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Freitag. Erscheint Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Post anstalten. W 98. 13. Wecember 1861 Preis Quartal Weißerüz-Zertung. .-D. Amis- md Mchk-AlaU dcr Kdmglichw Gcrichld-Icmlcr md SladlrSlhc M WpM-Mdc, /rmcastriu md Allmbcrg. Lerantwortlicher Redacteur: Carl Iehne in Dippoldiswalde. Tagesgeschichte. Dippoldiswalde, 12. Decbr. Das heutige Ge- burtStagsfest Sr. Maj. unseres Königs wurde bei uns durch Fahnenschmuck des Rathhauses, auch Abblasen der Sachsenhymne vom Thurme, gefeiert. * Dippoldiswalde. Seit Anfang dieser Woche sind an den Ecken unserer Straßen und Gassen die Namen derselben auf deutlich gemalten Tafeln zu lesen. Es sind theils die alte», die durch jahrelangen Ge brauch autoristrten, tbeils neue, passendere. So ist der hoble Weg nun officiell in „Altenberger Straße," die Schmiedegasse in „Dresdner Straße," die niedere Borstadt in „Freiberger Straße," am Graben in „Brauhofstraße," sowie der Tömpel in „Mühlenstraße" umgetauft worden. — Die Resultate unserer Volks zählung sind zwar noch nicht bekannt, doch läßt sich annehmen, daß unsere Stadt gegen die letzten drei Jahre in numerischer Hinsicht der Bevölkerung wenn nicht zurückgegangen, höchstens sich gleich geblieben ist. — Auch in diesem Jahre hat der Gewerbeverein einen Weihnachtsmarkt auf hiesigem Rathhause arrangirt und wird derselbe am 21. Decbr. beginnen. Es ist nur zn wünschen, daß die Gelegenheit zu bequemem Ankauf von Nah und Fern recht benutzt werden möge. Altenberg. In Nr. 96 d. Bl. wurde der leider keineswegs ehrbaren, aber von so manchen Spuren des im Volke noch fcststtzenden Aberglaubens Kunde gebenden Auszeichnung des Andreasabens (vom 30. Novbr. zum 1. Decbr.), der gewiß von gar Vielen gänzlich ins Vergessen gekommen ist, gedacht. Besonders hebt der geehrte Einsender, der seinem Referate nach selbst Augenzeuge der von ihm gerügten nächtlichen Umtriebe gewesen ist, die an demselben statt gefundene Betheiligung von „Schulmädchen" hervor. Sind nun auch einerseits diese Klagen über daS Vor handensein des gerügten, schon seit langen Zeiten in manchen Rockenstubxn und auf den Gassen von Seiten zücht- und ehrloser Jugend nächtlich verübten Unfugs an und für sich — Gott sci'S geklagt! — als gerecht anzuerkennen, da man ja dieselben auch sonst noch vielfältig vernimmt, so ist doch anderseits sehr zu bezweifeln, ob auf diese Art und Weise das Uebel an seiner Wurzel gefaßt uud die von jedem gesitteten Menschen gewünschte Ausrottung desselben wesentlich befördert worden sei. Wenn nun bei dieser Entgegnung von der er wachsenen Jugend ganz abgesehen und nur auf die erwähnten Schulmädchen Bedacht genommen werden soll, so ist hier zuvörderst zu fragen: Kann und wird jenes Referat den gewünschten Erfolg haben? — Wohl ist es mit Gewißheit anzunehmen, daß es bei demselben nicht beabsichtigt gewesen ist, mit den „Schul mädchen" auch die ganze Lehranstalt blamiren zu wollenq aber wie leicht ist doch dieses geschehen! Werden nicht durch jene bloS allgemeine Bezeichnung sämmt- liche dcr Schulmädchen in ein übles Licht gestellt, auch die guten unter ihnen sammt ihren Aeltern und Lehrern? Jedenfalls aber hat doch der geehrte Einsender die Zahl der Schulmädchen, welche jene berüchtigten „Rockenstuben bevölkern" und die „Mitternachts in den Straßen umherziehen den und Unfugtreibenden Mädchenschaaren" vermehren halfen, nur sehr gering gefunden. Diese wirklich ungezogenen aber werden durch die Darstellungs weise in erwähntem Referate einer etwa über sie zu verhängenden strengen Bestrafung entzogen, sie schlüpfen in aller Ruhe mit durch. — Und ist man denn nicht überhaupt von gewissen Seiten so gern geneigt, der Schule alles nur Mögliche zur Last zu legen? — Und gewiß ists, daß die Lehrer unter den Leuten, denen man gern „Etwas in die Schuhe schiebt," nicht die letzte Stelle einnehmen. Wie weit aber erstreckt sich gerade in diesem Falle die Macht und der Einfluß deS Lehrers?! — Wie bald sind bei hier obwaltenden Uebelständen seine ernsten Emahnungen und Warnungen, an denen es gewiß nicht fehlt, in den Wind geschlagen und unwirksam gemacht?! Beispiel wirkt mehr als Lehre! — Oder soll etwa der Lehrer die Rocken stuben selbst controliren? — Es mag doch einmal ein Lehrer in eine solche kommen und seinen Einfluß geltend machen wollen; wozu würde das helfen? —Höchstens würbe er sich vielleicht um die Erfahrung bereichert sehen, welches Hausrecht hier oder da üblich wäre. — Besser wäre es demnach jedenfalls gewesen, wenn der geehrte Einsender die wirklich Schuldigen gehörigen Orts angezeigt und eine Bestrafung derselben ver anlaßt, ober noch besser gleich die Namen derselben derOeffentlichkeit übergeben hätte; denn dadurch würden besonders die betreffenden Ecltern und Erzieher kräftig ermahnt worden sein, mehr über das Thun und Treiben ihrer Kinder oder Pfleglinge zu wachen und dem Unfnge gründlich zu steuern. Noch ist es Zeit, einen dieser Wege einzuschlagen und es wäre sowohl der Rechtfertigung der sittsamen Schulmädchen, als auch der möglichst gründlichen Ausrottung des vor handenen Uebels wegen, recht sehr zu wünschen. Ebenso kann hier schließlich der Wunsch nicht unterdrückt werden, daß doch alle Erwachsenen, die wirklich schon erzogen sind, Eltern und Pfleger und sonst überhaupt Alle, denen das Wohl und Wehe der Menschheit am Herzen liegt, an dem schwierigen und wichtigen Werke der