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Freitag. .-U 73 17. September 1869 Erscheint Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Postanstalten. Weißerih-Zerinng Preis vrv Quartal lONgr. Inserate die Spalten-Zeile 8Pfg. Amts- und Anzeige-Dlatt der Königlichen Gerichts-Jemter und Stadträthe zu Aippotdiswatde uud /raueufleiu. Uermlwortlicher Nedacteur: Lari Zehne in Dippoldiswalde. -i ' > -H > H-771 Tagesgesehiehte. * Altenberg, den 15. Septbr. Heuer hat man die ersten Versuche gemacht, selbst erbautes Waizen- stroh zu verflechten, und nach mehrfacher Versicherung soll sich dasselbe gut dazu eignen. Dieser Umstand dürfte für Feldbesitzer ein Antrieb sein, daß man sich auch auf dem Gebirge mehr dem Waizenbau hingiebt. Wandern doch für das Geflecht gar schöne Summen in die Niederungen. — Am Montag feierten wir unser Kirchweihfest; unsere Stadt hatte aber dazu kein festliches Gewand angezogen. Wie an jedem anderen Werkeltage ging man, selbst in der Nähe des Gottes hauses, seinen Geschäften nach. — Am 14. dS. MtS. wurden 3 Häuser, die auf die Stelle der zu erbau enden Cigarrenfabrik mit bewundernswürdiger Schnellig keit massiv in die Höhe gegangen war, gehoben und den betreffenden Arbeitsleuten eine Ergötzlichkeit in dem alten Rathhause gewährt. — In der Nacht vom 13. bis 14. dö. Mts. hatten wir abermals einen entsetzlichen Sturm, der in den Forsten hin und wieder einigen Schaden gemacht haben soll. — Bei den am 14. und 15. angesetzten Holzauctionen fehlte es an Erstehern, aber auch an Bietungslust. Auf Klötzer und Stämme, welche gestern auf der Liste standen, hat man öfters gar keine Angebote gethan, weshalb auch die Auction vor der Zeit geschlossen wurde. Dresden. Der am 11. Sept, hier abgehaltene sächsische Gemeindetag war sehr zahlreich besucht, indem durch 113 Mitglieder folgende 56 Orte vertreten waren: Annaberg, Adorf, Auerbach, Brandis, Bischofs werda, Camenz, Callnberg, Chemnitz, Crimmitzschau, Dresden, Dahlen, Döbeln, Dippoldiswalde, Freiberg, Frankenberg, Geyer, Gohlis, Glauchau, Großenhain, Hainichen, Königstein, Kleinschönau, Leipzig, Lichtenstein, Lindenau, Limbach, Leisnig, Löbau, Meißen Mülsen St. Jacob, Meerane, Marienberg, Mittweida, Nossen, Oschatz, Pirna, Plauen, Penig, Plagwitz, Pulsnitz, Reichenbach, Riesa, Radeburg, Rochlitz, Reichenau, Sebnitz, Schandau, Treuen, Wurzen, Waldenburg, Werdau, Zöblitz, Zwenkau, Zwickau und Zschopau. Hofrath Ackermann begrüßte vorerst als Vorsitzender die Anwesenden und gab dann einen Rückblick auf die Entstehung des Ge meindetages, der 1862 mit einer Bürgermeister-Kon ferenz begann, schon 1863 zu einer größern Konferenz und 1867 zu einem Städtetage sich ausdehnte, bis er voriges Jahr zu einem Gemeindetage wurde. — Zur Tagesordnung übergehend, wurde Bericht erstattet über den Entwurf einer Gemeindeverfassung im Hinblick auf die Vertretung der Gemeinden und deren Befugnisse und Obliegenheiten. Nach mehrstündiger Debatte wurden folgende Beschlüsse gefatzt: 1) Jeder Gemeinde steht bezüglich ihrer inneren Orga nisation die durch Feststellung von Ortsstatuten auszuübende Autonomie (Recht der Selbstgesetzgebung) zu. 8) In jeder Gemeinde besteht zur Besorgung der Gemeindeangelegenheiten durch Beschlußfassung und Ueberwachung nur eine Gemeinde vertretung (Gemeinderath). 3) Die Verwaltung der Gemeinde angelegenheiten nach den Beschlüssen des Gemeinderathes liegt dem Gemeindevorstande (Gemeindevorsteher, Bürgermeister) ob. 4) Der Gemeindevorsteher und die Beigeordneten sind als solche Mitglieder des Gemeinderaths. 5) Der GemeinVevor- stand bildet die obrigkeitliche Gemeindebehörde. 6) Die Mit gliedschaft im Gemeinderathe ist ein Ehrenamt, für welches keine Besoldung oder Vergütung irgend einer Art zulässig ist. 7) Dem Gemeindevorsteher und den Beigeordneten können Besoldungen gewährt werden; dieselben dürfen aber nur in festem Gehalt und nach Befinden in Amtswohnung bestehen. 8) Die Wahl der Gemeinderathsmitglieder erfolgt unmittelbar durch die Gesammtheit der Stimmberechtigten mittelst Stimm zettels ohne Namensunterschrift; wählbar ist jedes stimmbe rechtigte Gemeindemitglied; Stellvertreter werden nicht gewählt. 9) Der Gemeindevorsteher und die Beigeordneten werden auf Zeit von der Gesammtheit der stimmberechtigten Gemeindemit glieder gewählt. 10) Ueber die Anzahl der Mitglieder des Gemeinderathes und über die Anzahl der dem Gemeindevor steher zur Seite zu stellenden Beigeordneten hat das Ortsge- setz Bestimmung zu treffen. 11) Zur Annahme der Wahl in den Gemeinderath ist in der Regel jedes Mitglied der Gemeinde verpflichtet. 12) Die Sitzungen des Gemeinderathes sind in der Regel öffentlich; seine Geschäftsordnung giebt sich der Gemeinderath selbst. 13) Die Wahl der Gemeindebeamten steht dem Gemeinderathe zu; es kann aber die Besetzung ein zelner Stellen und einzelner Arten von Stellen dem Gemeinde vorstande überlassen werden; die dienstliche Aufsicht über alle Gemeindebeamten steht dem Gemeindevorstande zu. 14) Kleinere Gemeinden müssen sich zur gemeinsamen Verwaltung der ihre Kräfte übersteigenden Gemeindeangelegenheiten (z. B. Sicher heitspolizei) oder der nur in größeren Vereinigungen zweckent sprechend zu behandelnden Angelegenheiten (z. B. Annen- und Krankeiwflege) mit anderen Gemeinden zu Gemeindeverbänden vereinigen; größeren Gemeinden ist eine solche Vereinigung gestattet. Den Gemeindeverbänden liegt die selbständige Ver waltung der gemeinsamen Angelegenheiten ob, unbeschadet der vollen Selbständigkeit der Ortsgemeinden in ihren übrigen Angelegenheiten. 15) Auf die Verwaltung der Gemeindever bände - Angelegenheiten leiden die für die Ortsgemeinden ge troffenen Bestimmungen analoge Anwendung. 16) Die Bil dung der Gemeindeverbände kann durch freie Vereinbarung der Gemeinden erfolgen. 17) Die Wahlen der Gemeinderaths mitglieder sowohl, wie die der Gemeindevorstandsmitglieder, bedürfen weder in Orts- noch in Verbandsgemeinden irgend einer höheren Bestätigung.