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Freitag. .M 75. 24. September 1869 Erscheint Dienstagsund Freitags. Zu beziehen durch alle Postanstalten. Weißerih-ZeZtung. M Amts- und Anzeige-Matt der Königlichen Gerichts-Iemter und Stadträthe zu Dippoldiswalde und /rauenstciu. Verantwortlicher Nedacteur: Tart Zehne in Dippoldiswalde. - .-..-...-i. Tagesgefehichte. Dippoldiswalde. Wir berichten unfern Lesern heute zuvörderst über das traurige Ereigniß des 21. Septbr., das jetzt gewiß in jedem Hause unseres Landes bereits bekannt sein wird: den Brand des königlichen Hoftheaters in Dresden, einer der ersten Zierden der Residenz, eines Kunst-JnstituteS, das in Deutschland wohl den ersten Rang unter denselben einzunehmen berechtigt war. Wenige Minuten vor 12 Uhr Mittags ertönte die Sturmglocke, und alsbald schlug die wüthende Flamme aus dem Dachstuhl und den darunter liegenden Fenstern; mit rasender Schnellig keit verbreitete sich das Feuer im ganzen Hause — und schon kurz nach 3 Uhr sahen wir das schöne Ge bäude als eine vollständig ausgebrannte Ruine! Mehr als haushohe Flammen schlugen empor, als das Dach in das Innere stürzte, als Alles in dem Raume brannte, was er enthielt. Die furchtbarste Hitze gestattete nicht, viel zu retten oder zu löschen, und man mußte besonders auf den Schutz des nahestehenden Museums mit seinen unersetzlichen Schätzen bedacht sein. Gegen 2 Uhr traf unser König von Pillnitz an der Brandstätte ein; auch Prinz Georg war auf dem Platze. Aus den Aussagen zweier, auf der Entstehungsstelle des Feuers befindlich gewesenen Arbeiter, theilt das „Dr. I." über die Ursache des Ausbruchs folgendes Thatsächliche mit: Die Beleuchtungsgehilfen Große und Junghanns waren in dem über dem Kronleuchter befindlichen großen Bodenräume, behufs Anfertigung von Gasschläuchen, welche Abends an die verschiedenen Beleuchtungsgegenstände angelegt werden sollten, damit beschäftigt, einen auf einer hölzernen Tafel ausgebreiteten Leinwandstrcifen mit einer Gummiauflösung zu überstreichen. In jenem, 40 Ellen im Durchmesser hal tenden Raume wurden auch verschiedene alte Dekorationsstücke rc. aufbewahrt. Bei Anfertigung der Gasschläuche pflegte Wege« des damit verbundenen Übeln Geruches fast im ganzen Hause geräuchert zu werden, und hätten die Gehilfen Räucher kerzchen mit erhallen. Als die Arbeit schon fast beendet war, nachdem um 1/212 Uhr der Feuerwächter Hübler den Raum eben verlassen hatte, wollte Junghanns, welcher bei An fertigung der Schläuche mit half, zur Vertreibung des scharfen Geruchs, wie er es öfter ohne ave schlimme Folgen gethan, ein Räucherkerzchen anzünden. Dazu ist er aber gar nicht gekommen; denn kaum hatte er unterhalb der langen Tafel, ziemlich an deren Ende, ein Streichhölzchen angezündet, so befanden sich bereits seine mit dem, in der Gummiauflösung enthaltenen benzonhaltigen Klebstoffe bedeckten Hände und der vor ihm liegende, frisch gestrichene Leinwandstreifen in Hellen Flainmen. Während er nun bemüht war, den brennenden Klebestoff durch Schütteln der Hände und Wischen an der Diele abzustreifen, fing die ganz Leinwand Feuer, und bald ergriff dasselbe auch andere bereits gestrichene Leinwand, die von der Tafel einige Ellen entfernt in demselben Raume auf der Diele lag. In der Ueberzeugung, das Feuer allein nicht löschen zu können, und aus Furcht, in dem bereits stark sich verbreitenden Dunste und Qualme zu ersticken, hat Jung- Han ns den brennenden Raum verlassen und über die nach der Bühne führende Treppe zu entkommen gesucht, ist aber vor derselben, nachdem er sie verschloßen gefunden, vom Rauche betäubt liegen geblieben; nach einigen Minuten wieder zum Bewußtsein gelangt, ist er auf den obern Schnürboden zurück gegangen und hat sich von dort an einem Seil auf einen andern und sodann weiter auf einen noch tiefer gelegenen Schnürboden heruntergelassen. Er eilte in die unter der Bühne befindliche Oelkammer, steckte dort seine verbrannten Hände in ein Oelreservoir und flüchtete sodann auf den Theaterplatz, von wo er ins Stadtkrankenhaus gebracht wurde. Die an beiden Händen und im Gesicht befindlichen Bandwunden des Junghanns sind nur unerheblich und hat dessen Vernehmung alsbald erfolgen können. Sein College Große hat die Entstehung des Feuers, da er von dem etwa 5 Ellen links von ihm arbeitenden Jung hanns abgewendet gestanden, nicht gesehen, vermag es aber nur auf die von Leßterm angegebene Weise zu erklären. Mit einem Male ist die Gummimasse unter seiner Hand in Hellen Flammen aufgegangen, und er hat, erschreckt aufblickend, die 8 Ellen lange Leinwandstrecke in vollem Feuer und den vor Schmerz laut schreienden Junghanns an den Händen brennen gesehen. Während Große das Feuer von den Händen abzu streifen versuchte, habe dasselbe sich mit rasender Schnelle allen in der Nähe befindlichen Gegenständen mitgetheilt und im Augenblicke den ganzen Raum ergriffen. Während Junghanns, „Feuer!" schreiend, auf der einen Seite hinausgelaufen, rannte Große auf der andern Seite zur Bühne hinunter, wo er dem Feuerwächter Hübler das Unglück berichtete. Das Bedauern über dies Unglück ist ein wirklich allgemeines zu nennen, und namentlich wird der Nach theil für Dresden ein lange anhaltender sein, denn die beim Theater Angestellten (das Adreßbuch weist über 400 auf) sind vor der Hand aller Mittel zu ihrer Erhaltung beraubt, da durch Brand, Krieg rc. alle Contracte aufgehoben werden. Man veranschlagt die Summe des Brandschadens auf wenigstens 1 Million Thaler; ob und wie hoch das Gebäude versichert, ist noch nicht genau bekannt geworden, doch spricht man von nur 150000 Thlrn. Versicherung für Mobiliar. Die Privatcasse unseres Königs, der sich bereits zu nachhaltenden Opfern erboten hat, dürfte also sehr in Anspruch genommen werden. Das Archiv, Bib liothek, Decorationen, die in andern Gebäuden ausbe-