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Freitag 12. 13 FebrNar 1863 Erscheint - i ,7 ^*is Weißer ilz-Icltnng. ZD. Iml»- M Mche-KM der Migliche» Verichls-Amler «ad It-dlrSt-e M Dippoldiswalde, Feaaeii-eia aad IUmberg. Verantwortlicher Redacteur: Carl Jehne 'n Dippoldiswalde. Wochen - Rundschau. Das Ministerium Bismarck führt noch immer das Steuerruder des preußischen Staats. Es ist unver« wundbar wie Achill und der gehörnte Siegfried, die doch beide ihre wunden Stellen hatten, an denen sie sterblich waren. So einmüthig und so scharf, wie die preußische zweite Kammer gegen das Ministerium, hat sich selten eine Volksvertretung gegen die Regierung ausgesprochen. Der wesentliche Inhalt der königlichen Antwort auf die Adresse der Volksvertreter ist der: „Der König giebt nicht nach. Die bubgetlose Ver waltung Seitens der Minister sei mit Genehmigung des Königs geschehen, weil er sie für verfassungsmäßig halte. Die Beschwerden über Mißbräuche in der Ver waltung seien unbegründet. Der König beklagt den Widerstreit der Ansichten, will aber die Rechte der Krone und des Herrenhauses nicht den Rechtsansichten dcö Abgeordnetenhauses opfern. Nachdem der König bewiesen habe, baß er die Ausgleichung wünsche, er warte er ein Entgegenkommen des Hauses." Die Abgeordneten hörten schweigend, aber gewiß mit eigen- thümlichen Empfindungen, die Adresse an. Um ein Gegengewicht gegen die scharfe Adresse des Abgeord netenhauses zu bilden, wurde dsS Herrenhaus von den Ministern veranlaßt, auch eine Adresse zu entwerfen. Diese war denn bald fertig und in einer einzigen Sitzung berathen. Gegner fand sie gar nicht, einzelne Redner bedauerten nur, daß das Ministerium nicht noch mehr gelobt und die zweite Kammer nicht schärfer angegriffen sei. Die Adresse schwankt wie die Schaalen einer nicht in's Gleichgewicht zu bringenden Waage zwischen Verfassung und Absolutismus auf und ab. Die väterliche Autoritär des Königs soll in Verfasslyigö- ronflicten den Ausschlag geben. Großartig bis zur Lächerlichkeit waren die Reden der preußischen Junker. Herr von Waldow sagte: „Im Lande würde man von dem budgetlosen Zustande nichts wissen, wenn da« Feuer, das aber nicht brennen wolle, nicht von den Literaten geschürt würde." Der Herr sollte an das Sprichwort denken: Kein Volk, da« in der Dummheit lebt, bleibt seinem Fürsten treu. Ein anderer geist reicher Redner sagte: „Die zweite Kammer wolle Gott und den König vom Throne stoßen." Diese Adresse wird voraussichtlich eine weit gnädigere Aufnahme finden. Wenn nicht äußere Umstände eintreten, so können sich die Preußen leicht noch einige Jahre unter dem Regiiuente des Herrn von Bismarck Herumplagen müssen. Der Unwille, der durch'S ganz« Land geht, wird noch größer werden. In Kassel ist die Trockenlegung der Stände versammlung, wie m Preußen, an der Tagesordnung. Seit 10 Tagen haben die Stände keine Sitzung halten können, ans Mangel an Stoff. Man erwartete die Entlassung des Ministers des Auswärtigen, des Herrn Koch, eine« Mannes, der zu gewissenhaft ist, als daß er die Fortdauer des jetzigen Zustandes, der allmählich völlig unerträglich wird und die Geduld der Gemäßigten erschöpft, billigen könnte. Diese Entlassung ist erfolgt. Die Kasseler Zustände hängen von dem Winde ab, der von Berlin her weht. Siegt dort, wie eS den Anschein hat, die reactionäre Partei, so ist auch ein reaktionäres Ministerium in Kassel sicher. Der Kur fürst und Herr von Bismarck find einander Feind, in der Sache aber find sie Freunde, in der Art und Weise nämlich, die Unterthanen glücklich zu machen. Auch Würt em berg bat seine Ergebenheits- Deputationen wie Preußen und zwar schutzzöllnerische. Der Spinnereibesttzer Staub hat eine mit 2621 Unter schriften bedeckte Adresse gegen den preußisch-franzö sischen Handelsvertrag dem Minister des Auswärtigen übergeben mit der Bitte, dieselbe an den König zu bringen. In Hannover hat das Eultusministerium zwei Ausschreiben erlassen, welche „Ruhe und Ordnung" in den kirchlichen Fragen bringen sollen, aber ihren Zweck kaum erreichen werden, da die Verbitterung gegen die Mnckcrpartei im Lande zu groß ist. Beide Erlasse legen immer wieder den Nachdruck auf die zur Ruhe zu Dringenden Massen, aber Hannover hat reichlich so viel Mißgriffe und Abschweifungen von geistlicher Seite erlebt, und diese scheinen mit viel zarteren Fingern angefaßt zu sein, als die von welt licher Seite. Aus Wien hört man, daß im Schooße des Ministeriums bereits an der Redigirung eines Minister- verantwortlichkeitsgcsetzes gearbeitet wird. Die kaiser liche Regierung giebt sich alle Mühe, Hannover zu bestimmen, daß eS bei der Weigerung verharrt, dem preußisch-französischen Handelsvertrag beizutreten. Da durch glaubt es, Preußen nöthigen zu können, auch seinerseits jenen Handelsvertrag aufzugeben. Auch benutzen die österreichischen Staalsmänner, welche über haupt klüger sind, als die preußischen Junker, in Deutschland Einfluß zu erhalten, der ihnen um so weniger schwer wird, jemehr die preußische erste Kammer gezeigt hat, wohin ihre und die Ziele der Regierung gehen. Oesterreich und die mit ihm befreundeten Staaten wollen, nachdem das Deligirtmproject gefallen ist, einen weiteren Antrag einbringen, der den Abge ordneten der Nation am Bundestage ein klein wenig mehr Rechte verspricht. — In Venedig wird nächstens der Staatsminister von Schmerling als Ueberbringer