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Freitag. 43 2. Juni 4865. Erscheint «,eiS SM-«crch.M„„g. M Amts- und Anzeige-Platt der Königlichen Gerichts-Ämter «ad Stadträthe M Dippoldiswalde, /ranenstein und Altenberg. Verantwortlicher Redacteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde Tagesges<Hichte. Dippoldiswalde. Der Turnrath Hierselbst hat einstimmig beschlossen, daß in Betracht der hier statt gefundenen Brände sowohl, als namentlich der in Be- sorgniß erregender Weise vorgekommenen Sterbefälle und leider immer noch neuen Erkrankungen am Nerven fieber, an den Gauvorstand in Dresden die Mittheilung gerichtet werde, daß von Abhaltung des Gauturn festes in unserer Stadt in diesem Jahre vollständig abgesehen werden möchte. Wir stimmen diesen Ansichten vollkommen bei. Die Bürgerschaft wird bei der jetzt hier herrschenden, man kann wohl sagen, gedrückten Stimmung nicht geneigt sein, Feste mit zu feiern oder zur Feier solcher die Hand und Mittel zu reichen. Dresden. Das Befinden der Frau Prinzessin Georg und des kleinen Prinzen Friedrich August ist fortwährend das erwünschteste, und werden daher Bülle- tins jetzt nicht mehr ausgelegt. * Dresden. Unter den hier importirten böhmi schen Bieren hat sich vorzugsweise das aus der Gräfl. Thuu'schen Brauerei zu Bodenbach viel Freunde erworben. Da mit dem Eintritte des Han delsvertrags (am 1. Juli d. Js.) das Bier ungleich wohlfeiler geliefert werden kann und hier mit 15 Pfg. pro Töpfchen ausgeschenkt werden soll, mithin ein größerer Consum zu erwarten ist, so soll, wie wir hören, auf der Kirchgasse ein für 1000 Thlr. jährliche Miethe erpachtetes großartiges Schanklocal im Parterre und erster Etage für ausschließlich böhmisches Bier nächstens eingerichtet werden. Wir sind überzeugt, daß dieses Bier dem bairischen eine ganz bedeutende Con- currenz machen wird. — Die Zahl der zum Sängerfest angemeldeten Sänger soll auf 34,000 gewachsen sein! Woher Frei quartiere für diese Massen schaffen? — Zu den Pfingstfeiertagen finden auf der Leip zig-Dresdner Eisenbahndie gewöhnlichen Extra fahrten (zum halben Preise) statt: doch bleiben die Billets gültig bis mit Freitag nach dem Feste. Leipzig. Zu den vielen Gedenkzeichen, welche in und um Leipzig an die Zeit der Befreiungskriege und an ihre Helden mahnen, ist ein neues würdiges ge kommen. Der Turnverein von Großzschocher und Winddorf hat an dem Hause, in welchem nach dem schändlichen Ueberfall bei Kitzen der »verwundete Theodor Körner verborgen war, und von dem Häußer'schen Ehepaar, von dem die Frau als hochbe tagte Greisin noch heute in Großzschocher lebt, auf das Liebevollste verpflegt wurde, eine marmorne Gedenktafel gestiftet mit folgender Inschrift: „Theodor Körner, ver wundet am 7. Juni 1813 bei Kitzen, von der Familie Häußer allhier verpflegt bis zum 26. Juni 1813. Er richtet am 28. Mai 1865. Gewidmet von dem Turn verein Großzschocher und Winddorf." — Zwischen dem Leipzig-Dresdner und Chemnitz- Riesaer Bahnhofe in Riesa wird jetzt ein bedeckter Gang angelegt, welcher, schon längst ein dringend gefühltes Bedürfniß, es den Reisenden möglich macht, von dem einen zum andern Bahnhofe zu gelangen, ohne von den Unbilden der Witterung leiden zu müssen. * Sayda. Hier ist jetzt ein Hilfslehrer an gestellt worden; das Turnen wird obligatorisch einge führt werden. Dann hat der thätige hiesige Bürger meister einen Actienverein ins Leben gerufen, durch Aktien zu 25 Thlr. an 8000 Thlr. zusammengebracht, um damit ein Gebäude aufzuführen, das eine Badean stalt, großen Saal, Restauration, Kegelschub, Scheiben stand rc. enthalten soll. Wien. Der Kaiser wird sich nach dem Pfingst- feste nach Ungarn begeben und sich dort 8 Tage lang aufhalten. Man hofft auf eine Aussöhnung zwischen ihm und dem Lande. — Dann spricht man von einer Begegnung des Kaisers von Oesterreich mit dem König von Preußen in Carlsbad, welche gewiß eine Rückwirkung auf die Beziehungen der Regierungen beider Länder haben werde. — Die Kaiserin von Oesterreich ist mit dem Kronprinzen Rudolph und der Prinzessin Gisela nach Ischl gereist, um dort 8—10 Wochen zu bleiben. Berlin. Im Laufe der Berathungen des preußi schen Abgeordnetenhauses über das Budget tritt im mer und überall wieder der große Prinzipienkampf zwi schen Regierung und Volksvertretung in seiner feindli chen Schärfe und ernsten Bedeutsamkeit hervor; und weit entschiedener noch als bei den Debatten über die Militärfrage, zeigt sich bei Berathung anderer Budget posten die liberale Partei den Regierungsanhängern, nicht blos numerisch, sondern auch geistig und moralisch über legen. Besonders verdient aus den Verhandlungen über das Justizdepartement eine sehr erregte Dis kussion über die Thätigkeit der Staatsanwaltschaften, sowie über die politische Haltung der Gerichte und den Einfluß, welchen in dieser Beziehung der Minister Gras zur Lippe aus dieselben übt, hervorgehoben zu werden. Nachdem bereits fcharse und wuchtige Streiche gegen Mißbräuche der gegenwärtigen preußischen Justizver waltung geführt waren und sie nur lahme Gegenwehr gefunden hatten, erhob sich der Abgeordnete Twesten, um in langer Rede einen der stärksten und furchtbarsten Angriffe gegen das Ministerium zu richten, welche das-