Patriotis chenAbend- unter halt ungen nunmehr in einem andern Locale stattfinden zu lasten. Ein an die städtischen Behörden eingereichtes Gesuch um Überlassung des Rathhaus- saales für diesen patriotischen Zweck dürfte wohl kaum auf Widerspruch stoßen, und so soll denn bereits die nächste Abendunterhaltung im Rath Haussaale abgehalten werden. Damit hat sich zugleich eine Ver legung auf einen anderen Wochentag, nämlich den Freitag, nöthig gemacht, wogegen der Anfang, nach Eingang der neuesten Zeitungen, also nach 8 Uhr, unverändert bleibt. Wollen wir hoffen, daß auch in diesen Räumen sich Niemand vom Besuche dieser Abende abhalten lassen wird, der ihnen bisher treu gewesen ist, und daß sich der Theilnehmer immer noch mehr finden werden, denn, können wir auch nicht große Summen zusammenbringen, so sind doch die Beiträge, welche dem Internationalen Hilfsverein von diesen Abenden bisher zugeflossen sind, demselben sehr erwünscht und unter gegenwärtigen Umständen noch nicht zu entbehren. Komme also Jeder, der für unsere Krieger und ihre Familien, sowie für den nationalen Kampf unseres theueren Vaterlandes, ein Herz hat! (Geschäfts-Ueb er sicht des Borschußvereins für Dippoldiswalde und Umgeg. auf 3. Quartal 1870.) Einnahme: 1 — N für Einlagebücher. 8 - - - — - Eintrittsgelder. 99 - 15 - — - Stammeinlagen. 8405 - 29 - 5 - Spareinlagen. 22499 - — - — - zurückgezahlte Vorschüsse. 14122 ----- prolongirte dgl. 2000 - — - — - aufgenommene Darlehne. 185 - 7 - 5 - Provision. 407 - 15 - 8 - Zinsen. >00 - — - - - Zinsen von Staatspapieren. 47828 7 8 N Sa. der Einnahme. Ausgabe: 22653 ÄN' — __ W gegebene Vorschüsse. 14122 - — , — - prolongirte dgl. 4000 ------ zurückgez. Darlehne. 1 ° ° 3 - zurückgez. Spareinlagen. ° 0 - 8 - Zinsen. i , k - zurückgez. Stammeinlagen, - o 5 - Regieaufwand. 51020 AU- 17 g W der Ausgabe. Aus einem Feldpost-Briefe. (Schluß.) „Doch laßt mich von den Pferden zu den Menschen aufsteigen. Die Franzosen sind weniger fleißig, reinlich und gebildet als die Deutschen, aber höflicher, gewandter im Ausdruck, geschwätziger, geschmackvoller, anspruchs voller im Essen und Trinken, unpraktischer im Heizen, Kochen und vielen häuslichen Verrichtungen. In ihren politischen Ansichten sind sie so naiv, so anspruchsvoll, so leidenschaftlich, so unbeständig wie die Kinder. Zum Barmen und Klagen und Schwatzen finden sie immer Zeit, nicht so leicht zur Arbeit. Mouzon fand ich in einem entsetzlich schmutzigen Zustande. Cadaver von Pferden, Reste geschlachteter Thiere, Mist und allerlei Unrath lag auf den Straßen, in Gärten und Höhen; nicht besser sah es im Innern der Häuser aus. Die Leute flanirten, statt aufzuräumen, auf dem Schlacht felde herum oder barmten mir oder ihren Nachbarn die Ohren voll. Eine Hand wollte Niemand anrühren. Erst als ich bei 50 Francs Strafe anordnete, binnen 6 Stunden die Stadt zu reinigen, bei Verantwortung jedes einzelnen Hausbesitzers, ging das Vergraben und Kehren los. Ohne meinen Zwang hätten die Leute die Pest ausbrechen lassen. Auch abgesehen von solchen außerordentlichen Umständen findet man selbst in den komfortabelsten Häusern — und mit Luxus sind die meisten, sogar Arbeiterwohnungen eingerichtet — eine Unreinlichkeit, deren sich bei uns die ärmlichste Hütte schämen würde. Von der Proprekeit der Französinnen habe ich bis jetzt auch nichts gemerkt. Güte und Rein lichkeit der Kleidung sticht regelmäßig gegen den Com- fort der häuslichen Eirichtung, besonders der Betten, Stühle und Kamine ab. Besonders die Betten sind vorzüglich, die Kamine meist mit Marmor belegt, auch in Bauerhäusern; dagegen fehlen Oefen und Kochma schinen gänzlich. Welches Kochen! Tische sind auf fallend wenig in einem Hause, ebenso fehlen Sopha'S. Jedes leidliche Haus hat aber Tapeten und Parquet- fußböden. Von den Männern trägt Jeder, auch der wohlhabende Bürger, über dem Rock fortwährend die blaue Blouse. Die Wäsche, zumal Tischwäsche, ist sehr schlecht. Dabei habe ich gehört, wie berühmt auch hier die sächsische Leinewand ist. Man speist fast nie auf einem Tischtuch, erhält aber dafür zum Kaffee, den man aus kleinen Terrinen trinkt oder vielmehr löffelt, stets eine Serviette. Alle Fenster sind regelmäßig bei Tag und Nacht (nur jetzt?) mit Jalousieen verschlossen. Deshalb machen alle Orte für uns einen tobten, un wohnlichen Eindruck. Es mag dies eine Sitte sein, die sich vom südlichen Frankreich, wo dieser Verschluß nöthig, auf das übrige erstreckt hat. — Reizende Gärten