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Dienstag. 91 19. November 1861. Erscheint Preis Dienstags und pro Quartal zk'L- UI lei lieinir- ÄttLiiim durch alle Post- U-A-AGG-Spalten-Zeile anstalten. I 8 Pfg. Amts- und Anzeige-Dtatt der Königlichen Gerichts-Ämter und Stadträthe zu Dippoldiswalde, /ravevstein und Attenberg. Verantwortlicher Redakteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Tagesgeschichte. * Dippoldiswalde. Die Zeit rückt immer näher, wo die Gewerbefreiheit in Sachsen gesetzlich in's Leben treten wird; nur noch wenige Wochen, und die bisherigen Schranke» fallen, nm einem freien, regen Leben auf dem Gewerbegebiete Platz zu machen. Wird es auch im Anfänge an verkehrten und verfehlten Unternehmungen — wie eS auch bisher schon überall der Fall war — nicht fehlen, so darf man doch mit aller Zuversicht behaupten, die Zukunft werde die Ein sicht der Regierung und Stände vollkommen rechtfertigen. Es ist dann nicht mehr nöthig, nach langem Warten und Anmeldungen bei verschiedenen Leuten, sich der Anfertigung eines kostspieligen sog. Meisterstückes zu unterwerfen, das noch dazu sehr häufig nicht einmal verkäuflich war. Es genügt dann die Anmeldung bei der Obrigkeit, welche darüber ein Zeugniß ausstellt, dafern das erwählte Gewerbe kein zu den concessionirten oder sonst noch von freier Concurrenz ausgenommenen gehört. Die Innungen können sortbestehcn; ihre Ar tikel gelten einstweilen noch als Statute, und ist es eine ausdrückliche Vorschrift des neuen Gesetzes, daß etwaiges Jnnungsvermögen bei Auflösung der Innung nicht etwa getheilt werden darf, sondern der Gemeinde zufällt. Aus Altenberg, 16. Novbr. Gestern Abend wurde uns der selten gebotene Genuß eines Concertes des Gardereitertrompeterchores unter der Direktion des Hrn. Stabstrompeter Wagner aus Dresden zu Theil. Die ausgezeichnete» Leistungen des rühmlichst bekannten Corps wurden mit stürmischem Beifall aus genommen. Der Besuch des ConcertcS, welchem das unvermeidliche „Tänzchen" folgte, hätte allerdings zahlreicher sein können; — Manche, namentlich Fami lienväter, mochte wohl der für hiesigen Ort etwas zu hoch gegriffene Eintrittspreis abgehalten haben. Jeden falls nehmen sich auch derartige musikalische Prvbuctionen im Freien besser aus, als in einem Saale. Der Hrn. Flemming's ist wohl recht geräumig, doch nicht ver- hältnißmäßig hoch. Ein komisches Intermezzo wurde übrigens von einem „Reisenden" aufgeführt, welcher mit seinem Kutscher ganz eordial sich ein Haarbeutelchen «»geschnallt hatte, und in seinem Enthusiasmus für die Kunst etwas zu laut und unangenehm wurde, so daß er von dem Gensdarmen, welcher wahrscheinlich nicht als Gast, sondern als polizeiliche Aufsichtsperson zugegen war, da er, wahrscheinlich instruktionsgemäß, nur mit dem Helm auf dem Haupte gesehen wurde, während sonst männiglich solches entblößt hielt, zur Ruhe ver wiesen werden mußte. Manche solcher jungen Leutchen glauben überhaupt oft, wenn sie eine kleine Stadt mit ihrem gar häufig recht zudringlichen Besuche beehren, sich mehr beransnehmen zu dürfen, als in ihrer wohl ebenso bescheidenen Heimath, und werden mitunter wohl recht ungezogen und —haft. — Hr. Flemming hatte übrigens, wie gewöhnlich, auch dieses Mal daS Seinige getban, um die Gäste ebenfalls in materieller Weise zufrieden zu stellen. —r. Chemnitz. Zu der Mißhandlung des Gendarmen in Altmittweida kommt heute eine neue Nachricht von einem Ueberfalle in derselben Gegend. Der Steuer einnehmer aus Ottendorf fährt von seinem Wohnorte nach Mittweida zn und wird in nicht großer Entfernung durch einen Schuß verwundet und ausgeplündert. Er hatte aber nicht die eingenommenen Steuern, sondern nur eine Baarschaft von etwas über 8 Thlr. bei sich. Frankfurt a. M., 14. Novbr. In der heutigen Sitzung des Bundestages gab Preußen seine Erklärung gegen den von Hanover gestellten Flottenantrag ab, bezeichnete in derselben eine abgesonderte Behandlung der Küstenflotte feiten des Bundes als unzweckmäßig und verlangte eine beschleunigte Erledigung der für die Küstenvertheidigung gemachten Gesammtvorlagen. Paris. Hier cingetroffene Nachrichten aus der Herzegowina und aus Bosnien melden, daß der Aufstand an Umfang beträchtlich zunehme und daß man den Bruch zwischen den Türken und Montenegrinern als nahe bevorstehend betrachte. Lissabon. Die Krankheit, welcher der König von Portugal, Dom Pedro V., erlag, war der Typhus. Der Herzog von Oporto (geb. den 31. Oktober 1838) ist unter dem Namen Dom Ferdinando II. zum König proclamirt worden. Italien. Ueber die Zustände in Italien schreibt man: Die Bourbonisten sind Meister des ganzen flachen Landes, wo sie sich leicht verpflegen und bewegen können, und in großem Vortheil gegen die Piemontesen, welche nur die Städte in ihrer Gewalt haben. So lange die Dörfer von den Briganti besetzt sind oder durchstreift werden, können sich die jungen Conscribirten immer der Nerrutirung entziehen, und die Landleute und Grundbesitzer werden nie in der Lage sein, die Steuern zn zahlen. Und so komme es, daß das Neapolitanische, anstatt der Regierung Soldaten und Geld zu liefern, fortwährend Geld und Soldaten verschlinge. Auch sieht man täglich Soldaten in Genua einschiffen, und aus Neapel kommen nur Anweisungen auf ungeheure Summen an die Staatskassen. Und wenn Das so fort geht, so wird uiiS bald kein Heller und kein Soldat übrig bleiben, nm Oesterreich am Mincio zu bekriegen.