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4 2 Weißeritz-Ieitung Freitag. Erscheint Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Post anstalten. Amts- und Auzkige-Zlatt der Königlichen Gerichts-Ämter und Stadträthe ZN Dippoldiswalde, Mvensteiu und Altenberg. 31 Mai 1861. Preis pro Quartal 10 Ngr. Inserate die Spalten-Zeile 8 Pfg. Veranttvortlicher Redacteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Tagesgefchichte. Dippoldiswalde. Wir kommen beute versprochener Maßen auf die am 26. Mai ftattgefundene feierliche Einweihung des hiesigen Turnplatzes zurück. Wie bekannt, ist seit vorigem Jahre abermals ein Turn verein bei uns zusammengetreten, der seine Uebungen unter Leitung des Herrn l)r. Th eile begonnnen undZbis heute fortgesetzt hat. Eins fehlte ihm jedoch zur^ besseren Betreibung der edlen Turnkunst: ein zweckmäßiger Platz und das erforderliche Geräth. Beides gewährte die rühmenswerthe Bereitwilligkeit der städtischen Behörden, indem sie einen Theil unserer romantischen Aue, nahe der Weißeritz gelegen, für die Zwecke des Vereins abtraten uud außerdem auch das nöthige Holzwerk bewilligten. Dieser bis aus seine Schatlenlosigkeit höchst angenehme Raum sollte nun schon am Sonntag Rogate seine Weihe erhalten; allein die damals anhaltende sehr ungünstige, maiwidrige Witterung ließ eS nicht zu. So wurde denn der Sonntag nach Pfingsten ausgewählt, aber auch diesen Tag drohte der TagS vorher mit eigenthümlichem Nebel dicht bedeckteHimmel das Fest unmöglich machen zu wollen. Jndcß die bereits stark aufgetauchten Befürch tungen wurden zu Nichte durch eine Reinheit und Wolkenleere, wie sie in diesem Frühjahr wohl kaum noch am Himmel wahrzunehmen gewesen war, eine glückliche Vorbedeutung für das Gedeihen des jungen Vereins. Auf an sie ergangene Einladung hatten sich die Turner von Glashütte und Tharand eingefunden, lauter frische und fröhliche Leute, welche zur Erhöhung der Feierlichkeit nicht wenig beitrugen. Nach Anordnung des Turnrathes versammelten sich sämmtliche Theil- nehmer am Festzuge Nachmittags gegen 3 Uhr am Rathhause, ordneten sich hier in Reih und Glied und zogen dann vom Markte, wo sich ein sehr zahlreiches schaulustiges Publikum eingesunden hatte, durch die Herrengasse, Altenberger Straße, niedere Vorstadt auf den Festplatz. Die Ordnung des mit Turnfahnen stattlich ausgeschmückten Zuges war folgende: Voran das hiesige Stadtmustkchor mit klingendem Spiele, dann die Turnmädchen mit bekränzten Stäben, die Turnknaben, die Glaöhütter Turner, Mitglieder des Turnrathes und der städtischen Behörden, die Lehrer der Stadtschule, Mitglieder des Gewerbevereins, die Turner von Tvarand mit ihrem fidelen und gewandten Lehrer an der Spitze und zuletzt die hiesige Turnerschaft. Nachdem der Zug auf dem Platze angelangt und die erst an diesem Tage dem Verein geschenkte weiß- rothe Flagge aufgezogen war, betrat zuerst der Vor sitzende des Vereins, Hr. Adv. Schumann, die in der Mitte des Raumes angebrachte Rednerbühne, um an die Festgenossen eine Ansprache zu richten, welche zunächst darauf hinwies, wie die Turnerei, welche schon zu Anfang dieses Jahrhunderts zur Rettung Deutsch lands wesentlich beigetragen, vor wenigen Jahren zu neuem Leben erwacht sei und nun auch in Dippoldis walde wieder ihren Sitz aufgeschlagen habe. Sodann sprach der Redner seinen Dank Allen Denen aus, welche, wie namentlich unsere städtischen Behörden, das gute Werk so bereitwillig gefördert hätten. Hierauf folgte Herr vr. Poppe mit einem geschichtlichen Rück blick aus das Turnwesen unserer Stadt, welche bereits vor 17 Jahren einen Turnverein in ihren Mauern entstehen sah. Der Redner gedachte der damaligen Turnlehrer Lehmann, Seidemann, Gerber und Mitt länder in ehrender Anerkennung und empfahl zum Schluß das begonnene Werk dem Schutze des Himmels. Nach dem noch Herr vr. Th eile den Turnerwahlspruch: „Frisch, fromm, fröhlich, frei!" in warm empfundener Rede ausgelegt, begannen die Turner eine, wir müssen bekennen höchst gelungene Probe ihrer Geschicklichkeit theils in Freiübungen, tbeils in Uebungen am Ge räth abzulegen. Gewährten erstere dem abermals sehr zahlreich versammelten Publikum durch ihren unter haltenden Wechsel ein heiteres, lebensvolles Bild, so erregten die letzteren die gerechte Anerkennung der be wiesenen Körperkraft und Gewandtheit. Allseitigen Beifall fanden die Leistungen der Glashütter und Tharander, sehr geübten Turner, sowie ein zum Schluß von sämmtlichen Turnern, Groß und Klein, mit Hinder nissen ausgeführter Dauerlauf. Als der edeln Turn kunst die gebührende Ehre von ihren Jüngern sattsam erwiesen war, ordneten sich dieselben zum Heimzuge nach der Stadt, und zwar wurde diesmal einem anderen Stadttheile, Tempel genannt, das Vergnügen zu Theil, die immer noch muntere Turnerschaar durchpassiren zu sehen. Auf dem Markte angelangt, empfingen die aus Tharand und Glashütte erschienenen Gäste aus dem Munde des Hrn. Adv. Schumann herzlichen Dank für ihre freundliche Betheiliguna am Feste, worauf der Zug sich auflöste, um seine Theilnehmer der größern Zahl nach bei einem später folgenden Ballvergnügen im Gasthof zum Stern wieder beisammen zu sehen. Dasselbe vereinigte eine sehr große Anzahl tanzlustiger Herren und Damen und währte in ungetrübter Heiter keit bis zum frühen Morgen. Daß es unfern Gästen behaglich bei uns vorkommen mußte, konnte man daraus abnehmen, daß es den wiederholten Locomotivsignalen eines ihrer Anführer nicht gelingen konnte, die fröhliche Schaar zu zeitigerem Aufbruche zu bewegen. Ehe dieser erfolgte, sprach ein Tharander Turner in Herz-