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Dienstag. Nr. 32. 26. April 1870. Erscheint Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Postanstalten. WePeritz-Zeitung. Preis pro Quartal 10 Ngr. Inserate die Spalten-Zeile 8Pfg. Amts - und Anzeige-Matt der Königlichen Gerichts-Jemter und Stadträthe zu Dippoldiswalde und /rauensteio. verantwortlicher Redakteur: Carl Lehne in Dippoldiswalde. Tages gesch echte. Dresden. Auch in diesem Jahre werden größere Truppenübungen beim kgl. sächs. 12. Armeekorps stattfinden und zwar Ende August und Anfang September Eine Armeedivision wird ihre Hebungen in der Nähe von Dresden und zwischen Lommatzsch, Meißen und Wilsdruff abhalten; die Uebungen der zweiten Division werden zwischen Chemnitz, Zwickau und Glauchau statt finden. — Die Baulust ist Heuer eine viel regere, als in früheren Jahren, insbesondere auf dem Terrain zwischen der Bergstraße und der sächs.-böhm. Bahn. — Der Verkehr auf dem böhm. Bahnhofe, wo täg lich 38 Personen- und 18 Güterzüge verkehren, hat sich so gesteigert, daß die vorhandenen Räumlichkeiten nicht mehr ausreichen. Auch der Centralgüterbahnhof, in welchem durchschnittlich täglich 2000 Wagen beför dert werden, soll vergrößert werden. — Neustadt-Dresden wird nun endlich einTheater erhalten. Der Bauplatz an der Bautzner Straße ist von der Stadtgemeinde unentgeldlich verwilligt, es sind 70,000 Thlr. Stammactien, freiwillige Beiträge rc. gezeichnet worden. Se. Maj. der König hat zugesagt, die Verzinsung des Baucapitals nach Höhe von 150 bis 200,000 Thlr. für das zu errichtende Theater zu 5 pro Cent auf die Civilliste, als ein, gegen Innehaltung aller Einnahmen vom Hause zu gewährendes Pacht quantum zu übernehmen und der Intendanz der kgl. Hofbühne die Regie des Theaters zu überweisen. — 24. April. Der Bundesfeldherr, König Wil helm von Preußen, wird sich bei der Jubelfeier der beiden Grenadierregimenter, von welchem das zweite bekanntlich seinen Namen trägt, durch einen Stabsoffizier vertreten lassen. Berlin. Graf Bismarck's Krankheit wird unter 14 Tagen gar nicht zu heben sein, er also an den Be- rathungen des Zollparlaments gar nicht und an den Verhandlungen des Reichstages in erster Zeit nicht theil- nehmen können. Der Aerger, den derselbe über manche Vorkommnisse in den letzten parlamentarischen Kämpfen empfunden hat, soll nicht die Ursache der Krankheit sein, sondern eine, in erster Zeit unbeachtet gelassene Erkältung. — Der Kronprinz von Preußen hat sich zur Beseitigung eines UebelS, das ihm die Anstrengungen der letzten Orientreise zugezogen, bereits jetzt nach CarlS- bad begeben. — Der Kaiser von Rußland wird mit zwei Großfürsten am 9. Mai in Berlin erwartet, und werden während seiner mehrtägigen Anwesenheit größere Truppenübungen stattfinden. Wien. Der Rath der Residenz hat dem Exministe vr. Giskra das Ehrenbürgerrecht verliehen. — ES steht die Veröffentlichung zweier Broschüren, vom Car dinal Rauscher und Cardinal Fürst Schwarzenberg, bevor. Beide Cardinale kämpfen gegen die Jnfallibili- tät und sollen in sehr scharfen Ausdrücken gehalten sein. Paris. Das PlebiScit (Volksabstimmung) be schäftigt ausschließlich die öffentliche Meinung, wird es auch in den nächsten 14 Tagen thun. Ein kaiserliches Decret vom 23. April fordert das französische Volk auf, am 8. Mai folgendes PlebiScit anzunehmen oder zu verwerfen: „Das Volk genehmigt die in der Ver fassung seit 1860 durch den Kaiser unter Mitwirkung der großen Staatskörper bewerkstelligten liberalen Re formen und genehmigt das Senatsconsult vom 20. April 1870." Die am Sonntag, 24. April, veröffent lichte Proklamation des Kaisers (s. untenfolgend) wird jedem Wähler nebst einem Votumsbulletin durch die Post zugeschickt werden, — ein riesiges Stück Arbeit. Der Generalpostdirector läßt bereits Vorkehrungen zur schnellen Expedition treffen; Unteroffiziere, Soldaten der Armee sind mit dem Schreiben der Adressen beauftragt. Proklamation des Kaisers von Frankreich. „Franzosen! Die Verfassung von 1852, weicht kraft der Gewalt, die Ihr mir verliehen hattet, erlassen und durch 8 Mil lionen Stimmen, mit welchen das Kaiserreich wieder hcrgestellt worden war, ratificirt wurde, hat Frankreich 18 Jahre der Ruhe und des Gedeihens verschafft, welche nicht ohne Ruhm waren. Diese Verfassung hat die Ordnung sicher gestellt und hat allen Verbesserungen freien Weg gebahnt. Je mehr die öffentliche Sicherheit sich befestigte, ein desto größerer Spielraum wurve der Freiheit gewahrt. Aber die nach und nach eingctretenen Veränderungen haben die auf dem Plebiscite beruhenden Grund lagen der Verfassung berührt, welche nicht ohne Berufung an die Nation modificirt werden können. Es wird daher unerläßlich sein, daß das neue constitutionelle Uebereinkommen ebenso vom Volke gebilligt werde, wie cs früher bei den Verfassungen der Republik und des Kaiserreiches geschehen ist. In diesen beiden Zeitpunkten glaubte man, so wie ich selbst es heute glaube, daß Alles, was ohne Euch geschieht, ungesetzlich sei. Die Verfassung des kaiserlichen und demokratischen Frankreichs, hat die Fnnda- mcntalbestimmungen auf eine kleine Anzahl zurückgeführt, welche nicht ohne Eure Zustimmung geändert werden können, sie wird hierdurch den Vorzug haben, den vollzogenen Fortschritt endgiltig zu befestigen und die obersten Grundsätze der Negierung vor politischen Schwankungen sicher zu stellen. Die nur zu oft in unfruchtbaren leidenschaftlichen Streitigkeiten verloren gegangene Zeit wird in Zukunft nützlicher angewendet werden, nm'die Mittel aufznsuchen, das moralische und materielle Wohlbefinden des größten Theiles der Bevölkerung zu fördern. Ich wende mich an Euch Alle, die ihr seitdem lO.December 1848 alle Schwierigkeiten überwunden, mich an Eure Spitze zu stellen, an Euch, die Ihr mich seit 22 Jahren ohne Unterlaß durch Eure Abstimmungen stark gemacht, durch Euren Beistand gestützt, durch Eure Liebe belohnt habt. Gebt mir einen neue» Beweis Eures Vertrauens! Wenn Ihr bei >der Abstimmung Euer bejahendes Votum abgeben werdet, so' werdet Ihr b>e