Volltext Seite (XML)
Erscheint Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Postanstalten. Preis WePerch-Zeüung. M Amts- und Anzeige-Matt der Königlichen Gerichts-Jemter nnd Stadträthe zu Aippotdiswatde und /rauenstein. verantwortlicher «e-acteur: Larl Zehne in Dippoldiswalde. Diöcesan-Versammlung zu Dippoldiswalde am 18. Mai 1869. Nach ß. 31 der Kirchenvorstands- und Synodal-Ordnung vom 30. März vor. Js. hat in jeder Ephorie alljährlich einmal eine Versammlung der geistlichen und weltlichen Mit glieder der Kirchenvorstände stattzufinden, in der über die kirchlichen Verhältnisse der Ephorie und wichtige kirchliche An gelegenheiten ein freier Meinungsaustausch stattfinden soll und Wünsche und Anträge zu bringen und zu stellen find. Die erste derartige Versammlung in Dippoldiswalde sand am oben genannten Tage unter dem Vorsitze des Ephorus, Hrn. Sup. Opitz hier, bei recht zahlreicher Theilnahme statt, denn es waren 17 geistliche und 19 weltliche stimmbe rechtigte Mitglieder von Kirchenvorständen, sowie eine mehr als gleich große Zahl berathender Mitglieder und viele Zuhörer anwesend. Vertreten waren die Orte Dippoldiswalde, Glashütte, Altenberg, Geising, Lauenstein, Bärenstein, Löwen hain, Schellerhau, Johnsbach, Fürstenwalde, Fürstenau, Ditters dorf, Liebenau, Sadisdorf, Höckendorf, Ruppendorf, Obercars dorf, Reichstädt, Schmiedeberg, Oberfrauendorf, Reinhards- grimma, Rabenau und Seifersdorf; außerdem die Kirchen patrone Herren Otto auf Naundorf und Aster auf Reinhards- grimma. Nach einem Gebete und nach Constituirung (Wahl des Stellvertreters des Vorsitzenden und des Protocollanten) brachte Hr. Sup. Opitz die eingegangenen Anträge zur Kenntniß der Versammlung. Es waren folgende: Von Hrn. Ephorus: Wie ist die Wirksamkeit der K.-V. zu erhöhen? Was haben dieselben zu thun, um die mit kirchlichen Handlungen in Verbindung gekommenen Unsitten abzuschaffen? (Mehrere andere wurden zurückgezogen.) Von dem Kirchenvorstand zu Dippoldiswalde: Die Versammlung wolle als ihre Ueberzeugung aussprechen, daß Beschränkungen in der Wirksamkeit der Kirchenvorstände, wie sie die 88- —23 der K.-V.- und Synodalordnung enthalten, aus derselben zu entfernen seien. (Der Kirchcnvorstand ist darnach nicht berechtigt, Begräbniß- und andere Ordnungen allein auf zustellen, die Kirche zu andern als kirchlichen Zwecken zu überlasten, das Rechnungswert zu prüfen rc.) (Die auf selbständige Verwaltung des Kirchenvermögens und Abschaffung des Beichtgeldes zielenden Anträge wurden zurückgezogen.) Von der Bärensteiner Geistlichen-Conferenz: Die Versammlung möge die (aller 5 Jahre zu berufende) Landes-Synode ersuchen, daß das Band zwischen Kirche und Schule nicht gelockert werde. Ferner: Antrag auf selbständige Modificirung der Liturgie an Festtagen durch die Geistlichen; desgl. auf würdige Feier der Sonntage. Vom Kirchenvorstand zu Glashütte: Abschaffung des Patronatsrechtes; Verlegung des Festes Mariä Verkündigung; Aushebung eines Bußtages; Einführung einer Schulbibel; Wegfall der Keuschheitsprädicate bei Aufgeboten rc.; Abwech selung im allgemeinen Kirchengebete. Daß dieser reichhaltige Stoff in der einen Versammlung nicht zu bewältigen, wurde allgemein anerkannt und deshalb vom Hrn. Ephorus im voraus erklärt, daß er nur die zwei ersten seiner Anträge (die oben genannten) ausführlich moti- viren, doch nicht zur Debatte und nur zur Kenntnißnahme bringen, die übrigen aber (oben nicht mit aufgeführten) fallen lasten werde. » In geschäftlicher Beziehung wurde vorerst beschlossen: die künftigen Diöcesan - Versammlungen 4 Wochen vorher anzu kündigen und 14 Tage vorher jedem Kirchenvorstandsmitgliede die Tagesordnung zu derselben mitzutheilen; — jedem Kirchen vorstand soll es überlasten bleiben, aus etwaigen Ueberschüssen der Kirchencasten den Mitgliedern eine Entschädigung zu geben für Reiseverläge beim Besuche der Diöcesan - Versammlungen. Es folgte nun der Bericht des Herrn Vorsitzenden. Derselbe sprach sich über die Bedeutung und den Zweck der Diöcesan-Versammlung aus; er betonte, wie die bisherige Thätigkeit der Kirchenvorstände nur nach billigem Maßftabe zu beurtheilen sei und wie später die Wirksamkeit reichere Früchte tragen und größere Anerkennung finden werde. An schließend hieran begründete Hr. Sup. Opitz seinen Antrag, der die Frage aufwarf, wie die Thätigkeit der Kirchenvorstände zu erhöhen sei, und gab hierbei sehr practische Rathschläge und Winke insbesondere für Kirchengemeinden aus dem Lande. Wir nennen hier die Beseitigung der in manchen Kirchen herrschenden Dunkelheit (d. h. durch Schaffen von Tageslicht), die Reinigung derselben von Staub und altem Bretterwerk, die Entfernung alterthümlicher Gegenstände, als Kränze, Kreuze, Kästen rc., aus den Kirchen; die Veranstaltung von Samm lungen in Nothzeiten durch die Kirchenvorstände; das Wirken derselben gegen hie und da Angerissenes Aufliegen in Dorf schänken; die Beseitigung von Winkelschänken, Betheiligung bei der Armenpflege rc. — Bei Motivirung des zweiten An trags (Abschaffung der mit kirchlichen Handlungen in Ver bindung gekommenen Unsitten) sprach Hr. Sup. Opitz über den Müßigang am sog. dritten Feiertage; über allgemeine Vergnügungen an Sonnabenden bis zum Sonntag Morgen; über die Veranlassungen zu verderblichen Sitten bei Taufen unehelicher Kinder; über Leichenschmäuße nach Beerdigungen rc. — Wie schon oben bemerkt, kamen diese Anträge nicht zur allgemeinen Debatte, sondern wurden zur Kenntnißnahme em pfohlen und entgegen genommen. Eine lebhaftere Debatte entspann sich über den nun folgenden Antrag (der Bärensteiner Geistlichen-Conferenz), der sich gegen die Trennung der Schule von der Kirche aussprach. Der von dem Referenten, Hrn. Pastor Hmrici aus Bärenstein, sehr umfänglich ausgearbeitete und abgelesene Vortrag war — wir können es nicht anders bezeichnen — eine Mischung von Wahrem und Unwahrem und in mehreren