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Überreichung deö eisernen Kreuzes und der goldenen Medaille des sächs. HeinrichsordenS erfolgte. Leipzig. Mehrfache Mittheilungen verschiedener hiesiger und auswärtiger Häuser in der inländischen Manufaktur- und Kurzwaarenbranche bestätigen, daß der diesjährige Meßumsatz, der mit dem letzten Tage vergangener Woche seinen Hauptabschluß erreicht hat, allerdings kein brillanter, aber immer doch noch besser sei, als der zur Ostermesse erzielte. Berlin. Die Unterhandlungen zwischen dem Grafen Bismarck und Jules Favre, welcher zu diesem Zwecke von Paris nach einem Dorfe bei La- Ferrisre, dem jetzigen großen Hauptquartier, gekommen war, haben zu keinem Resultate geführt. Die jetzige französische Regierung hat die von deutscher Seite auf gestellten Bedingungen für den Abschluß eines Waffen stillstandes abgelehnt, — der Krieg hat also seinen Fortgang. Die Forderungen Bismarck'S beschränkten sich auf die Uebergabe von Straßburg, Toul und Berdün, um während des Waffenstillstands die Heeresverpflegung zu sichern. Ueber die gestellten Friedensbedingungen liegen noch keine Mittheilungen von deutscher Seite vor; doch ist aus den Circular-Depeschen Bismarck'S (s. vorige Nr.) zu vermuthen und zu hoffen, daß er „Elsaß und Lothringen bis Metz" als Hauptpreiö des Friedens gefordert habe. Die Kriegskosten-Entschädigung wird er freilich auch nicht vergessen haben. Die provi sorische Regierung Frankreichs ist nun entschlossen, — so geht aus einer Proklamation derselben hervor — „den Kampf bis zum Aeußersten fortzusetzen," und hat deshalb die Wahlen für die constituirende Versammlung wieder vertagt. Warten wir ab, wie lange ihr die Fortsetzung des Kampfes möglich sein wird! Die bisher erzielten Erfolge unserer Waffen in Frankreich als Verlust des Feindes und Gewinn der deutschen Heere in dem bis jetzt geführten, noch nicht zweimonatlichen Feldzuge ergeben (nach dem preuß. Staats-Anz.), außer den Todten und Verwundeten, folgendes Resultat: 1 Marschall, 39 Generäle, 3250 Offiziere, 104,750 Mann (und 14,000 Gefangene in Sedan), 10,280 Pferde, 56 Adler, 102 Milrailleusen, 690 Feld- und Festungsgeschütze, über 400 Fahrzeuge, mehrere Ponton-Colonnen, Magazine, Eisenbahnzüge, sowie fast eine unberechenbare Menge an Vorrälhen, Waffen, Munition, Beklridungs-, Ausrüstungsgegen ständen, Fourage und Proviant. Frankreich. Der Verlust von Toul hat die Bevölkerungen von Tours und Paris in eine sehr gedrückte Stimmung versetzt. — Eine Proclamation der Nationalvertheidigung in Tours fordert die Fran zosen erneut zu energischer Fortsetzung des Kampfes auf, da alle Hoffnungen auf den Frieden geschwunden seien. Die Regierung sei bereit, heißt es in derselben, billige Bedingungen anzunehmen, sie werde aber nie mals einen Zoll Land oder einen Stein von den Festungen abtreten. Man erwartet demnächst auch ein Manifest Na poleons, das in London und Brüssel erscheinen soll. Die von den Franzosen verübten Zerstörungen um Paris herum sind erschrecklich; Alles ist zu einer Wüste gemacht worden. Den meisten Schaden werden die zerstörten Eisenbahntunnel verursachen, da sie nicht sobald wiederherzustellen sind und dem Handel und der Industrie empfindliche Stockungen bereiten müssen. — Ein aus Paris entkommener Reisender erzählt, daß daselbst vollständige Anarchie herrsche. Tag und Nacht hört man in der Stadt Flintenschüsse; die auö dem Kampfe vor und in den Außenwerken, ohne erst nur einen Schuß zu thun, zurückgeflohenen Züaven sind in den Straßen mit Kanonen niedergeschossen worden. Italien. Der Termin für die Abstimmung der Bewohner des päpstlichen Territoriums über den definitiven Anschluß deö Kirchenstaates an das Königreich Italien ist auf den 2. October festgesetzt. — Der Enthusiasmus, den die Befreiung Rom's im ganzen Lande hervorgerufen, ist unbeschreiblich; selbst in Florenz, das durch die Verlegung der Residenz des Königs nach Rom voraussichtlich Verluste erleiden wird, jubelt man und brachte Victor Emanuel begeisterte Hochs. Vom Kriegsschauplätze. Das Hauptquartier des Königs befindet sich seit dem 20. Septbr. im Schlosse La Ferriere, dem Baron Rothschild gehörig, 2'/r Meile von Paris. Bei einer Besichtigung der Gegend ritt der König auf eine Höhe, von welcher man Paris übersehen kann; deutlich wurden die Dome des Invaliden -Hotels und des Pantheon, sowie die Thürme von Notre-Dame erkannt; — ein erhabener Augenblick! — Straßburg wurde am 21. Septbr. wieder sehr heftig beschossen; der Donner der Geschütze machte die Erde beben und fortwährend war es ein Krachen, Zischen und Pfeifen. Die Verwüstung in der Stadt ist vom Kehler Zollhause aus gut zu übersehen. In der Cita- delle sollen die Splitter der Bomben und Granaten haufenweis und wie hingesäet liegen. Die neueste officielle Depesche des Königs von Preußen an die Köuigin lautet: „Straßburg hat am 27. Septbr. (Dienstag) Abends 9 Uhr capitulirt." 17,OVO Mann, incl. National garden, und 451 Offiziere streckten die Waffen. Unter begeistertem Jubel der Bevölkerung großer Fackelzug; unter Gesang patriotischer Lieder durchzieht man die Stadl! Straßburg in deutschen Händen! Es be deutet dies zunächst die Besetzung des wichtigsten Punktes im Elsaß, dessen Eroberung nun zur vollsten Thatsache geworden. Von viel größerer Wichtigkeit ist jedoch das Ereigniß für die weitere Fortführung des Krieges selbst. Die Verkehrslinien, deren Knotenpunkt Straßburg ist, sind nunmehr für die Munitious- und Verpflegungs transporte, deren unsere Truppen im Innern Frankreichs so sehr bedürfen, frei geworden; frei ist auch das be trächtliche Corps, das bisher als BelagerungSheer an Straßburg gefesselt war; eS wird nun auch den Marsch auf Paris antreten, wo die Kunde eine große Bestürzung Hervorrufen wird. Die Beschießung der Stadt Bitsch, die furcht bar zerstört ist, hat aufgehört, und sämmtliche Geschütze richten ihr Feuer jetzt nach der Festung, in die täglich 2000 Geschosse gesandt werden. Man will jetzt noch eine 24Pfünder-Batterie aufstellen. Vor Pfalzburg ist das Belagerungscorps sehr angestrengt und hat jetzt um Ablösung oder Verstärkung gebeten. Bei Metz fand am 23. Septbr. ein heftiger An griff statt. Die Franzosen versuchten mit Macht nach