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Dienstag. ^§71 10. September 1861. Erscheint Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Post anstalten. Preis Weißerih-Aeitung pro Quartal 10 Ngr. , Inserate die > Spalten-Zeile 8 Pfg. Amts- «nd Anzeige- Matt der Königlichen Gerichts-Jemtcr und Stadträthe zu JiMtdiswlltde, /rauenstem und Attenberg. Verantwortlicher Redacteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Tagesgefchichte. /X Frauenstein, 8. Sept. Am heutigen Sonntag morgen, '^4 Uhr, gewahrten wir einen Feuerschein am Himmel; alsbald wurde gestürmt, und die Spritze eilte nach Reichenau, wo das Fischer'sche Gut in Flammen stand, das auch gegen 6 Uhr total nieder gebrannt war. Es ist außer dem Vieh (mit Ausnahme einer Ziege und eines Kalbes) gar nichts gerettet worden. Das Feuer ist dadurch entstanden, daß (gegen den Willen des Besitzers) der Fleischer Göhler Flachs im Backofen gedörrt hat. Außer der gewöhnlichen Landes versicherung ist leider nichts versichert, und auch die baare Lasse, die der Mann erst gestern von einer Geschäftsfuhre mitgebracht hat, ist im Feuer aufge gangen. Zum größten Glücke für den Ort stand der lebhafte Wind so, daß die Feuergluth ins Feld getrieben wurde. Dresden. Ein schwerer Unfall bat am 5. Sept, den Eommandanten der Leib-Jnfant.-Brigade, Herrn v. Falke »stein, betroffen. Als Nachmittags 4 Uhr die per Eisenbahn aus Budissin hier eingetroffenen beiden Bataillone der Leibbrigade (15. u. 16.), welche während der Abwesenheit der in die Eantonnements gezogenen hiesigen Truppen hier in Garnison verbleiben, vom Bahnhofe abmarschirten, wurde das Pferd des Herrn Obersten plötzlich scheu und ging durch, indem es den Weg nach der Leipziger Straße 'zu nahm. Am Eingänge, dem Gebäude der sächs. Champagnerfabrik gegenüber, kam das Pferd mit seinem Reiter zum Sturze. Herr Oberst v. F., der durch den Sturz schwer beschädigt, wurde in das genannte Haus getragen. Sofort hinzugezogene ärztliche Hilfe und Untersuchung ergab, daß derselbe den linken Oberarm einmal und das linke Bein zweimal gebrochen, auch noch eine, jedoch minder bedeutende Verletzung am Kopfe erhalten hatte. Derselbe ist später in das hiesige Garnison hospital gebracht worden und hat daselbst die verflossene Nacht äußerst schmerzvoll verbracht. Der Diener des Herrn Obersten, welcher das Pferd beim Durchgehen aufzuhalten versucht hatte und von demselben umge worfen worden war, ist unbeschädigt geblieben. Der selbe batte das Pferd von Budissin hierher geritten und bezeichnete dasselbe als ein im Allgemeinen frommes Thier. Neusalza. Auf dem Marsch in das Cantonnement übernachteten vom 2. bis 3. September Mannschaften des Gardereiterregiments in SteinichtwolmSdorf. Ein Offizier desselben, der Oberleutnant v. Bärenstein, der am Abend des 2. September sich noch ganz wohl befand, ging gegen 10 Uhr Abend zu Bette; als sein Diener am Morgen in das Zimmer tritt, findet er den Offizier in sitzender Stellung im Bett, den Kopf auf den vor ihm stehenden Tisch aufgelegt; da der Diener berantritt, erkennt er zum größten Schrecken, daß sein Herr eine Leiche ist. Kassel. Die Epidemie, welche unter der hiesigen Garnison ausgebrochen ist, verräth noch in keinem Anzeichen, daß sie nachzulassen beginne. Mehr als 400 Mann von einer Besatzung von kaum 3000 Mann liegen krank danieder; ein Zweifel über die Ursachen der Krankheit herrscht nicht mehr; mau'weiß, daß die übermäßigste Anstrengung und eine sehr dürftige Ver pflegung der Soldaten das Uebel hcrbeigeführt haben. Sachkundige sollen schon vor längerer Zeit auf die Nothwendigkeit besserer und reichlicherer Nahrung für das Militär aufmerksam gemacht haben — umsonst! Und doch lag es auf der Hand, daß ein Mensch im kräftigsten Alter, dem nur 8 Loth Fleisch und etwas Gemüse Mittags, 1^ Pfd. Brot und l'/z Sgr. per Tag geboten werden, bei den Anforderungen, welche an seine körperlichen Kräfte gestellt werden, erliegen muß. Daß die Anstrengungen bei der heißen Jahreszeit übermäßige gewesen sein müssen, ergeben die Sectionen, welche sämmtlich Eiterung der Milz ausweisen. Jetzt, nachdem die Folgen der Behandlung der Soldaten schrecklich zu Tage getreten sind, weiß man plötzlich nicht, auf welche erdenkliche Weise man sie schonen soll. Allein es ist leichter, ein solches Uebel herbeizuführen, als ihm abzuhelfen. Sobald die Landstände wieder tagen, wird es ihre Aufgabe sein, sich um die fraglichen Verhältnisse zu bekümmern; denn wenn das Land jährlich den dritten Theil seiner Einkünfte für Militärzwecke opfern soll, so kann es billig verlangen, daß auch dem gemeinen Soldaten wenigstens der nothwendige Lebens unterhalt gewährt werde. Krakau, 2. Sept. Unsere Stadt war heute der Schauplatz eines blutigen Couflicts. Wir erlebten Scenen, wie man sie bis jetzt nur aus Warschau zu hören gewohnt war. In der Marienkirche war auf. heute eine Andacht für die in Wilna Gefallenen angesagt. Um 10>/r Uhr wurden am Ningplatz und in allen Haupt straßen alle Gewölbe gesperrt, trotzdem in einer Kund machung, die Director Päumann vor einigen Tagen erließ, darauf die Strafe von 100 Fl. gesetzt wurde. Eine ungeheuere Menschenmenge strömte zur Kirche. Da stürzte Polizeidirector Päumann mit einem dicken Stock in der Hand an der Spitze einiger Polizisten auf den Ringplatz, um die Leute nach Hause zu treiben und die Gewölbe mit Gewalt zu öffnen. Die Polizisten schlugen mit den Gewehrkolben ans die Leute los —