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Freitag. 14. M Februar 1863. Preis pro Quartal 10 Ngr, Inserate die Spaltm-Zeile 8 Pfg. Erscheint - ,. WWeißerch-Zeitung Amis- M Auzeige-Klatt -er Königlichen Gerichts-Ämter und ItadtrSthe M ' Dippoldiswalde. /raueustkin und Allenberg. Verantwortlicher Redakteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. . ' "... ' Wochen-Rundschau. Die Dinge liegen in dieser Woche in Preußen noch ebenso, wie vorige Woche. Wie Niemand zu sagen weiß, wann und wie der amerikanische Bürger krieg endigen wird, so entziehen sich die preußischen Verfaffungszustände aller Berechnung. Jndeß gehen die Arbeiten des Landtags unter stetigem prinzipiellen Vorbehalt gegen die budgetlose Regierung vor sich. Die Frage: was nun? tritt dem Ministerium bereits peinlicher entgegen, als der Volksvertretung. Man spricht davon, daß eine Auflösung in ernste Erwägung gezogen worden. Dieselbe soll unmittelbar nach der Reise stattfinden, welche der König im bevorstehende» Frühjahre nach den Provinzen zu machen beabsichtigt. Großes Aufsehen erregt die zwischen Preußen und Rußland verabredete Convention gegenüber der pol nischen Jnsurrection, deren Abschluß nicht länger be zweifelt werden kann. Von einer Zusammenwirkung preußischer und russischer Truppen soll zwar vorläufig nicht die Rede sein, dagegen bestätigt die mit dem gegenwärtigen Ministerium in enger Beziehung stehende „Kreuzzeitung/' daß den russischen Truppen der belie bige Durchmarsch durch preußisches Gebiet gestattet wird und zu diesem Zwecke selbst für größere Trans porte die Eisenbahnen ihnen zur Verfügung gestellt sind. Außerdem regelt, wie es heißt, die geschlossene Uebereinkunft die gleichmäßige Behandlung der beider seitigen Ueberläufer und etwa austretenden Truppen- theile und zwar dergestalt, daß bei Einbrüchen von Aufständischen aus dem Gebiet der einen Macht in das der andern die Truppen des Staates, dessen Grenzen verletzt worden sind, das Recht erhalten, die „Uebelthäter" eine bestimmte Strecke weit im Gebiete der andern Macht zu verfolgen. Der Adreßentwurf, welcher in der holsteinischen Ständeversammlung in Jtzehöe gegenwärtig debattirt worden ist, beschuldigt den dänischen Minister Holl, die den deutschen Großmächten gegebenen Versicherungen nicht gehalten, den Kassenbestand und Reservefond des HerzogthumS Holstein eigenmächtig angegriffen, und Millionen für Rüstungen verausgabt zu haben, die gegen die Interessen und den Frieden Holsteins gerichtet waren. Preßfreiheit, Versammlung«- und Vereinsrecht sind dem Lande vorenthalten.. Die LandeSuniversttät Kiel, der Mittelpunkt des geistigen Lebens von Schles- wig-Hoistein, ward zurückgesetzt. Das öffentliche Ge fühl des Landes ist durch dänische Beamte, die dem Deutschthum feindlich entgegenstehen, tief verletzt. Vor Allem aber wird gegen dje unheilvolle Politik protestirt, den Verträgen zum Trotz ein Reich Dänemark- Schleswig zu schaffen. Die Debatte ist eine sehr lebhafte gewesen. Der dänische RegierungS-Commiffar vermochte nicht, die begründeten Anklagen zn wider legen. Sein Hauptmanöver dagegen bestand darin, zu sagen: Das gehört nicht vor Euer Forum. Die Bewegung in Polen hat sich bereits zu einer Revolution erhoben. Wenn auch noch unsicht bar, scheint eine sichre Hand planvoll die Anfangs iu wilder Unordnung über das Land, wie Irrlichter hier und da auflackernden Ausstände zu leiten. Warschau ist ruhig, weil zu viel russische Truppen hier angehäuft sind. Sollte der Aufstand in den Provinzen siegreich sein, so würde darin auch Warschau, ja selbst der rus sische Adel, wahrscheinlich da« Signalzum Aufstande sehen. Es sind in Warschau russische Offiziere, die zu den Insurgenten übergetreten waren, zum Tode verur- theilt und erschossen worden. Außerdem ist Rußland nicht mehr der gefürchtete eherne Riese von ehedem. Er hat im Krimkriege zu sehr seine thönernen Füße gezeigt. Die russische Regierung kann trotz aller ge- pr iesenen Reformen nicht auf die Theilnahme Europa'» in diesem Kampfe gegen Polen rechnen. Nach neuern Nachrichten sind die Insurgenten in einem blutigen Treffen bei Wonhock geschlagen worden. Es war eine förmliche Schlächterei, 200 Freiwillige, junge Polen, meist vom Adel, fanden ihren Tod neben den Ge schützen der Russen, aber die Mehrzahl der Insurgen ten waren gerettet. Die preußische Regierung trifft große militärische Maßregeln. Die österreichische Re gierung hat 80 Militär - Extrazüge angemeldet, welche sich jetzt in der Richtung von Wien an die polnische Grenze bewegen. Die Session des englischen Parlaments ist er öffnet worden. Der Prinz von Wales hat bei dieser Gelegenheit seinen Sitz im Unterhaus« eingenommen. Nach dem Bericht der „Times" soll das vor 2 Mo naten von gewisser Seite in Paris gemachte Anerbie ten, eine Anleihe von 5 Millionen Pfund für dir südlichen aufständischen Staaten Amerikas zu bewirken, mit der Verpflichtung, für diese Summe Baumwolle zu billigem Preise zu liefern, theilwrise in Amerika angenommen sein. Lord Palmerston erklärte im Un terhaus«, auf eine Interpellation, daß die Griechen bis jetzt zur Besetzung des Thrones nichts gethan hätten, als den Prinz Alfred zu wählen. Der Herzog Ernst von Coburg habe entschieden abgelehnt. Ein Interpellant will, daß die Kron« gebeten werde, die nöthigen Schritte zu thun, um Rußland zur Innehal tung der Tractate gegen da« beispiellos mißhandelte Polen zu zwingen. Die DiScussion wurde von dem Sprecher des Hauses als sormwidrig untersagt.