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Nr. 74. Weißerih-Ieiümg Vrrmckvorilicher Nkdactrur: Lsrl Zehne in Vippoldirwalde. 23. September 1870. Preis pro Quartal ' 10 Ngr. Inserate die Epalten-Zeilß Postanstaltm. i ^8 Pfg. Amts- »ad Meige- Klatt der Königlichen Gerichts-Ämter und StMrüthe zu Dippoldiswalde und /rauenstein. Freitag. Erscheint Dienstags und Freitags. Zu beziehen ^urch alle Ihre Königliche Hoheit, die Prinzessin Amalie, Herzogin zu Sachsen, Schwester Sr. Mas. unseres Königs, ist am Sonntag, 18. Sept., Abends kurz nach 6 Uhr, nach kurzem Krankenlager in Folge eines Lunaencatarrhs in einem Alter von 76 Jahren zu Pillnitz sanft verschieden. Ihre Majestäten der König und die Königin, sowie die gesammte Königliche Familie, sind durch diesen Todesfall in tiefe Trauer verseht worden. Die hohe Verewigte, welche während Ihres ganzen Lebens Freud' und Leid des sächsischen Volkes in treuer Liebe getheilt hat, genoß in allen Schichten der Be völkerung die wärmste Verehrung. War doch eben Ihr ganzes Leben und Wirken ein segensreicher Ausfluß Ihres liebevollen, wohlthätigen, edeldenkenden Gemüths. Mit den reichen Tugenden Ihres Herzens, das nicht nur sür alles Erhabene und Schöne warm und innig schlug, sondern auch Freude darin fand, Trost und Hilfe in die Hütten der Armen zu spenden, wetteiferten glänzende Eigenschaften Ihres Geistes, wie denn bekanntlich Ihre schriftstellerische Thätigkeit auf dem dramatischen Gebiete die allseitigste Anerkennung gefunden und Ihr ein bleibendes Andenken auch in der Literaturgeschichte ge sichert hat. Still und sanft, wie Ihr Leben, war auch Ihr Scheiden aus dieser Welt, Die feierliche Beisetzung der hohen Leiche in der katholischen Hofkirche ist Mittwoch Abend erfolgt. Tagesgeschichte. Dippoldiswalde, den 22. Septbr. Im gestrigen 7. patriotischen Unterhaltungsabend, der ein wenig schwächer, als die andern, besucht war, behandelte Herr Schuldirector Engelmann in seinem Vortrage die, der Stiftung des Rheinbundes unmittelbar folgende Zeitperiode: der Niederlage Preußens in der Schlacht bei Jena und die Zeit der Vorbereitung einer besseren Zukunft, wobei namentlich des Freiherrn von und zum Stein, sowie des General Scharnhorst, eingehend Er wähnung geschah. UeberauS reichen Beifall fanden und verdienten die Worte des Vortragenden. Im weiteren Verlaufe des Abends gelangten über den bei Nouart am 29. August gefallenen Soldat Wilhelm Johne von hier, und den am 1. Septbr. bei Sedan tödtlich ver wundeten und am 2. Septbr. gestorbenen Unteroffizier Ernst Junker quS Luchau die eingegangenen Nachrichten zur Mittheilung. Hr. Schuldirector Engelmann sprach dann einige warme Worte zu ihrem Andenken, und die Versammlung hörte, sich von ihren Plätzen erhebend, den Gesang einiger Verse von Otto'S „das treue deutsche Herz" an. — Hrn. Jehne's Zeitungsschau wirkte, wie immer, höchst erheiternd, diesmal besonders auch durch die Vorlesung eines recht ausführlichen und in gliier Laune geschriebenen Feldpostbriefes eines hiesigen, jetzt in Mnoz' liegenden Landwehrmannes. Dresden. Unter den französischen Gefan genen, die sich hier befinden, find auch 35 Offiziere, daxunter 3 Generäle: äs Oranäoüalux, äs VngsoiKis und Iiödoul, die in Hotels wohnen. Alle Offiziere mußten einen Revers unterzeichnen, in dem sie sich auf Ehren wort verpflichten, sich nicht außerhalb der Bannmeile der Residenz zu entfernen; dagegen können sie ihren Aufenthaltsort nach Belieben nehmen, auch Civilkleider tragen. Sie erhalten einen Sold, der im Minimum 10 Thlr., im Maximum, selbst für den General, 25 Thlr. monatlich beträgt. Noch befindet sich unter den Offizieren der Marquis äs koUZnae, der bis vor Kurzem der hiesigen französischen Gesandtschaft ange hörte, dann als Freiwilliger in das französische Heer trat und bei Sedan gefangen wurde. Früher stand er hier als Gesandtschafts-Attachse unter dem Völker recht, — jetzt als Gefangener nach Kriegsrecht, mit täglich 10 Ngr. Löhnung! Den Offizieren ist ihr Diener genommen worden. — Unter den gefangenen Gemeinen, die in den Neustädter Casernen liegen', find viele TurkoS, so daß man Compagnien aus ihnen for« miren könnte. — An dem Baracken-Bau bei Uebigau haben die Gefangenen am Montag ihre Arbeit be gonnen; man suchte diejenigen aus, die stark und kräftig genug und mit ausreichenden Kleidungsstücken und Schuhwerk versehen waren. Sie werden unter Be deckung hinaus und herein geführt; an den' Zugängen zu dem mit Pallisaden umgebenen Barackenlager sind Kanonen aufgepflanrt. — Die TurkoS erregen natürlich das höchste Interesse der zu Tausenden stets versam melten Zuschauer und Neugierigen. Und sie sehen auch fremdartig und abenteuerlich genug auS; jeder Einzelne bietet einen charakteristischen, fesselnden Anblick dar. Die Meisten hatten in Farbe und Ausdruck des Gesichtes den echt afrikanischen ThpuS, theils der ara bischen, theils der Negerrace an sich, tiefgebräunt, mit schwarzem dichten Haupthaar und Bart. Auf dem Haupte saß weit zurückgeschoben der röthe Fez; .die Uniform bestand aus blauem WamS und blauer Jacke mit gelben Litzen (die Zuaven sind ebenso unisormirt, haben aber rothe Litzen) und mit weißen, grobleinenen faltigen Hosen, die unter'm Knie zusarpmengebundeu waren, bekleidet. Die Füße waren nackt oder steckten in Lederschuhen mit Kamaschen. Der allgemeine Ein druck dieser Truppen war ein durchaus fremdartiger und abschreckender; sie sahen mehr wie richtige Banditen und Todtschläger von Profession aus, als wie Soldaten.